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Zweisprachige Leseprobe Hiromi Itō

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TOLEDO<br />

Journale<br />

<strong>Hiromi</strong> <strong>Itō</strong>: Dornauszieher – Der fabelhafte Jizō von Sugamo<br />

Übersetzt aus dem Japanischen von Irmela Hijiya-Kirschnereit<br />

<strong>Zweisprachige</strong> <strong>Leseprobe</strong><br />

耳 よ。おぬしは 聴 くべし。 溲 瓶 のなかの 音 のさびしさを。の 事<br />

父 のあぐらの 中 できいた 話 では、 嫁 取 りの 話 が 秀 逸 でした。ほら 話 と<br />

わかっていながら、 同 じ 話 を 父 がくりかえすので、あるいは 真 実 かもし<br />

れないと 思 っていたわたしは 馬 鹿 かもしれません。その 話 には 歌 のよ<br />

うなふしがかすかについていたものです。<br />

〽 むかし 結 婚 しようと 思 ってさ、お 嫁 さん 募 集 って 新 聞 に 出 したらさ、<br />

三 千 人 もきちゃったのさ<br />

〽 そんで 家 の 前 に 女 の 人 をずらーっとならばしてさ、 一 人 一 人 面 接 し<br />

てさ、 好 きなものはなんですかなんてきいてハイ 次 の 人 ってさ<br />

〽 そしたら 二 千 五 百 番 目 におかあさんが 入 ってきたのさ<br />

すぐ 決 めた? とあぐらの 中 でわたしはどきどきしてききました。 何<br />

回 きいてもここはどきどきするとこでした。<br />

ああ 決 めた、だからあとの 五 百 人 にはもう 決 まっちゃいましたってい<br />

って 帰 ってもらった、と 父 はいいました。<br />

そこでわたしはききました。おかあさんはどんなふうだった?<br />

ふとその 話 を 思 い 出 しておりました。<br />

Ohr, höre! Die Einsamkeit des Plätscherns in der Urinflasche<br />

Von all den Geschichten, die mir mein Vater erzählte, als ich auf<br />

seinem Schoß saß, war die beste die von seiner Brautsuche.<br />

Ich ahnte, dass sie erfunden war, aber weil er immer wieder dieselbe<br />

Geschichte erzählte, glaubte ich irgendwann, womöglich war ich<br />

allzu naiv, dass sie vielleicht doch stimmte. Diese Geschichte wurde<br />

immer in einem bestimmten melodischen Tonfall erzählt.<br />

È Einst, als ich ans Heiraten dachte, weißt du, da habe ich in der<br />

Zeitung eine Anzeige aufgegeben, weißt du. Da kamen dreitausend<br />

Bewerberinnen.<br />

È Sie mussten sich vor unserem Haus hintereinander aufstellen,<br />

weißt du. Dann hab ich eine nach der anderen befragt, weißt du.<br />

Was mögen Sie am liebsten?, fragte ich. Ja, und jetzt die<br />

nächste.<br />

È Und die zweitausendfünfhundertste war Mutter, weißt du.<br />

Und hast du dich sofort entschieden?, fragte ich mit Herzklopfen<br />

auf seinem Schoß. Wie oft ich die Geschichte auch hörte,<br />

hier war sie immer am aufregendsten.<br />

Ja, das habe ich. Deswegen sagte ich: Ich hab sie schon gefunden<br />

und die restlichen fünfhundert zurückgeschickt, sagte mein<br />

Vater.<br />

Darauf fragte ich ihn: Wie war denn Mutter?<br />

Irgendwie fiel mir plötzlich diese Geschichte ein.<br />

1


TOLEDO<br />

Journale<br />

今 の 父 や 母 に 足 りないのは 信 仰 じゃないかと、わたしはカリフォル<br />

ニアのうちの 近 所 のショッピングモールの 中 の 本 屋 の 店 内 のコーヒー<br />

屋 の 店 先 の 外 気 の 中 におかれたテーブルに 席 を 取 って、 紙 コップ 入 り<br />

コーヒーをすすりながら、 隣 人 を 相 手 に 話 しておりました。コーヒー 屋<br />

の 店 先 にしつらえた 椅 子 席 はカリフォルニアの 公 衆 の 場 で 喫 煙 できる<br />

数 少 ない 場 所 のひとつでありますから、 隣 人 はしきりに 喫 煙 しておりま<br />

した。<br />

この 隣 人 は、かなり 年 上 ではありますが、 家 族 のように 行 き 来 してい<br />

る 親 しい 友 人 です。ユダヤ 系 の 家 族 で 生 まれ 育 ち、ユダヤ 系 の 男 と 結<br />

