Festschrift 100 Jahre Handelsschule Lustenau
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<strong>Festschrift</strong><br />
2004 BHAK/BHAS <strong>Lustenau</strong><br />
Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule<br />
<strong>Handelsschule</strong> <strong>Lustenau</strong><br />
Kaufmännische Wirtschaftsschule <strong>Lustenau</strong><br />
Wirtschaftsschule <strong>Lustenau</strong><br />
Kaufmännische Wirtschaftsschule <strong>Lustenau</strong><br />
Öffentliche <strong>Handelsschule</strong> in <strong>Lustenau</strong><br />
Kaiser-Franz-Josef-I.-Jubiläums-<strong>Handelsschule</strong><br />
Kommunal-<strong>Handelsschule</strong><br />
1904 Kommunal-Gewerbeund<br />
<strong>Handelsschule</strong><br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsschule</strong><br />
<strong>Lustenau</strong><br />
Bundeshandelsschule und<br />
Bundeshandelsakademie
Die Herstellung dieser <strong>Festschrift</strong> wurde von den Banken <strong>Lustenau</strong>s<br />
mit einem namhaften Betrag unterstützt.<br />
Herzlichen Dank<br />
an die<br />
Bank Austria Creditanstalt AG <strong>Lustenau</strong><br />
Hypobank <strong>Lustenau</strong><br />
Raiffeisenbank <strong>Lustenau</strong><br />
Sparkasse <strong>Lustenau</strong><br />
Volksbank <strong>Lustenau</strong><br />
Impressum<br />
Herausgeber: BHAK/BHAS <strong>Lustenau</strong>, Neudorfstraße 22<br />
Für den Inhalt verantwortlich: Prof. Mag. Hermann Begle<br />
Redaktion: OStR Prof. Mag. Werner Hämmerle<br />
Druck: Hugo Mayer, Dornbirn<br />
<strong>Lustenau</strong> im März 2004
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsschule</strong><br />
I n h a l t<br />
Vorwort 2<br />
Grußworte 4<br />
Festvortrag „<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsschule</strong>“ 10<br />
Geschichte 24<br />
Geschichte der Schule - Zeittafel 24<br />
Statistiken zur Geschichte der Schule 31<br />
Direktorengalerie 32<br />
Disziplinarvorschriften von 1914 40<br />
Lehrplanvergleich 1903 - 2003 42<br />
Bürotechnik im Wandel 46<br />
Entwicklung der Schule aus Sicht eines Lehrers 48<br />
Lehrkörper in Bildern 52<br />
Absolventen 54<br />
Absolventenverein 54<br />
Berichte von Absolventen 56<br />
Aktuelles 66<br />
Lehrkörper 2003/04 66<br />
Vortrag Univ. Prof. Dr. Josef Aff 68<br />
Bedeutung der HAK/HAS in Gegenwart und Zukunft 74<br />
Das Kuratorium als Bindeglied zur Wirtschaft 76<br />
Kooperatives Offenes Lernen 77<br />
Office Managment 79<br />
University of Cambridge 80<br />
Das Buch ist tot - es lebe die Schulbibliothek 81<br />
Wie sehr ich die Schule hasste (J.-T. Ernst) 83<br />
Kunst in der Aula 85
Vorwort<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Eine wirtschaftliche Schule, die auf <strong>100</strong><br />
<strong>Jahre</strong> doch recht erfolgreiche Arbeit<br />
zurückblicken kann, hat vieles mit- und<br />
durchgemacht, denn die wirtschaftlichen<br />
und gesellschaftlichen Veränderungen<br />
in dieser sich so stark wandelnden<br />
Zeit verschonten auch die pädagogischen<br />
Einrichtungen nicht im mindesten.<br />
So können wir doch mit berechtigter<br />
Genugtuung zurückblicken und<br />
dieses Jubiläum als Bestätigung unserer<br />
Arbeit, aber auch als Anreiz für<br />
zukünftige Aufgaben sehen.<br />
Dass vor <strong>100</strong> <strong>Jahre</strong>n die Gemeindevertretung<br />
von <strong>Lustenau</strong> die Ansiedlung<br />
einer berufsbildenden Schule befürwortete,<br />
zeigt deutlich die bereits damals<br />
weitblickende Einsicht auf, dass höhere<br />
Bildung als Wert und Notwendigkeit für<br />
wirtschaftlichen Erfolg erkannt worden<br />
war. Gerade in einer aufstrebenden<br />
Gemeinde wie <strong>Lustenau</strong>, in der die<br />
Industrialisierung so richtig Fuß gefasst<br />
hatte, sollten junge Fachkräfte herangebildet<br />
werden, die Garant für eine<br />
kontinuierliche Weiterentwicklung sein<br />
konnten.<br />
Heute hat die Schule - im Grunde wie<br />
vor <strong>100</strong> <strong>Jahre</strong>n - die Aufgabe, Top-<br />
Absolventen auszubilden, die den<br />
Wir bauen auf <strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> erfolgreiche<br />
Arbeit und nehmen auch weiterhin<br />
die Herausforderung an!<br />
Prof. Mag. Hermann Begle<br />
Direktor<br />
Anforderungen der Wirtschaft möglichst<br />
optimal entsprechen. So heißt es<br />
zumindest in allen offiziellen Aussendungen.<br />
Was wir als Pädagogen jedoch<br />
vor Augen haben müssen, das ist der<br />
junge Mensch, der Bildung sucht und<br />
braucht. Als wirtschaftliche Schule sollten<br />
wir natürlich möglichst umfangrei-<br />
ches wirtschaftliches Grundwissen vermitteln.<br />
Aber daneben darf die humanistische<br />
Allgemeinbildung und der<br />
Mensch als Individuum keinesfalls zu<br />
kurz kommen.<br />
Wenn wir uns bewusst sind, wie kurz<br />
heutzutage die Halbwertzeit des Wissens<br />
ist, erkennen wir immer mehr,<br />
dass es nicht sinnvoll erscheint,<br />
Jugendliche mit Spezialwissen voll zu<br />
stopfen, das in Kürze überholt sein<br />
wird. Vielmehr muss es unsere Aufgabe<br />
sein, sie auf das Leben vorzubereiten,<br />
und dieses zukünftige Leben wird viele<br />
Berufe und Berufsbilder aufweisen, die<br />
wir heute noch gar nicht kennen. Wir<br />
müssen also "Generalisten" ausbilden,<br />
die natürlich über wirtschaftliches<br />
Grundwissen und grundlegende Kenntnisse<br />
im Computerbereich verfügen<br />
sollen. Aber immer bedeutender wird<br />
es in Zukunft sein, als Lehrer Sozialkompetenz<br />
zu haben und diese auch zu<br />
vermitteln. Dazu ist natürlich entsprechende<br />
Aus- und Weiterbildung der<br />
Pädagogen wichtig, um den veränderten<br />
Anforderungen gerecht zu werden.<br />
Hierbei sind auch die zuständigen Institutionen<br />
im Besonderen gefordert.<br />
Soft Skills, die heute auch in der Wirt-<br />
2
<strong>Handelsschule</strong><br />
schaft immer mehr Bedeutung erlangen,<br />
müssen neben einer fachlichen<br />
Grundlagenausbildung in den Vordergrund<br />
gerückt werden, um den Jugendlichen<br />
von heute für die Aufgaben der<br />
Zukunft zu rüsten.<br />
Besonders in einer Gesellschaft, in der<br />
soziale Aufgaben und erzieherische<br />
Tätigkeit immer mehr an die Schulen<br />
abgeschoben wird, stellt dies uns Lehrer<br />
vor eine große Herausforderung.<br />
Aber wir sind bereit und willens, uns<br />
dieser zu stellen, wenn uns von der<br />
Gesellschaft die entsprechende Unterstützung<br />
geboten wird. Der Ruf der<br />
<strong>Handelsschule</strong> und Handelsakademie<br />
<strong>Lustenau</strong>, eine strenge, aber gute<br />
Schule zu sein, darf ruhig erhalten bleiben,<br />
wenn es uns weiterhin gelingt,<br />
den jungen Menschen als Ganzes in<br />
unserem Blickfeld zu haben.<br />
3
Grußworte<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Eine gute und umfassende Ausbildung<br />
ist das allerbeste Startkapital, das man<br />
den jungen Menschen in unserer<br />
schnelllebigen Zeit für das Leben mitgeben<br />
kann. Die "Bundeshandelsakademie<br />
und Bundeshandelsschule<br />
<strong>Lustenau</strong>" ist in dieser Hinsicht eine<br />
sehr erfolgreiche Bildungseinrichtung,<br />
weil hier wirtschaftliche Kenntnisse, IT-<br />
Fertigkeiten, Fremdsprachen und Organisationskompetenz<br />
auf hohem Niveau<br />
unterrichtet werden. Davon profitieren<br />
nicht nur die jungen Menschen, sondern<br />
die ganze Region - die Gemeinden<br />
ebenso wie die Wirtschaft, das gesellschaftliche<br />
Zusammenleben ebenso wie<br />
die Innovationskraft der Unternehmen.<br />
Schwerpunkten sowie mit dem Aufgreifen<br />
neuer Organisations- und Managementkonzepte<br />
hat die "Bundeshandelsschule"<br />
das nächste Jahrhundert<br />
bereits erfolgreich in Angriff genommen.<br />
Ich wünsche allen Lehrerinnen und<br />
Lehrern sowie allen Schülerinnen und<br />
Schülern weiterhin viel Freude und<br />
Erfolg, und ich bin überzeugt, dass an<br />
der "Bundeshandelsschule <strong>Lustenau</strong>"<br />
auch die kommenden <strong>Jahre</strong> vom selben<br />
Elan und derselben tatkräftigen Initiative<br />
geprägt sein werden!<br />
Das Erreichen dieser Ziele wäre jedoch<br />
nicht möglich, wenn das hohe fachliche<br />
Niveau der Lehrkräfte nicht durch<br />
großes Engagement und Leistungsbereitschaft<br />
ergänzt würde. Ebenso<br />
wären die vielfältigen Ziele unerreichbar,<br />
wenn die Eltern die Schwerpunktsetzungen<br />
der Schule nicht unterstützten<br />
und die Betriebe nicht tatkräftig mit<br />
der Schule kooperieren würden. Ich<br />
bedanke mich deshalb bei allen Beteiligten<br />
für ihren Einsatz und die gute<br />
Zusammenarbeit, denn dieses Miteinander<br />
ist eine der wichtigsten Grundla-<br />
Elisabeth Gehrer<br />
Bundesministerin für Bildung,<br />
Wissenschaft und Kultur<br />
gen für die Sicherung der Zukunftschancen<br />
unserer Jugend.<br />
Das <strong>100</strong>-jährige Bestehen einer Schule<br />
stellt einen ganz besonderen Grund<br />
zum Feiern dar. Ein ebenso wichtiger<br />
Anlass zum Feiern ist aber auch die<br />
dynamische Entwicklung der letzten<br />
<strong>Jahre</strong>, denn mit der Setzung von IT-<br />
Elisabeth Gehrer<br />
Bundesministerin für Bildung,<br />
Wissenschaft und Kultur<br />
4
<strong>Handelsschule</strong><br />
Die Begriffe Handelsakademie/<strong>Handelsschule</strong><br />
bürgen für Qualität in kaufmännischer<br />
Ausbildung, in fundierten<br />
Wirtschaftskenntnissen, in Allgemeinbildung<br />
und in Fremdsprachenkenntnissen.<br />
Mit einem für alle Schulen gleich<br />
gestalteten Kernbereich und schulautonom<br />
festgelegten Schwerpunktsetzungen<br />
werden die Absolventinnen und<br />
Absolventen für ihr späteres Berufsleben<br />
vorbereitet, um für uns alle einen<br />
wichtigen Beitrag in Wirtschaft und<br />
Gesellschaft zu leisten. Die jungen Leute<br />
von heute bestimmen die Zukunft<br />
von morgen - dies bedeutet für die<br />
Schule sich ständig weiterzuentwickeln,<br />
über das Morgen nachzudenken, um<br />
das richtige Bildungs- und Ausbildungsangebot<br />
zu erarbeiten. Vor allem die<br />
kaufmännischen Schulen haben sich<br />
immer bemüht, aktuell zu sein und den<br />
Bezug zur Praxis herzustellen. Ob<br />
Übungsfirmenarbeit im Betriebswirtschaftlichen<br />
Zentrum, Projektarbeit im<br />
Team, Praxistage in Betrieben, EU-Projekte,<br />
Auslandsreisen oder Referate<br />
von Experten in der Schule, ob Notebook-Klassen<br />
mit Internetzugang und<br />
moderne Lehr- und Lernformen - ein<br />
engagiertes Lehrerinnen- und Lehrerteam<br />
macht Vieles möglich und setzt<br />
neue Ideen um. Der Aktualität wurde in<br />
MR Mag. Hermine Javurek,<br />
Abteilung für kaufm. Schulen<br />
im Bundesministerium für<br />
Bildung, Wissenschaft und Kultur<br />
der Vergangenheit und wird auch in<br />
Zukunft Rechnung getragen.<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsschule</strong> / 33 <strong>Jahre</strong><br />
Handelsakademie heißt viele <strong>Jahre</strong><br />
Schulentwicklung, wofür ich der jeweils<br />
verantwortlichen Schulleitung, dem<br />
Professorenkollegium und allen, welche<br />
die Schule unterstützt haben und<br />
unterstützen, Dank sage.<br />
Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum!<br />
5
Grußworte<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Mit Freude und Stolz kann die <strong>Handelsschule</strong><br />
<strong>Lustenau</strong> auf ein Jahrhundert<br />
erfolgreicher Bildungsarbeit zurückblicken.<br />
Die Schule hat in dieser Zeit<br />
unzählige Schülerinnen und Schüler auf<br />
Beruf und Leben vorbereitet. <strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
für die wirtschaftliche und kaufmännische<br />
Ausbildung unserer Jugend zu wirken<br />
ist nicht zuletzt ein besonderes<br />
Verdienst um den Wirtschaftsstandort<br />
Vorarlberg und damit für die Zukunft<br />
unseres Landes.<br />
Stolz auf ein Jahrhundert erfolgreiche<br />
Bildungsarbeit!<br />
seinem Lehrerteam sowie den Schülerinnen<br />
und Schülern gratulieren wir<br />
ganz herzlich zu diesem runden<br />
Jubiläum und danken allen Lehrpersonen<br />
für ihren Einsatz und die wertvolle<br />
Bildungs- und Erziehungsarbeit der<br />
vergangenen <strong>Jahre</strong>. Für die Zukunft<br />
wünschen wir der Schule weiterhin viel<br />
Freude auf ihrem erfolgreichen Weg.<br />
Die <strong>Handelsschule</strong> <strong>Lustenau</strong> bietet<br />
neben der Handelsakademie, die vor<br />
zwei <strong>Jahre</strong>n ihr 30jähriges Jubiläum feiern<br />
konnte, eine grundlegende, moderne<br />
und zukunftsorientierte kaufmännische<br />
Ausbildung an. Die Zusammenarbeit<br />
der Schule mit Firmen und Banken<br />
der Region entspricht in vorbildlicher<br />
Weise einer praxisorientierten und<br />
ganzheitlichen Ausbildung. Auch neuen<br />
Trends wird Rechnung getragen: Seit<br />
einigen <strong>Jahre</strong>n stehen zwei Zweige -<br />
Informationstechnologie und Office<br />
Management - zur Auswahl.<br />
Die Absolventinnen und Absolventen<br />
der <strong>Handelsschule</strong> <strong>Lustenau</strong> sind<br />
begehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />
insbesondere bei heimischen<br />
Dr. Herbert Sausgruber<br />
Landeshauptmann<br />
Klein- und Mittelbetrieben. Die Schule<br />
ist damit ein wichtiger und unverzichtbarer<br />
Pfeiler im heimischen Bildungsund<br />
Ausbildungsangebot und aus der<br />
Vorarlberger Schullandschaft nicht<br />
mehr wegzudenken.<br />
Dem Direktor der <strong>Handelsschule</strong><br />
<strong>Lustenau</strong>, Herrn Mag. Hermann Begle,<br />
Dr. Herbert Sausgruber<br />
Landeshauptmann<br />
Mag. Siegi Stemer<br />
Schullandesrat<br />
6
<strong>Handelsschule</strong><br />
Die Gründung der <strong>Handelsschule</strong> vor<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong>n und deren Weiterentwicklung<br />
geht fast parallel einher mit der<br />
Entwicklung unserer Heimatgemeinde<br />
<strong>Lustenau</strong>.<br />
Im Dorf am jungen Rhein, das Kaiser<br />
Franz Joseph 1902 zur Marktgemeinde<br />
erhoben hatte, hatte schon früh die<br />
Stickereiwirtschaft Einzug gehalten.<br />
Nach der Rheinregulierung von den<br />
jährlichen Überschwemmungen verschont,<br />
waren zudem in <strong>Lustenau</strong> dem<br />
wirtschaftlichen Aufschwung im neuen<br />
industriellen Zeitalter keine Barrieren<br />
mehr gesetzt.<br />
Bis zur Gründung der <strong>Handelsschule</strong><br />
war den jungen <strong>Lustenau</strong>ern und<br />
<strong>Lustenau</strong>erinnen keine Möglichkeit<br />
gegeben, im eigenen Ort eine über die<br />
Schulpflicht hinausgehende Ausbildung<br />
zu finden. Um dem großen Mangel an<br />
ausgebildeten Bürokräften Herr zu werden,<br />
verlegte Alwin Hauser am ersten<br />
April 1902 die zweijährige <strong>Handelsschule</strong><br />
von Bregenz nach <strong>Lustenau</strong>.<br />
Die Gemeindevorstehung hatte schon<br />
damals großes Interesse, den Bildungsstandort<br />
in <strong>Lustenau</strong> auszubauen,<br />
sodass nach dem Tod Hausers im darauffolgenden<br />
Jahr die Schule als Kom-<br />
Hans-Dieter Grabher<br />
Bürgermeister<br />
munal-Gewerbe- und <strong>Handelsschule</strong><br />
fortgeführt wurde.<br />
Seither haben Generationen von Schülerinnen<br />
und Schülern aus <strong>Lustenau</strong><br />
und den umliegenden Gemeinden in<br />
den vergangenen <strong>100</strong> <strong>Jahre</strong>n eine<br />
hochwertige Berufsbildung und damit<br />
ein Fundament für ihre weitere Laufbahn<br />
erhalten.<br />
Über wirtschaftliche Krisenzeiten hinweg<br />
passte sich die Schule stets den<br />
Anforderungen des Arbeitsmarktes an<br />
und konnte damit dem Anspruch einer<br />
"Berufsbildenden Schule" gerecht werden.<br />
Mit engagierten Lehrerinnen, Lehrern<br />
und Direktoren ist es gelungen, an<br />
dieser Schule weiterhin ein überdurchschnittlich<br />
hohes Niveau zu halten und<br />
damit den Jugendlichen eine ehrliche<br />
Chance auf dem heutigen Arbeitsmarkt<br />
zu geben. In verschiedenen, äußerst<br />
wertvollen Projekten wird die Zusammenarbeit<br />
mit den Unternehmen<br />
gesucht, werden Ausbildungsmöglichkeiten<br />
außerhalb der Schule erschlossen,<br />
Sprachaufenthalte und ähnliches<br />
ermöglicht.<br />
Wir freuen uns seitens der Marktgemeinde<br />
<strong>Lustenau</strong>, dass mit dem<br />
Jubiläum die älteste weiterführende<br />
Schule jetzt geehrt wird und hoffen<br />
weiterhin auf ein gutes Bestehen und<br />
Wirken hier in <strong>Lustenau</strong>. Alles Gute!<br />
Hans-Dieter Grabher<br />
Bürgermeister<br />
7
Grußworte<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Die Jugend ist unser wichtigstes Kapital.<br />
Für die Wirtschaftskammer Vorarlberg<br />
sind dies keine leeren Worte, sondern<br />
ein Bekenntnis, das gelebt wird.<br />
Die Wirtschaft legt großen Wert auf<br />
optimale Ausbildungsmöglichkeiten für<br />
die Jugendlichen. Das fängt in der<br />
Volksschule an und hört bei der Lehre<br />
längst nicht auf. Wir brauchen sowohl<br />
Facharbeiter, die auf hohem Niveau<br />
ausgebildet werden, als auch Menschen,<br />
die die schulische und anschließende<br />
akademische Ausbildung<br />
wählen, um als Wirtschaftsstandort<br />
international konkurrenzfähig zu sein.<br />
Das ist - wie das Jubiläum der Handelsakademie<br />
und <strong>Handelsschule</strong> <strong>Lustenau</strong><br />
zeigt - nicht erst in der Gegenwart<br />
Anliegen der Wirtschaft, sondern war<br />
es schon vor hundert <strong>Jahre</strong>n. Studiert<br />
man die Geschichte von Bildungsstätten,<br />
waren es immer Unternehmer, die<br />
erste Schritte setzten, die die Voraussetzungen<br />
für Schulen schufen und die<br />
Bildungseinrichtungen einforderten.<br />
Die <strong>Lustenau</strong>er waren immer gute<br />
Kaufleute, die schon früh über den Tellerrand<br />
schauten und deshalb wussten,<br />
welche Fertigkeiten, welche Werkzeuge<br />
gebraucht werden, um erfolgreich zu<br />
sein. Die <strong>Handelsschule</strong>, aus der später<br />
Kommerzialrat Kuno Riedmann<br />
Präsident der Wirtschaftskammer<br />
Vorarlberg<br />
auch die Akademie hervorging, lehrte<br />
und lehrt diese Fähigkeiten mit Erfolg.<br />
Und obwohl die Schule nicht gerade im<br />
Zentrum des Rheintals liegt, hat sie bei<br />
Schülern wie Arbeitgebern wegen dem<br />
starken Praxisbezug einen ausgezeichneten<br />
Ruf.<br />
HAK und HAS <strong>Lustenau</strong> sind auch heute<br />
wieder bei den Vorreitern im Schulbereich:<br />
Zusammen mit dem Kuratorium,<br />
in dem namhafte Unternehmer<br />
vertreten sind, konnten in den letzten<br />
<strong>Jahre</strong>n einige richtungsweisende Aktivitäten<br />
gesetzt und Projekte in Angriff<br />
genommen werden, die darauf<br />
schließen lassen, dass die Schule auch<br />
die nächsten hundert <strong>Jahre</strong> ihren Auftrag<br />
mit viel Engagement und Erfolg<br />
erfüllen wird. Als Präsident der Wirtschaftskammer<br />
Vorarlberg wünsche ich<br />
Ihnen namens der Wirtschaft unseres<br />
Bundeslandes alles Gute zu diesem<br />
Jubiläum und darf nochmals betonen,<br />
wie wichtig die kaufmännischen Schulen<br />
für unsere Wirtschaft sind.<br />
8
<strong>Handelsschule</strong><br />
9
Festvortrag<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Am Beginn einer Erfolgsgeschichte stehen<br />
nicht immer durchdachtes Abwägen<br />
und Planen, oft aber zupackendes<br />
Handeln und rasch entschlossenes Nützen<br />
günstiger Umstände.<br />
Das Jubiläum "<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsschule</strong>"<br />
verdanken wir zwar einer Reihe von<br />
Zufälligkeiten oder schicksalhaften<br />
Begebenheiten, im Kern aber letzten<br />
Endes doch dem Mut und dem Weitblick<br />
der <strong>Lustenau</strong>er Gemeinderegierung im<br />
<strong>Jahre</strong> 1903. Mag sein, dass sie auch<br />
noch vom Hochgefühl der eigenen<br />
Bedeutung durch die Verleihung des<br />
Titels "Marktgemeinde" durchdrungen<br />
waren und die mit dieser Auszeichnung<br />
erhoffte Aufwärtsentwicklung von<br />
Bevölkerungszahl und Wirtschaft auch<br />
von zukunftsweisenden Taten begleitet<br />
werden sollte.<br />
