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2008-07

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De Binnenvaartkrant 31<br />

26 maart <strong>2008</strong><br />

REDAKTION SARAH DE PRETER | MOBIL +31 (0)6 22 70 18 93 | E-MAIL SPRETER@CHELLO.NL<br />

Nach monatelanger Debatte über ‚integrierte Verkehrspolitik‘<br />

„Kein Sterbenswort zur<br />

Binnenschifffahrt im Masterplan“<br />

VON SARAH DE PRETER<br />

Monatelang war auch die Binnenschifffahrt<br />

aufgefordert mitzudenken<br />

über ein Zukunftsmodell<br />

für den Güterverkehr in Deutschland.<br />

Dabei wurden reichlich Vorschläge<br />

zur besseren Integration<br />

der Binnenschifffahrt in das<br />

Gesamtverkehrssystem erarbeitet.<br />

Umso empörter reagierte der Bundesverband<br />

der Deutschen Binnenschifffahrt<br />

(BDB) auf den<br />

daraus resultierenden Entwurf<br />

des Masterplans Güterverkehr<br />

und Logistik von Minister Tiefensee,<br />

in dem die Binnenschifffahrt<br />

kaum Beachtung findet. Auch andere<br />

Verbände haben sich skeptisch<br />

zu dem Dokument<br />

geäußert.<br />

Schon bei der Vorbesprechung des<br />

Masterplans im Kreis der Mobilitätsoffensive,<br />

zu der neben anderen Verbänden<br />

auch der BDB gehört, kam<br />

Entrüstung auf: Am Montag, den 10.<br />

März, erschien der Bundesverband<br />

Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung<br />

(BGL) demonstrativ nicht auf<br />

die Einladung des Bundesverkehrsministers.<br />

Der BGL ärgerte sich über<br />

die sehr kurzfristige Zustellung der<br />

spärlichen Unterlagen, die erst am<br />

Freitag zuvor in den Geschäftsstellen<br />

der Verbände eingegangen waren.<br />

So auch beim BDB. Der schlug auf<br />

Basis dieser ersten Erkenntnisse sofort<br />

Alarm: Die Binnenschifffahrt droht<br />

in dem Plan komplett unter den Tisch<br />

zu fallen. Nach der öffentlichen Präsentation<br />

am 14. März, zu der Minister<br />

Tiefensee auch den Vorstand der<br />

Deutschen Bahn eingeladen hatte,<br />

folgte das vernichtende Fazit vom<br />

BDB: „Der Masterplan ist ein einziges<br />

Reklamepapier für die Bahn.“ BDB-<br />

Geschäftsführer Jens Schwanen fügt<br />

hinzu: „Soviel Einseitigkeit haben wir<br />

für undenkbar gehalten.“<br />

Mit dem Masterplan will Tiefensee<br />

‘die Weichen für den Verkehr von<br />

Morgen’ stellen, wobei die Bezeichnung<br />

Weichen nicht unbedacht gewählt<br />

wurde. Bis 2025, so heißt es in<br />

dem Dokument, soll der Marktanteil<br />

der Schiene um drei bis vier Prozent<br />

erhöht werden. Dazu sollen Engpässe<br />

im Netzwerk beseitigt, sowie neue<br />

Strecken gebaut werden.<br />

Totale Umkehr<br />

Dagegen schneidet die Binnenschifffahrt<br />

viel schlechter ab als noch im<br />

September 20<strong>07</strong> in der verkehrspolitischen<br />

Orientierung zum Masterplan<br />

angekündigt. „Damals hieß es Schiene<br />

und Wasserstraße sollen gleichberechtigt<br />

den Verkehrszuwachs abwickeln,“<br />

erläutert Schwanen.<br />

„Was wir jetzt feststellen, ist die totale<br />

Umkehr von dieser politischen<br />

Orientierung. Von Gleichberechtigung<br />

kann nicht mehr die Rede sein.<br />

In der Unterlage wird zwar kurz über<br />

die Güterverlagerung auf die Binnenschifffahrt<br />

gesprochen, doch es gibt<br />

keine konkreten Maßnahmen, wie<br />

man das realisieren will.“ Ersatzlos<br />

gestrichen, so kritisiert der BDB<br />

außerdem, sei ebenfalls das<br />

Brückenanhebungsprogramm<br />

jenseits des Rheins.<br />

In dem Entwurf des Masterplans Güterverkehr und Logistik von Minister Tiefensee findet die Binnenschifffahrt kaum<br />

