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annales historici prešoviensis anno 2005 - Prešovská univerzita v ...

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Der kirchliche Würdenträger: Nikolaos Mesarites<br />

Auf Seiten der Byzantiner lassen wir zwei Augenzeugen der Eroberung<br />

Konstantinopels sprechen; beide sind klassisch gebildete Schriftsteller.<br />

Der eine, Nikolaos Mesarites (geb. ca. 1163/4), war ein hoher kirchlicher<br />

Beamter in Konstantinopel und nach 1207 Metropolit von Ephesos. Er starb<br />

zwischen 1216 und 1222. Wir zitieren ihn hier mit seiner Gedächtnisrede auf<br />

seinen Bruder, den Mönch und Theologen Johannes, der am Beginn des Jahres<br />

1207 starb. Im Epitaph auf den Bruder berichtet Nikolaos über die Eroberung<br />

und über einen ersten Versuch, die Union im Jahr 1204 zu oktroyieren, so wie<br />

er selbst und sein Bruder dies erlebten und wie es ihm nach drei Jahren noch<br />

ziemlich gut in Erinnerung war.<br />

Nikolaos selbst war von der Eroberung Konstantinopels in besonderer Weise<br />

betroffen, da seine im Stadtzentrum gelegene palastartige Villa samt Park<br />

und allen Einrichtungen der Feuersbrunst bei der Eroberung zum Opfer fiel 26 .<br />

Während er dies kurz und nüchtern berichtet, widmet er den Leiden und Qualen<br />

der Stadtbewohner mehrere Kapitel der Grabrede; ich zitiere einen Ausschnitt:<br />

... von nun an also waren von Kriegern beherrscht die Straßen und Plätze, die<br />

zwei- und dreigeschoßigen Häuser, die Herbergen der jungfräulich Lebenden,<br />

die Unterkünfte der Mönche und Nonnen, die Kirchen Gottes, der große Tempel<br />

des Herrn selbst (die Hagia Sophia) und der Kaiserpalast; sie waren beherrscht<br />

von den Kriegsrasenden mit ihren Messern, den morddurstigen gepanzerten<br />

Lanzenträgern, den Schwert- und Spießträgern, den Bogenschützen und Reitern,<br />

die furchtbar blickten, die wie Höllenhunde bellten, die den Tod atmeten,<br />

die Heiligtümer beraubten, Gottgeweihtes zertraten, Altäre schändeten, von<br />

den Wänden und Bildtafeln die heiligen Bilder Christi und der Gottesmutter<br />

und der Heiligen am Boden zerstörten, die seit jeher Gott dem Herrn wohlgefielen.<br />

Verdorbene und blasphemische Reden führten sie, entrissen die Kinder den<br />

Müttern und die Mütter den Kindern, in den Gotteshäusern taten sie der jungfräulichen<br />

Schamhaftigkeit Schande an, ohne Gottes Heimsuchung oder der<br />

Menschen Rache zu fürchten ... 27 . Weiter berichtet Mesarites Einzelheiten der<br />

Gräueltaten an Frauen, Kindern und Klosterinsassen, in der ganzen Stadt und in<br />

allen Kirchen. – In der Georgskirche im Manganenviertel allerdings, vermochte<br />

sein dort als Priester wirkender Bruder Johannes der eindringenden Soldateska<br />

Respekt einzuflößen und sie von Übergriffen abzuhalten 28 .<br />

Johannes Mesarites trat auch der Unterwerfungsaufforderung des Kardinallegaten<br />

Benedikt im Jahr 1206 mutig entgegen. Der päpstliche Legat hatte<br />

26 Nikolaos Mesarites, c. 30, S. 42f. und c. 34, S. 45 (Heisenberg).<br />

27 Nikolaos Mesarites, c. 34ff., S. 45ff. (Heisenberg).<br />

28 Nikolaos Mesarites, c. 36, S. 47f. (Heisenberg).<br />

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