Die Sicherung des Lebensraumes durch<br />
die begonnenen großzügigen Flussregulierungen,<br />
die Einführung der Stromversorgung,<br />
das Anbinden des Ortes durch<br />
die Elektrische Bahn an die aufstrebende<br />
Industrie- und Handelsmetropole<br />
Dornbirn und ihre Schnellzugstation,<br />
dies alles fand seinen Niederschlag in<br />
einer optimistischen Grundhaltung der<br />
Bevölkerung, in einer Aufbruchstim-<br />
mung im Gewerbe und hier insbesondere<br />
in den Stickereibetrieben. Sie wollten<br />
nicht länger als Lohnsticker nur Zulieferer<br />
für die Fabrikanten der Schweizer<br />
Nachbarregion sein. Mit dem Schritt in<br />
die Selbständigkeit, durch den Aufbau<br />
eigener Kollektionen und eines Vertriebes<br />
für In- und Ausland erhoffte man<br />
sich bedeutend höhere Erträge. Dazu<br />
bedurfte es neben den handwerklichen<br />
Fähigkeiten einer gründlichen kaufmännischen<br />
Ausbildung. Verschiedene<br />
Anläufe für ein dauerhaft etabliertes<br />
Angebot hatten bis zu Beginn des 20.<br />
Jahrhunderts allerdings keinen Erfolg.<br />
Anfang des <strong>Jahre</strong>s 1902 führte das<br />
Schicksal den Besitzer der in Bregenz<br />
ansäßigen behördlich autorisierten<br />
<strong>Handelsschule</strong> "Villa Liebenstein" nach<br />
<strong>Lustenau</strong>. Alwin Hauser musste den<br />
Standort seiner 1877 gegründeten<br />
Schule samt Internat aufgeben. Zuerst<br />
war die Miete unverhältnismäßig erhöht<br />
und gleich darauf das Gebäude verkauft<br />
worden. Noch im Februar 1902<br />
war mit einem positiven Aufsatz eines<br />
Thurgauer Bürgers im <strong>Lustenau</strong>er<br />
Gemeindeblatt auf das erfolgreiche<br />
Wirken dieser Privatschule aufmerksam<br />
gemacht worden. Anfang März schrieb<br />
Alwin Hauser Sprach- und Handelskurse<br />
in <strong>Lustenau</strong> aus. 14 Tage später<br />
schon teilt er die Übersiedlung seiner<br />
<strong>Handelsschule</strong> Villa Liebenstein mit 1.<br />
April 1902 nach <strong>Lustenau</strong> mit. Bemerkenswert<br />
für die damalige Zeit war der<br />
Umstand, dass Hauser auch separate<br />
Kurse für Töchter anbot.<br />
10
<strong>Handelsschule</strong><br />
Als Hauser im Jänner 1903 ein Subventionsansuchen<br />
an die Gemeinde richtete,<br />
begann diese kaufmännische Fortbildungsstätte<br />
zu einem Gegenstand<br />
des öffentlichen Interesses zu werden.<br />
Zuerst wurde einmal ein 5-köpfiges<br />
Gremium bestellt, das über das Gesuch<br />
zu beraten und der Gemeindevertretung<br />
Bericht zu erstatten habe. Unter<br />
der Bedingung gewisser Anpassungen<br />
der Schulorganisation an die hiesigen<br />
Bedürfnisse und die Mitsprachemöglichkeit<br />
der Gemeinde über eine begleitende<br />
Schulkommission wurde im Mai<br />
1903 eine finanzielle Beteiligung der<br />
Gemeinde in Aussicht gestellt. Der<br />
plötzliche und tragische Tod von Alwin<br />
Hauser zwei Monate später brachte<br />
dann allerdings die Gemeinde in einen<br />
unvorhergesehenen Handlungszwang:<br />
Die Gemeindevertretung beschloss am<br />
20. Juli, die bisherige private <strong>Handelsschule</strong><br />
als "Kommunal-Gewerbe- und<br />
<strong>Handelsschule</strong>" auf der Basis eines<br />
neuen Organisationsstatuts und neuer<br />
Lehrpläne am 15. 9. 1903 zu eröffnen.<br />
Um den Inhalt des Organisationsstatuts<br />
gab es dann aber doch noch einige Zwistigkeiten,<br />
insbesondere wurde mit<br />
Mehrheitsbeschluss festgelegt, dass<br />
"die Lehrer katholischer Religion sein<br />
müssen". Der verstorbene Hauser war<br />
Protestant und hatte schon deswegen<br />
nicht unbedingt auf das Wohlwollen<br />
aller Gemeindepolitiker zählen können.<br />
Zum Direktor der Schule wurde der<br />
schon bei Hauser als geschätzter Lehrer<br />
tätige Alfred Wehner bestellt.<br />
Bürgermeister Eduard Hämmerle ruft<br />
die Bevölkerung auf, "die geschaffene<br />
Gelegenheit eifrig zu nützen und die<br />
heranwachsenden Söhne fleißig zur<br />
Schule zu schicken. Handel, Gewerbe<br />
und Ökonomie stellen heute an ihre<br />
Vertreter erhöhte Anforderungen,<br />
denen man nur durch Schule und Lernen<br />
gerecht werden kann. Der größte<br />
Schatz, den die Eltern ihren Kindern<br />
überlassen können, liegt in der Bildung."<br />
Dieser aufmunternden Worte<br />
bedurfte es durchaus, beklagte doch<br />
der Ortsschulrat nicht lange zuvor,<br />
"dass der Schulbesuch an den Schulen<br />
in <strong>Lustenau</strong> im März und ganz besonders<br />
aber im Rheindorf ein sehr mangelhafter<br />
war", und wie bereits vorauszusehen<br />
sei, "würde dieser wahrhafte<br />
Skandal im laufenden Monat April noch<br />
mehr um sich greifen."<br />
Die Schule beginnt schließlich ihren<br />
Unterricht am 16. September 1903 im<br />
3. Stock der Volksschule Rheindorf mit<br />
2 Klassen und insgesamt 20 Schülern.<br />
Ein Jahr später wird der Lehrplan dem<br />
Typ der 2-klassigen <strong>Handelsschule</strong>n<br />
angenähert und der Name auf "Kommunal-<strong>Handelsschule</strong>"<br />
geändert. Nur 2<br />
<strong>Jahre</strong> später erfolgt die Übernahme des<br />
staatlichen Normallehrplanes und die<br />
Installierung eines Vorbereitungslehrganges.<br />
Der 1905 gefasste Beschluss für einen<br />
Neubau löste zuerst eine längere Standortdiskussion<br />
aus. Man stelle sich dies<br />
heute vor: Zwei Bürger bieten der<br />
Gemeinde gratis Baugrundstücke an,<br />
der "Austria"-Wirt Stefan Grabher eines<br />
an der Maria-Theresien-Straße und Alt-<br />
Bürgermeister Fridolin Hämmerle eines<br />
bei der Pfarrkirche. Nachdem die Bauparzelle<br />
von Stefan Grabher durch<br />
einen Zukauf auf das erforderlich Ausmaß<br />
erweitert werden konnte, fiel der<br />
Gemeindevertretung die Entscheidung<br />
relativ leicht. Durch die große Spendefreudigkeit<br />
der Bevölkerung und die<br />
Großzügigkeit der Subventionsgeber<br />
Land und Ministerium für Cultur und<br />
Unterricht konnte der Neubau rasch<br />
realisiert und die feierliche Eröffnung<br />
bereits am 17. September 1908 vorgenommen<br />
werden. Die Schule, an einer<br />
der <strong>Lustenau</strong>er Hauptstraßen gelegen,<br />
11
Festvortrag<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Der Schulunterricht muss in einigen<br />
Fächern eingeschränkt werden, den<br />
Schülern wird während des Unterrichts<br />
der Kriegsverlauf erklärt und zur Finanzierung<br />
des Waffenganges tragen die<br />
Schüler durch das eifrige Zeichnen von<br />
Kriegsanleihen ihr Scherflein bei.<br />
Gedanken über die geschichtlichen<br />
Abläufe dürfen sich die Schüler mit<br />
dem Aufsatzthema: "Es kann der Beste<br />
nicht im Frieden leben, wenn es dem<br />
bösen Nachbarn nicht gefällt" machen.<br />
Einschränkungen in allen Lebensbereiversah<br />
ihren Dienst als kaufmännische<br />
Bildungsstätte fast 70 <strong>Jahre</strong> lang. Sie<br />
hat damit einen wesentlichen Zeitraum<br />
der Schulgeschichte begleitet. Nachdem<br />
die Fertigstellung des Neubaues in<br />
das 60. Regierungsjahr seiner Kaiserlich-Königlichen<br />
Apostolischen Majestät<br />
fiel, durfte sie sich fortan mit dem Titel<br />
"Kaiser-Franz-Josef I.-Jubiläums-<strong>Handelsschule</strong><br />
<strong>Lustenau</strong>" schmücken.<br />
Nicht nur das Raumproblem war nun<br />
vorausschauend gelöst, auch die<br />
Bemühung um die Einbettung in das<br />
öffentliche Schulwesen konnte durch<br />
die Zuerkennung des Öffentlichkeitsrechtes<br />
1913 befriedigend abgeschlossen<br />
werden. Das bedeutete für die<br />
Absolventen den Ersatz einer Lehrzeit<br />
im Handelsgewerbe und die Verkürzung<br />
der Militärdienstzeit auf 2 <strong>Jahre</strong>. Zur<br />
Finanzierung des laufenden Aufwandes<br />
trugen in der Folge die Unterstützung<br />
des Landes und des Unterrichtsministeriums<br />
und fallweise auch Zuschüsse<br />
aus Wirtschaftskreisen wesentlich bei.<br />
Dir. Wehner konnte die notwendige<br />
Aufstockung des Lehrkörpers für die<br />
mittlerweile rund <strong>100</strong> Schüler in 3 Klassen<br />
bewerkstelligen, u.a. durch die<br />
Anstellung der legendär gewordenen<br />
Professoren Dr. Falger und Dr. Keilwerth.<br />
Die gut ausgebildeten Absolventen<br />
der Schule fanden in der florierenden<br />
Wirtschaft weit über <strong>Lustenau</strong>s<br />
Grenzen hinaus Aufnahme in verantwortungsvollen<br />
Positionen.<br />
Bald begann es nicht nur im Gebälk des<br />
Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn zu<br />
knistern. Die Vorzeichen für einen<br />
Machtkampf unter den europäischen<br />
Großmächten waren unübersehbar. Mit<br />
Erlass des Unterrichtsministeriums<br />
wurde 1910 die Förderung der körperlichen<br />
Entwicklung der Schüler mit 70<br />
<strong>Jahre</strong>sstunden angeordnet und 1912<br />
verfügte die k.k. Statthalterei die Einführung<br />
des Schießunterrichts für die<br />
reifere Jugend, eine Aufgabe, der sich<br />
die Lehrerkollegen und die älteren<br />
Schüler mit patriotischem Eifer hingaben.<br />
Als dann allerdings das große Völkerringen<br />
im Sommer 1914 begann,<br />
holte die Realität eines grausamen<br />
Kriegsgeschehens die Menschen bald<br />
ein. Die Hälfte der vollbeschäftigten<br />
Lehrer werden zum Militärdienst eingezogen,<br />
der erste Schulangehörige, ein<br />
älterer Schüler der 1. Klasse, fällt am<br />
9. 4. 1915 in der Bukowina.<br />
12
<strong>Handelsschule</strong><br />
chen werden erforderlich, Durchhalteparolen<br />
und Sparvorschläge sind denn<br />
auch Gegenstand des Unterrichts.<br />
Schlussendlich waren alle Anstrengungen<br />
und aller Opfersinn vergebens.<br />
Neben einem Rumpfstaat Deutsch-<br />
Österreich blieb eine notleidende<br />
Bevölkerung und eine ausgehungerte<br />
Wirtschaft zurück. Den Schülern musste<br />
die Umbildung von der Monarchie<br />
zur 1. Republik erklärt werden. Für<br />
schwer verletzte Kriegsteilnehmer wurden<br />
zur Umschulung "Invalidenkurse"<br />
angeboten und die Schüler hatten sich<br />
auch im Deutschunterricht mit den<br />
Kriegsfolgen unter dem Thema: "Trostbrief<br />
an den Vater eines für das Vaterland<br />
gefallenen Freundes" zu befassen.<br />
Das neu geschaffene Staatsamt für<br />
Unterricht ordnete für die Schule den<br />
neuen Titel "Öffentliche <strong>Handelsschule</strong><br />
<strong>Lustenau</strong>" an. Die Schülerzahlen stiegen<br />
in den Folgejahren kräftig an, so<br />
dass in den zwanziger <strong>Jahre</strong>n bis zu<br />
180 Schüler in 5 Klassen unterrichtet<br />
wurden. Dies bedingte die Schaffung<br />
von zusätzlichen Unterrichtsräumen im<br />
Dachgeschoss.<br />
Im Schulalltag wirkte sich die schwierige<br />
Wirtschafts- und Finanzlage des<br />
klein gewordenen Staates ebenso aus<br />
wie in den einzelnen Familien. In der<br />
Mangelwirtschaft blühte die Inflation, so<br />
dass 1924 für einen Schweizer Franken<br />
bereits 12.400 Kronen bezahlt werden<br />
musste und die Gemeinde <strong>Lustenau</strong><br />
einen Voranschlag über fast 2 Milliarden<br />
Kronen erstellte. Eine Sammelaktion für<br />
die schädlichen Maikäfer kostete<br />
64.000.000 Kronen. Die längst fällige<br />
Währungsreform 1925 beleuchtete<br />
Handelsschul-Professor Dr. Reitter in<br />
einem Beitrag des <strong>Jahre</strong>sberichtes<br />
unter dem Titel: "Von der Kronenwährung<br />
zur Schillingwährung - unter<br />
besonderer Berücksichtigung des Notgeldes."<br />
Das Notgeld als Tauschobjekt<br />
auf regionaler Ebene sollte einen stabileren<br />
Leistungsaustausch ermöglichen.<br />
Eine oberösterreichische Gemeinde versah<br />
ihr Notgeld mit dem sinnigen<br />
Spruch: "Österreich in seiner Not hat<br />
nicht das Nötigste zum Essen; im Überfluss,<br />
ach, leider Gott! nur viele Notgeldpressen."<br />
ca. 1925<br />
13
Festvortrag<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Die ersten Anzeichen einer wirtschaftlichen<br />
Erholung nach der Währungsreform<br />
fielen den berühmt-berüchtigten<br />
Kurseinbrüchen am 13. 5. 1927 und<br />
dem als "schwarzen Freitag" in die<br />
Geschichte eingegangenen Börsenkrach<br />
am 25. Oktober 1929 in New<br />
York zum Opfer. Die beginnende und<br />
sich immer mehr verstärkende Weltwirtschaftskrise<br />
hatte unausweichliche<br />
politische Folgen. Die ohnehin noch<br />
nicht gefestigte Demokratie mit scheinbar<br />
unversöhnlichen ideologischen<br />
Gegensätzen der politischen Repräsentanten,<br />
die zu persönlichen Feindschaften<br />
führten, sah sich einem inneren<br />
Verschleißprozess ausgesetzt. Die Auseinandersetzungen<br />
spielten sich nicht<br />
nur in den verfassungsmäßigen Gremien,<br />
sondern auch außerhalb ab, im täglichen<br />
Umgang der Menschen miteinander<br />
und nicht zuletzt in den Bildungsstätten.<br />
Politische Ansichten von Mitgliedern<br />
des Lehrkörpers blieben nicht unkommentiert<br />
und führten zeitweise zu harten<br />
Rededuellen in den Gemeindegremien,<br />
insbesondere wenn es sich um<br />
Führungspersönlichkeiten wie Dir.<br />
Alfred Wehner handelte. In der fachmännischen<br />
Leitung der Schule war er<br />
zwar unbestritten, als überzeugter<br />
nationalliberaler Funktionär einiger<br />
Vereine war er hingegen manchem<br />
Andersdenkenden ein Dorn im Auge.<br />
Mit seinem altersbedingten Ausscheiden<br />
1936 verließ der Kapitän in unruhigen<br />
Zeiten das Schiff, das er von den<br />
Anfängen über 33 <strong>Jahre</strong> durch alle Klippen<br />
einer stürmischen See mit großem<br />
persönlichen Engagement und nachweisbarem<br />
Erfolg gesteuert hatte.<br />
Gedenktafel in der heutigen Musikschule<br />
Noch 1932 war es ihm mit Unterstützung<br />
des Handelsschulkuratoriums und<br />
einer verhältnismäßig knappen Mehrheit<br />
in der Gemeindevertretung von<br />
19:16 Stimmen gelungen, auch den<br />
Mädchen den Eintritt in die Schule zu<br />
ermöglichen. Im Vorfeld gab es darüber<br />
eine sehr kontroverse Debatte, da einige<br />
Wortführer Bedenken äußerten, die<br />
Mädchen würden als billigere Arbeitskräfte<br />
den Burschen die ohnehin knappen<br />
Arbeitsplätze wegnehmen, für die<br />
Schule bedeute dies eher eine finanzielle<br />
Mehrbelastung und überdies wurden<br />
massive Einwände sittlicher Art<br />
vorgebracht. Diese konnten mit dem<br />
Hinweis, "dass die beiden Geschlechter<br />
nur unter Aufsicht der Professoren<br />
zusammenkommen", nur unzureichend<br />
zerstreut werden. Heute lächeln wir<br />
über solche Ansichten und trösten uns<br />
damit, dass einige Zeit später auch<br />
Töchter von deklarierten Gegnern in<br />
den Schülerlisten der <strong>Handelsschule</strong> zu<br />
finden sind.<br />
Zusammen mit dem Eintritt geburtenstarker<br />
Jahrgänge stiegen die Schülerzahlen<br />
auf rund 250, verteilt auf 5 Klassen,<br />
an, so dass fallweise bis zu 60<br />
Schüler in einer Klasse unterrichtet<br />
werden mussten. Dafür wurden 9 Lehrkräfte<br />
aufgeboten.<br />
Das Ende der 1. österreichischen Republik<br />
und die Umwandlung in einen ständisch<br />
organisierten Staat im <strong>Jahre</strong><br />
1934 hinterließ auch in den <strong>Handelsschule</strong>n<br />
ihre Spuren. Es wurde ein neuer<br />
Lehrplan erlassen und die Umbenennung<br />
in "Kaufmännische Wirtschaftsschule"<br />
verordnet.<br />
14
<strong>Handelsschule</strong><br />
Nach dem Abgang von Dir. Wehner<br />
übernahm Dr. Josef Linder die Leitung<br />
der Schule. Unter Bürgermeister Josef<br />
Peintner unternahm die Gemeinde<br />
<strong>Lustenau</strong> einen erfolgreichen Anlauf zur<br />
Installierung einer Handelsakademie.<br />
Mit dem Schuljahr 1937/38 konnte die<br />
erste Klasse nach einem Erlass des<br />
Unterrichtsministeriums ihren Betrieb<br />
aufnehmen. Mit der Machtübernahme<br />
der Nationalsozialisten im März 1938<br />
verlor nicht nur Dr. Linder seinen Direktorposten,<br />
auch die Handelsakademie<br />
hatte nur ein kurzes Leben. Sie wurde<br />
im Herbst 1938 kurzerhand nach Bregenz-Mehrerau<br />
verlegt und die <strong>Handelsschule</strong><br />
mit dem Titel "Gemeindliche<br />
Wirtschaftsschule des Marktes <strong>Lustenau</strong><br />
für Knaben und Mädchen" versehen.<br />
Zwar stemmte sich die neue politische<br />
Führung der Gemeinde unter Bürgermeister<br />
Hans Grabher vehement gegen<br />
den Abzug der höheren Schule. Unterstützung<br />
erhielten die Interventionen<br />
auch von der Vorarlberger Handelskammer.<br />
Dabei wurde nicht vergessen,<br />
auf die schädliche Auswirkung für das<br />
Ansehen der NSDAP im Ort hinzuweisen.<br />
Dies wurde auch dem österreichischen<br />
Gauleiter Bürckel vorgetragen.<br />
Vollends konsterniert waren die <strong>Lustenau</strong>er<br />
von der Mitteilung, eine solche<br />
Schule gehöre in eine Stadt, weil sie die<br />
Studenten mehr anziehe, und außerdem<br />
sei der Ort <strong>Lustenau</strong> im Unterrichtsministerium<br />
überhaupt nicht<br />
bekannt. Das brachte einen <strong>Lustenau</strong>er<br />
Gemeinderat in Rage, und er stellte mit<br />
Berechtigung fest, dass "es unrichtig<br />
sei, wenn die Stadt der Schule einen<br />
Namen machen müsse, es müsse vielmehr<br />
die Schule dem Ort einen Namen<br />
machen, und wenn der Ruf der Schule<br />
gut sei, so werde sie von überallher<br />
Zuzug haben." Schließlich nützten alle<br />
Bemühungen nichts, die Handelsakademie<br />
blieb in Bregenz.<br />
Mit dem neuen Direktor Dr. Ferdinand<br />
Falger musste die Schule durch den<br />
Machtwechsel und die Angliederung an<br />
das Deutsche Reich zahlreiche organisatorische<br />
Neuerungen über sich ergehen<br />
lassen, eine Änderung der Lehrpläne und<br />
den Austausch von Lehrbüchern vollziehen.<br />
Die Konkurrenzierung durch die<br />
Wirtschaftsoberschule in Bregenz-Mehrerau<br />
blieb nicht ohne Auswirkung auf<br />
den Schülerzustrom aus anderen<br />
Gemeinden. Die Schülerzahlen gingen in<br />
der Folge deutlich zurück. Ab dem Schuljahr<br />
1940/41 übernahm provisorisch<br />
Prof. Emil Keilwerth den Direktorposten<br />
von dem krankheitshalber ausgeschiedenen<br />
Dr. Falger. Mit Kriegsbeginn 1939<br />
waren auch Teile des Lehrkörpers zu den<br />
Waffen gerufen worden, es musste auf<br />
Pensionisten und Aushilfskräfte zurückgegriffen<br />
werden, um einen reibungslosen<br />
Unterricht zu gewährleisten.<br />
In den Tagen des Zusammenbruchs des<br />
Deutschen Reiches im Frühjahr 1945<br />
gingen auch die Schulen im allgemeinen<br />
Chaos unter. Als sich die Nebel aus<br />
Angst und Verwirrung langsam verzogen<br />
und im Herbst 1945 Lehrer und<br />
Schüler miteinander ein neues Schuljahr<br />
unter der provisorischen Leitung<br />
von Prof. Anton Aichinger begannen,<br />
waren sich alle einig, dass eine neue<br />
15
Festvortrag<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Zeit voll Hoffnung auf Frieden und wirtschaftliches<br />
Wohlergehen beginnen<br />
sollte. Wohin die Reise allerdings in den<br />
kommenden Jahrzehnten führen würde,<br />
darüber hatte man vermutlich<br />
außer den Wünschen noch keine konkreten<br />
Vorstellungen. Zuerst galt es<br />
einmal, viele kleine Hindernisse im Alltagsleben<br />
aus dem Weg zu räumen. So<br />
mussten die Aufnahmsprüfungen für<br />
Dornbirner Schüler wegen der Verbotszonen<br />
in Dornbirn durchgeführt werden.<br />
Mit organisatorischem Geschick<br />
und Überredungskünsten galt es Heizmaterial<br />
für die Wintermonate zu<br />
beschaffen. Ja selbst das Eigentum am<br />
Schulgebäude schien bedroht, da es<br />
unter Umständen als deutsches Eigentum<br />
betrachtet hätte werden können.<br />
Trotz dieser vielen Widerwärtigkeiten<br />
verloren die Verantwortlichen für das<br />
<strong>Lustenau</strong>er Schulwesen jedoch nicht<br />
den Blick für das Wesentliche. Bereits<br />
am 28. 6. 1945 bemühte sich der noch<br />
im Amt befindliche Dir. Keilwerth um<br />
die Rückführung der Handelsakademie<br />
und führte dafür eine Reihe guter Gründe<br />
ins Treffen. Das provisorische Handelsschulkuratorium<br />
unter dem Vorsitz<br />
von Bürgermeister Ferdinand Jussel<br />
griff das Anliegen in Gesprächen mit<br />
Landesvertretern auf. Schließlich führte<br />
insbesondere der Verweis der Gemeinde<br />
auf die seinerzeitige Zusage des<br />