婚 し、ユダヤ 文 化 も 伝 統 もひととおりは 知 っているが、 実 生 活 でそのよ<br />

うな 戒 律 を 守 る 気 はさらさら 無 い、 豚 も 食 べればエビも 貝 もクリーム<br />

煮 の 牛 肉 も、という 隣 人 であります。 信 仰 は 無 い、と 断 言 する、 信 仰 が<br />

政 治 を 動 かす 今 の 風 潮 は 気 に 入 らない、 気 に 入 らないばかりか 馬 鹿<br />

の 阿 呆 の 狂 気 の 沙 汰 、 信 じるものは 自 分 と 民 主 主 義 と 資 本 主 義 だけ。<br />

そういう 意 味 ではまったくつれあいと 同 じであります。<br />

その 隣 人 がのけぞりました。 信 仰 ? なんの? どんな?<br />

うえる、 信 仰 とか、あるいはそのようなもの、とわたしは 少 々 恥 ずかし<br />

くなりながら 申 しました。<br />

何 でもいいけど、 蜘 蛛 とか。<br />

蜘 蛛 ?<br />

とまた 隣 人 はのけぞりました。<br />

母 は 蜘 蛛 がきらいです。 見 るやたちまちたたき 殺 さずにはおられま<br />

せん。じつをいえば 蜘 蛛 にかぎらず、 蠅 も 蚊 も 毛 虫 もゴキブリもヨトウ<br />

ムシも、そこにいてはならぬ 虫 はすべてたたき 殺 しておりましたが、 蜘<br />

蛛 というのがとくに 家 族 の 団 欒 中 にひょいとあらわれるものですから、<br />

立 ち 上 がって 右 往 左 往 したたきつぶす 母 の 姿 が 目 に 焼 き 付 いておりま<br />

した。それでわたしは 横 たわる 母 に 向 かってこう 提 案 したものです。<br />

蜘 蛛 を 殺 しすぎたのよ、おかあさん、 蜘 蛛 のたたりかもしれないよ。<br />

Was meinem Vater und meiner Mutter jetzt fehlt, ist wahrscheinlich<br />

ein Glaube. So redete ich mit meiner Nachbarin im Café draußen<br />

vor dem Buchladen in der Shopping Mall in unserer Nähe, während<br />

wir Kaffee aus Pappbechern tranken. Dieser Sitzplatz vor dem<br />

Buchladen-Café war einer der wenigen öffentlichen Orte in Kalifornien,<br />

wo man noch rauchen durfte, und so paffte meine Nachbarin am<br />

laufenden Band.<br />

Die Frau ist wesentlich älter als ich, aber wir sind eng befreundet.<br />

Geboren und aufgewachsen in einer jüdischen Familie, mit einem<br />

jüdischen Mann verheiratet, mit der jüdischen Kultur und Tradition<br />

durchaus vertraut, aber im täglichen Leben hat sie keine Lust,<br />

sich Regeln zu unterwerfen. Sie isst Schweinefleisch und Garnelen,<br />

Muscheln, Rindfleisch in Sahnesoße, das ist ihre Art. Ich habe<br />

keine Religion, behauptet sie und lehnt die heutige Tendenz, dass<br />

Religion sich in Politik einmischt, ab, nein, mehr noch, sie hält<br />

das für absoluten Irrsinn. Sie glaubt an nichts außer an sich selbst,<br />

an die Demokratie und an den Kapitalismus. Darin stimmt sie<br />

völlig mit meinem Mann überein.<br />

Die Nachbarin schreckte zurück. Ein Glaube? Welcher denn?<br />

Was für einer denn?<br />

Well, Glauben oder so etwas ähnliches, sagte ich leicht<br />

verschämt.<br />

Egal was, zum Beispiel Spinnen.<br />

Spinnen?, fuhr meine Nachbarin wieder erschreckt zurück.<br />

Meine Mutter hasst Spinnen. Wenn sie nur eine sieht, muss sie sie<br />

sofort totschlagen. Übrigens nicht nur Spinnen, sondern auch<br />

Fliegen, Mücken, Raupen, Kakerlaken und kleine Maden. Alles, was<br />

da nicht hingehörte, schlug sie tot. Besonders aber hat sich in mein<br />

Gedächtnis eingebrannt, dass sie plötzlich hochfuhr und wild um sich<br />

schlug, wenn die Familie zusammensaß und irgendwo eine Spinne<br />

auftauchte. Also schlug ich meiner im Bett liegenden Mutter vor:<br />

Mutter, du hast wahrscheinlich zu viele Spinnen getötet. Das ist<br />

