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Zbornik Mednarodnega literarnega srečanja Vilenica 2004 - Ljudmila

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Peter Steiner<br />

Gestaltung geplant und ausgeführt bis ins Kleinste. All die Höhlen und<br />

steilen Runsen, wo Zyklamen blühen, Moos die Steine bepolstert, vor<br />

langer Zeit zu Mauern gefügt, finden sich gleichermaßen an der richtigen<br />

Stelle wie der gebleichte Schädel eines Rindes in der vom Wald<br />

überschatteten Doline. Ich denke an Schlächter im Verborgenen, an<br />

Schmuggler mit blutiger Schulter auf dem Schleichpfad ins Land der<br />

wohlhabenden Nachbarn. An solchem Ort, stelle ich mir vor, nicht nur<br />

einmal, sondern immer wieder, könnte einer jahrelang unerkannt leben,<br />

Epochen überdauern, wie jenen legendären Kampf der Partisanen oder<br />

die tödliche Glanzzeit des Kommunismus. Ein Leben im Schatten der<br />

Wälder und feuchter Höhlen neben Gerümpel, Dinge, im Wechsel der<br />

Generationen nutzlos geworden, von drahtgeflickten Tonkrügen bis zu<br />

Autoreifen ohne Profil. All das überwuchern Eichen und Buchen,<br />

Stechpalmen und Akazien, Wacholder, Haselbüsche und Wildkirschen.<br />

Und: eine meerblaue, spitzzüngige Distel, seit heute mein Talisman.<br />

Dol pri Vogljah und Pliscovica, Orte an der Grenze ohne Übergang.<br />

Veliki Dol (die große Senke): Ein Glockenturm, freistehend vor dem<br />

Westtor der Kirche, vierkantig bis hoch hinauf, wo ein Oktagon das<br />

Glockengestühl trägt, auf daß der Klang der Glocken in acht Richtungen<br />

schalle (du lauter, großer Bruder meiner Distel!); der Dorfplatz, sanft<br />

geneigt gegen die Nachmittagsonne, in der Mitte ein Brunnen und ein<br />

rundes Becken aus Kalkstein; Häuser im Zerfall, fest umgrenzte Leere, in<br />

Frage gestellt; Weinblätter mit »rostfarbenem« Rand; das Laub am<br />

Nußbaum von seltener Üppigkeit; Glanz am Lorbeerstrauch; der<br />

krächzende Ruf eines Hahnes; ein grasgrün gewordener Haufen<br />

Bausand....und plötzlich surren zwei Radsportler in engen Trikots auf<br />

Rädern mit silbrig und farbig blitzendem Gestänge wortlos über den Platz<br />

und die Straße hinunter.<br />

Einer schmalen Straße nach Süden folgend, stehe ich unerwartet an<br />

einem Grenzübergang mit Namen Dutovlje. Gerne verbrächte ich einige<br />

Stunden am nahen Meer von Auresina, aber man läßt mich nicht passieren,<br />

das dürfen nur Einheimische aus dem Grenzland. Immerhin richtet der<br />

Beamte das erste Wort des Tages an mich, sein »Nein« gilt mir.<br />

Gorjansko, Sela na Krasu,<br />

Brje, Komen, Ivanji Grad,<br />

Kostanjevica, Opatje Selo<br />

... Namen, dem Sprachunkundigen Rätsel und zugleich Gedicht.<br />

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