Unterrichtsministeriums im <strong>Jahre</strong> 1937<br />
und das vom NS-Regime begangene<br />
Unrecht durch die Verlegung der Handelsakademie<br />
nach Bregenz zu einem<br />
befürwortenden Antrag des Schulausschusses<br />
des Landtages an das gesetzgebende<br />
Gremium. Nach eingehender<br />
Debatte stimmte der Landtag am 27. 5.<br />
1947 mit großer Mehrheit der Rückverlegung<br />
der HAK nach <strong>Lustenau</strong> zu.<br />
Die in der Folge auftauchenden Probleme<br />
mit der zur Bedingung gemachten<br />
Schulraumbeschaffung brachte die<br />
Gemeinde in ernsthafte Gewissenskonflikte.<br />
Mittlerweile war beschlossen<br />
worden, neben der schon länger bestehenden<br />
Bürgerschule für Mädchen auch<br />
für Knaben eine Hauptschule zu installieren.<br />
Die Eröffnung fand mit dem<br />
Schuljahr 1949/50 statt. Die Debatte<br />
über die Finanzierbarkeit von zwei neuen<br />
großen Schulbauvorhaben zog sich<br />
längere Zeit hin. Trotz aller ausgeklügelten<br />
taktischen Schachzüge mit verschiedenen<br />
Lösungsvarianten des<br />
Raumproblems setzten sich schließlich<br />
die kühlen Rechner durch und in einer<br />
auf 2 Tage verteilten Sitzung der<br />
Gemeindevertretung im Juli 1950 verzichtete<br />
schließlich die Gemeinde<br />
<strong>Lustenau</strong> mit 17:9 Stimmen auf die<br />
Übernahme der Handelsakademie.<br />
Damit war dieses Kapitel vorerst abgeschlossen.<br />
Seit Herbst 1945 trug die Schule die<br />
Bezeichnung "Öffentliche kaufmännische<br />
Wirtschaftsschule für Knaben und<br />
Mädchen". Ab 1946 muss für die Aufnahme<br />
u.a. eine Prüfung aus Deutsch<br />
und Rechnen abgelegt werden und mit<br />
dem Schuljahr 1947/48 wird die seit<br />
1906 geführte Vorbereitungsklasse aufgelassen.<br />
Ab 1949 übernimmt Prof.<br />
Thomas Hämmerle für 3 <strong>Jahre</strong> die provisorische<br />
Leitung der Schule. Die<br />
Schülerzahlen waren vorübergehend<br />
von 140 in den ersten beiden Nach-<br />
16
<strong>Handelsschule</strong><br />
kriegsjahren auf rund 80 zurückgegangen.<br />
Das verbesserte Angebot an kaufmännischen<br />
Ausbildungsmöglichkeiten<br />
in anderen Regionen machte sich<br />
bemerkbar. 1952 geht die Führung der<br />
Schule an Prof. Ernst Scheffknecht über,<br />
der in den folgenden 11 <strong>Jahre</strong>n zusammen<br />
mit seiner Kollegenschaft erfolgreich<br />
bestrebt ist, durch einen qualitätsvollen<br />
Unterricht dieser Konkurrenz zu<br />
begegnen. Mit seinem Dienstantritt<br />
erfolgt eine weitere Umbenennung der<br />
Schule, diesmal in "Öffentliche <strong>Handelsschule</strong><br />
für Knaben und Mädchen".<br />
Ein ganz besonderes Fest erlebten<br />
zahllose Gäste im <strong>Jahre</strong> 1953 bei der<br />
Feier des 50-jährigen Schuljubiläums.<br />
Aus vielen schriftlichen Aufzeichnungen<br />
und mündlichen Bekenntnissen lässt<br />
sich die Freude über das Rückbesinnen<br />
auf gemeinsam durchlebte Freuden<br />
und Leiden des Schulalltages herauslesen.<br />
Auch Dankbarkeit für herausragende<br />
Lehrerpersönlichkeiten und für<br />
das Vermitteln einer guten Basis für<br />
das berufliche Fortkommen prägten die<br />
Aussagen der Festteilnehmer. Kein<br />
Wunder, dass der Wunsch nach Zusammengehörigkeit<br />
und Zusammenhalt<br />
über die Schulzeit hinaus bestand. Und<br />
so wurde über Anregung von Dir. Ernst<br />
Scheffknecht der Absolventenverein<br />
der <strong>Handelsschule</strong> <strong>Lustenau</strong> ins Leben<br />
gerufen. Neben der Betreuung von<br />
ehemaligen Schulabsolventen sollten<br />
dem Verein auch Einflussmöglichkeiten<br />
auf Ausbildungsart und Ausbildungsqualität<br />
an den kaufmännischen Schulen<br />
zugestanden werden oder wie es<br />
Dir. Alfred Rotter im Titel eines Aufsatzes<br />
zusammenfasste: "Das kaufmännische<br />
Absolventenwesen - ein Bindeglied<br />
zwischen Wirtschaftsschule und<br />
Wirtschaftspraxis."<br />
Seit nunmehr etwas mehr als 50 <strong>Jahre</strong>n<br />
versucht der Absolventenverein unter<br />
sich ändernden Bedingungen den<br />
gestellten Aufgaben gerecht zu werden,<br />
seit 1958 mit einem periodisch<br />
erscheinenden Mitteilungsblatt. Die bisherige<br />
Geschichte des Vereines ist<br />
untrennbar mit dem Gründungsmitglied<br />
Sepp Grabher und seiner Frau<br />
Mitzi verbunden. Zusammen mit einer<br />
Handvoll weiterer Idealisten haben sie<br />
bis heute die Gemeinschaft am Leben<br />
erhalten und immer wieder neue<br />
Anstrengungen unternommen, um für<br />
alle Schulabsolventen neben Wiedersehensfeiern<br />
auch andere wertvolle Aktivitäten<br />
anzubieten.<br />
Zusammen mit dem wirtschaftlichen<br />
Aufschwung in den 50er <strong>Jahre</strong>n und<br />
dank des gefestigten guten Rufes der<br />
Schule über <strong>Lustenau</strong>s Grenzen hinaus<br />
stieg auch die Schülerzahl wieder bis<br />
auf 170 an. Erst schwächere Geburtenjahrgänge<br />
und eine gewisse Verunsicherung<br />
durch die Schulreform mit der<br />
Einführung der 9-jährigen Schulpflicht<br />
Anfang der sechziger <strong>Jahre</strong> sorgte zwischendurch<br />
für einen Schülerschwund.<br />
Nach dem altersbedingten Ausscheiden<br />
von Ernst Scheffknecht als Direktor<br />
Ende des Schuljahres 1962/63 übernahm<br />
Prof. Anton Aichinger neuerlich<br />
auf 1 Jahr die provisorische Leitung.<br />
Die <strong>Handelsschule</strong> wird nun mit 3 Jahrgängen<br />
geführt.<br />
Ab 1964 bekleidet Dkfm. Dr. Friedrich<br />
Kerer den Direktorposten, den er aller-<br />
17
Festvortrag<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
dings nach 3 <strong>Jahre</strong>n infolge seiner<br />
ehrenvollen Berufung zum Landesschulinspektor<br />
für das Berufsschulwesen<br />
wieder abgeben muss, und zwar an<br />
Dkfm. Franz Holleyn. Die mittlerweile<br />
notwendigen 6 Klassen mit rund 160<br />
Schülern erfordern eine deutliche Vergrößerung<br />
des Lehrkörpers, dem nur<br />
durch Teilzeitverpflichtungen schulfremder<br />
Lehrkräfte begegnet werden<br />
kann. Zeitweise stehen 2 voll verpflichteten<br />
Lehrern 16 Teilzeitbeschäftigte<br />
gegenüber.<br />
Die Entwicklung der Bürotechnik nahm<br />
bereits einen rasanten Verlauf, so dass<br />
mit dem Schuljahr 1968/69 in der 3.<br />
Klasse ein eigenes Fach "automatische<br />
und elektronische Datenverarbeitung"<br />
angeboten wurde. Dafür installierte die<br />
Gemeinde ein eigenes Lehrbüro in der<br />
VS Rotkreuz.<br />
Der Ruf nach einer höheren Schule war<br />
in der Marktgemeinde <strong>Lustenau</strong> zwar<br />
nach dem Verzicht auf die Handelsakademie<br />
etwas leiser geworden. Neue<br />
Nahrung erhielt die Forderung in den<br />
sechziger <strong>Jahre</strong>n durch den anhaltenden<br />
Wirtschaftsaufschwung, durch die<br />
rasante Bevölkerungszunahme und<br />
nicht zuletzt durch das Erkennen, dass<br />
der Jugend Bildung und Wissen als<br />
Kapital mitgegeben werden muss,<br />
wenn sie sich künftig in der Gesellschaft<br />
und im Wirtschaftsleben<br />
behaupten will. Auch schien das Selbstbewusstsein<br />
der <strong>Lustenau</strong>er Gemeindepolitiker<br />
so weit gewachsen zu sein,<br />
dass man sich vor der scheinbar übermächtigen<br />
Konkurrenz nahe gelegener<br />
Städte nicht mehr fürchtete.<br />
Nachdem sich die Bürger in einer<br />
beschränkten Umfrageaktion überwiegend<br />
für eine allgemeinbildende höhere<br />
Schule (AHS) ausgesprochen hatten,<br />
beauftragte Bürgermeister Robert<br />
Bösch ein Komitee unter Führung von<br />
Vizebürgermeister Hans Sperger mit<br />
der Weiterverfolgung dieses Zieles.<br />
Dem Landesschulrat und dem Unterrichtsministerium<br />
wurde der Anspruch<br />
der Gemeinde gebührend zur Kenntnis<br />
gebracht. Bei einer Vorsprache im<br />
Unterrichtsministerium erhielten die<br />
Vertreter der Gemeinde dann die Auskunft,<br />
dass der Ausbau der berufsbildenden<br />
Schulen Vorrang habe und<br />
durchaus im Raume Dornbirn Bedarf<br />
für eine Handelsakademie vorhanden<br />
sei. Für die Errichtung einer AHS hingegen<br />
bestünden derzeit kaum Chancen.<br />
Bei dieser Gelegenheit müsste auch die<br />
<strong>Handelsschule</strong> in die Bundeskompetenz<br />
übergehen.<br />
Während sich der Landeshauptmann<br />
mit seiner Meinung noch bedeckt hielt,<br />
unterstützte der Landesschulrat die<br />
Bemühung der Gemeinde <strong>Lustenau</strong>. In<br />
aller Eile wurden die Bürger im<br />
Gemeindeblatt mit der neuen Situation<br />
konfrontiert und über einen Fragebogen<br />
eine große Zahl von zustimmenden<br />
Antworten für die offensichtlich einzige<br />
verbliebene Alternative registriert, die<br />
da lautete: Ansiedlung einer Handelsakademie<br />
und Übernahme der <strong>Handelsschule</strong><br />
durch den Bund oder andererseits<br />
auf absehbare Zeit keine Aussicht<br />
auf eine AHS zu haben und die kommunale<br />
<strong>Handelsschule</strong> dem allmählichen<br />
Aushungern durch die Ansiedlung einer<br />
18
<strong>Handelsschule</strong><br />
Handelsakademie in unmittelbarer<br />
Nähe preiszugeben.<br />
In einer über alle Parteigrenzen hinweg<br />
einstimmig gefassten Resolution der<br />
Gemeindevertretung wird am 17. 11.<br />
1970 vehement der Anspruch auf eine<br />
Bundeshandelsakademie und die<br />
Bereitschaft zur Übergabe der <strong>Handelsschule</strong><br />
an den Bund artikuliert, ohne<br />
jedoch die Forderung nach einer späteren<br />
Ansiedlung einer AHS aufzugeben.<br />
In der Sitzung der Gemeindevertretung<br />
am 21. 4. 1971 konnte bereits von hoffnungsvollen<br />
Verhandlungen mit dem<br />
Vertreter des Unterrichtsministeriums<br />
Sektionschef Dr. Adolf März und von<br />
einer neuerdings positiven Haltung des<br />
Landeshauptmannes berichtet werden.<br />
Die entscheidende Sitzung fand schließlich<br />
am 2. Juni 1971 bei der Landesregierung<br />
in Bregenz mit Vertretern des<br />
Bundesministeriums und des Landesschulrates<br />
statt. Die Gemeinde war<br />
durch Bürgermeister Robert Bösch,<br />
Landesrat Hans Sperger und Gemeinderat<br />
Oskar Bösch vertreten, die <strong>Handelsschule</strong><br />
durch Dir. Dkfm. Franz Holleyn.<br />
Das Ergebnis lautete: Der Bund errichtet<br />
in <strong>Lustenau</strong> mit Beginn des Schuljahres<br />
1971/72 eine Handelsakademie<br />
und übernimmt gleichzeitig die 1. Klasse<br />
der <strong>Handelsschule</strong> in seine Kompetenz.<br />
Der Landeshauptmann Dr. Herbert<br />
Kessler informierte die Öffentlichkeit<br />
und die <strong>Lustenau</strong>er Bevölkerung anlässlich<br />
der Eröffnung des <strong>Lustenau</strong>er<br />
Stickereizentrums am 5. Juni 1971 über<br />
die getroffene Entscheidung.<br />
Damit war ein ganz neues Kapitel der<br />
Schulgeschichte aufgeschlagen worden.<br />
Allein der neue Titel "Bundeshandelsakademie<br />
und Bundeshandelsschule"<br />
symbolisiert den tiefen Einschnitt.<br />
Abgesehen von der Bewältigung wichtiger<br />
verwaltungsinterner Umstellungen<br />
entstand mit den rasch steigenden<br />
Klassen- und Schülerzahlen ein immenser<br />
organisatorischer Handlungsbedarf.<br />
Dieser konnte nur durch tatkräftige<br />
Mithilfe der Gemeinde gelöst werden.<br />
Nachdem ein Schulneubau erst angedacht<br />
war, musste durch die rasche<br />
Errichtung einer neuen Volksschule im<br />
Augarten Platz in der Volksschule<br />
Rheindorf geschaffen werden.<br />
Dir. Dkfm. Holleyn konnte am 1. und 2.<br />
März 1973 zusammen mit Vertretern<br />
des Landes und des Bundes den 70-<br />
jährigen Bestand der <strong>Handelsschule</strong><br />
feiern und parallel dazu die Tagung der<br />
Direktoren der mittleren und höheren<br />
kaufmännischen Schulen von Tirol und<br />
Vorarlberg ausrichten. Mit Ende des<br />
Schuljahres übergab er seinen Posten<br />
nicht ohne Stolz auf das Erreichte an<br />
seinen Nachfolger Dr. Johann Mathis.<br />
Nach der grundlegenden Weichenstellung<br />
blieb diesem nun die Herausforderung,<br />
für ein eigenes Haus zu sorgen,<br />
in dem überhaupt erst ein reibungsloses<br />
Unterrichten auf Dauer möglich<br />
sein würde.<br />
Die Gemeinde besorgte ein geeignetes<br />
Baugelände an der Neudorfstraße und<br />
stellte dieses dem Bund in Form einer<br />
Morgengabe unentgeltlich zur Verfügung.<br />
Zur Finanzierung des Bauvorhabens<br />
schlossen Gemeinde und Bund<br />
19
Festvortrag<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
einen Leasingvertrag mit einer Fixzinsregelung<br />
ab. Steigende Inflationsraten,<br />
eine Hochzinsphase und Kreditrestriktionen<br />
zur Nachfrage- und Inflationsdämpfung<br />
erschwerten die Vertragsverhandlungen<br />
und auch die Bereitstellung<br />
der erforderlichen Finanzmittel.<br />
Der vereinbarte Zinssatz lag schließlich<br />
über 9 % und für den notwendigen Kredit<br />
gab es überhaupt nur von einer einzigen<br />
Vorarlberger Bank eine Zusage.<br />
Der Neubau sollte nicht nur kostengünstig<br />
realisiert werden, sondern auch<br />
rasch die immer drängender werdende<br />
Raumnot beseitigen. Man kopierte kurzentschlossen<br />
mit einigen Änderungen<br />
die Baupläne eines Handelsakademiegebäudes<br />
in Perg/O.Ö. und suchte sich<br />
für die Ausführung einen Generalunternehmer.<br />
Als "Architekturdenkmal" galt<br />
und gilt das Gebäude zwar nicht. Funktionalität<br />
und Ausstattung wurden<br />
jedoch als "großzügig und zweckmäßig"<br />
bezeichnet, eine Aussage, zu der man<br />
heute noch stehen kann.<br />
Als die ersten Maturanten 1976 die<br />
Schule verlassen, beginnen mit Hochdruck<br />
die Bauarbeiten. In der Zwischenzeit<br />
kümmerte sich die Schulverwaltung<br />
um die Einrichtung und mit<br />
Schulbeginn im Herbst 1977 kann das<br />
Schulhaus an der Neudorfstraße bezogen<br />
werden. Am 19. Oktober findet in<br />
Anwesenheit zahlreicher Prominenz von<br />
Bund, Land und Gemeinde die feierliche<br />
Eröffnung und Segnung der Schule statt.<br />
Beim Bezug des Neubaues führten die<br />
beiden Schulen 19 Klassen mit 534<br />
Schülern. Dem Direktor standen 32<br />
Lehrkräfte für einen klaglosen Unterricht<br />
zur Verfügung. Er führte damit ein<br />
für <strong>Lustenau</strong>er Verhältnisse geradezu<br />
großes Unternehmen. Aber nicht nur<br />
der tägliche Schulablauf benötigte viel<br />
Organisationsgeschick, auch das am<br />
1.9.1974 in Kraft getretene Schulunterrichtsgesetz<br />
mit einer Unzahl von<br />
Verordnungen belastete die Verwaltungstätigkeit.<br />
Vieles wurde nicht einfacher,<br />
sondern komplizierter. Auch<br />
wenn Mitsprache und partnerschaftliche<br />
Verhältnisse im Zusammenhang<br />
mit der Demokratisierung des öffentlichen<br />
Lebens und seiner Einrichtungen<br />
als wichtig anzusehen sind, sie sollten<br />
doch nie zum Selbstzweck mutieren<br />
oder gar eine optimale Zielerreichung<br />
in Frage stellen.<br />
20
<strong>Handelsschule</strong><br />
Bereits zu Beginn des <strong>Jahre</strong>s 1977 war<br />
die Marktgemeinde <strong>Lustenau</strong> vom Bund<br />
aus allen Verpflichtungen für die Schule<br />
entlassen worden und damit quasi<br />
die Nabelschnur endgültig durchtrennt<br />
worden. Ein Naheverhältnis zu den<br />
Institutionen der Gemeinde blieb bis<br />
heute erhalten und wird hoffentlich die<br />
Schulgeschichte auch im zweiten Jahrhundert<br />
begleiten.<br />
Das Schuljahr 1978/79 bescherte der<br />
Schule nach 15 <strong>Jahre</strong>n neue Lehrpläne,<br />
die u.a. für die 1. Klassen <strong>Handelsschule</strong><br />
und Handelsakademie die gleichen<br />
Stundentafeln und Lehrpläne brachten.<br />
Ein anhaltendes Problem stellen die vielen<br />
Schüler dar, die bewusst das 9.<br />
Schuljahr in der 1. Klasse der <strong>Handelsschule</strong><br />
absitzen. Zum Beweis, dass dies<br />
nicht nur in den 70er <strong>Jahre</strong>n aktuell<br />
war, diene die Meinung eines Schülers<br />
der 1. Klasse im Mai 2001, die er auf die<br />
Frage "Wie schätze ich meine Schulsituation<br />
ein?" preisgab: "Ich war nicht<br />
fleißig. Kein Bock auf Schule. Zu viel<br />
andere Sachen im Kopf wie saufen,<br />
Mädchen. Ich hab keine Unterstützung<br />
und meinen Eltern ist es egal, ob ich<br />
lerne oder nicht. Ich hab viel schlechte<br />
Noten. Ich höre wahrscheinlich auf, weil<br />
ich die Klasse nicht wiederholen will."<br />
Das sind allerdings die berühmten Ausnahmen<br />
von der Regel. Die Schule festigte<br />
in den achtziger <strong>Jahre</strong>n ihren Ruf<br />
als hervorragende Ausbildungsstätte<br />
für die Wirtschaft des mittleren Rheintales.<br />
Ihr Direktor Dr. Johann Mathis<br />
stellte sich den Anforderungen aus dem<br />
Schulbetrieb buchstäblich mit Leib und<br />
Seele, fast könnte man sagen, mit seinem<br />
Herzblut. Und als er 1985 in Pension<br />
ging, übergab er dem neuen Chef<br />
Dkfm. Heinrich Peter ein gut bestelltes<br />
Haus. Selbst die Schüler bekundeten<br />
anlässlich einer Befragung zu rund<br />
87 %, dass "ihre Schule streng ist und<br />
Ordnung in ihr herrscht."<br />
Zusammen mit Dir. Dr. Mathis verließ<br />
auch LSI Dkfm. Alfred Eberle die<br />
pädagogische Bühne. Er absolvierte in<br />
seiner Jugend die <strong>Handelsschule</strong><br />
<strong>Lustenau</strong> und war später langjähriges<br />
Mitglied ihres Lehrerkollegiums.<br />
Im Zusammenhang mit einer florierenden<br />
Wirtschaft war es in den Folgejahren<br />
möglich, alle Berufswünsche der<br />
Schulabsolventen zu befriedigen. Trotzdem<br />
musste vorübergehend auch in<br />
der Handelsakademie ein Schülerschwund<br />
registriert werden, der vermutlich<br />
wenigstens zum Teil auf das<br />
verbesserte Angebot an technischen<br />
Ausbildungsmöglichkeiten im näheren<br />
Umkreis zurückzuführen war.<br />
Mit berechtigtem Stolz durfte die Schule<br />
darauf verweisen, dass mit Mag. Dr.<br />
Peter Kögl im <strong>Jahre</strong> 1987 ein ehemaliger<br />
Schüler der Anstalt eine Promotion<br />
sub auspiciis praesidentis schaffte.<br />
Eine neue Teilungszahlenverordnung<br />
und die damit verbundenen Klassenschülerhöchstzahlen<br />
macht auf organisatorischer<br />
Ebene zu schaffen. Zum<br />
20-jährigen HAK-Jubiläum präsentiert<br />
sich die Schule mit einem Tag der offenen<br />
Tür der Öffentlichkeit. Praxisnähe<br />
wird aber nicht nur an einem einzelnen<br />
Tag demonstriert, sondern vor allem im<br />
Unterricht bei der Auswahl der Themen<br />
für Projekt- und Prüfungsarbeiten, beispielsweise<br />
zum "Umbruch in Osteuropa",<br />
über die Entwicklung und Rechtfertigung<br />
einer Wohlfahrtsgesellschaft<br />
oder ortsbezogen mit der Arbeit über<br />
das <strong>Lustenau</strong>er Ried.<br />
Im Schuljahr 1991/92 startet ein<br />
Schulversuch unter "Neue <strong>Handelsschule</strong>",<br />
der eine verstärkte praktische<br />
Ausrichtung des Unterrichtes bringen<br />
21
Festvortrag<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
soll, ein Jahr später wird bereits ein<br />
neuer Lehrplan für <strong>Handelsschule</strong>n<br />
wirksam, und gleichzeitig wird ein<br />
Großraumbüro für Übungsfirmen, ein<br />
sogenanntes betriebswirtschaftliches<br />
Zentrum eröffnet.<br />
Mit dem Schuljahr 1993/94 werden der<br />
HAK neue Lehrpläne verpasst. Eine<br />
Fülle von zielgerichteten Maßnahmen<br />
soll die Handlungskompetenz der studierenden<br />
Jugend durch ein Mehr an<br />
Fach-, Sozial- und Persönlichkeitskompetenz<br />
entscheidend verbessern.<br />
In den 90er <strong>Jahre</strong>n gelingt es der<br />
Marktgemeinde <strong>Lustenau</strong> endlich, den<br />
seinerzeit zugunsten der Ansiedlung<br />
der Bundeshandelsakademie auf Eis<br />
gelegten Wunsch nach Installierung<br />
einer allgemeinbildenden höheren<br />
Schule zu verwirklichen, zuerst in Form<br />
einer Außenstelle des Bundesgymnasiums<br />
Dornbirn, mittlerweile durch ein<br />
selbständiges Bundesgymnasium <strong>Lustenau</strong><br />
in einem schmucken Neubau an<br />
der Mühlefeldstraße.<br />
Durch das sogenannte Autonomiemodell<br />
soll es den Wirtschaftsschulen<br />
möglich gemacht werden, die wirtschaftlichen<br />
Standortbesonderheiten<br />
wirkungsvoller zu berücksichtigen. Für<br />
unsere Region bedeutet dies das Eingehen<br />
auf die Bedürfnisse mittelständisch<br />