vielleicht der Fluch der Spinnen.<br />

2


TOLEDO<br />

Journale<br />

たたりとかごりやくとか、 母 はもともとそういう 考 えに 慣 れておりま<br />

すから、 蜘 蛛 ねえ、とつぶやいて、じゃ 退 院 したら 何 か 供 養 でも、と 一 瞬<br />

納 得 しかけたのですが、たちまち 我 に 返 り、そんなわけないじゃないの<br />

よ、 蜘 蛛 だなんて、といい 捨 てました。 奇 抜 ながらも 妙 案 であったのに、<br />

とわたしは 口 惜 しく 思 ったものです。<br />

戦 争 に 裏 切 られ、 虚 無 の 中 に 投 げ 出 され、 東 京 で 焼 け 出 され、 足 を<br />

踏 ん 張 って、 生 きてきた 父 と 母 であります。 信 じるものなんかどこにも<br />

無 い。 大 切 なものも 無 いかもしれない。<br />

うちには 仏 壇 がありませんでした。 法 事 にもお 寺 にも 縁 がありませ<br />

ん で し た 。 神 棚 な ら 、あ り ま し た 。 死 ん だ 誰 と か が 父 の 夢 枕 に 立 って 供<br />

養 してくれと 頼 まれたから 神 棚 にまつっているのだとききました。 母 が<br />

ごはんをあげ、 父 が 柏 手 を 打 っていました。それなりに、かみやほとけ<br />

や 霊 や 魂 を、おそれかしこみ 敬 う 気 持 ちはあったようです。それはいつ<br />

のまにか 取 り 払 われました。 高 度 成 長 期 がやってきたのはそのあとで<br />

す。 東 京 オリンピックもそのあとです。 都 電 がなくなり 地 下 鉄 ができた<br />

のもそのあとのことです。<br />

なんにも、なんにも、 信 じまい。<br />

おかあさんあれは? とききますと、ああ 捨 てちゃったよ、という 答<br />

えが 返 ってきました。いつまで 取 ってたってしょうがないあんな 古 いも<br />

の 、ま た 新 しく 買 え ば い い ん だ し 、と 。<br />

まったく 虚 無 的 でした。<br />

でも 不 思 議 なことに、 母 はお 地 蔵 様 には 通 ってたんです。いったい<br />

何 を 信 じて? なんのために? 「とげ 抜 き」について 考 えれば 考 える<br />

ほど、この 根 本 的 な 疑 問 点 につきあたらざるをえないのです。なぜ「と<br />

げ 抜 き 」か 。<br />

Fluch oder himmlischer Segen, meine Mutter war mit solchen<br />

Vorstellungen vertraut.<br />

Ach so, die Spinnen, murmelte sie. Dann sollte ich wohl Abbitte<br />

tun, wenn ich entlassen werde, sie war fast einverstanden. Aber<br />

sofort kam sie wieder zu sich und sagte ärgerlich: Was redest du denn!<br />

Spinnen. So ein Quatsch! Schade, dass sie nicht funktionierte,<br />

meine zwar etwas ausgefallene, aber eigentlich doch gute Idee!<br />

Meine Eltern, vom Krieg verraten, waren in Tokyo ausgebombt und<br />

ins Nichts geworfen worden, doch hatten sie sich trotzdem bis<br />

jetzt mit beiden Beinen auf dem Boden durchs Leben geschlagen. Es<br />

gab anscheinend nichts, an das sie glauben konnten. Und vielleicht<br />

auch nichts, was ihnen teuer war.<br />

Zuhause hatten wir keinen buddhistischen Hausaltar. Wir gehörten<br />

auch nicht zu einem bestimmten Tempel. Aber wir hatten einen<br />

Shinto-Altar. Den hatten wir, weil angeblich jemand, der schon verstorben<br />

war, Vater im Traum bat, für ihn zu beten. Meine Mutter<br />

stellte Reis hin, und mein Vater klatschte in die Hände und betete. Sie<br />

waren also einigermaßen bereit, die Shinto-Götter oder die Boddhisattvas,<br />

die Toten- oder andere Geister zu respektieren. Aber der<br />

Altar verschwand irgendwann. Das japanische Wirtschaftswunder<br />

kam erst danach. Auch die Olympiade von Tokyo war später. Dass<br />

die Straßenbahnen verschwanden und immer mehr U-Bahnen gebaut<br />

wurden, geschah auch erst danach.<br />

Nichts, an nichts glauben.<br />

Mutter, wo ist er denn?, fragte ich, und sie sagte nur: Ich hab ihn<br />

weggeworfen. Es hat keinen Sinn, dies alte Zeug zu behalten.<br />

