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annales historici prešoviensis anno 2005 - Prešovská univerzita v ...

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Der Staatsmann und Historiker: Niketas Choniates<br />

Der andere Byzantiner, der 1217 verstorbene Niketas Choniates (geb. ca.<br />

1155/7), beschrieb die Ereignisse systematischer und detailreicher als Mesarites.<br />

Der Bericht über die Jahre 1200-1206 umfasst etwa ein Fünftel seines<br />

Hauptwerkes 33 , das die Geschichte des Byzantinischen Reiches von 1118 bis<br />

1206 zum Inhalt hat. Niketas war bis 1204 für lange Zeit ein hoher Politiker bzw.<br />

Regierungsbeamter in Konstantinopel. und Nach der Eroberung der Kaiserstadt<br />

flüchtete er nach Nikaia, wo er sein Werk unter dem Eindruck des Erlebten teilweise<br />

umschrieb und die Darstellung auf diesen neuen, negativen Höhepunkt<br />

ausrichtete. Dank der hohen Ämter, die Niketas innehatte, gilt er als sehr gut informiert.<br />

Sein Werk ist von hoher Zuverlässigkeit, es wirkt aber weniger spontan<br />

als das des Mesarites. (Umberto Ecos „Baudolino“ 34 verdankt ihm viel.)<br />

Auch Niketas bedenkt die Ursachen der Eroberung und die Verstrickung<br />

der Byzantiner. Er sieht zunächst eine persönliche Schuld bei den Kaisern, bei<br />

Isaak II. Angelos, der unter dem Druck der Kreuzfahrer 1203 die Kirchenschätze<br />

plünderte, um das versprochene Geld zu beschaffen, und bei seinem<br />

Sohn Alexios IV., der als mitleidloser „Feuerengel“ (eine Anspielung auf den<br />

Familiennamen Angelos) die Brandschatzungen der arabischen Handelsniederlassungen<br />

in Konstantinopel durch die Lateiner guthieß 35 . Auch eine byzantinische<br />

Kollektivschuld sieht Niketas als Ursache: ... es war aber vorherbestimmt,<br />

dass unsere Stadt, die Herrscherin über alle Städte, das Joch der Knechtschaft<br />

auf sich nehmen sollte, da Gott es für richtig befand, ... denn wir alle, Priester<br />

wie Laien, waren ungebärdig gewesen ... 36 .<br />

So erklärt er die Eroberung als eine von Gott verhängte Sündenstrafe und<br />

untermauert dies ausführlich mit Zitaten und Bildern aus der Bibel, vorzugsweise<br />

aus den Propheten (Isaias, Jeremias und Hiob) und den Psalmen 37 . Daher<br />

sind auch die Lateiner Werkzeuge Gottes, sie sind Barbaren, denen Gott uns<br />

zur Züchtigung ausgeliefert hat 38 . Wenn er an anderer Stelle die Eroberer als<br />

Vorläufer und Vorboten des Antichrist bezeichnet, schwingt eine eschatologische<br />

Sinngebung mit 39 .<br />

Wie Mesarites, so schildert auch Niketas Choniates sein persönliches<br />

Schicksal: den Verlust seines Hauses, die Flucht mit seiner schwangeren Frau,<br />

seinen kleinen Kindern, der Familie und Freunden, darunter der (bereits er-<br />

33 Etwa 120 Seiten, 535-655 (van Dieten), 109-242 (Grabler).<br />

34 Eco, Umberto, Baudolino, Mailand 2000 (dt. München / Wien 2001).<br />

35 Niketas Choniates 551f. (van Dieten) , 125 (Grabler) und 555f. (van Dieten), 130 (Grabler).<br />

36 Niketas Choniates 569(van Dieten) , 145 (Grabler).<br />

37 Niketas Choniates 577ff. (van Dieten), 154ff. (Grabler).<br />

38 Niketas Choniates 635 (van Dieten), 217 (Grabler).<br />

39 Niketas Choniates 573 (van Dieten) , 149 (Grabler).<br />

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