strukturierter Unternehmungen mit<br />
starker Exportorientierung.<br />
Ein Blick in die Schulberichte der letzten<br />
10 - 12 <strong>Jahre</strong> vermittelt fast den<br />
Eindruck einer Reformwut. Zum Teil<br />
mögen diese Reformen auf das Aufarbeiten<br />
gesellschaftlicher Veränderungen<br />
oder das Korrigieren unerwünschter<br />
Entwicklungen zurückgehen, zum<br />
Teil auch auf begrüßenswerte Anpassungen<br />
an wirtschaftliche Bedürfnisse<br />
und an die Neuerungen in der Informationstechnologie.<br />
Ohne Einzelmaßnahmen<br />
einer Kritik unterziehen zu wollen,<br />
ist man doch versucht, einen deutschen<br />
Politiker zu zitieren, der meinte: "Wir<br />
müssen die Bildungspolitik in Ruhe, wie<br />
eine Pflanze, wachsen lassen. Wir dürfen<br />
sie nicht alle 14 Tage ausbuddeln,<br />
um zu sehen, welche Wurzeln sie<br />
geschlagen hat."<br />
Als Dir. Dkfm. Heinrich Peter nach 15-<br />
jähriger Amtsführung das Heft mit<br />
Beginn des Schuljahres 2000/2001 in<br />
die Hände des Kollegen Mag. Hermann<br />
Begle legte, konnte er mit Befriedigung<br />
feststellen, dass die vielfältigen Aufgabenstellungen<br />
mit Ruhe und Besonnenheit<br />
angepackt und erledigt worden<br />
sind. Dem neuen Direktor bleibt das<br />
Wissen, dass es zwar eine schwierige,<br />
aber gleichzeitig auch schöne Aufgabe<br />
darstellt, aus einer mehr oder weniger<br />
bildungshungrigen Jugend jene Diamanten<br />
vorzufertigen, die dann in einer<br />
immer mehr geforderten Wirtschaft<br />
ihren vollen Glanz entfalten können.<br />
Einer wechselseitigen Befruchtung von<br />
Ausbildung und Praxis können die Aktivitäten<br />
des vor etwas mehr als zwei<br />
<strong>Jahre</strong>n ins Leben gerufenen Kuratoriums<br />
zur "Pflege und Förderung der Verbindung<br />
zwischen berufsbildenden<br />
Schulen und Wirtschaftsleben" dienen.<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> ununterbrochenes Wirken für<br />
die Heranbildung des kaufmännischen<br />
Nachwuchses bedeutet gleichzeitig ein<br />
volles Jahrhundert verantwortungsvolle<br />
Tätigkeit im Dienste der heimischen<br />
Wirtschaft. Der enge Zusammenhang<br />
zwischen Bildung und wirtschaftlicher<br />
Leistungsfähigkeit einer Region sollte<br />
allen Entscheidungsträgern immer<br />
dann in Erinnerung gerufen werden,<br />
wenn längerfristiges Denken bei wichtigen<br />
Weichenstellungen angesagt ist.<br />
Mag man auch rückblickend nicht alle<br />
22
<strong>Handelsschule</strong><br />
in diesen vielen Jahrzehnten gesetzten<br />
Maßnahmen verstehen, so bleibt doch<br />
die Gewissheit, dass das grundsätzliche<br />
Ziel nie aus den Augen verloren worden<br />
ist. Dafür soll in einer Stunde des<br />
Innehaltens und des feierlichen Rückbesinnens<br />
auch ein Augenblick des<br />
Dankes seinen Platz haben, ein Dank,<br />
der allen Direktoren, den Lehrkräften<br />
und den vielen Absolventen ebenso<br />
gebührt wie den Repräsentanten der<br />
Wirtschaft und den Damen und Herren<br />
aus der Marktgemeinde <strong>Lustenau</strong>, dem<br />
Land Vorarlberg und aus dem Bundesministerium<br />
für Unterricht in manchmal<br />
wechselnden politischen Konstellationen.<br />
Sie alle haben das Werden, das<br />
Wachsen und Gedeihen der Schule<br />
wohlwollend begleitet und gefördert<br />
und so für ihren herausragenden Ruf<br />
als wirtschaftliche Bildungsstätte<br />
gesorgt.<br />
Mögen sich auch künftige Generationen,<br />
die für unsere Schule Verantwortung<br />
tragen werden, an die Worte von<br />
Benjamin Franklin halten: "Eine Investition<br />
in Wissen bringt immer noch die<br />
besten Zinsen."<br />
Dieter Alge<br />
Dieter Alge<br />
Absolvent 1956<br />
Altbürgermeister<br />
Dieter Alge, geboren 1940, absolvierte<br />
nach dem Besuch der Volks- und<br />
Hauptschule die jubilierende <strong>Handelsschule</strong><br />
<strong>Lustenau</strong> mit ausgezeichnetem<br />
Erfolg. Danach trat er eine Stelle in<br />
einer <strong>Lustenau</strong>er Textilfirma an und<br />
wechselte später zu einer Maschinenfabrik<br />
nach Hard, wo er bis zu seiner<br />
Wahl als Bürgermeister von <strong>Lustenau</strong><br />
als Prokurist tätig war.<br />
Schon früh engagierte er sich in der<br />
Gemeindepolitik, war von 1970 bis<br />
1990 Finanzreferent, seit 1972 auch<br />
Vizebürgermeister. Nach dem Rücktritt<br />
von Robert Bösch wurde Dieter Alge<br />
1982 zum Bürgermeister gewählt. Dieses<br />
Amt bekleidete er bis zu seinem<br />
freiwilligen Rücktritt im Herbst 1993.<br />
Anfang Dezember 1993 wechselte er<br />
als anerkannter Fachmann zum<br />
"Gemeindeverband für Abfallwirtschaft<br />
und Umweltschutz". Dieter Alge ist verheiratet<br />
und Vater eines Sohnes und<br />
einer Tochter.<br />
In Anerkennung und Würdigung seiner<br />
großen Verdienste als Bürgermeister<br />
verlieh ihm die Marktgemeinde <strong>Lustenau</strong><br />
im Oktober 1993 die Ehrenbürgerwürde.<br />
23
Geschichte<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Zeittafel zur Geschichte der Handelslehranstalten in <strong>Lustenau</strong><br />
Am 1. April 1903 verlegt der Besitzer der <strong>Handelsschule</strong> Villa Liebenstein bei Bregenz (gegr. 1877), Direktor Hauser, seine<br />
Schule nach <strong>Lustenau</strong>, wo er die für die Weiterführung erforderliche Unterstützung findet. Nach dem plötzlichen Tod des<br />
Direktors stimmt die Gemeindevertretung unter Bürgermeister Eduard Hämmerle dem Antrag von Vizebürgermeister Eduard<br />
Alge einstimmig zu, die Anstalt als "Kommunal-Gewerbe- und <strong>Handelsschule</strong>" zu übernehmen und am 16. September zu<br />
eröffnen.<br />
Schuljahr<br />
1903/04<br />
1904/05<br />
1905/06<br />
1906/07<br />
1907/08<br />
1908/09<br />
1909/10<br />
1910/11<br />
1911/12<br />
1912/13<br />
1913/14<br />
Eröffung des ersten Schuljahres am 16. September 1903. Die Gemeinde bestellt<br />
einen Verwaltungsrat, später Kuratorium genannt.<br />
Aufgrund einer Inspektion des Zentralinspektors für das kaufmännische Bildungswesen<br />
in Wien wird der Lehrplan unter Anlehnung an den Normallehrplan für zweiklassige<br />
<strong>Handelsschule</strong>n umgearbeitet, womit sich der Lehrplan dem Typ der zweiklassigen<br />
<strong>Handelsschule</strong> nähert. Die Schule heißt nun: "Kommunal-<strong>Handelsschule</strong>".<br />
Infolge einer Blatternepidemie muss die Schule vom 12. Februar bis 21. März<br />
geschlossen werden. Die entfallene Unterrichtszeit wird ab 15. Juli in einem 14-tägigen<br />
Kurs zum Teil nachgeholt.<br />
Der staatliche Normallehrplan wird übernommen und ein Vorbereitungslehrgang eingeführt.<br />
Beginn eines Neubaus an der Maria-Theresien-Straße.<br />
Bezug des neuen Schulgebäudes am 17. September 1908.<br />
Die Kommunal-<strong>Handelsschule</strong> erhält den Titel "Kaiser-Franz-Josef-I.-Jubiläums-<strong>Handelsschule</strong>"<br />
in <strong>Lustenau</strong>.<br />
Neuer Normallehrplan.<br />
Die Direktionskanzlei wird an das Fernsprechnetz angeschlossen.<br />
Eine Verordnung der k.k. Statthalterei in Innsbruck verlangt die Einführung des<br />
Schießunterrichts für reifere Jugend<br />
Die Schule erhält erstmals das Öffentlichkeitsrecht.<br />
Klassenzahl<br />
Direktor<br />
2 20 Alfred Wehner 4<br />
Schüler zu<br />
Beginn<br />
des Schuljahres<br />
Lehrkörper<br />
2 23 Alfred Wehner 3<br />
2 25 Alfred Wehner 4<br />
2 38 Alfred Wehner 7<br />
3 50 Alfred Wehner 8<br />
3 95 Alfred Wehner 7<br />
3 92 Alfred Wehner 8<br />
3 90 Alfred Wehner 7<br />
3 106 Alfred Wehner 8<br />
3 108 Alfred Wehner 8<br />
3 99 Alfred Wehner 8<br />
24
<strong>Handelsschule</strong><br />
Schuljahr<br />
1914/15<br />
1915/16<br />
1916/17<br />
1917/18<br />
1918/19<br />
1919/20<br />
1920/21<br />
1921/22<br />
1922/23<br />
1923/24<br />
1924/25<br />
1925/26<br />
1926/27<br />
1927/28<br />
1928/29<br />
1929/30<br />
1930/31<br />
Trotz Ausbruch des Ersten Weltkriegs kann das Schuljahr - mit gewissen Einschränkungen<br />
- abgewickelt werden. Dies ist auch in den folgenden <strong>Jahre</strong>n möglich. Lehrer<br />
und Schüler werden einberufen.<br />
Während der Kriegsjahre werden die Ereignisse des Weltkrieges den Schülern durch<br />
Anschlag am schwarzen Brett vermittelt.<br />
Besonderes Augenmerk wird der Belehrung der Schüler über Sparmaßnahmen zum<br />
Durchhalten geschenkt.<br />
Die Schüler werden in geeigneter Weise über die Umbildung im Staatswesen<br />
belehrt. Die Schule führt nun die Bezeichnung "Öffentliche <strong>Handelsschule</strong> in <strong>Lustenau</strong>".<br />
Infolge Grippe entfällt der Unterricht vom 24. September bis 12. Oktober.<br />
Ungestörter Unterrichtsbetrieb, dank dem Entgegenkommen der Kohlenverteilungsstelle<br />
in der Landesregierung.<br />
Die wirtschaftlichen Verhältnisse gestatten die Herausgabe eines <strong>Jahre</strong>sberichtes<br />
nicht mehr, weshalb 1926 ein Kurzbericht über 5 Schuljahre erfolgt. Das Schulgebäude<br />
wird erneuert. Im Dachraum werden zwei Zimmer ausgebaut. 1924 werden<br />
Lehrplan und Verfassung der <strong>Handelsschule</strong> geändert.<br />
Der Vorarlberger Landtag vergibt an bedürftige Schüler Landesstipendien. Viele Einwohner<br />
von <strong>Lustenau</strong> ermöglichen ärmeren Schülern den Besuch der <strong>Handelsschule</strong><br />
durch Kosttage und Unterstützungen. Auch in den folgenden <strong>Jahre</strong>n werden diese<br />
Sozialhilfen immer wieder dankend erwähnt. - Die für die Aufnahme in den Kanzleidienst<br />
der Bundesämter in Vorarlberg vorgeschriebenen Prüfungen sind an der <strong>Handelsschule</strong><br />
<strong>Lustenau</strong> abzulegen.<br />
Am 23. und 24. Juni organisieren ehemalige Schüler ein Treffen, um den 25jährigen<br />
Bestand der Schule zu feiern. Den gefallenen Mitschülern wird eine Gedenktafel<br />
gewidmet.<br />
25<br />
Klassenzahl<br />
Direktor<br />
Schüler zu<br />
Beginn<br />
des Schuljahres<br />
Lehrkörper<br />
3 86 Alfred Wehner 10<br />
3 73 Alfred Wehner 10<br />
3 77 Alfred Wehner 10<br />
3 95 Alfred Wehner 10<br />
3 130 Alfred Wehner 10<br />
4 159 Alfred Wehner 7<br />
4 156 Alfred Wehner 7<br />
3 116 Alfred Wehner 10<br />
3 116 Alfred Wehner 10<br />
4 128 Alfred Wehner 10<br />
4 173 Alfred Wehner 10<br />
4 168 Alfred Wehner 10<br />
5 185 Alfred Wehner 12<br />
5 173 Alfred Wehner 12<br />
5 176 Alfred Wehner 12<br />
5 149 Alfred Wehner 10<br />
4 118 Alfred Wehner 10
Geschichte<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Schuljahr<br />
1931/32<br />
1932/33<br />
1933/34<br />
1934/35<br />
1935/36<br />
1936/37<br />
1937/38<br />
1938/39<br />
1939/40<br />
1940/41<br />
1941/42<br />
1942/43<br />
1943/44<br />
Eine neue Verordnung über die Aufnahme in eine öffentliche <strong>Handelsschule</strong> wird<br />
wirksam. Punkt 6 der Verordnung bestimmt, dass Schüler, die sich innerhalb von 3<br />
Monaten nach ihrer Aufnahme nach Ansicht des Lehrkörpers als gänzlich unfähig<br />
erweisen, zu entfernen sind. Infolge der verminderten Geburten in den <strong>Jahre</strong>n des<br />
Ersten Weltkrieges werden die Parallelklassen aufgelassen.<br />
Der Verwaltungsrat beschließt, auch Mädchen in die Schule aufzunehmen. Der<br />
Beschluss findet Zustimmung des Ministeriums.<br />
26<br />
Ein neuer Lehrplan für <strong>Handelsschule</strong>n wird erlassen, die nunmehr "Kaufmännische<br />
Wirtschaftsschulen" heißen. Starker Zustrom zur Schule infolge Arbeitslosigkeit.<br />
Im I. Stock werden zwei neue Klassenzimmer erstellt. Klassen mit fast 60 Schülern<br />
sind keine Seltenheit. Direktor Alfred Wehner, der die Schule seit 1903 - 33 <strong>Jahre</strong>,<br />
geleitet hat, tritt in den Ruhestand.<br />
Die 1. Klasse a zählt 65, die 1. Klasse b 66 Schüler<br />
Unter Bürgermeister Josef Peintner und Direktor Josef Linder wird der Kaufmännischen<br />
Wirtschaftsschule die erste Klasse der Handelsakademie angegliedert, deren<br />
Errichtung mit Erlass des Bundesministeriums für Unterricht bewilligt wurde.<br />
Nach Angliederung Österreichs an das Deutsche Reich erfolgt Verlegung der Handelsakademie<br />
nach Bregenz/Mehrerau. Organisation und Lehrpläne erfahren eine<br />
Reihe von Umgestaltungen. Die Schule heißt nun "Wirtschaftsschule".<br />
Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verpflichtet eine große Zahl der Lehrer unter<br />
die Waffen. Neue Lehrer müssen eingestellt werden. Auch Pensionisten versehen<br />
wieder Dienst, um den Schulbetrieb zu ermöglichen. Während den <strong>Jahre</strong>n der<br />
Zugehörigkeit zum Deutschen Reich unterbleibt die Herausgabe von <strong>Jahre</strong>sberichten.<br />
Da die staatliche Wirtschaftsschule in Bregenz/Mehrerau bequemer zu erreichen ist,<br />
unterbleibt der Schülerzustrom aus Gebieten, die früher zum Einzugsgebiet der<br />
Schule zählten, weshalb die Schülerzahl stark zurückgeht.<br />
Klassenzahl<br />
Direktor<br />
Schüler zu<br />
Beginn<br />
des Schuljahres<br />
Lehrkörper<br />
3 79 Alfred Wehner 6<br />
3 84 Alfred Wehner 5<br />
3 106 Alfred Wehner 5<br />
4 183 Alfred Wehner 6<br />
5 252 Alfred Wehner 9<br />
5 249 Dr. Josef Linder 9<br />
6 292 Dr. Josef Linder, 11<br />
ab 12. 3.<br />
Dr. Ferdinand Falger<br />
6 214 Dr. Ferdinand Falger 8<br />
6 285 Dr. Ferdinand Falger 11<br />
6 254 Emil Keilwerth 9<br />
5 192 Emil Keilwerth 7<br />
5 183 Emil Keilwerth 5<br />
4 146 Emil Keilwerth 5
<strong>Handelsschule</strong><br />
Schuljahr<br />
1944/45<br />
1945/46<br />
1946/47<br />
1947/48<br />
1948/49<br />
1949/50<br />
1950/51<br />
1951/52<br />
1952/53<br />
1953/54<br />
1954/55<br />
1955/56<br />
1956/57<br />
1957/58<br />
1958/59<br />
1959/60<br />
1960/61<br />
1961/62<br />
1962/63<br />
1963/64<br />
1964/65<br />
Die Schule heißt wieder Kaufmännische Wirtschaftsschule<br />
Die Aufnahme an die Kaufmännische Wirtschaftsschule wird neu geregelt. Es ist<br />
neben anderen Voraussetzungen eine Aufnahmsprüfung in der Unterrichtssprache<br />
(Deutsch) und Rechnen zu bestehen<br />
Die seit 1906/07 geführte Vorbereitungsklasse muss aufgelassen werden. Die<br />
gewünschte Rückverlegung der Handelsakademie nach <strong>Lustenau</strong> lässt sich nicht<br />
verwirklichen.<br />
Die Schule heißt wieder "<strong>Handelsschule</strong> <strong>Lustenau</strong>". 50-jähriger Bestand der Schule.<br />
Frohes Fest des Wiedersehens. Gründung des Absolventenvereins.<br />
Im Zusammenhang mit der an allen kfm. Schulen Ende Februar veranstalteten<br />
"Französischen Woche" nimmt anfangs April eine Gruppe an der vom BMU veranstalteten<br />
Studienreise nach Frankreich teil.<br />
In diesem Schuljahr wird eine "Anglo-Amerikanische Woche" veranstaltet. Eine<br />
Gruppe beteiligt sich an der Studienreise nach England.<br />
Neue Lehrpläne, beginnend mit der ersten Klasse. Die <strong>Handelsschule</strong> wird 3jährig.<br />
27<br />
Klassenzahl<br />
Direktor<br />
Schüler zu<br />
Beginn<br />
des Schuljahres<br />
Lehrkörper<br />
4 145 Emil Keilwerth 5<br />
4 140 Anton Aichinger 6<br />
4 141 Anton Aichinger 8<br />
3 106 Anton Aichinger 8<br />
3 88 Anton Aichinger 7<br />
2 73 Thomas Hämmerle 6<br />
3 95 Thomas Hämmerle 6<br />
3 112 Thomas Hämmerle 6<br />
4 107 Ernst Scheffknecht 7<br />
4 130 Ernst Scheffknecht 7<br />
5 154 Ernst Scheffknecht 9<br />
5 175 Ernst Scheffknecht 9<br />
5 170 Ernst Scheffknecht 9<br />
4 143 Ernst Scheffknecht 8<br />
4 155 Ernst Scheffknecht 8<br />
4 123 Ernst Scheffknecht 8<br />
4 116 Ernst Scheffknecht 8<br />
4 128 Ernst Scheffknecht 9<br />
4 121 Ernst Scheffknecht 10<br />
3 87 Anton Aichinger 8<br />
3 75 Dkfm. Dr. F. Kerer 9
Geschichte<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Schuljahr<br />
1965/66<br />
1966/67<br />
1967/68<br />
1968/69<br />
1969/70<br />
1970/71<br />
1971/72<br />
1972/73<br />
1973/74<br />
An die Stelle der bisherigen Aufnahmsprüfung tritt ein Aufnahmeverfahren, das die<br />
Eignung der Schüler für die kfm. Fachrichtung feststellen soll. Infolge Mangels an<br />
anstaltseigenen Lehrern müssen teilverpflichtete Lehrer gewonnen werden.<br />
EDV wird in den Lehrplan aufgenommen.<br />
Die Schule erhält ein Lehrbüro, das in der VS Rotkreuz untergebracht wird.<br />
2. Juni: Nach vielen Besprechungen findet in der Landesregierung in Bregenz die<br />
entscheidende Sitzung für die Errichtung einer Bundeshandelsakademie in <strong>Lustenau</strong><br />
statt. An der Sitzung nehmen teil: MS Dr. Franz Loicht, BMUK; Amtsdirektor Dr.<br />
Franz Ender, LSRV; Bürgermeister Robert Bösch, LR Hans Sperger, GR Oskar Bösch;<br />
Direktor Dkfm. Franz Holleyn. Im Rathaus zu <strong>Lustenau</strong> gibt hierauf Sektionschef<br />
Dr. Adolf März die Errichtung der Bundeshandelsakademie in <strong>Lustenau</strong> und die Verbundlichung<br />
der 1. Klasse der <strong>Handelsschule</strong> ab dem Schuljahr 1971/72 bekannt.<br />
Eröffnung der Handelsakademie. Die Schule erhält die Bezeichnung: "Bundeshandelsakademie<br />
und Bundeshandelsschule <strong>Lustenau</strong>".<br />
Aus Anlass des 70jährigen Bestandes der <strong>Handelsschule</strong> <strong>Lustenau</strong> findet am 1. und<br />
2. März die Tagung der Direktoren der mittleren und höheren kaufmännischen<br />
Schulen von Tirol und Vorarlberg in <strong>Lustenau</strong> statt. In einer Feierstunde, ausgezeichnet<br />
durch Anwesenheit des Herrn Landeshauptmannes Dr. Keßler und SR Mag.<br />
Hahsler, BMUK, werden die Leistungen der Schule gewürdigt.Bis zur Erstellung des<br />
geplanten Neubaues, den die Gemeinde im Leasingwege vorfinanziert, erfolgt<br />
Unterrichtserteilung in folgenden Gebäuden:<br />
1. <strong>Handelsschule</strong><br />
2. VS Rheindorf<br />
3. VS Rotkreuz, ab 1973/74 VS Hasenfeld<br />
4. Turnhalle Widum<br />
Durch Führung von Schulbussen nach Hohenems - Altach - Götzis - Koblach - Mäder<br />
wird diese Region für den Schulstandort wieder erschlossen. Die Marktgemeinde<br />
erwirbt an der Neudorfstraße die für den Neubau erforderlichen Grundstücke.<br />
Klassenzahl<br />
Direktor<br />
Schüler zu<br />
Beginn<br />
des Schuljahres<br />
Lehrkörper<br />
4 105 Dkfm. Dr. F. Kerer 8<br />
4 133 Dkfm. Dr. F. Kerer 10<br />
5 148 Dkfm. Franz Holleyn 14<br />
6 167 Dkfm. Franz Holleyn 20<br />
6 153 Dkfm. Franz Holleyn 18<br />
6 161 Dkfm. Franz Holleyn 12<br />
7 216 Dkfm. Franz Holleyn 16<br />
9 253 Dkfm. Franz Holleyn 17<br />
11 284 Dr. Johann Mathis 19<br />
28
<strong>Handelsschule</strong><br />
Schuljahr<br />
1974/75<br />
1975/76<br />
1976/77<br />
1977/78<br />
1978/79<br />
1979/80<br />
1980/81<br />
1981/82<br />
1982/83<br />
1983/84<br />
1984/85<br />
1985/86<br />
1986/87<br />
1987/88<br />
1988/89<br />
1989/90<br />
Das Schulunterrichtsgesetz, das den neuen Schulbetrieb regelt und Partnerschaft<br />
zwischen Eltern, Lehrern und Schülern verlangt, bringt Veränderungen in der Schullegistik.<br />
Gründung der Elternvereinigung. Bauausschreibung für den Neubau der<br />
Schule.<br />
Jänner 1976: Beginn der Bauarbeiten durch den Generalunternehmer Hilti und Weh,<br />
Feldkirch. Die ersten Maturanten verlassen die Bundeshandelsakademie <strong>Lustenau</strong>.<br />
Der Aufbau eines eigenen Lehrkörpers macht gute Fortschritte.<br />
1. Jänner: Enthebung der Marktgemeinde von den im Zusammenhang mit der<br />
Gründung der Handelsakademie und Verbundlichung der <strong>Handelsschule</strong> übernommenen<br />
Pflichten. Die Schulleitung plant und besorgt die Einrichtungen für die neue<br />
Schule.<br />
Mit Schulbeginn wird der zweckmäßige Neubau bezogen. Am 19. Oktober erfolgt die<br />
offizielle Eröffnung. Erstellung der Freisportanlagen. 75 <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsschule</strong>.<br />
Neue Lehrpläne mit stofflicher Parallelführung der 1. Klassen HAS und der 1. Jahrgänge<br />
HAK<br />
10 <strong>Jahre</strong> HAK, neue EDV-Anlage für DV, RW und TXV, Dir. Mathis erhält den Berufstitel<br />
"HOFRAT"<br />
Der Lehrplan 1963 und die alte Reifeprüfungsverordnung sind nun ausgelaufen.<br />
80 <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsschule</strong>. Neue Reifeprüfungsvorschriften gem. Lehrplan 1978 lt.<br />
Verordnung vom 12.8.1982.<br />
10. Reifeprüfung, Anpassung der LP an die Bedürfnisse der Wirtschaft durch Sofortmaßnahmen<br />
