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annales historici prešoviensis anno 2005 - Prešovská univerzita v ...

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das „Modell Kreuzzug“ in die politische Wagschale wirft, ohne dass dessen<br />

grundsätzliches Ziel, die bewaffnete Pilgerfahrt ins Heilige Land, überhaupt<br />

in Betracht gekommen wäre: Der eine Anlass ist, bereits im Jahr 1209, der<br />

albtraumhaft verlaufende „Albigenserkreuzzug“ 52 , der andere die Androhung<br />

eines Kreuzzuges gegen den englischen König Johann ohne Land im Jahr<br />

1213 53 . Dass die semantische Erweiterung des Kreuzzugsbegriffes seit 1204<br />

irreversibel wurde, lässt sich bis in die Gegenwart belegen. Als vergleichsweise<br />

noch verständliches Beispiel führe ich nur an, dass Dwight D. Eisenhower die<br />

Landung in der Normandie im Juni 1944 als „Crusade” bezeichnete.<br />

Am Schluss stellt sich eine weitere, wie ich glaube, wesentliche Frage: Wie<br />

bewertete man die Eroberung Konstantinopels in der Heimat der Kreuzfahrer,<br />

in Mittel- und Westeuropa? Sicher nicht (oder nicht mehr) als Kreuzzug. Dies<br />

bezeugt indirekt Walther von der Vogelweide, der Minnesänger, der kritischer<br />

Kommentator der europäischen Politik um 1200 war 54 und dessen Meinungsäusserungen<br />

als repräsentativ für die in der einfachen Bevölkerung in Süddeutschland<br />

und Österreich verbreiteten Anschauungen gilt. Er nimmt einmal<br />

auf den Krieg in Byzanz – beiläufig und in satirischer Form – Bezug: Ohne diesen<br />

irgendwie als Kreuzzug zu apostrophieren, warnt er lediglich seinen Herrn,<br />

Philipp von Schwaben: Wie dort, in Konstantinopel, der Fürst der Griechen …<br />

vor die Tür gesetzt worden sei, und zwar von den Fürsten, so könnte es, hier in<br />

Deutschland, auch Philipp ergehen 55 .<br />

Man mag einwenden, dass Walther von der Vogelweide an Kreuzzügen allgemein<br />

desinteressiert gewesen sei oder auch nichts von der Kreuzzugsidee<br />

wusste. Doch dieser Dichter schrieb, wohl um 1228, sein berührendes „Palästina-Lied“.<br />

Darin bringt er eine Kreuzzugsstimmung zum Ausdruck, die auf die<br />

Wiedergewinnung der heiligen Stätten gerichtet ist und ganz deutlich macht,<br />

dass er (in Übereinstimmung mit der Volksmeinung) unter einem Kreuzzug<br />

eine Pilgerfahrt versteht 56 :<br />

52 Vgl. W. L. Wakefield, Heresy, Crusade and Inquisition in Southern France, Berkeley 1974, J.<br />

R. Strayer, The Albigensian Crusades, New York 1971.<br />

53 Vgl. J. C. Holt, Magna Charta and Medieval Government, Cambridge 1992.<br />

54 In seinen Spruchliedern kritisierte er Papst Innozenz III. scharf (und einseitig); sein bekanntes<br />

Dictum (in 9,16 = M. 7,3) „… owe der babest ist ze junc; hilf, herre, diner kristenheit!“<br />

gehört noch zu den gemäßigten Äusserungen.<br />

55 Walther von der Vogelweide, 17,11 = M. 11,4.<br />

56 Alręrst lebe ich mir werde,/ sit mîn sündic ouge siht / daz reine lant und ouch die erde / der<br />

man sô vil ęren giht. / Ez ist geschehen, des ich ie bat: / ich bin komen an die stat,/ dâ got<br />

menischlîchen trat, Walther von der Vogelweide, 14,38 = M. 2, zitiert wird hier die 1. Strophe.<br />

– Im weiteren bittet er Gott, den „Dreinamigen“, in seiner Güte zwischen Christen, Juden und<br />

Muslimen Recht zu sprechen (wobei seine Erwartung klar ist: … reht ist daz er uns gewer!).<br />

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