Beachtung. (Foto Olga Shelego/Fotolia.com)<br />

Vertane Zeit<br />

Dafür soll die Binnenschifffahrt erneut<br />

zum Gegenstand einer Studie<br />

gemacht werden, in der die Potenziale<br />

des Verkehrsträgers vor dem Hintergrund<br />

des Klimawandels untersucht<br />

werden. Umso merkwürdiger<br />

erscheint dies in Anbetracht dessen,<br />

dass das Bundesverkehrministerium<br />

bereits seit Monaten eine verkehrsträgervergleichende<br />

Studie des Planco-<br />

Instituts unter Verschluss hält, in der<br />

laut BDB die Umweltfreundlichkeit<br />

der Binnenschifffahrt gerade im Vergleich<br />

zur Schiene eindruckvoll belegt<br />

wird.<br />

An der wissenschaftlichen Vorarbeit,<br />

so Schwanen, kann es wohl nicht gelegen<br />

haben. Auch der BDB selbst<br />

habe monatelang – gemeinsam mit<br />

anderen Verbänden – produktive und<br />

konstruktive Arbeit geleistet. „Bereits<br />

im Oktober 2006 haben wir zusammen<br />

mit dem BöB sowie dem DSLV,<br />

auf Bitte von Staatssekretärin Roth,<br />

Stellung bezogen zur Koalitionsvereinbarung.<br />

Es hieß die von uns erarbeiteten Unterlagen<br />

sollten modulartig in den<br />

Masterplan integriert werden. Immer<br />

wieder haben wir Maßnahmen gefordert,<br />

darunter den Ausbau der Wasserstraßen,<br />

die Öffnung der Richtlinie<br />

Kombinierter Verkehr für Massengutumschlag<br />

und Schwertgüter, Telematik-Anwendungen,<br />

die Modernisierung<br />

der Flotte und so weiter. Kein<br />

Sterbenswort findet man aber zu diesen<br />

Themen im Masterplan zurück.“<br />

Somit stellt sich der Verband die<br />

Frage ob die aktive Teilnahme an den<br />

Masterplan-Workshops keine vertane<br />

Zeit war.<br />

Verlagerungsfantasien<br />

Warum sich der Verkehrsminister geradeso<br />

einseitig für den Schienenverkehr<br />

ausspricht, darüber lässt sich<br />

laut Schwanen nur spekulieren. Allerdings<br />

passe der Plan hervorragend<br />

zum Vorhaben die Bahn fit für die<br />

Börse zu machen. „Dabei sollen Steuergelder<br />

in Milliardenhöhe aufgewendet<br />

werden für Maßnahmen wie<br />

Lärmschutz entlang der Schiene“,<br />

sagt Schwanen.<br />

Mit dieser Kritik steht der BDB keineswegs<br />

allein. Von vielen Seiten hagelte<br />

es in den letzten Tagen Proteste<br />

an die Adresse des Bundesverkehrsministers.<br />

Der BGL spricht<br />

von einem ‘irreführenden’, gar ‘dirigistischen’<br />

Dokument, in das die<br />

Fakten und Erkenntnisse aus den vielen<br />

Debatten und Studien nicht eingeflossen<br />

sind.<br />

Völlig ‘realitätsfern’ sei die Behauptung<br />

der Ausbau der Schiene ermögliche<br />

eine rund 190 Milliarden Tonnenkilometer<br />

gesteigerte Leistung im<br />

Jahr 2025. Im Gegenzug müssten irrsinnig<br />

hohe Investitionen in die<br />

Schienenverkehrsinfrastruktur getätigt<br />

werden. „Das sind unrealistische<br />

Verlagerungsfantasien“, fasst der BGL<br />

zusammen.<br />