in D, RW, ST und TXV.<br />
Sprengstoffanschlag auf die Turnhalle zu Beginn des neuen Schuljahres, Anlage<br />
eines Schulbiotops. Die DV hält Einzug in die Verwaltung der Schule.<br />
2 neue Phonotypiesäle werden eingerichtet.<br />
Einrichtung 3. Phonotypiesaal.<br />
Für HAK und HAS treten neue Lehrpläne in Kraft.<br />
Schulversuch "Integration einer blinden Schülerin".<br />
29<br />
Klassenzahl<br />
Direktor<br />
Schüler zu<br />
Beginn<br />
des Schuljahres<br />
Lehrkörper<br />
13 337 Dr. Johann Mathis 21<br />
16 455 Dr. Johann Mathis 23<br />
19 487 Dr. Johann Mathis 26<br />
19 534 Dr. Johann Mathis 32<br />
19 562 Dr. Johann Mathis 33<br />
20 556 Dr. Johann Mathis 34<br />
20 594 Dr. Johann Mathis 35<br />
21 596 Dr. Johann Mathis 39<br />
21 592 Dr. Johann Mathis 40<br />
20 553 Dr. Johann Mathis 43<br />
19 508 Dr. Johann Mathis 42<br />
19 495 Dkfm. Heinrich Peter 40<br />
20 481 Dkfm. Heinrich Peter 39<br />
21 502 Dkfm. Heinrich Peter 39<br />
19 485 Dkfm. Heinrich Peter 40<br />
20 461 Dkfm. Heinrich Peter 39
Geschichte<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Schuljahr<br />
1990/91<br />
1991/92<br />
1992/93<br />
1993/94<br />
1994/95<br />
1995/96<br />
1996/97<br />
1997/98<br />
1998/99<br />
1999/00<br />
2000/01<br />
2001/02<br />
2002/03<br />
2003/04<br />
Neufassung der Schulveranstaltungsverordnung.<br />
20 <strong>Jahre</strong> Handelsakademie. Schulversuch "Neue <strong>Handelsschule</strong>" nach einem völlig<br />
neu konzipierten Lehrplan.<br />
Einrichtung eines Lehrbüros zum Betrieb von Übungsfirmen.<br />
Das Internet hält Einzug in die Schule.<br />
Schulautonome Lehrpläne für HAK und HAS treten in Kraft. EDV-Säle werden vernetzt.<br />
Dir. Peter erhält den Berufstitel HOFRAT.<br />
Feier "25 <strong>Jahre</strong> Handelsakademie" im Reichshofsaal.<br />
Neue Reife- und Diplomprüfung mit verschiedenen Varianten.<br />
Einführung der 5-Tage-Woche, Schulversuch "HAS für Informations-Technologie".<br />
Gründung eines "Kuratoriums" (Zusammenarbeit Wirtschaft - Schule), Schulversuch<br />
IT wird um "Office Management" erweitert.<br />
Die neue Bibliothek wird eröffnet.<br />
Neuer Lehrplan HAS ab 1. Klassen; <strong>100</strong> Jahr-Feier; Planung neuer Lehrplan HAK<br />
für 04/05<br />
Klassenzahl<br />
Direktor<br />
Schüler zu<br />
Beginn<br />
des Schuljahres<br />
Lehrkörper<br />
18 448 Dkfm. Heinrich Peter 40<br />
19 431 Dkfm. Heinrich Peter 37<br />
18 426 Dkfm. Heinrich Peter 39<br />
19 407 Dkfm. Heinrich Peter 39<br />
18 394 Dkfm. Heinrich Peter 38<br />
18 417 Dkfm. Heinrich Peter 44<br />
17 430 Dkfm. Heinrich Peter 47<br />
18 449 Dkfm. Heinrich Peter 46<br />
18 441 Dkfm. Heinrich Peter 46<br />
18 415 Dkfm. Heinrich Peter 43<br />
18 440 Mag. Hermann Begle 45<br />
18 443 Mag. Hermann Begle 51<br />
19 464 Mag. Hermann Begle 51<br />
19 483 Mag. Hermann Begle 51<br />
Quellennachweis: <strong>Jahre</strong>sberichte, 50 <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsschule</strong> 1903-1953<br />
Hauptkataloge 1903/04-2002/03<br />
Zusammengestellt von HR Dkfm. Heinrich Peter<br />
30
<strong>Handelsschule</strong><br />
31
Direktoren<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Alfred Wehner<br />
1903 - 1937<br />
Direktor Wehner leitete die <strong>Lustenau</strong>er<br />
<strong>Handelsschule</strong> seit ihrer Gründung und<br />
verhalf ihr zu ihrem ausgezeichneten<br />
Ruf.<br />
Alfred Wehner wurde am 23. Jänner<br />
1878 in Großmannsdorf in Franken<br />
geboren. Nach Abschluss des Gymnasiums<br />
in Münnerstadt studierte er in<br />
Würzburg, Bonn und München und<br />
erwarb die Lehrbefähigungen für Deutsche<br />
Sprache, Geographie und<br />
Geschichte. Seine erste Anstellung fand<br />
er an der Hauserschen Privathandelsschule<br />
in Bregenz, mit der er 1902<br />
nach <strong>Lustenau</strong> übersiedelte. Dort wurde<br />
Alfred Wehner dann der erste Direktor<br />
der neuen Kommunal-<strong>Handelsschule</strong>.<br />
Direktor Wehner hat diese Neugründung<br />
zu einer auch außerhalb des Landes<br />
angesehenen Lehranstalt gemacht.<br />
Unter seiner Amtsführung entstand<br />
1906 das schöne Schulgebäude in der<br />
Maria-Theresien-Straße und 1913 erhielt<br />
die Schule das Öffentlichkeitsrecht.<br />
Ebenso gelang ihm die teilweise<br />
Übernahme der Personallasten durch<br />
den Staat. Auch nach seinem Eintritt in<br />
den Ruhestand musste Wehner kriegsbedingt<br />
zeitweilig an seiner Schule wieder<br />
Dienst leisten.<br />
Prof. Dr. Josef Linder<br />
1937 - 1938<br />
32
<strong>Handelsschule</strong><br />
Direktor Linder wurde am 7. Juli 1893<br />
in Schwarzach geboren. Er war Schüler<br />
der <strong>Lustenau</strong>er <strong>Handelsschule</strong> und<br />
besuchte anschließend die Handelsakademie<br />
in Innsbruck. Nach erfolgreichem<br />
Jusstudium und dem Ablegen der<br />
Lehramtsprüfung für kaufmännische<br />
Fächer unterrichtete er an der <strong>Handelsschule</strong><br />
in Schwaz und dann an der HAS<br />
Braunau, zu deren Direktor er bestellt<br />
wurde. 1937 kehrte Prof. Linder als<br />
Direktor der <strong>Lustenau</strong>er <strong>Handelsschule</strong><br />
wieder nach Vorarlberg zurück. Sein<br />
Hauptanliegen in <strong>Lustenau</strong> war die<br />
Gründung einer Handelsakademie -<br />
was auch kurzfristig gelang, ehe diese<br />
Schule im Zuge der politischen Umwälzungen<br />
1938 nach Bregenz verlegt<br />
wurde. Direktor Linder selbst wurde in<br />
den vorzeitigen Ruhestand versetzt.<br />
Nach dem Krieg sollte Josef Linder die<br />
Handelsakademie Bregenz als Direktor<br />
übernehmen, doch er hatte sich inzwischen<br />
beruflich anderweitig etabliert.<br />
Dr. Ferdinand Falger<br />
1938 - 1940<br />
Ferdinand Falger wurde 1883 in Bregenz<br />
geboren und verbrachte seine<br />
Jugend in Hall in Tirol, wo er am dortigen<br />
Gymnasium maturierte. An der<br />
Universität Innsbruck legte er die Lehramtsprüfungen<br />
für Naturgeschichte,<br />
Mathematik und Physik ab. Nach kurzer<br />
Lehrtätigkeit am Gymnasium in Tepl<br />
kam Falger 1909 an die <strong>Handelsschule</strong><br />
<strong>Lustenau</strong>, wo er als "Lehrerpersönlichkeit,<br />
die Strenge mit Güte und Verständnis<br />
für die Jugend verband",<br />
sowie als Lehrer mit gediegenen Fachkenntnissen,<br />
besonders in der Geologie,<br />
beschrieben wurde. Im 2. Semester<br />
1937/38 wurde er Direktor, aber<br />
schon 1940 trat Ferdinand Falger in den<br />
dauernden Ruhestand und übersiedelte<br />
nach Innsbruck.<br />
33
Direktoren<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Prof. Emil Keilwerth<br />
1940 - 1945<br />
Emil Keilwerth wurde 1887 in Hochgarth/Egerland<br />
geboren. Er besuchte<br />
die Realschule in Karlsbad und die<br />
Technische Hochschule in Prag und legte<br />
1929 die Lehrbefähigungsprüfung<br />
für die kaufmännischen Fächer in Wien<br />
ab. Schon 1913 kam er als Supplent an<br />
die <strong>Handelsschule</strong> <strong>Lustenau</strong>, musste<br />
aber schon 1914 zum Kriegsdienst einrücken.<br />
1918 kam er aus russischer<br />
Gefangenschaft krank zurück. Keilwerth<br />
wurde 1930 Bundeslehrer und<br />
1940 Direktor der <strong>Lustenau</strong>er <strong>Handelsschule</strong>.<br />
1945 wurde er pensioniert.<br />
Direktor Keilwerth wurde als liebenswürdig<br />
und menschenfreundlich beschrieben.<br />
Vom Krieg gezeichnet fiel<br />
ihm die Ausübung des Dienstes oft<br />
schwer. Bereits im <strong>Jahre</strong> 1951 starb<br />
Prof. Emil Keilwerth.<br />
OStR. Prof. Anton Aichinger<br />
Prov. Leiter 1945-1949 u. 1963-1964<br />
34
<strong>Handelsschule</strong><br />
Anton Aichinger wurde am 18. März<br />
1910 in Wien geboren. Dort legte er die<br />
Reifeprüfung ab und studierte anschließend<br />
an der dortigen Universität die<br />
Fächer Französisch und Geographie, für<br />
die er die Lehrbefähigung erwarb.<br />
Zusätzlich legte er während seines Studiums<br />
die Lehrbefähigungsprüfung für<br />
Kurzschrift und Maschinschreiben ab<br />
und besuchte außerdem das Musikpädagogische<br />
Seminar an der Musikhochschule.<br />
Als gefragter Musiker wirkte<br />
Anton Aichinger später bei vielen<br />
Konzerten mit. Zweimal wurde er mit<br />
der provisorischen Leitung der <strong>Handelsschule</strong><br />
betraut, eine Aufgabe, die er<br />
mit Gewissenhaftigkeit wahrnahm.<br />
Prof. Aichingers Verdienste wurden<br />
1968 mit der Verleihung des Titels<br />
"Oberstudienrat" gewürdigt. Auch nach<br />
seiner Pensionierung im <strong>Jahre</strong> 1975<br />
stellte er sich aufgrund des damaligen<br />
Lehrermangels der Schule vier weitere<br />
<strong>Jahre</strong> als Vertragslehrer zur Verfügung.<br />
Er starb im Oktober 1987.<br />
OSR Prof. Thomas Hämmerle<br />
Provisorischer Leiter 1949 - 1952<br />
Thomas Hämmerle wurde am 18.<br />
Februar 1912 in <strong>Lustenau</strong> geboren.<br />
Nach dem Besuch der achtklassigen<br />
Volksschule war er ab 1926 vorerst als<br />
Bürogehilfe tätig. 1931 trat er in die<br />
Bundes-Lehrerbildungsanstalt Innsbruck<br />
ein, die er 1936 mit der Reifeprüfung<br />
für die Volksschule abschloss.<br />
In den folgenden <strong>Jahre</strong>n arbeitete Thomas<br />
Hämmerle sowohl als Hilfslehrer<br />
als auch als Direktionshilfskraft an der<br />
<strong>Lustenau</strong>er Wirtschaftsschule. Daneben<br />
legte er die Lehramtsprüfungen für<br />
Stenographie und Maschinschreiben<br />
ab. Ab 1940 verrichtete er den Kriegsdienst<br />
und unterrichtete dann ab dem<br />
Schuljahr 1945/46 wieder als Lehrer an<br />
unserer <strong>Handelsschule</strong>, deren provisorische<br />
Leitung er von 1949 bis 1952<br />
innehatte. Auch nach seiner Versetzung<br />
in den Ruhestand, die 1973 erfolgte,<br />
unterrichtete Thomas Hämmerle noch<br />
einige <strong>Jahre</strong>, da damals noch in seinen<br />
Fächern akuter Lehrermangel herrschte.<br />
Er verstarb im November 1979 nach<br />
kurzer, schwerer Krankheit.<br />
35
Direktoren<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Prof. Ernst Scheffknecht<br />
1953 - 1964<br />
Ernst Scheffknecht wurde 1901 in<br />
<strong>Lustenau</strong> geboren. Nach der Grundschule<br />
musste er zunächst als Fädler<br />
und Nachseher in der Stickerei mitarbeiten.<br />
Erst nach dem 1. Weltkrieg<br />
konnte er das Gymnasium in Bregenz<br />
besuchen, das er 1926 abschloss.<br />
Anschließend studierte Ernst Scheffknecht<br />
Deutsch und Französisch an den<br />
Universitäten Paris, Wien und Graz. Er<br />
war ein ausgezeichneter Student, musste<br />
aber seine Studien mehrmals aus<br />
finanziellen Gründen unterbrechen.<br />
Nach dem Studienabschluss im <strong>Jahre</strong><br />
1935 kam er als Probelehrer an die<br />
Dornbirner Realschule und anschließend<br />
nach <strong>Lustenau</strong> an die <strong>Handelsschule</strong>.<br />
1943 musste Ernst Scheffknecht<br />
zum Kriegsdienst einrücken. 1946 kam<br />
er aus englischer Gefangenschaft<br />
zurück. Nach der Lehrertätigkeit an der<br />
BHAK Bregenz und dem Mädchengymnasium<br />
Gallusstift in Bregenz kam er als<br />
Direktor zurück an die <strong>Handelsschule</strong><br />
<strong>Lustenau</strong>. Im gleichen Jahr organisierte<br />
er die Fünfzigjahrfeier der Schule, an<br />
die sich die Teilnehmer noch sehr gut<br />
erinnern. Prof. Ernst Scheffknecht trat<br />
1964 in den Ruhestand und verstarb im<br />
<strong>Jahre</strong> 1974. Er ist vielen als glänzender<br />
Sprach- und Heimatkundler in Erinnerung<br />
geblieben.<br />
HR Dr. Friedrich Kerer<br />
1964 - 1967<br />
36
<strong>Handelsschule</strong><br />
Friedrich Kerer wurde am 3. Mai 1914<br />
in Blons geboren. Er legte 1934 die Reifeprüfung<br />
an der BHAK in Innsbruck ab<br />
und erwarb durch sein anschließendes<br />
Studium im <strong>Jahre</strong> 1940 die Lehrbefähigung<br />
für kaufmännische Betriebskunde,<br />
Buchhaltung, kaufmännischen<br />
Schriftverkehr und kaufmännisches<br />
Rechnen. Schon 1937 hatte er den Titel<br />
"Diplomkaufmann" erworben. Diesem<br />
akademischen Grad folgte dann nach<br />
dem 2. Weltkrieg das Doktorat der<br />
Handelswissenschaften, das er 1948 in<br />
Empfang nehmen durfte.<br />
Nach einer kurzen beruflichen Karriere<br />
in der Wiener Gegend kam Friedrich<br />
Kerer 1941 nach Vorarlberg, wo er<br />
zuerst an der damaligen "Wirtschaftsoberschule<br />
für Jungen in Bregenz<br />
- Mehrerau" unterrichtete. Nach<br />
dem Krieg setzte er seine Lehrtätigkeit<br />
an der nunmehrigen BHAK und BHAS<br />
Bregenz fort. Seine Zeit als Direktor<br />
der <strong>Lustenau</strong>er <strong>Handelsschule</strong> fiel verhältnismäßig<br />
kurz aus, da er schon bald<br />
zum Landesschulinspektor für Berufschulen<br />
ernannt wurde.<br />
HR Dkfm. Franz Holleyn<br />
1967 - 1973<br />
In seine Zeit als Direktor fällt die Erweiterung<br />
der Schule durch eine Handelsakademie.<br />
Franz Holleyn wurde am 12. Jänner<br />
1908 in Gänserndorf (NÖ) geboren. Er<br />
besuchte die Handelsakademie I der<br />
Wiener Kaufmannschaft und schloss<br />
sein Studium an der Hochschule für<br />
Welthandel als Diplomkaufmann ab.<br />
Nach einigen Praxisjahren legte er<br />
1937 die Lehramtsprüfung für die kaufmännischen<br />
Fächer ab.1938 kam Franz<br />
Holleyn nach Vorarlberg, das ihm zur<br />
zweiten Heimat wurde. Er unterrichtete<br />
vorerst an der BHAK/BHAS Bregenz<br />
und der <strong>Handelsschule</strong> Feldkirch, ehe<br />
er 1967 zum Direktor der HAS <strong>Lustenau</strong><br />
ernannt wurde. In seiner Zeit als Direktor<br />
waren die Übernahme der traditionsreichen<br />
kommunalen <strong>Handelsschule</strong><br />
durch den Bund sowie die Gründung<br />
der Handelsakademie abzuwickeln -<br />
Aufgaben, die gewiss viel organisatorische<br />
Arbeit erforderten.<br />
37
Direktoren<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
HR Dr. Johann Mathis<br />
1973 - 1985<br />
Direktor Mathis war der "Vater" des<br />
neuen Schulgebäudes in der Neudorfstraße.<br />
Er wurde am 12. August 1925 geboren<br />
und legte 1943 die Matura ab. Gleich<br />
anschließend musste er zum Kriegsdienst<br />
einrücken. Im Herbst 1945 kehr-<br />
te er aus der Gefangenschaft zurück<br />
und begann mit dem Studium an der<br />
Universität Innsbruck, das er am 23.10.<br />
1948 abschloss. Zwanzig <strong>Jahre</strong> lang -<br />
von 1953 bis 1973 wirkte Dr. Mathis<br />
erfolgreich an der BHAK Bregenz. Er war<br />
aber nicht nur als Lehrer tätig, sondern<br />
zum Beispiel auch in der Dienstbeurteilungskommission,<br />
der Lehrplankommission,<br />
der Arbeitsgemeinschaft der Biologielehrer<br />
und im Fachausschuss. Am<br />
1.9.1973 wurde er zum Direktor der<br />
BHAK/BHAS <strong>Lustenau</strong> bestellt. Die vordringlichsten<br />
Aufgaben von Direktor<br />
Mathis waren die Bewältigung der<br />
explosionsartig steigenden Schülerzahlen<br />
und die Errichtung des neuen Schulgebäudes<br />
in der Neudorfstraße. Bei diesem<br />
Neubau plante er die gesamte<br />
Inneneinrichtung. Sein großer Einsatz<br />
für die Schule, sein pädagogisches<br />
Geschick und sein menschlicher Umgang<br />
mit Schülern und Lehrern wurden<br />
mit der Verleihung des Hofratstitels<br />
gewürdigt. Hofrat Mathis verstarb im<br />
<strong>Jahre</strong> 2003. Die Zeit seines Ruhestandes<br />
war von manchen körperlichen Leiden<br />
beeinträchtigt, sie bot ihm aber<br />
auch die Möglichkeit, seiner großen Leidenschaft,<br />
dem Aquarellmalen, nachzugehen.<br />
HR. Dkfm. Heinrich Peter<br />
1985 - 2000<br />
38
<strong>Handelsschule</strong><br />
Heinrich Peter wurde 1941 in Dornbirn<br />
geboren. Er besuchte die Volks- und<br />
Realschule, war dann als Chemielaborant<br />
tätig und maturierte schließlich<br />
1961 an der BHAK Bregenz. Anschließend<br />
studierte er Welthandel in Wien<br />
und schloss dieses Studium 1967 als<br />
Diplomkaufmann ab. Im selben Jahr<br />
nahm er an der BHAK Bregenz seine<br />
Lehrtätigkeit für kaufmännische Fächer<br />
auf, die er dann in <strong>Lustenau</strong> fortsetzte.<br />
Heinrich Peter war aber auch als<br />
Erwachsenenbildner, Gemeindevertreter<br />
und Mitglied des Kollegiums des Landesschulrates<br />
pädagogisch und politisch<br />
tätig. Seiner Ernennung zum Direktor<br />
im <strong>Jahre</strong> 1985 gingen mehrere <strong>Jahre</strong><br />
Tätigkeit als Administrator voraus. Diese<br />
gute Kenntnis der Schulverwaltung<br />
machte ihm den Einstieg in seine neue<br />
Tätigkeit leicht. Als Direktor war Heinrich<br />
Peter besonders um eine optimale<br />
Ausstattung der Schule bemüht. In seine<br />
Zeit als Direktor fiel die "Computerisierung"<br />
des Schulwesens, eine Entwicklung,<br />
die in kaufmännischen Schulen<br />
spezielle Priorität hatte. Deshalb<br />
sorgte er dafür, dass die <strong>Lustenau</strong>er<br />
HAK und HAS hier immer auf dem neuesten<br />
Stand war. Heinrich Peter wurde<br />
1995 mit dem Titel "Hofrat" für seine<br />
erfolgreiche Tätigkeit geehrt.<br />
Prof. Mag. Hermann Begle<br />
seit 2000<br />
Hermann Begle, Jahrgang 1953, aus<br />
Altach kam nach dem Abschluss des<br />
Studiums für Deutsch und Leibeserziehung<br />
im Jahr 1981 an die HAK <strong>Lustenau</strong>,<br />
wo er seither als Lehrer tätig ist.<br />
Schon nach wenigen <strong>Jahre</strong>n engagierte<br />
er sich als Personalvertreter und wurde<br />
1995 als Nachfolger von Dr. Werner<br />
Hämmerle Administrator der Schule.<br />
Seit September 2000 ist Mag. Hermann<br />
Begle Direktor der BHAK/BHAS <strong>Lustenau</strong>.<br />
In die ersten <strong>Jahre</strong> seiner Leitung<br />
fiel der Auf- und Ausbau des Schulversuchs<br />
“<strong>Handelsschule</strong> für IT und Office<br />
Management“, die komplette Erneuerung<br />
der IT-Ausstattung und die Neugestaltung<br />
der Bibliothek.<br />
39
Geschichte<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Disziplinar-Vorschriften<br />
für die Schüler der<br />
öffentlichen Kaiser Franz Josef I<br />
Jubiläums-<strong>Handelsschule</strong><br />
in<br />
<strong>Lustenau</strong><br />
(Auszug)<br />
§ 3<br />
In die Schule sollen die Schüler weder zu<br />
früh noch zu spät kommen. Eine Viertelstunde<br />
vor dem Beginn des Unterrichtes<br />
oder des Gottesdienstes wird die Schule<br />
geöffnet und während dieser Zeit haben<br />
sich alle Schüler mit geziehmendem<br />
Anstande in ihrem Klassenzimmer zu versammeln.<br />
Vorzeitiges Erscheinen und<br />
Ansammeln vor dem Schulgebäude ist<br />
untersagt.<br />
§ 5<br />
Die Schüler sollen in das Schulzimmer mit<br />
entblößtem Haupte eintreten, sofort ihre<br />
Plätze einnehmen und, mit der Sammlung<br />
für den bevorstehenden Unterricht beschäftigt,<br />
ruhig und still die Ankunft des Lehrers<br />
erwarten.<br />
§ 14<br />
Das Verhalten der Schüler außerhalb der<br />
Schule sei, wie in der Schule, sittlich und<br />
anständig. Jeder die Sitten oder den guten<br />
Ruf gefährdende Umgang ist verboten.<br />
Der Schüler halte sich vor Augen, daß die<br />
vollständige Erlernung, Einübung und<br />
Wiederholung des durchgenommenen<br />
Lehrstoffes, die Ausarbeitung der schriftlichen<br />
Aufgaben und Vorbereitung für die<br />
Schule ihm als häusliche Beschäftigung<br />
obliegt.<br />
§ 15<br />
Den Schülern ist der Gasthausbesuch im<br />
allgemeinen verboten, außer in Begleitung<br />
der Eltern, deren Stellvertreter oder über<br />
Ansuchen auch anderer vertrauenswürdiger<br />
Personen. Die Schüler der 2. Klasse<br />
dürfen an schulfreien Nachmittagen durch<br />
40<br />
die Direktion bezeichnete, ordentliche<br />
Gasthäuser im Winter von 5-7 Uhr, im<br />
Sommer von 7-9 Uhr besuchen.<br />
§ 18<br />
Das Rauchen ist den Schülern auf der<br />
Straße und in der Öffentlichkeit untersagt.<br />
§ 19<br />
Bei weiteren Spaziergängen in der Umgebung<br />
ist den Schülern eine einmalige, kurze<br />
Einkehr im Gasthaus gestattet. Verboten<br />
ist wegen allzu großer Nähe der Gasthaus-besuch<br />
in der schweizerischen Nachbargemeinde<br />
Au.<br />
§ 20<br />
Alle Schüler haben vom 1. November bis<br />
1. April um 7 Uhr, in der übrigen Zeit<br />
spätestens um 9 Uhr abends zuhause zu sein.
