Zbornik Mednarodnega literarnega srečanja Vilenica 2004 - Ljudmila

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06.07.2014 Views

Peter Steiner ko sope, se za nekaj korakov oddaljim od avta. O blagodejnost nočno hladne rose na bosih nogah! To me prebudi še drugič. In nenadoma stojim pred še nikoli videnim, temno modrim osatom. »Cvet« sestavlja osem tankih, konici kopja podobnih listov, veliko bodic, ki varujejo kroglo iz tesno stisnjenih prašnic. Želim ga utrgati in obesiti v mojo vozniško kabino, kjer se bo lahko obračal kot idealna vetrnica za vsako smer. Nekaj korakov stran od tod teče stara cesta od Sežane do opuščene konjušnice v Lipici. Danes nihče ne uporablja te nekoč najhitrejše, hkrati najkrajše povezave. Vso noč in tudi od zgodnjega jutra ni nihče pripeljal mimo. Uporabljajo asfaltno cesto čez Vilenico višje na severu. Ko se odpravim tja, je sonce že visoko. Pot vodi mimo globokih skalnatih vrtač. Sledovi avtomobilov križajo pobočje v gozdu, razbrazdana zemlja napolnjuje globeli med nazobčanim skalovjem, trava in nizko grmičevje je pomendrano. Poleg kolesnic avtomobilskih gum ležijo uporabljeni kondomi in papirnati žepni robčki. Pod borom leži zmečkan pornografski časopis s Hrvaške, poln amaterskih slik z naslovi iz vseh podeželskih provinc, nekritična zbirka nespodobno ponujenih spolovil, kraterska pokrajina mesa. In še vedno čakam, da bom srečal prvega človeka. Tudi v kapniški jami v Vilenici sem sam. Napis opozarja na globino 190 metrov. Poleg njega se navzdol, ob z mahom obraslo skalo, spuščajo strme stopnice do železnih vrat. Ta so zaprta. Iz teme slišim kapljati vodo. Zvok mi še dolgo odmeva v ušesih. So kamnita tla brez potk, predrta z luknjami, ki požirajo vodo, je samovoljna meja, ki reže notranjost od obale? Ne vem, kje tiči čar tega področja, toda samota okoli mene je taka, kot da tu ne bi bilo žive duše, kot da bi bila pokrajina prazna, odkar sta bila iz nje izgnana Adam in Eva. Zdi se mi, kot da so vasi, ali to, kar zagledam, ko zavijem okoli ovinka ali prihajam čez grič – zatrep, lina, prehod med dvema mogočnima vogaloma hiše iz golega kamenja – samo model v primeru, da bi pokrajino odkril človek. Ko bi bil manj optimističen, bi morda pomislil, da je izbruhnila epidemija, ki je ni nihče preživel. In vendarle, celo največji malodušneš mora opaziti: tukaj je očiščena pot, tam pokošen travnik, obdelan vinograd, vrtače, na dnu katerih raste zelenjava in ne daleč proč potem morda tudi zasliši hrup traktorskega motorja ali goseničarja. Ta pokrajina je podobna parku, kot da bi vešči vrtnarji načrtovali njegovo obliko in jo izpeljali do najmanjše podrobnosti. Vse jame in strme grape, kjer cvetijo ciklame, mah, ki obrašča kamenje, pred davnimi časi zloženo v gromače, je prav tako na pravem mestu kot zbledela glava goveda v od gozda zasenčeni vrtači. Pomislim na mesarje v tajnosti, na tihotapce s krvavečimi rameni na tihotapskih poteh v deželo premožnih sosedov. Na takem kraju, si predstavljam, ne samo enkrat, ampak vedno znova, bi lahko nekdo skrivoma živel cela leta, preživel bi obdobja, kot tisti legendarni boj partizanov ali življenjsko nevaren razcvet komunizma. Življenje v senci gozdov in vlažnih jam poleg ropotije, predmeti, ki so postali nepotrebni v menjavi generacij, od z žico povezanih lončenih vrčev do avtomobilskih gum brez profila. Vse to preraščajo hrasti in bukve, božja drevca in akacije, brinje, leske in divje češnje. In: morsko moder, kot jezik 368