Inzwischen sind die größten Baustellen<br />

der Binnenschifffahrt (die<br />

Donau und die Elbe) nach wie vor<br />

heillos umstritten und fehlt woanders<br />

das Geld für dringend notwendige<br />

Ausbaumaßnahmen. Wie Schwanen<br />

angibt, habe der BDB zwischenzeitlich<br />

erneut mit dem Bundesverkehrsministerium<br />

über den Masterplan<br />

gesprochen. Es gebe Anzeichen<br />

dass die Binnenschifffahrt wohl doch<br />

noch stärker berücksichtigt werden<br />

soll. Konkreteres dazu kann der Verband<br />

gegenwärtig noch nicht sagen.<br />

<br />

Schiff zerstört Donaubrücke<br />

Hafenkongress Karlsruhe<br />

In Regensburg hat das niederländische<br />

Binnenschiff Sento Rotterdam die<br />

Protzenweiherbrücke über den Donau-<br />

Kanal so schwer beschädigt dass sie<br />

abgerissen werden muss. Am 13. März<br />

war das Schiff mit der Brücke zusammengekracht<br />

und hatte dabei mit dem<br />

Kranausleger eine Gasleitung an der<br />

Unterseite der Brücke aufgerissen. Das<br />

ausströmende Gas entzündete sich sofort,<br />

wonach die Brücke von Flammen<br />

umschlossen wurde. Durch die Hitze<br />

wurden die Stahlträger eingeknickt<br />

und senkte sich die Brücke um einen<br />

Meter ab.<br />

Nachdem die Stadtwerke die Leitung<br />

geschlossen hatte, konnte die Feuerwehr<br />

die Flammen löschen. Bei dem<br />

Brand wurde auch der Schleusenturm<br />

schwer beschädigt, der Schleusenwärter<br />

erlitt einen Schock. Die Besatzung<br />

des Schiffes blieb glücklicherweise<br />

unverletzt.<br />

Direkt nach dem Unfall wurde das<br />

Brückenfeld provisorisch gesichert, um<br />

ein weiteres Einstürzen zu verhindern.<br />

Dadurch war die Schleuse Regensburg<br />

mehrere Tage für die Binnenschifffahrt<br />

gesperrt. Etwa 18 Schiffe mussten eine<br />

Zwangspause einlegen.<br />

Mittlerweile hat ein Prüfingenieur die<br />

Brücke untersucht und festgestellt<br />

dass sie irreparabel beschädigt ist. In<br />

den beiden letzten Aprilwochen wird<br />

sie – während einer regulären Schifffahrtssperre<br />

– abgerissen.<br />

‘Binnenhäfen im Aufbruch’ lautet<br />

das Thema des ersten Karlsruher Hafenkongresses<br />

am 3. und 4. Juni, bei<br />

dem Entscheidungsträger und Führungskräfte<br />

der europäischen Binnenhäfen,<br />

der Transportwirtschaft<br />

sowie der Politik über die Rolle der<br />

Häfen diskutieren werden.<br />

Auch die Binnenschifffahrt steht<br />

hoch auf der Agenda. Fachexperten<br />

werden über den ökologischen Vorteil<br />

der Binnenschifffahrt gegenüber<br />

Schiene und Straße erzählen. In einem<br />

zusätzlichen Referat wird das<br />

Projekt ‘Canal du Rhône au Rhin’<br />

vorgestellt. Viele Verkehrsexperten<br />

gehen jedoch davon aus dass die<br />

Verlagerung des Schwerverkehrs<br />

von den Alpenpässen aufs Wasser<br />

für eine deutliche Entlastung des<br />

Nord-Süd-Verkehrs in Europa sorgen<br />

würde.

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