<strong>Handelsschule</strong><br />
§ 22<br />
Mit den Erzeugnissen ihres Geistes in die<br />
Öffentlichkeit z u treten, ist den Schülern<br />
ohne besondere Bewilligung des Lehrkörpers<br />
nicht gestattet.<br />
§ 25<br />
Die Benützung von Vereins- und Leihbibliotheken<br />
ist den Schülern verboten,<br />
zumal die Schülerbibliothek zur Genüge<br />
für Unterhaltungslektüre sorgt.<br />
§ 30<br />
Es ist den Schülern sowohl während der<br />
Schulzeit als auch in den Ferien verboten,<br />
untereinander Vereine zu bilden, Vereinen<br />
als Mitglieder beizutreten oder ihren<br />
Zusammenkünften beizuwohnen, Vereinsoder<br />
andere Abzeichen zu tragen, sowie<br />
öffentliche Versammlungen, Sitzungen<br />
der Gemeindevertretungen u.a. zu besuchen.<br />
Vorbereitungsklasse 1925<br />
41
Geschichte<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Lehrplanvergleich 1903 - 2003<br />
"Die Schüler sind überlastet. Sie verbringen<br />
zu viel Zeit in der Schule."<br />
Mit Argumenten wie diesen wurden<br />
Stundenkürzungen in diesem Schuljahr<br />
auch an unserer Schule durchgeführt.<br />
Nicht zuletzt unter diesem Aspekt war<br />
die Aufgabe interessant, einen Rückblick<br />
auf die Stundentafeln der <strong>Handelsschule</strong><br />
in den letzten <strong>100</strong> <strong>Jahre</strong>n zu<br />
werfen.<br />
Im <strong>Jahre</strong> 1903/04 wurde die <strong>Handelsschule</strong><br />
<strong>Lustenau</strong> als 2-klassige Schule<br />
gegründet.<br />
Bereits 1906/07 konnte eine zusätzliche<br />
Vorbereitungsklasse eingerichtet<br />
werden, die bis einschließlich 1946/47<br />
erhalten blieb.<br />
Als 3-klassige Schule tritt die <strong>Handelsschule</strong><br />
seit dem Schuljahr 1963/64 in<br />
Erscheinung.<br />
Die Gründung der Handelsakademie<br />
<strong>Lustenau</strong> im <strong>Jahre</strong> 1971/72 zog eine<br />
bedeutende Lehrplanänderung nach<br />
sich, die 1978/79 in Kraft trat. Angestrebt<br />
wurde eine Parallelführung der<br />
ersten Klasse der <strong>Handelsschule</strong> mit<br />
dem ersten Jahrgang der Handelsakademie,<br />
um bei positivem Abschluss der<br />
ersten Schulstufe einen prüfungslosen<br />
Übertritt von einer Schulform in die<br />
andere zu ermöglichen.<br />
Im <strong>Jahre</strong> 1992/93 wurde der Lehrplan<br />
neuerdings revidiert. Eine Anpassung<br />
der Schule an die neuen Gegebenheiten<br />
erfolgte also durchschnittlich alle<br />
10 bis 15 <strong>Jahre</strong>.<br />
Lehrpläne im Vergleich<br />
Interessant erscheint in diesem<br />
Zusammenhang die Frage, in welchem<br />
Stundenverhältnis die Wirtschaftsfächer<br />
zu den allgemeinbildenden<br />
Fächern im Laufe der <strong>100</strong>-jährigen Entwicklung<br />
des Lehrplans stehen.<br />
Während in der Zeit vor dem Zweiten<br />
Weltkrieg die kommerziellen Fächer mit<br />
42 % der Gesamtstundenzahl im Lehrplan<br />
aufschienen, verringerte sich dieser<br />
Prozentsatz bis dato kontinuierlich.<br />
Im Lehrplan 2001/02 sind die Wirtschaftsfächer<br />
im Fachbereich IT mit nur<br />
mehr 31 % im Fächerkanon vertreten.<br />
Den allgemeinbildenden Fächern wurde<br />
insbesondere seit der Lehrplanänderung<br />
im <strong>Jahre</strong> 1978/79 vermehrte Bedeutung<br />
beigemessen. Der neue Lehrplan<br />
enthielt erstmals die Fächer Zeitgeschichte,<br />
Biologie und Warenkunde<br />
42
<strong>Handelsschule</strong><br />
43
Geschichte<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
sowie auch Volkswirtschaftslehre. In<br />
der weiteren Entwicklung hin zum<br />
Lehrplan 2001/02 wurde zudem den<br />
Fächern Deutsch und Englisch vermehrtes<br />
Gewicht beigemessen.<br />
Im Zuge der Lehrplanänderung des<br />
<strong>Jahre</strong>s 1992/93 wurde ein autonomer<br />
Bereich mit insgesamt 6 Stunden in<br />
den Pflichtgegenstandskatalog aufgenommen.<br />
Diese Gegenstände sollten<br />
nicht nur eine Schwerpunktbildung<br />
ermöglichen, sondern auch den Interessen<br />
der Schüler sowie den regionalen<br />
und wirtschaftlichen Gegebenheiten<br />
entgegenkommen.<br />
Die weitere Entwicklung zeigt, dass<br />
spezielle Fachgebiete mehr und mehr<br />
Bedeutung erlangen. Im Lehrplan<br />
2001/02 werden zwei alternative Fachbereiche<br />
(Informationstechnologie und<br />
Office-Management) zu je 20 Stunden<br />
insgesamt angeboten. Einer dieser<br />
Fachbereiche ist von den Schülern<br />
zusätzlich zu den Fächern des Kernbereichs<br />
zu wählen.<br />
Die Entwicklung der Lehrpläne in den<br />
letzten <strong>Jahre</strong>n zeigt, dass in einer sich<br />
ständig verändernden Wirtschaft auch<br />
eine Schule kein starres Gebilde dar-<br />
stellen darf, sondern sie ihre Positionen<br />
und Lerninhalte stets überdenken und<br />
an die geänderten Bedürfnisse anpassen<br />
muss. Eine solche Anpassung darf<br />
jedoch nie auf Kosten einer soliden Allgemeinbildung<br />
geschehen, die ihrerseits<br />
einen der wichtigsten Faktoren für<br />
die Flexibilität der Schüler im späteren<br />
Berufsleben darstellt.<br />
Dieser Überzeugung versuchen die<br />
neueren Entwicklungen des Lehrplanes<br />
und die speziellen Bemühungen der<br />
<strong>Handelsschule</strong> <strong>Lustenau</strong> in besonderem<br />
Maße Rechnung zu tragen.<br />
Fremdsprachen<br />
Überraschenderweise wurde im ersten<br />
Jahr des Bestehens der <strong>Handelsschule</strong><br />
der Fremdsprache Englisch mehr<br />
Bedeutung beigemessen als der Muttersprache,<br />
denn Englisch wurde<br />
damals 6 Wochenstunden pro Jahrgang<br />
unterrichtet, Deutsch hingegen nur 4.<br />
Im Lehrplan 1906/07 war die Bedeutung<br />
des Englischunterrichtes bereits<br />
gemindert und dieser Gegenstand wurde<br />
lustigerweise als "relativ obligates<br />
Fach" bezeichnet.<br />
Ab dem nächsten Schuljahr wurde Englisch<br />
dann gar nur mehr als Freifach<br />
unterrichtet, allerdings immer noch mit<br />
6 Wochenstunden pro Jahrgang. Erst<br />
ab 1932/33 galt Englisch als Pflichtfach,<br />
zwei <strong>Jahre</strong> später konnte man<br />
bereits zwischen Englisch und Italienisch<br />
wählen und wieder ein Jahr später<br />
kam zu den Wahlmöglichkeiten<br />
auch noch Französisch dazu.<br />
Englisch einschließlich Schriftverkehr<br />
wurde ab 1963/64 angeboten und wird<br />
auch heute noch so unterrichtet. Aus<br />
den früheren Unterrichtsbüchern wurden<br />
mit der Zeit Arbeitsbücher, die<br />
inzwischen mit Audio- Kassetten, CDs<br />
oder CD-Rom angeboten werden, da<br />
heutzutage besonderer Wert auf die<br />
Kommunikation in der Fremdsprache<br />
gelegt wird.<br />
Schriftentwicklung<br />
Von Kalligraphie, Steno und Maschinschreiben<br />
bis zu Office-Management<br />
Zu Beginn der <strong>Handelsschule</strong> in <strong>Lustenau</strong><br />
wurde das Fach Kalligraphie - also<br />
Schönschrift - unterrichtet, während<br />
Stenographie lediglich als Freifach<br />
geführt wurde.<br />
Aber bereits ab dem Schuljahr 1906/07<br />
wurde die Kurzschrift zu einem Pflichtfach<br />
von 2 bis 3 Wochenstunden pro<br />
Jahrgang. Der Gegenstand Maschinschreiben<br />
erschien im Jahr 1906/07<br />
zum ersten Mal als Freifach und wurde<br />
44
<strong>Handelsschule</strong><br />
erst im Schuljahr 1934/35 zum Pflichtgegenstand.<br />
Ab 1963/64 ersetzte das<br />
Fach Stenotypie die alte Fächerbezeichnung<br />
Kurzschrift. Stenotypie wurde<br />
damals in 3 Bereiche unterteilt: Kurzschrift,<br />
Maschinschreiben und Stenotypie-Übungen.<br />
Bis 1969/70 wurden in<br />
den 3 Jahrgängen der <strong>Handelsschule</strong><br />
insgesamt 14 Wochenstunden unterrichtet.<br />
Ab 1971/72 scheint zum ersten<br />
Mal das Fach Phonotypie im Lehrplan<br />
auf, das heißt, dass die Schüler mit Diktiergeräten<br />
arbeiteten. 1978/79 erfolgte<br />
dann die Umbenennung des Faches auf<br />
Stenotypie und Textverarbeitung.<br />
Natürlich erhielt der Computer immer<br />
größere Bedeutung und es wurde ein<br />
eigenes Fach "Computerunterstützte<br />
Textverarbeitung" geschaffen. In den<br />
neuen Lehrplänen hat sich aus dem<br />
ehemaligen Gegenstand Stenographie<br />
und Maschinschreiben das Fach Textverarbeitung,<br />
Desktop Publishing und Office<br />
Management entwickelt und wurde<br />
nun in "Informations- und Office Management"<br />
umbenannt.<br />
Persönliche Eindrücke<br />
Interessant für mich wird es immer,<br />
wenn ich in alten Unterlagen auf<br />
"Besonderheiten" stoße, auf Dinge, die<br />
aus heutiger Sicht witzig, skurril,<br />
manchmal erschreckend sind.<br />
So war es für mich überraschend, im<br />
Stundenplan des Schuljahres<br />
1903/1904, sozusagen zur Zeit der<br />
"tiefsten" Habsburgermonarchie, auf<br />
verpflichtende 12 Stunden Englisch in<br />
zwei <strong>Jahre</strong>n <strong>Handelsschule</strong> zu treffen.<br />
Hier hätte ich eher Ungarisch oder Italienisch<br />
vermutet.<br />
Verblüfft hat mich auch die Tatsache,<br />
dass es in den <strong>Jahre</strong>n 1909 bis 1933<br />
ein Fach namens "Übungskontor" gab.<br />
Sollte die sogenannte "Übungsfirma"<br />
gar keine Erfindung unserer Tage sein?<br />
Die Zeichen der Zeit sind z.B. aus der<br />
Stundentafel des <strong>Jahre</strong>s 1936 zu<br />
erkennen, als ein Freifach "Turnen,<br />
einschließlich vormilitärische Jugenderziehung"<br />
angeboten wurde.<br />
Ein paar Worte zu den Freifächern: Sie<br />
wurden mit Ausnahme der Nachkriegsjahre<br />
ständig und teils in sehr großer<br />
Anzahl angeboten. Darunter war neben<br />
typischen Fächern wie Steno oder<br />
Sprachen auch "Zeichnen" zu finden<br />
oder "Hauswirtschaft für Mädchen".<br />
Ehrlich überrascht war ich auch über<br />
die Möglichkeit "EDV" als Freifach<br />
bereits 1968 wählen zu können.<br />
Organisatorische Besonderheiten sind<br />
aus dem Jahr 1933 festgehalten: Die<br />
Schüler hatten bei der Aufnahme<br />
Urkunden "im Beisein des Vaters oder<br />
dessen Stellvertreters" vorzulegen<br />
(Die Mutter musste wahrscheinlich<br />
gerade kochen). Weiters musste neben<br />
dem Schulgeld und einem Lehrmittelbeitrag<br />
eine "Eintrittsgebühr" entrichtet<br />
werden. Heutzutage eher ungewöhnlich<br />
wäre es auch, Wiederholungsprüfungen<br />
am Freitag in den großen Ferien durchzuführen<br />
und das Erscheinen aller<br />
Schüler dann am darauffolgenden<br />
Samstag um 8 Uhr morgens anzuordnen.<br />
Mag. Edith Carder<br />
Mag. Angelika Kühne<br />
Mag. Maria Giselbrecht<br />
45
Geschichte<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Bürotechnik im Wandel -<br />
Von Federkiel und Rechenmühle<br />
zum Digital Business<br />
Die Entwicklung im Bereich der Bürotechnik<br />
war in den letzten vierzig <strong>Jahre</strong>n<br />
rasanter als in vielen anderen technischen<br />
Bereichen. Dieser Prozess hat<br />
zwar an Tempo und Dynamik etwas<br />
eingebüßt, doch wird er trotzdem<br />
unweigerlich weitergehen.<br />
Als ich im <strong>Jahre</strong> 1963 in die Handelsakademie<br />
in Bregenz kam, gab es weder<br />
Computer noch Rechenmaschinen. Im<br />
Einsatz waren die herkömmlichen<br />
mechanischen Schreibmaschinen aller<br />
Typen. Diese fanden jedoch im Standardunterricht<br />
keine Anwendung.<br />
Was den - eher fleißigen - Schülern<br />
zugute kam, war das Erlernen der Stenografie<br />
auf verschiedenen Niveaus.<br />
Diese Fertigkeit konnte in anderen<br />
Fächern, wie Geografie, Geschichte,<br />
Betriebskunde usw. bereits angewendet<br />
werden.<br />
Bis zur Matura im <strong>Jahre</strong> 1968 begleiteten<br />
uns in den Fächern Mathematik und<br />
Kaufmännisches Rechnen die Rechenmühle,<br />
auch Courta genannt, sowie der<br />
klassische Rechenschieber. Es war in<br />
den <strong>Jahre</strong>n 1966/67, als der erste<br />
Bürotechnikraum in der Bregenzer HAK<br />
eingerichtet wurde. Darin befanden<br />
sich Rechenmaschinen, welche man<br />
heute als wahre Monster bezeichnen<br />
würde. Je nach Generation konnten<br />
diese Geräte auf mechanische Art Additionen,<br />
Subtraktionen und Multiplikationen<br />
durchführen. Das Glanzstück<br />
war ein Exemplar, welches sogar dividieren<br />
konnte. Dabei dauerte der<br />
Rechenvorgang aber sicherlich einige<br />
Minuten, wobei besorgniserregender<br />
Lärm entstand.<br />
Noch in den siebziger <strong>Jahre</strong>n blieben<br />
Rechenschieber aktuell, wobei natürlich<br />
die elektronischen Taschenrechner sich<br />
immer rascher verbreiteten. Die EDV<br />
(elektronische Datenverarbeitung) war<br />
bereits in den <strong>Jahre</strong>n 1968/69 zumindest<br />
in theoretischer Form in den<br />
Unterricht eingeführt worden. Dabei<br />
ging es um Grundbegriffe, wie Eingabe,<br />
Verarbeitung, Ausgabe, Daten, binäre<br />
Zahlen, Programme usw. Die Verarbeitung<br />
erfolgte damals noch mittels Lochkarten.<br />
Ich erinnere mich an ein Seminar<br />
in Dornbirn, bei welchem wir Lehrer<br />
ein Programm für eine einfache<br />
Gehaltsabrechnung schrieben. Die Verarbeitung<br />
bzw. Abarbeitung erfolgte<br />
dann auf der Computeranlage des Vorarlberger<br />
Rechenzentrums, und zwar<br />
während der Nachtstunden. Am nächsten<br />
Tag bekamen wir unsere Resultate,<br />
wobei die Fehlerlisten größer waren<br />
als die korrekten Abrechnungen.<br />
Mit Beginn der Achtzigerjahre hielt<br />
dann der Computer Einzug in alle<br />
46
<strong>Handelsschule</strong><br />
Bereiche der Wirtschaft, der Verwaltung<br />
und auch der Schulen. Allerdings<br />
war die Benutzerfreundlichkeit im Verhältnis<br />
zu heutigen Standards noch<br />
sehr gering. Es war für eine sachgerechte<br />
Bedienung noch ein gutes Maß<br />
an Spezialausbildung vonnöten.<br />
Während man sich damals noch mit<br />
DOS-Befehlen herumschlagen musste,<br />
ist die Windows-Oberfläche in der heutigen<br />
Form auch für einen Laien relativ<br />
rasch erlern- und beherrschbar. Textverarbeitungsprogramme,<br />
Kalkulationsprogramme,<br />
Datenverwaltungen,<br />
Powerpoint und viele andere Programme<br />
sind heute für die Schüler eine<br />
Selbstverständlichkeit.<br />
In dem Maße, wie die Personalcomputer<br />
billiger wurden, fanden sie auch<br />
Einzug in die Schulen und in den privaten<br />
Haushalt. Es werden nicht nur<br />
Fächer wie Textverarbeitung und Wirtschaftsinformatik<br />
in Computerräumen<br />
unterrichtet, sondern jedes Fachgebiet<br />
kann und soll von der Computerunterstützung<br />
profitieren. Selbstverständlich<br />
schreiben die Schüler ihre Hausarbeiten,<br />
Projektarbeiten und teilweise auch<br />
die Schularbeiten und Maturaarbeiten<br />
am Computer.<br />
Neben den bereits zitierten Einsatzgebieten<br />
des Computers im modernen<br />
Büro wird der PC in Kombination mit<br />
dem Internet als zusätzliches Informations-<br />
und Kommunikationsmedium<br />
genutzt. Besonders in der Übungsfirma<br />
gehören das Versenden und Empfangen<br />
von Emails (elektronischer Post)<br />
zum Büroalltag. Natürlich werden auch<br />
die Webseiten anderer Übungsfirmen<br />
und Institutionen für diese Zwecke<br />
genutzt. Die Abwicklung fast sämtlicher<br />
Bankgeschäfte erfolgt nur noch elektronisch<br />
per Telebanking.<br />
Zusätzlich zum Computer sind in Schule<br />
und Wirtschaft weitere moderne<br />
Geräte im Einsatz. Ich denke hier an<br />
Telefonanlagen mit allen Schikanen, an<br />
Faxgeräte, an Kopiergeräte und auch<br />
an Scanner. Dass bei Präsentationen<br />
die modernsten Tageslichtprojektoren<br />
eingesetzt werden, bedarf wohl keiner<br />
eigenen Erwähnung.<br />
Zum Abschluss möchte ich aber noch<br />
festhalten, dass trotz aller technischer<br />
Entwicklung hinter sämtlichen Geräten<br />
Menschen sitzen, seien es Büroangestellte,<br />
Schüler oder Lehrer. Der<br />
Mensch wird durch die Technik unterstützt,<br />
aber nicht ersetzt. Es dürfen<br />
daher die sozialen Bedürfnisse der<br />
Beteiligten und auch deren Bedürfnisse<br />
nach Selbstentwicklung und -entfaltung<br />
nicht negiert werden. In den Lehrplänen<br />
und in der wirtschaftlichen Praxis<br />
sind nicht nur Fachkompetenz, sondern<br />
auch Sozialkompetenz und letztlich<br />
Ich-Kompetenz gefragt und gefordert.<br />
Dr. Reinhard Hilbe<br />
47
Geschichte<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Entwicklung der Schule aus Sicht<br />
eines Lehrers<br />
Nach Abschluss meines Studiums -<br />
Wirtschaftspädagogik an der Hochschule<br />
für Welthandel in Wien (heute<br />
Wirtschaftsuniversität Wien) - und<br />
einer Tätigkeit als Revisionsassistent in<br />
einer Wiener Wirtschaftstreuhandgesellschaft<br />
unterrichte ich seit dem<br />
Schuljahr 1976/77 an der <strong>Lustenau</strong>er<br />
<strong>Handelsschule</strong> und Handelsakademie<br />
kaufmännische Fächer.<br />
Anhand einiger Meilensteine werde ich<br />
den Versuch unternehmen, meine<br />
Lehrtätigkeit an dieser Schule zu charakterisieren<br />
und dabei auf wesentliche<br />
Veränderungen, die aus meiner Sicht<br />
im schulischen Alltag stattgefunden<br />
haben, subjektiv und nicht wissenschaftlich<br />
abgesichert einzugehen.<br />
Wie damals üblich begann man als Junglehrer<br />
in den ersten Klassen der <strong>Handelsschule</strong>.<br />
Meine Fächer waren:<br />
3 Stunden Betriebskunde und<br />
2 Stunden Schriftverkehr in der 1d<br />
(Klassenvorstand)<br />
4 Stunden Kaufmännisches Rechnen<br />
in 1c und 1e<br />
4 Stunden Buchhaltung in 1c und 1e<br />
2 Stunden Datenverarbeitung in 3a<br />
und 3b<br />
Die Schülerzahlen der damaligen 1.<br />
Klassen der <strong>Handelsschule</strong>:<br />
1 a 36, 1 b 36, 1 c 34, 1 d 33, 1 e 35<br />
In "meiner Klasse" waren damals 33<br />
Schüler (Burschen), davon 32 aus<br />
<strong>Lustenau</strong> und einer aus Dornbirn. Ich<br />
werde nie den Ausspruch meines<br />
damaligen Direktors Dr. Mathis vergessen,<br />
als er mich bei Schulbeginn beim<br />
Anblick der 1 d auf der Stiege in der<br />
Volksschule Rheindorf an der Hand<br />
festhielt und zu mir in seiner direkten<br />
und für ihn typischen Art sagte:" ... die<br />
Kerle musst du ordentlich hernehmen,<br />
die sind alle Lauser...".<br />
So schlimm ist es nicht gekommen und<br />
aus diesen Lausbuben sind alles tüchtige<br />
und, soweit ich weiß, erfolgreiche<br />
Mitbürger geworden.<br />
Wie aus der Stundenverteilung ersichtlich<br />
ist, unterrichtete ein kaufmännischer<br />
Lehrer in der gleichen Klasse zwischen<br />
3 und 8 Stunden pro Woche in<br />
mehreren Fachgegenständen. Durch<br />
die hohe Anzahl der Unterrichtsstunden<br />
in einer Klasse hatte man als Lehrer auf<br />
alle Fälle einen sehr starken persönlichen<br />
und emotionalen Bezug zum Einzelnen<br />
in der jeweiligen Klasse, der für<br />
die Klasse bzw. den Schüler und die<br />
Lehrperson positiv sein konnte. Nicht<br />
verschweigen will ich, dass eine hohe<br />
Präsenz für alle Beteiligten sicherlich<br />
auch manchmal anstrengend und<br />
ermüdend verlief.<br />
Der Unterricht in Datenverarbeitung<br />
war für mich als Neulehrer damals eine<br />
große Herausforderung - Stichwort:<br />
Lochkarten, Cobol, Verarbeitung der<br />
OCR-Belege (Visitenkartenprogramm)<br />
im Rechenzentrum in Dornbirn - für die<br />
Schülerinnen und Schüler ein Trockentraining,<br />
d.h. Datenverarbeitung ohne<br />
PC.<br />
Auszug aus dem <strong>Jahre</strong>sbericht 1977/78<br />
(Bericht des Direktors HR Dr. Johann<br />
Mathis):<br />
"Wir haben ein neues Haus! Der Einsatz<br />
hat sich gelohnt, das gesteckte Ziel<br />
wurde erreicht: Der ersehnte Neubau<br />
konnte planmäßig fertiggestellt werden<br />
..."<br />
Im gleichen <strong>Jahre</strong>sbericht wird auf die<br />
neuen Lehrpläne, die ab dem Schuljahr<br />
1978/79 gelten werden, hingewiesen.<br />
Die wichtigsten Veränderungen in den<br />
kaufmännischen Unterrichtsgegenständen<br />
waren:<br />
Zusammenfassung der Unterrichtsge-<br />
48
<strong>Handelsschule</strong><br />
genstände in Rechnungswesen (Buchhaltung<br />
und Kaufmännisches Rechnen<br />
ab der 2. Klasse) und Betriebswirtschaftslehre<br />
(Betriebskunde und<br />
Schriftverkehr ab der 1. Klasse).<br />
Als neue Lehrstoffgebiete wurden u.a.<br />
die Spezielle Betriebswirtschaftslehre<br />