Peter Steiner bei sich zuhause aufnahm, nun endlich mein Zuhause sehen soll, auch wenn es nur ein Landstrich meines größeren Zuhauses ist. Dabei beanspruche ich so wenig Platz. Mit zwei, drei Handgriffen ist das Bett in meinem Auto wieder eine Sitzbank, der Tisch aus der Wand heraus geklappt. Schon stelle ich Wasser für den Morgenkaffe auf dem kleinen Gasbrenner zu. Während dieser faucht, entferne ich mich einige Schritte von dem Wagen. O Wohltat des nachtkalten Taus an den nackten Füßen! Das weckt mich ein zweites Mal. Und plötzlich stehe ich von einer noch nie gesehenen dunkelblauen Distel. Die »Blüte« setzt sich aus acht dünnen, lanzenspitzen Blättern zusammen, mehr Stacheln, die eine Kugel aus dicht gedrängten Staubgefäßen schützen. Ich will sie pflücken und in meine Fahrerkabine hängen, wo sie sich drehen kann, als ideale Windrose für jede Richtung. Wenige Schritte von hier verläuft der alte Fahrweg von Sežana zu dem aufgelassenen Pferdegestüt von Lipica. Niemand verwendet heute diese einmal rascheste, weil kürzeste Verbindung. Die ganze Nacht und auch seit dem frühen Morgen kam niemand vorbei. Man benutzt die Asphaltstraße über Vilenica weiter im Norden. Als ich dorthin aufbreche, steht die Sonne hoch. Der Weg führt vorbei an tiefen, felsigen Dolinen. Autospuren kreuzen die Böschung in den Wald, zerfurchte Erde füllt die Senken zwischen zackigem Gestein, Gras und niedriges Buschwerk wurde niedergewalzt. Neben den Spurrillen der Autoreifen kleben gebrauchte Kondome und Papiertaschentücher. Unter einer Kiefer liegt ein in Falten gequetschtes Pornomagazin aus Kroatien, voll Amateurbildern mit Adressen aus allen Provinzen des Landes, eine wahllose Sammlung schamlos dargebotener Geschlechter, eine Kraterlandschaft des Fleisches. Und immer noch warte ich auf die erste menschliche Begegnung. Auch an der Tropfsteinhöhle von Vilenica bin ich allein. Ein Schild verweist auf die Tiefe von 190 Metern. Daneben führt eine Treppe steil hinab durch bemoosten Fels an ein eisernes Gittertor. Das ist versperrt. Aus dem Dunkel höre ich Wasser tropfen. Das Geräusch bleibt mir lange im Ohr. Ist es der pfadlose, steinige Grund, durchbrochen von wasserschluckenden Löchern, ist es die willkürliche Grenze, die das Hinterland von der Küste abschneidet? Ich weiß nicht, worin der Zauber dieses Landstrichs begründet liegt, aber die Einsamkeit um mich ist eine solche, als lebte hier keiner, als läge das Land verlassen seit Adam und Eva daraus vertrieben wurden. Mir ist, als seien die Dörfer, oder das, was ich erblicke, wenn ich um eine Kurve biege oder über einen Hügel komme – einen Giebel, einen Erker, eine Durchfahrt zwischen zwei wuchtigen Hausecken aus nacktem Stein – nur Modell für den Fall, daß das Land von Menschen entdeckt würde. Wäre ich weniger frohgemut, dächte ich vielleicht, es habe eine Epidemie erlitten, die keiner überlebte. Und dennoch, selbst der Mutloseste muß sehen: da ist ein offener Weg, dort eine gemähte Wiese, ein bearbeiteter Weinberg, Dolinen, auf deren Grund Gemüse wächst, und nicht weit entfernt hört er dann vielleicht auch den Motorlärm eines Traktors oder einer Schubraupe. Dieses Land gleicht einem Park, als hätten geübte Gärtner seine 369