Wir können ja wieder einen neuen kaufen.<br />

Ziemlich nihilistisch.<br />

Aber merkwürdigerweise ging Mutter immer wieder zum Jizō-<br />

Tempel. Was glaubte sie eigentlich? Wozu tat sie das? Je mehr<br />

ich über den Dornauszieher nachdachte, desto mehr musste ich mich<br />

mit dieser fundamentalen Frage auseinandersetzen. Warum ausgerechnet<br />

der Dornauszieher?<br />

3


TOLEDO<br />

Journale<br />

夏 に 帰 ったとき、 母 に「みがわり」を 渡 しました。<br />

一 度 は 渡 しそびれた「みがわり」です。 前 にもらってきたのは、オグリ<br />

さんのために 使 ってしまいました。それでまた 折 を 見 て 巣 鴨 のお 地 蔵<br />

様 でもらってきました。こんど 帰 ったら 渡 そう 渡 そうと 後 生 大 事 に 肌 身<br />

離 さず 持 ち 歩 いていたものです。あらありがとと 母 はいい、このね、 枕<br />

の 下 に 置 いといてと 母 はいい、なつかしいねえ、 巣 鴨 もかわったでしょ<br />

などと 話 しましたが、もはやそれに 執 着 するでもなし。たべたいといい<br />

だすでもなく。<br />

数 日 して、それが 無 い。おかあさん「みがわり」は? 枕 の 下 に 入 れ<br />

といたのに 無 いわよ、と 申 しましたら、シーツ 替 えるときにどっかにい<br />

っちゃったらいやだから 巾 着 に 入 れた、その 巾 着 はおとうさんにうち<br />

に 持 って 帰 ってもらった、あの 巾 着 おさいふも 入 ってるから、と 申 しまし<br />

た。<br />

肌 身 離 さずもってるものなんじゃないの、とききましたら、<br />

肌 身 離 さずもへったくれもないよ、もう、ああいうものは、と 母 は 四<br />

十 年 前 、いらなくなったものを 捨 てたように、さばさばと 申 しました。<br />

Als ich im Sommer wieder in Japan war, brachte ich ihr aus<br />

Tokyo einen »Stellvertreter«-Talisman mit.<br />

Einmal hatte ich es ja versäumt, denn den ursprünglich für sie<br />

bestimmten Talisman hatte ich Herrn Oguri gegeben. Daher nutzte<br />

ich die nächste Gelegenheit, um noch einmal einen aus Sugamo<br />

mitzubringen. Den trug ich ständig mit mir herum, um ihn ja so bald<br />

wie möglich Mutter zukommen zu lassen. Ach danke, sagte Mutter.<br />

Leg mir’s unter mein Kopfkissen. Ach, wie mich das an früher<br />

erinnert! Sugamo hat sich sicher sehr verändert, sagte sie. Aber sie<br />

zeigte keinerlei Enthusiasmus mehr und sprach auch nicht mehr<br />

davon, ihn zu verzehren.<br />

Einige Tage später war der Talisman verschwunden. Mutter, wo<br />

ist denn der »Stellvertreter«? Ich hab ihn dir doch neulich unter<br />

dein Kopfkissen gelegt. Darauf sagte Mutter: Ich wollte nicht, dass<br />

er beim Wäschewechseln wegkommt, daher hab ich ihn in meinen<br />

Handbeutel getan, und ich hab Vater gebeten, ihn nach Hause<br />

mitzunehmen. Da ist auch meine Geldbörse drin.<br />

Als ich fragte: Trägt man das denn nicht immer bei sich?<br />

Ach, was soll’s, solche Sachen …, sagte Mutter sachlich-trocken<br />

wie vor vierzig Jahren, als sie den Shinto-Schrein entsorgte.<br />

伊 藤 比 呂 美 『とげ 抜 きー 新 巣 鴨 地 蔵 縁 起 』 講 談 社 2007.<br />

<strong>Itō</strong> <strong>Hiromi</strong>: Toge-nuki – Shin Sugamo jizō engi.<br />

Tokyo: Kodansha 2007. S. 164–168.<br />

<strong>Hiromi</strong> <strong>Itō</strong>: Dornauszieher – Der fabelhafte Jizō von Sugamo.<br />

Aus dem Japanischen und mit einem Nachwort und Anmerkungen<br />

von Irmela Hijiya-Kirschnereit.<br />

Matthes & Seitz, Berlin 2021. S. 179–184.<br />

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