(Instrumentelles Rechnungswesen und<br />
Außenhandel) ab dem 4. Jahrgang in<br />
der Handelsakademie eingeführt.<br />
Im Jänner 1981 begann an der <strong>Handelsschule</strong><br />
und Handelsakademie<br />
<strong>Lustenau</strong> das von den Schülern und DV-<br />
Lehrern lang herbeigewünschte "Zeitalter"<br />
der PC`s. Die zuständige Abteilung<br />
des Ministeriums schaffte zehn Philips<br />
Mikro-Computer P 2000 an, jede Anlage<br />
bestehend aus einer Zentraleinheit mit<br />
56 KB, zwei Mini-Floppy-Laufwerken<br />
und Bildschirm, zwei Matrixdruckern<br />
der Firma Mannesmann TALLY sowie die<br />
für den Sonderunterrichtsraum erforderliche<br />
Möblierung - Kostenpunkt etwa<br />
ATS 750.000,-- (ca. € 55.000,--) - an.<br />
Heute stehen 120 Pentium 4, 1,8 - 2,6<br />
GHZ, 256 MB RAM in 6 DV-Sälen, BWZ<br />
(Betriebswirtschaftliches Zentrum) und<br />
Bibliothek.<br />
Den Gegenstand Datenverarbeitung<br />
unterrichteten damals Kollege Prof.<br />
Herbert Hug und ich, was dazu führte,<br />
dass wir in den kommenden <strong>Jahre</strong>n in<br />
erster Linie für das Fach Datenverarbeitung<br />
zuständig waren und gemeinsam<br />
die SchülerInnen mit Basic, DBASE III<br />
Plus, Multiplan, Excel, Access usw. herausforderten.<br />
Mit dem Schuljahr 1984/85 wurden die<br />
Lehrpläne der <strong>Handelsschule</strong> und Handelsakademie<br />
den Wünschen der Wirtschaft<br />
angepasst und Sofortmaßnahmen<br />
zur Verbesserung der Ausbildung<br />
beschlossen.<br />
Im <strong>Jahre</strong>sbericht 1984/85 schrieb<br />
Direktor HR Dr. Johann Mathis:<br />
"Es hat sich herumgesprochen, dass ich<br />
am 31. August dieses <strong>Jahre</strong>s in den<br />
Ruhestand trete .... Ich verabschiede<br />
mich von der ganzen Schulgemeinschaft<br />
und allen, mit denen ich im<br />
Dienste einer edlen Sache zusammenarbeiten<br />
durfte, der Erziehung und Ausbildung<br />
junger Menschen im Sinne der<br />
Aufgabe der österreichischen Schule."<br />
HR Dkfm. Heinrich Peter übernahm am<br />
1. September 1985 die Leitung der<br />
Schule und übertrug mir die Aufgaben<br />
des Administrators. Auch im Sekretariat<br />
fand ein Wechsel statt. Frau Herlinde<br />
Grabher - "unsere Schulmutter"- trat in<br />
den wohlverdienten Ruhestand und<br />
Frau Ruth Grabher folgte ihr nach. Die<br />
Zeit als Administrator war für mich sehr<br />
interessant und lehrreich. Damals<br />
erfolgte die Umstellung einiger Verwaltungstätigkeiten<br />
auf EDV-Basis - Stundenplan,<br />
Kassaführung, Schülerverwaltung,<br />
Katalog und Zeugnisse usw. Für<br />
mich waren die Schuljahre 1985/86 bis<br />
1989/90 sehr anstrengend und verbunden<br />
mit vielen Stunden vor dem Computer,<br />
beim Testen von neuen Programmen,<br />
Dienstreisen nach Wien, Abhalten<br />
von österreichweiten Seminaren für<br />
Direktoren, Administratoren und<br />
Sekretärinnen. In dieser Zeit habe ich<br />
die Verwaltungsabläufe, die Hierarchien<br />
in der Verwaltung und das Zustandekommen<br />
von "zentralen" Entscheidungen<br />
kennen gelernt und bin sehr vielen<br />
Menschen, die im oder für das österreichische<br />
Schulwesen tätig waren,<br />
begegnet und konnte wesentliche persönliche<br />
Kontakte knüpfen.<br />
Nach 5-jähriger Tätigkeit als Administrator<br />
und erfolgter Umstellung der<br />
Verwaltung auf EDV kehrte ich mit<br />
Beginn des Schuljahres 1990/91 wieder<br />
als Lehrer gänzlich in die Klasse<br />
zurück.<br />
Bereits ab diesem Schuljahr entwickelten<br />
und präsentierten SchülerInnen im<br />
Rahmen der mündlichen Matura im<br />
49
Geschichte<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Gegenstand Datenverarbeitung bzw.<br />
Organisation und Datenverarbeitung<br />
Projekte. In den folgenden <strong>Jahre</strong>n wurde<br />
sowohl für die <strong>Handelsschule</strong> als<br />
auch für die Handelsakademie das<br />
Erstellen einer Projektarbeit mit anschließender<br />
Präsentation verpflichtend<br />
in die Lehrpläne aufgenommen.<br />
Im Schuljahr 1991/92 stand in <strong>Lustenau</strong><br />
in der Klasse 1a der HAS der Schulversuch<br />
"Neue <strong>Handelsschule</strong>" mit<br />
einem völlig neu konzipierten Lehrplan<br />
an. Dazu ist im <strong>Jahre</strong>sbericht zu lesen:<br />
"Im Vordergrund steht eine starke Ausweitung<br />
der praktischen Ausbildung<br />
und damit verbunden die Verbesserung<br />
sowohl der fachlichen Kompetenz als<br />
auch der Persönlichkeitsbildung des<br />
Schülers. Damit kann ein wesentlicher<br />
Beitrag zur Vermittlung von Schlüsselqualifikationen<br />
geleistet werden."<br />
Im Schuljahr 1992/93 konnte ein<br />
modernes Großraumbüro in der Schule,<br />
in dem eine Übungsfirma die Arbeit<br />
aufgenommen hat, eröffnet werden.<br />
Kollege Prof. Dr. Josef Zankl - damals<br />
vor seiner Ernennung zum Landesschulinspektor<br />
- schrieb auf S. 36 des <strong>Jahre</strong>sberichtes<br />
1992/93 "Wie wird die<br />
Zukunft ausschauen? Jede 3. Klasse<br />
der <strong>Handelsschule</strong> und auch jede 3.<br />
Klasse der Handelsakademie (Anmerkung:<br />
heute 4. Klasse der Handelsakademie)<br />
wird eine derartige Übungsfirma<br />
betreiben. ..... Für den Lehrer stellt<br />
die Führung eines derartigen Übungsbetriebes<br />
eine große Herausforderung<br />
dar, gilt es doch, die traditionelle Lehrerrolle<br />
zu verlassen und als Mitarbeiter<br />
oder leitender Mitarbeiter in partnerschaftlicher<br />
Arbeit zu versuchen, den<br />
Schülern Hilfestellungen zu geben."<br />
Im Schuljahr 1995/96 wurde auch für<br />
die Handelsakademie ein neuer Lehrplan<br />
als "Autonomiemodell" eingeführt.<br />
50
<strong>Handelsschule</strong><br />
Als Ausbildungsziel einer HAK und HAS<br />
stand und steht natürlich an oberster<br />
Stelle eine fundierte wirtschaftliche Ausbildung,<br />
die sich im Lehrplan als roter<br />
Faden durch alle Klassen hindurchzieht.<br />
Betriebswirtschaft, Betriebswirtschaftliche<br />
Übungen und Projektmanagement,<br />
Wirtschaftliches Rechnen und Rechnungswesen<br />
bilden diesen Teil des Kernbereiches<br />
als Pflichtgegenstände, neben<br />
den allgemeinbildenden Fächern, die<br />
meiner Auffassung nach nicht gekürzt<br />
werden dürfen.<br />
Zum Haupttermin 1999 traten die<br />
ersten Maturanten aufgrund des Lehrplanes<br />
1994 zur neuen "Reife- und<br />
Diplomprüfung" an. Für die Kollegen<br />
Mag. Günter Hämmerle, Mag. Manfred<br />
Winkler und mich war das auch gleichzeitig<br />
der Auftakt zur ersten Zusammenstellung<br />
einer gemeinsamen BDA<br />
(Betriebswirtschaftliche Diplomarbeit)<br />
im Ausmaß von 8 Stunden Arbeitszeit<br />
für die MaturantenInnen. Diese BDA<br />
deckt die Gegenstände Rechnungswesen<br />
und Betriebswirtschaftslehre ab.<br />
Im Schuljahr 1999/2000 erfolgte die<br />
Umstellung auf die 5-Tage-Woche.<br />
Ebenfalls in diesem Schuljahr wurde<br />
der Schulversuch "HAS für Informationstechnologie"<br />
eingeführt. Gründe für<br />
die Lehrplanänderung waren u.a. der<br />
massive Schülerschwund in der <strong>Handelsschule</strong><br />
in der bisherigen Form.<br />
Gleichzeitig sollten die Absolventinnen<br />
und Absolventen der <strong>Handelsschule</strong><br />
bessere Berufschancen in höherwertigen<br />
Berufen bekommen, was aber aus<br />
heutiger Sicht leider noch nicht zutrifft.<br />
Im Schuljahr 2001/02 wurde der erweiterte<br />
Schulversuch "<strong>Handelsschule</strong> für<br />
Informationstechnologie und Office-<br />
Management" eingeführt.<br />
Rückblickend auf die lange Zeit als Lehrer<br />
an der <strong>Handelsschule</strong> und Handelsakademie<br />
<strong>Lustenau</strong> kann ich von mir<br />
sagen, dass meine im <strong>Jahre</strong> 1976<br />
getroffene Entscheidung für den Lehrberuf<br />
an einer berufsbildenden Schule<br />
richtig war. Ich bin nach wie vor gerne<br />
Lehrer. Für mich entscheidend ist die<br />
Einbeziehung der betrieblichen Praxis<br />
in den Unterricht. Seit 1976 bin ich<br />
neben meinem Beruf als Lehrer auch in<br />
der Privatwirtschaft - Steuerberatung,<br />
Unternehmensberatung, Seminare -<br />
tätig. Der tägliche Bezug zur betrieblichen<br />
Praxis, die laufende Weiterbildung<br />
in pädagogischer, didaktischer und in<br />
betriebswirtschaftlicher Hinsicht hat es<br />
mir möglich gemacht, dass ich die<br />
Schülerinnen und Schüler entsprechend<br />
den Anforderungen der Wirtschaft<br />
für ihr späteres Berufsleben vorbereiten<br />
kann. Auch nach 28 <strong>Jahre</strong>n<br />
Lehrerdasein gehe ich nach wie vor mit<br />
viel Freude und gutem Humor in die<br />
Klasse. Ich habe in dieser Zeit bewusst<br />
erfahren und erleben können, wieviel<br />
Freiraum ich in unserem Schulsystem -<br />
speziell in den einzelnen Stunden in der<br />
Klasse - habe. Diese Tatsache möchte<br />
ich in meinem Leben nicht missen.<br />
Prof. Mag. Johann Muxel<br />
51
Lehrkörper<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Lehrkörper des Schuljahres 1935/36<br />
Lehrkörper des Schuljahres 1977/78<br />
v.l.n.r.:<br />
1. Reihe: OStR Prof. Anton Aichinger, Hilde Hagen, Prof. Dkfm. Franz Wirth,<br />
Prof. Dkfm. Hadumuth Puchinger, Dr. Johann Mathis, OStR Prof. Dr. Hermann<br />
Hagen, FL Luise Höfle, Prof. Dkfm. Heinrich Peter, Prof. Dkfm. Christa<br />
Riedmann, Prof. Dkfm. Gerhard Hübner<br />
2. Reihe: Dr. Günter Pichler, Prof. Dr. Fritz Linder, Prof. Dr. Walter Gächter,<br />
Mag. Werner Grabher, Elisabeth Hämmerle, H. Yves Le Gallo, FL Rosmarie<br />
Wachter, Prof. Johann Muxel, Mag. I. Sohm, Prof. Wilhelm Kroner<br />
3. Prof. Dr. Josef Zankl, Prof. Mag. Herbert Hug, Grete Alge, MA Richard<br />
Reynolds, Mag. Norbert Bächle, Prof. Mag. Ernst Gasser, Prof. Dr. Erich<br />
Gantner, Prof. Dr. Werner Hämmerle, Mag. Felix Struger<br />
Auf dem Bild fehlen: Dr. W. Wintersteiger, Mag. Helmut Schwarz, Pfarrer<br />
Jaquemar<br />
52
<strong>Handelsschule</strong><br />
Lehrkörper des Schuljahres 2001/02<br />
v.l.n.r.:<br />
1. Reihe: Prof. Mag. Barbara Simma-Hörfarter, FOL Elisabeth Begle, Mag. Monika<br />
Kraus, MMag. Günter Hämmerle, Prof. Dkfm. Gerhard Hübner, Prof. Mag.<br />
Maria Wallmann, StR Elfriede Aichinger, Direktor Prof. Mag. Hermann Begle,<br />
Mag. Gerda Nägele-Dalpra, OStR Prof. Johann Muxel, Prof. Mag. Gudrun Diem,<br />
Prof. Mag. Edith Carder, OStR Prof. Margit Feuerstein, Mag. Astrid Maier<br />
2. Reihe: Prof. Mag. Günter Fitz, Dr. Reinhard Hilbe, Mag. Jochen Lerch, Dr.<br />
Rosemarie Rützler, FL Gabriele Fitz, Mag. Manuela Nigsch, Mag. Gerhard Huber,<br />
FL Petra Eder-Haslehner, Prof. Mag. Manfred Hagen, Mag. Peter Österle, Prof.<br />
Mag. Günter Fenkart, Prof. Mag. Susanne Rüscher, Dr. Bruno Winkler, Mag.<br />
Marisa Fitz, Mag. Dagmar Leotti, FL Susanne Lecher<br />
3. Reihe: Prof. Mag. Helene Stöckeler, Prof. Mag. Doris Dobros, Prof. Mag. Horst<br />
Hartmann, Prof. Mag. Arno Lecher, Dr. Ulrike Ramnek-Ritter, Prof. Mag. Leonhard<br />
Schwaiger, Mag. Franz-Paul Hammling, Mag. Michael Bachmann, OSR<br />
Hubert Graier, Prof. Mag. Johann Scheffknecht, Prof. Mag Ernst Gasser, Mag.<br />
Barbara Huber, Prof. Mag. Gudrun Wodnar, Mag. Beatrix Saiz-Mena, Mag. Angelika<br />
Kühne<br />
Auf dem Bild fehlen: Prof. Mag. Egon Fussenegger, OStR Prof. Dr. Werner Hämmerle,<br />
Prof. Mag. Manfred Winkler<br />
Lehrkörper des Schuljahres 1991/92<br />
v.l.n.r.:<br />
1. Reihe: Prof. Mag. Manfred Hagen, Mag. Roswitha Winsauer-Fink, FOL<br />
Elisabeth Begle, FOL Elfriede Aichinger, Prof. Mag. Margit Feuerstein, Mag.<br />
Doris Kremmel (Dobros), Direktor Dkfm. Heinrich Peter, OStR Dr. Fritz Linder,<br />
FOL Grete Alge, Prof. Mag. Susanne Rüscher, Mag. Monika Kraus, Mag.<br />
Maria Wallmann<br />
2. Reihe: Prof. Mag. Leonhard Schwaiger, MA Richard Reynolds, Mag. Arno<br />
Lecher, Mag. Günter Fitz, Mag. Reinhard Jäger, Prof. Dr. Walter Gächter,<br />
Mag. Barbara Huber, Mag. Gudrun Diem, Prof. Dkfm. Gerhard Hübner, Prof.<br />
Mag. Hermann Begle, Mag. Barbara Simma-Hörfarter, Prof. Dr. Josef Zankl<br />
3. Reihe: Prof. Mag. Johann Muxel, Prof. Mag. Felix Struger, Prof. Mag.<br />
Ernst Gasser, FL Hubert Graier, Mag. Franz-Paul Hammling, Mag. Egon Fussenegger,<br />
Prof. Mag. Günter Fenkart, Prof. Dr. Günter Pichler, Prof. Dr. Werner<br />
Hämmerle, Mag. Manfred Winkler, Prof. Mag. Helmut Schwarz<br />
Auf dem Bild fehlen: Prof. Mag. Norbert Bächle, Prof. Mag. Wolfgang Prantl<br />
53
Absolventen<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Der Absolventenverein<br />
Als die Schule 50 <strong>Jahre</strong> alt war, haben<br />
wir den Absolventenverein gegründet.<br />
Er hatte schon Vorgänger, den Stenografenverein<br />
<strong>Lustenau</strong> von 1937 und<br />
die Studentenverbindung ‚Mercuria'.<br />
Sie sind beide zwischen 1938 und 1945<br />
erloschen.<br />
Die <strong>Handelsschule</strong> <strong>Lustenau</strong> galt als Elite-Schule.<br />
Die Absolventen feierten<br />
noch 1921 den ‚Studienabschluss'. Und<br />
als ich 1936 die Schule abschließen<br />
konnte, war ich überzeugt, dass ich das<br />
Rüstzeug zu einem guten Kaufmann<br />
erhalten hatte. Man hatte ja schließlich<br />
auch ‚Soll und Haben' von Gustav Freytag<br />
gelesen.<br />
Ich war stolz auf meine Schule, und als<br />
im <strong>Jahre</strong> 1953 Direktor Ernst Scheffknecht<br />
an mich die Frage richtete, ob<br />
ich bei der Gründung eines Absolventenvereines<br />
mitmachen würde, da habe<br />
ich freudig ‚Ja' gesagt. Die Anregung<br />
war aus Wien gekommen, vom Generalsekretär<br />
der Österreichischen kaufmännischen<br />
Union, Direktor Alfred A.<br />
Rotter. Direktor Ernst Scheffknecht und<br />
Bürgermeister Josef Bösch haben sie<br />
sofort aufgegriffen.<br />
Ernst Scheffknecht scharte ein paar<br />
Leute um sich, die dann später auch im<br />
Vorstand wirkten:<br />
Eduard Alge (Absolvent 1927),<br />
Robert Bösch (Absolvent 1937),<br />
Sepp Grabher (Absolvent 1936),<br />
Werner Grabher (Absolvent 1938),<br />
Ferdinand Hagen (Absolvent 1940),<br />
Robert Scheffknecht (Absolvent 1934),<br />
Gebhard Zangerle (Absolvent 1947).<br />
Sie sollten in der ersten Zeit die Linie<br />
der Vereinstätigkeit bestimmen.<br />
Satzungen wurden ausgearbeitet und<br />
der Behörde vorgelegt - und am 8.<br />
September 1953 erging von der Sicherheitsdirektion<br />
für das Bundesland Vorarlberg<br />
der Nicht-Untersagungsbescheid<br />
an ‚Professor Ernst Scheffknecht'.<br />
Darin heißt es: ‚Der genannte<br />
Verein kann daher seine Tätigkeit<br />
beginnen'. Am 5. und 6. September feierte<br />
unsere Schule das 50-<strong>Jahre</strong>-<br />
Jubiläum und so konnte der in Gründung<br />
befindliche Verein gleich zum<br />
Beginn seiner Tätigkeit mit recht vielen<br />
Absolventen Kontakt aufnehmen und in<br />
persönlichen Gesprächen Mitglieder<br />
werben.<br />
Das Jubiläum der Schule war gleichzeitig<br />
das Gründungsfest des Absolventenvereines<br />
der <strong>Handelsschule</strong> <strong>Lustenau</strong><br />
- und es war ein Fest der ganzen<br />
Gemeinde: Festveranstaltungen in zwei<br />
Sälen, Feldmesse im Schulhof, Gefallenenehrung<br />
beim Kriegerdenkmal, Festumzug<br />
mit Musik und Wiesenfest hinter<br />
der ‚Taverne' - wie man halt früher<br />
Feste gefeiert hat.<br />
Leider ist die Dokumentation über die<br />
Vereinstätigkeit der ersten <strong>Jahre</strong> größtenteils<br />
verloren gegangen und erst<br />
seit 1959 haben wir mit dem Mitteilungsblatt<br />
kontinuierliche und ziemlich<br />
umfassende Informationen darüber,<br />
was der Verein wirklich geleistet hat.<br />
Im Laufe der <strong>Jahre</strong> hat sich die Vereinsarbeit<br />
ständig verändert. Aber die<br />
Satzungen mussten nur einmal geändert<br />
werden, als der Verein auch für die<br />
Absolventen der Handelsakademie<br />
offen werden sollte. Über Vorschlag von<br />
Direktor Hofrat Dr. Johann Mathis wurde<br />
der Name ‚Absolventenverein der<br />
Handelslehranstalten <strong>Lustenau</strong>' beschlossen<br />
und von der Behörde ‚nicht<br />
untersagt'.<br />
Den Weg zur Österreichischen kaufmännischen<br />
Union haben wir nie gefunden.<br />
1954 bei der IV. Delegiertenkonferenz<br />
in Graz haben wir zum ersten Mal<br />
den Kontakt gesucht. Aber bei eben<br />
dieser Konferenz beschlossen die Vereine<br />
den Austritt und gleichzeitig die<br />
Gründung eines neuen Dachverbandes,<br />
dem sie schließlich den Namen ‚Interessengemeinschaft<br />
der kaufmänni-<br />
54
<strong>Handelsschule</strong><br />
schen Absolventenverbände Österreichs'<br />
gaben. Wir konnten schon am<br />
Gründungsvertrag mitarbeiten und<br />
haben in der Folge insgesamt 15 <strong>Jahre</strong><br />
lang die Geschäfte dieser Interessengemeinschaft<br />
geführt und fünfmal die<br />
<strong>Jahre</strong>stagung in <strong>Lustenau</strong> organisiert.<br />
In den ersten <strong>Jahre</strong>n nach 1953<br />
betätigte sich der Verein - dem Muster<br />
des vorangegangenen Stenografenvereins<br />
folgend - vor allem auf dem Gebiet<br />
Jubiläum<br />
50 <strong>Jahre</strong> Absolventenverein<br />
der Weiterbildung. Es wurden Kurse in<br />
Stenografie, Maschinschreiben und<br />
Deutsch angeboten.<br />
Eine Spezialität waren Kurse in deutscher<br />
und englischer Handelskorrespondenz.<br />
Die Vortragenden waren<br />
meist Lehrer unserer Schule, die alle<br />
ohne Honorar arbeiteten.<br />
Die Lichtbildervorträge, die Exkursionen<br />
und besonders die großen Bälle (im<br />
Kronensaal oder in der Jahn-Turnhalle)<br />
waren stets gut besucht. Die Zeiten<br />
haben sich geändert. Heute sind es die<br />
Wiedersehenstreffen der Absolventenjahrgänge,<br />
die in unserer Tätigkeit<br />
breiten Raum einnehmen. Jeden Monat<br />
wird ein Jahrgang eingeladen. Und es<br />
gibt jedes Jahr im Mai ein ‚Fest der<br />
alten Absolventen'. So können sich im<br />
5-<strong>Jahre</strong>-Turnus alle Jahrgänge einmal<br />
treffen und für die Alten gibt es sogar<br />
jedes Jahr ein Fest in der Aula unserer<br />
Schule.<br />
Am 28. Februar 1959 haben wir das<br />
erste Heft unseres Mitteilungsblattes<br />
versenden können. Seither ist unser<br />
Mitteilungsblatt eine ganz wesentliche<br />
Stütze des Vereinslebens. Jeweils 50<br />
Hefte haben wir gebunden. Eben ist<br />
Heft 149 herausgekommen - es wird<br />
also schon bald einen dritten Band für<br />
das Gemeinde-Archiv geben.<br />
Am 25. April 1982 konnten wir für den<br />
legendären ersten Direktor unserer<br />
<strong>Handelsschule</strong> - Alfred Wehner - eine<br />
Bronze-Gedenktafel in ‚seinem' Schulgebäude<br />
an der Maria-Theresien-Straße<br />
(jetzt ist dort die Musikschule untergebracht)<br />
enthüllen.<br />
"25 <strong>Jahre</strong> Absolventenverein" konnten<br />
wir 1978 in großem Rahmen feiern. Die<br />
Feier im <strong>Jahre</strong> 1993, "40 <strong>Jahre</strong> ‚Absolventenverein",<br />
fiel recht bescheiden<br />
55
Absolventen<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
aus und im <strong>Jahre</strong> 2003 haben wir "50<br />
<strong>Jahre</strong> Absolventenverein" noch<br />
bescheidener gefeiert.<br />
Unter den etwas mehr als hundert Teilnehmern<br />
waren immerhin noch neun,<br />
die von Anfang an dem Verein<br />
angehören. Festredner war Dr. Josef<br />
Sebastian Feurstein, ein Absolvent des<br />
<strong>Jahre</strong>s 1928.<br />
1953 sind 160 Absolventen dem Verein<br />
beigetreten. In den folgenden <strong>Jahre</strong>n<br />
ist die Mitgliederzahl stetig angewachsen.<br />
1960 wurde mit rund 600 Mitgliedern<br />
der höchste Stand erreicht. Dann<br />
ging es langsam abwärts und 1980<br />
waren wir nur noch 530. Bis vor ein<br />
paar <strong>Jahre</strong>n sind wir über 500 geblieben<br />
- jetzt sinkt die Zahl stetig - 460<br />
sind es heute noch, die sich zu den Zielen<br />
des Vereins bekennen und den Beitrag<br />
bezahlen.<br />
Die Jungen finden den Weg zum Verein<br />
nur noch selten. Es gibt dafür viele<br />
Gründe und es gelingt dem Vereinsvorstand<br />
nicht, diesen Abwärtstrend aufzuhalten.<br />
Sepp Grabher,<br />
Absolvent 1936<br />
Sepp und Mitzi Grabher<br />
Dr. Alfred Eberle<br />