Peter Steiner<br />

bei sich zuhause aufnahm, nun endlich mein Zuhause sehen soll, auch<br />

wenn es nur ein Landstrich meines größeren Zuhauses ist.<br />

Dabei beanspruche ich so wenig Platz. Mit zwei, drei Handgriffen ist<br />

das Bett in meinem Auto wieder eine Sitzbank, der Tisch aus der Wand<br />

heraus geklappt. Schon stelle ich Wasser für den Morgenkaffe auf dem<br />

kleinen Gasbrenner zu. Während dieser faucht, entferne ich mich einige<br />

Schritte von dem Wagen. O Wohltat des nachtkalten Taus an den nackten<br />

Füßen! Das weckt mich ein zweites Mal. Und plötzlich stehe ich von einer<br />

noch nie gesehenen dunkelblauen Distel. Die »Blüte« setzt sich aus acht<br />

dünnen, lanzenspitzen Blättern zusammen, mehr Stacheln, die eine Kugel<br />

aus dicht gedrängten Staubgefäßen schützen. Ich will sie pflücken und in<br />

meine Fahrerkabine hängen, wo sie sich drehen kann, als ideale Windrose<br />

für jede Richtung.<br />

Wenige Schritte von hier verläuft der alte Fahrweg von Sežana zu dem<br />

aufgelassenen Pferdegestüt von Lipica. Niemand verwendet heute diese<br />

einmal rascheste, weil kürzeste Verbindung. Die ganze Nacht und auch<br />

seit dem frühen Morgen kam niemand vorbei. Man benutzt die<br />

Asphaltstraße über <strong>Vilenica</strong> weiter im Norden. Als ich dorthin aufbreche,<br />

steht die Sonne hoch. Der Weg führt vorbei an tiefen, felsigen Dolinen.<br />

Autospuren kreuzen die Böschung in den Wald, zerfurchte Erde füllt die<br />

Senken zwischen zackigem Gestein, Gras und niedriges Buschwerk wurde<br />

niedergewalzt. Neben den Spurrillen der Autoreifen kleben gebrauchte<br />

Kondome und Papiertaschentücher. Unter einer Kiefer liegt ein in Falten<br />

gequetschtes Pornomagazin aus Kroatien, voll Amateurbildern mit<br />

Adressen aus allen Provinzen des Landes, eine wahllose Sammlung<br />

schamlos dargebotener Geschlechter, eine Kraterlandschaft des Fleisches.<br />

Und immer noch warte ich auf die erste menschliche Begegnung. Auch<br />

an der Tropfsteinhöhle von <strong>Vilenica</strong> bin ich allein. Ein Schild verweist auf<br />

die Tiefe von 190 Metern. Daneben führt eine Treppe steil hinab durch<br />

bemoosten Fels an ein eisernes Gittertor. Das ist versperrt. Aus dem<br />

Dunkel höre ich Wasser tropfen. Das Geräusch bleibt mir lange im Ohr.<br />

Ist es der pfadlose, steinige Grund, durchbrochen von wasserschluckenden<br />

Löchern, ist es die willkürliche Grenze, die das Hinterland von der<br />

Küste abschneidet? Ich weiß nicht, worin der Zauber dieses Landstrichs<br />

begründet liegt, aber die Einsamkeit um mich ist eine solche, als lebte<br />

hier keiner, als läge das Land verlassen seit Adam und Eva daraus vertrieben<br />

wurden. Mir ist, als seien die Dörfer, oder das, was ich erblicke, wenn ich<br />

um eine Kurve biege oder über einen Hügel komme – einen Giebel, einen<br />

Erker, eine Durchfahrt zwischen zwei wuchtigen Hausecken aus nacktem<br />

Stein – nur Modell für den Fall, daß das Land von Menschen entdeckt<br />

würde. Wäre ich weniger frohgemut, dächte ich vielleicht, es habe eine<br />

Epidemie erlitten, die keiner überlebte. Und dennoch, selbst der<br />

Mutloseste muß sehen: da ist ein offener Weg, dort eine gemähte Wiese,<br />

ein bearbeiteter Weinberg, Dolinen, auf deren Grund Gemüse wächst,<br />

und nicht weit entfernt hört er dann vielleicht auch den Motorlärm eines<br />

Traktors oder einer Schubraupe.<br />

Dieses Land gleicht einem Park, als hätten geübte Gärtner seine<br />

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