Von der <strong>Handelsschule</strong> zur Schulaufsicht<br />
In der Zeit vom Sommer 1937 bis<br />
Herbst 1938 war ich, zwecks Bestreitung<br />
des Lebensunterhaltes, als Hilfskraft<br />
in verschiedenen Bereichen der<br />
Wirtschaft tätig. Hierbei wurde mir die<br />
Notwendigkeit einer einschlägigen wirtschaftlichen<br />
Ausbildung immer mehr<br />
bewusst. Bei der Umschau nach diesbezüglichen<br />
Möglichkeiten fasste ich<br />
den Besuch einer wirtschaftlichen Fachschule<br />
ins Auge.<br />
Kaufmännische Ausbildung - wo und<br />
wie?<br />
Nach gründlicher Information entschloss<br />
ich mich, mit Beginn des Schuljahres<br />
1938/39 in die öffentliche Kaufmännische<br />
Wirtschaftsschule der<br />
Marktgemeinde <strong>Lustenau</strong> einzutreten.<br />
Von dieser traditionsreichen Lehranstalt<br />
mit ausgezeichnetem Ruf erwartete ich<br />
konkret:<br />
a) eine in zwei <strong>Jahre</strong>n abgeschlossene<br />
wirtschaftliche Grundausbildung als<br />
Voraussetzung für die Tätigkeit in<br />
der Wirtschaft oder in der öffentlichen<br />
Verwaltung;<br />
b) ein von erfahrenen Lehrpersonen<br />
56
<strong>Handelsschule</strong><br />
vermitteltes Mindestmaß an Allgemeinbildung,<br />
vor allem aber eine<br />
kaufmännische Fachausbildung,<br />
wie sie im vorliegenden Lehrplan<br />
angeboten wurde;<br />
c) eine für meine Verhältnisse unerlässliche<br />
finanzielle Beihilfe als Voraussetzung<br />
für den Beginn der Ausbildung.<br />
Diese Unterstützung wurde<br />
den Schulbesuchern bei Vorliegen<br />
der Voraussetzungen zuteil:<br />
einerseits in Form von Schulgeldermäßigung<br />
oder -befreiung, Studienbeihilfen<br />
verschiedener öffentlicher<br />
Stellen (Staat, Land, Gemeinde)<br />
und<br />
andererseits durch eine für <strong>Lustenau</strong><br />
besonders rühmliche Einstellung<br />
der Bevölkerung gegenüber bedürftigen<br />
Schülern aus dem ganzen<br />
Land. Sie fanden bei entsprechendem<br />
Bemühen neben günstiger Privatunterkunft<br />
auch die Möglichkeit<br />
eines "Freitisches" (kostenloses<br />
Mittagessen bei wohlhabenderen<br />
Familien).<br />
Ohne auf Einzelheiten der Schulführung<br />
und der Lehrgutvermittlung näher einzugehen,<br />
konnte ich rückblickend feststellen,<br />
dass meine Erwartungen hinsichtlich<br />
einer tadellosen Ausbildung an<br />
der Kaufmännischen Wirtschaftsschule<br />
<strong>Lustenau</strong> ausgezeichnet erfüllt wurden.<br />
Diese von 1938 bis 1940 unter der<br />
Direktion von Dr. Ferdinand Falger stehende<br />
mittlere kaufmännische Lehranstalt<br />
blieb mir auch auf dem weiteren<br />
Lebens-, Fortbildungs- und Berufsweg<br />
stets als Ort der Vermittlung fundamentaler<br />
wirtschaftlicher Kenntnisse in<br />
bester Erinnerung.<br />
Statt dem Eintritt in das Berufsleben<br />
wurde ich im Herbst 1940 zum Wehrdienst<br />
einberufen und leistete von 1941<br />
bis 1945 Kriegsdienst an verschiedenen<br />
Fronten (Griechenlandfeldzug, Einsatz<br />
an der Eismeerfront, Partisaneneinsatz<br />
in Jugoslawien, Einsatz an der Westalpenfront).<br />
Es waren fünf Lebensjahre. -<br />
Wirtschaftliche Weiterbildung - wo und<br />
wie?<br />
Aus englischer Gefangenschaft entlassen,<br />
entschloss ich mich, die wirtschaftliche<br />
Ausbildung auf dem "Fundament<br />
<strong>Handelsschule</strong>" fortzusetzen.<br />
An der Wirtschaftsoberschule in Bregenz<br />
Mehrerau (1937 als Handelsakademie<br />
in <strong>Lustenau</strong> gegründet), geleitet<br />
vom hochgeschätzten Direktor Dr.<br />
Rudolf Stemberger, fand ich im Herbst<br />
1945 Aufnahme in die Maturaklasse<br />
dieser Anstalt. Voraussetzung hierfür<br />
war allerdings nicht nur mein tadelloses<br />
Abschlusszeugnis der Wirtschaftsschule<br />
<strong>Lustenau</strong>, sondern auch die Tatsache,<br />
dass ich von 1934 bis 1937 die private<br />
Lehrerbildungsanstalt der Christlichen<br />
Schulbrüder in Wien besucht hatte. So<br />
konnte ich jenes Maß an Allgemeinbildung<br />
nachweisen, das den Eintritt in die<br />
Maturaklasse ermöglichte. Dies freilich<br />
bei Ablegung von nachzutragenden Teilprüfungen<br />
und unter Vorbereitung auf<br />
die Reifeprüfung auch in der zweiten<br />
lebenden Fremdsprache (Französisch).<br />
Ein hartes Schuljahr bis zur bestandenen<br />
Reifeprüfung im Frühjahr 1946!<br />
Das Studium an der Hochschule für<br />
Welthandel in Wien nahm ich im Herbst<br />
1946 unter schwíerigen Nachkriegsund<br />
Besatzungsbedingungen auf. Die<br />
wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen<br />
weckten mein Interesse in hohem<br />
Maße. Nach sehr eifrigem Studium und<br />
nach Ablegung der vorgesehenen<br />
Staatsprüfungen wurde mir im Herbst<br />
1948 der akademische Grad "Diplomkaufmann"<br />
verliehen. Im Frühjahr<br />
1950 promovierte ich zum "Doktor der<br />
Handelswissenschaften". Es muss gesagt<br />
werden, dass mir auch während<br />
57
Absolventen<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
des Hochschulstudiums das solide Fundament<br />
der Handelsschulausbildung da<br />
oder dort zustatten kam.<br />
Meine Berufstätigkeit<br />
Im Jahr 1949 begann ich als Lehrer an<br />
der Kaufmännischen Wirtschaftsschule<br />
in <strong>Lustenau</strong>. Ein Sprung ins kalte Wasser,<br />
bei Klassen mit bis zu 40 und mehr<br />
Schülern. Ich habe ihn nie bereut! Nach<br />
nebenberuflichem Studium der Wirtschaftspädagogik<br />
an der Hochschule<br />
für Welthandel erlangte ich die Lehrbefähigung<br />
für die Wirtschaftsfächer an<br />
mittleren und höheren Lehranstalten.<br />
Ab dem Schuljahr 1957/58 war ich<br />
hauptberuflich an der Bundeshandelsakademie<br />
und Bundeshandelsschule<br />
Bregenz beschäftigt, ohne die Verbin-<br />
dung zu "meiner <strong>Handelsschule</strong> <strong>Lustenau</strong>"<br />
abzubrechen.<br />
Aufgabe der Schulleitung<br />
Im Jahr 1962 wurde mir die Aufgabe<br />
des Direktors der Bundeshandelsakademie<br />
und Bundeshandelsschule Bregenz<br />
übertragen. Neben der zielstrebigen<br />
Führung dieser stark wachsenden<br />
Anstalt hatte ich in der Folge auch die<br />
Aufgabe, an der Entstehung des neuen<br />
Schulgebäudes und dessen moderner<br />
Ausstattung mitzuwirken. Eine Möglichkeit,<br />
weitere Erfahrungen zu sammeln !<br />
Die Zeit einer gewaltigen Umgestaltung<br />
des österreichischen Schulwesens war<br />
angebrochen. Das neue Schulrecht,<br />
begleitet von zahlreichen Verordnungen,<br />
sorgte nun für die gesetzliche<br />
Regelung aller schulischen Bereiche,<br />
von der Schulorganisation über die<br />
Lehrplan- und Unterrichtsgestaltung<br />
bis hin zur Regelung der Schulgemeinschaft.<br />
Vielerorts entstanden weitere<br />
kaufmännische Lehranstalten, großteils<br />
verbunden mit Schulbauten.<br />
Organ der Schulaufsicht<br />
Als ich schließlich 1975 zum Landesschulinspektor<br />
für die mittleren und<br />
höheren kaufmännischen Lehranstalten<br />
der Bundesländer Tirol und Vorarlberg -<br />
mit dem Amtssitz beim Landesschulrat<br />
für Tirol in Innsbruck - bestellt wurde,<br />
durfte ich dem gewaltigen Aufgabenbereich<br />
mit Gelassenheit und Zuversicht<br />
entgegensehen. Hatte ich doch dieses<br />
kaufmännische Schulwesen in Theorie<br />
und Praxis von Grund auf kennen,<br />
schätzen und auch lieben gelernt. So<br />
war ich in der Lage, die 20 Lehranstalten<br />
(in der Regel Handelsakademie mit<br />
angeschlossener <strong>Handelsschule</strong> und<br />
eventuellen Sonderformen) mit rund<br />
800 Lehrpersonen in allen Belangen zu<br />
beraten, ihnen nach Kräften Hilfe zu<br />
leisten und sie zu überwachen.<br />
Der Kreis war geschlossen. Am Anfang<br />
aber stand das Lernen und später das<br />
Lehren an jener <strong>Handelsschule</strong>, deren<br />
<strong>100</strong>-Jahr-Jubiläum wir in diesen Tagen<br />
erleben. Ein Fest, das ich mit großer<br />
Freude und mit den allerbesten Wünschen<br />
für die Zukunft mitfeiern darf.<br />
58
<strong>Handelsschule</strong><br />
Franz Amort<br />
Die Ausbildung an der <strong>Handelsschule</strong> in<br />
<strong>Lustenau</strong> hatte schon damals einen<br />
hervorragenden Ruf, von dem wir als<br />
Absolventen sehr profitieren konnten.<br />
Viele meiner Mitschüler hatten zum<br />
Schulende bereits Angebote von Firmen<br />
in der Tasche. Mit den - im Vergleich<br />
zu heute - bescheidenen Mitteln,<br />
die uns zur Verfügung standen, haben<br />
wir eine praxisorientierte und sehr gute<br />
Ausbildung genossen.<br />
1968 Exportsachbearbeiter (Fakturierung,<br />
Zollpapiere etc.) Fulterer & Co. KG<br />
ab 1970 Buchhaltung und Lohnverrechnung<br />
Fulterer & Co.KG, <strong>Lustenau</strong><br />
Dr. Alfred Eberle<br />
Absolvent 1940<br />
1976 im neu gegründeten Unternehmen<br />
ALFIT in <strong>Lustenau</strong> verantwortlich<br />
für sämtliche Büroarbeiten<br />
Seit 1990 verantwortlich für Personal<br />
und Lohnverrechnung (2004 für 300<br />
Mitarbeiter) bei MEPLA-ALFIT, ALFIT<br />
AG, Götzis<br />
Franz Amort<br />
Personalleiter MEPLA-ALFIT<br />
Absolvent 1968<br />
59
Absolventen<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Franz Josef Köb<br />
Karriere mit <strong>Handelsschule</strong><br />
Der <strong>Handelsschule</strong> verdanke ich bis<br />
heute ungemein viel. Nicht der Schule<br />
an sich, sondern den herausragenden<br />
Lehrerpersönlichkeiten, die mich unterrichteten.<br />
So lernte ich bei Prof. Dr. Friedrich<br />
Kerer in klarer und systematischer Weise<br />
das Fundament und die Logik der<br />
Betriebskunde, der Buchhaltung und<br />
des kaufmännischen Rechnens. Alles,<br />
was ich später in der HAK und an der<br />
Wirtschaftsuniversität lernte, waren<br />
nur noch Verfeinerungen.<br />
Prof. Thomas Hämmerle machte aus<br />
mir einen staatlich geprüften Stenotypisten.<br />
Die perfekten Steno- und<br />
Maschinschreibfertigkeiten haben mir<br />
nicht nur während meines ganzen Studiums<br />
geholfen, ganze Vorlesungen<br />
mitzuschreiben und die Dissertation<br />
(auf einer elektrischen Schreibmaschine)<br />
selbst druckreif zu tippen, sondern<br />
auch heute kann ich bei Vorträgen noch<br />
sehr genau mitschreiben und lese,<br />
unter Zeitdruck, meine Moderationen<br />
vom Stenogramm.<br />
Als ich von der <strong>Handelsschule</strong> in die<br />
Handelsakademie wechselte, brachte<br />
mir Prof. Anton Aichinger in wenigen<br />
Monaten den ganzen Lernstoff von zwei<br />
<strong>Jahre</strong>n Französisch bei. Wenn ich heute<br />
meiner Tochter Französisch-Grammatik<br />
erkläre, so geht das immer noch auf<br />
das damals gelernte systematische<br />
Wissen zurück.<br />
Am meisten verdanke ich Prof. Franz<br />
Holleyn. Es war für mich ein Glücksfall,<br />
als er in meinem letzten Schuljahr<br />
1967/68 nach <strong>Lustenau</strong> kam. Ohne ihn<br />
wäre mein Leben ganz sicher ganz<br />
anders verlaufen. Denn er beschwor<br />
mich eindringlich: "Du musst weiter<br />
machen!" D. h., er erkannte, dass mehr<br />
in mir steckte, als ich bis dahin aus mir<br />
herausgelockt und zu Tage gebracht<br />
hatte. Dieser Vorschuss an Vertrauen<br />
und seine ganz konkrete Hilfe beim<br />
schwierigen Schulwechsel stellten die<br />
Weichen in Richtung Universität, was<br />
damals für ein Arbeiterkind alles andere<br />
als selbstverständlich war.<br />
Dr. Franz Josef Köb<br />
Wissenschaftsredakteur beim ORF<br />
Radio Vorarlberg,<br />
Absolvent 1968<br />
60
<strong>Handelsschule</strong><br />
Elmar Luger<br />
Lehrkörper 1984/85<br />
Als mich Dir. Hermann Begle anrief,<br />
dachte ich mir: "Ups, was könnte denn<br />
mein ‚alter' Deutschlehrer von mir wollen?"<br />
Gleichzeitig kamen in mir so<br />
einige Bilder meiner Zeit in der <strong>Handelsschule</strong><br />
hoch. Die vielen Freundschaften,<br />
die Wienreise, Erfolge und<br />
Misserfolge, Streit und Versöhung, Verständnis<br />
und ‚Kämpfe' mit den Professoren<br />
und Professorinnen, Aktivitäten,<br />
Schulschwänzen, interessante Diskussionen,<br />
Schwärmereien, enttäuschte<br />
Verliebtheiten, der leider viel zu früh<br />
verstorbenen Klassenvorstand Richard<br />
Reynolds, die Suche nach dem 1. Job<br />
und ... irgendwie auch interessant: Was<br />
man so alles gelernt hat. Ich könnte<br />
noch viele Dinge aufzeigen, doch das<br />
würde den Rahmen mit Sicherheit<br />
sprengen. Die Zeit in der <strong>Handelsschule</strong><br />
hat mich doch sehr geprägt, auch<br />
wenn mein Weg nicht in die Privatwirtschaft<br />
geführt hat. Im Gegenteil.<br />
Zuerst wertvolle <strong>Jahre</strong> bis zum Präsenzdienst<br />
in der Gebietskrankenkasse,<br />
dann ‚das neue Leben' als Jugendleiter<br />
in der Kath. Jugend und Jungschar Vorarlbergs<br />
und seit mehr als 11 <strong>Jahre</strong>n<br />
als Leiter der Jugendabteilung in der<br />
Stadt Dornbirn.<br />
61
Absolventen<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Eines ist mir in all den <strong>Jahre</strong>n geblieben:<br />
Mein wirtschaftlicher Hausverstand,<br />
der auch meine Arbeit sehr<br />
prägt. Längst geht es im Jugend- und<br />
Sozialbereich nicht nur darum, wie<br />
‚man' Jugendliche am besten betreut<br />
und welche inhaltlichen Entwicklungen<br />
angedacht und später umgesetzt werden<br />
sollen. Nein, es geht vielmehr auch<br />
darum, ein Mindestmaß an betriebswirtschaftlichen<br />
Grundkenntnissen einzubringen<br />
und diese auch in die Tat<br />
umzusetzen. Heute bin ich auch ein<br />
wenig stolz darauf, wenn die rasche<br />
und erfolgreiche Entwicklung in der<br />
Dornbirner Jugendarbeit neben den<br />
inhaltlichen Konzepten auch darauf<br />
zurückgeführt wird, dass die Finanzgebarung<br />
des mir überantworteten<br />
Bereiches vorbildhaft wirtschaftlich,<br />
sparsam, nachvollziehbar, transparent,<br />
sinnvoll und zweckmäßig ist.<br />
Leider erlebe ich derzeit als Verantwortlicher<br />
eines Jugendbeschäftigungsprojektes<br />
(Dornbirner Jugendwerkstätten)<br />
täglich mit, welch schwierige wirtschaftliche<br />
und arbeitsmarktpolitische<br />
Situation wir haben. Und dabei gilt<br />
immer noch, je geringer die Ausbildung,<br />
umso geringer die Chance auf<br />
einen Einstieg in den Arbeitsmarkt.<br />
Auch wenn heute die Ausbildung der<br />
<strong>Handelsschule</strong> im Gegensatz zu früheren<br />
<strong>Jahre</strong>n keinen Arbeitsplatz automatisch<br />
garantiert, ist sie doch eine große<br />
Chance und gegebenenfalls auch eine<br />
Voraussetzung, überhaupt einen zu<br />
bekommen. Denn was wir in Zukunft in<br />
unserer Gesellschaft benötigen, sind<br />
nicht nur hochausgebildete Menschen<br />
in technischen Berufen, sondern verstärkt<br />
junge Menschen, die durch<br />
Engagement, Lernwillen, Verantwortungsbewusstsein,<br />
kreatives Denken,<br />
kritisches Handeln und Zuverlässigkeit<br />
fähig sind, in der Arbeitswelt‚ im ganz<br />
normalen Bereich neue Impulse zu setzen.<br />
Ich gratuliere der BHAK/HAS <strong>Lustenau</strong><br />
von Herzen zum <strong>100</strong>-jährigen<br />
Jubiläum, möge sie mehr als <strong>100</strong> weitere<br />
<strong>Jahre</strong> bestehen und einen wichtigen<br />
Beitrag für unsere Gesellschaft<br />
leisten.<br />
Elmar Luger,<br />
Absolvent 1986<br />
62
<strong>Handelsschule</strong><br />
<strong>Handelsschule</strong> 1968 - 1970<br />
Die Ausbildung in der <strong>Handelsschule</strong><br />
stellte für mich eine erste wichtige<br />
Grundschulung im kaufmännischen<br />
Bereich dar, welche für die spätere<br />
Berufsausübung jedoch nicht ausreichen<br />
konnte und durch eine intensive<br />
nebenberufliche Weiterbildung ergänzt<br />
werden musste. Vorteilhaft war die<br />
damals für Handelsschulabsolventen<br />
sehr gute Situation am Arbeitsmarkt,<br />
nachteilig das Fehlen der Matura, da<br />
die spätere Möglichkeit eines Studiums<br />
leider fehlte.<br />
Der Rückblick auf den damaligen Lehrstoff<br />
löst heute Schmunzeln aus. Was<br />
hat man uns da alles angetan? So mussten<br />
wir uns beispielsweise wochenlang<br />
mit dem "Abgekürzten Dividieren" herumschlagen,<br />
eine Rechenmethode, die<br />
heute im Zeitalter der Taschenrechner<br />
und Computer wohl niemand mehr<br />
kennt, geschweige denn nützt. Auch<br />
wurde der Versuch unternommen, uns<br />
Stenographie für Englisch beizubringen,<br />
eine - im Nachhinein betrachtet -<br />
durchaus entbehrliche Übung, vermutlich<br />
eine Therapie, um unsere Begeisterung<br />
für die <strong>Handelsschule</strong> etwas in<br />
Schach zu halten.<br />
Persönlich habe ich die Handelsschuljahre<br />
als eine sehr erlebnisreiche und<br />
schöne Zeit in Erinnerung, habe ich<br />
doch drei <strong>Jahre</strong> lang den in der ersten<br />
Betriebskundestunde gelernten Grundsatz<br />
"Mit dem geringsten Aufwand den<br />
höchstmöglichen Ertrag zu erzielen" in<br />
die Tat umgesetzt und damit die wohl<br />
bequemsten <strong>Jahre</strong> meines Lebens in<br />
der <strong>Lustenau</strong>er <strong>Handelsschule</strong> erlebt.<br />
Sehr wichtig geblieben sind mir einige<br />
prägende Lehrerpersönlichkeiten, aber<br />
auch die tolle Klassengemeinschaft, mit<br />
der noch immer gute Kontakte bestehen.<br />
Alfons Mayer<br />
Absolventenjahrgang 1970<br />
berufl. Werdegang:<br />
1970 - 1972 Textilindustrie: Debitorenbuchhaltung/Sachbuchhaltung<br />
1972 - 1982 Kfz-Handel: Rechnungswesen<br />
seit Juli 1982 Stahlgroßhandel: Leiter Rechnungswesen und Verwaltung<br />
Leiter des Qualitätswesens<br />
Kurse: Buchhalterprüfung, Bilanzbuchhalterprüfung, Kostenrechnerprüfung<br />
zahlreiche Fach- und Management-Seminare<br />
63
Absolventen<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Eine Bankkarriere<br />
Mit dem Abschluss der BHAS <strong>Lustenau</strong><br />
vor 25 <strong>Jahre</strong>n habe ich einen der<br />
Grundsteine für meine berufliche Laufbahn<br />
gelegt.<br />
Zahlen waren schon immer meine Stärke<br />
und so habe ich mich mit dem<br />
Abschlusszeugnis in der Tasche und<br />
den in einem Jahr Parisaufenthalt<br />
erworbenen Französischkenntnissen an<br />
der Handelsakademie für Berufstätige<br />
in Bregenz eingeschrieben. Mit der<br />
Matura und einem weiteren Jahr Praxis<br />
habe ich den Schritt an die Universität<br />
gewagt.<br />
Nach dem Uni-Abschluss hat das Lernen<br />
erst richtig begonnen. Ich arbeite<br />
seit 1989 in der Raiffeisenlandesbank<br />
Vorarlberg. Im ersten Jahr lernte ich als<br />
Trainee alle Abteilungen der Bank kennen.<br />
Dann betreute ich eine mir zugeteilte<br />
Anzahl von Kommerzkunden in<br />
allen ihren Finanzierungswünschen.<br />
Nach meinem Karenzurlaub wurde mir<br />
die neu geschaffene Stelle "Kreditcontrolling"<br />
anvertraut. Seit 1999 leite ich<br />
diese Abteilung. Wir haben ein ganz<br />
tolles Team. Dank meinen Mitarbeitern<br />
und den sich laufend ändernden Herausforderungen<br />
macht es jeden Tag<br />
Spaß dort zu arbeiten.<br />
Mag. Christine Pregler-Hagen<br />
Absolventin 1979<br />
Handelschulabschluss 1996 - Mehr<br />
Vorteile als erwartet<br />
Für mich stand schon sehr früh in meinem<br />
Leben fest, was ich einmal werden<br />
wollte. Ich träumte davon Krankenschwester<br />
zu sein (so wie viele junge<br />
Mädchen) und bin es auch geworden,<br />
anfangs mit meinen Zielen eher<br />
belächelt, später dann doch ernst<br />
genommen. Nach der Hauptschule war<br />
es gar nicht so einfach sich zu entscheiden.<br />
Für die Krankenpflegeschule<br />
musste ich siebzehn <strong>Jahre</strong> alt sein, also<br />
noch drei <strong>Jahre</strong> auf diese Ausbildung<br />
warten und zehn Schulstufen absolviert<br />
haben. Und falls ich meine Pläne noch<br />
ändern würde, wäre eine abgeschlossene<br />
Ausbildung vielleicht doch von Vorteil.<br />
(Der Satz könnte von meinen<br />
Eltern stammen!?)<br />
Ohne große Erwartungen und weil die<br />
<strong>Handelsschule</strong> in <strong>Lustenau</strong> ist, bin ich<br />
in diese Schule gegangen. Die Schulzeit<br />
war für mich mit einem konkreten<br />
Berufsziel im Hintergrund leicht zu<br />
bewältigen. Besonders das Arbeiten am<br />
Computer hat mir gut gefallen. Das<br />
war, wie ich erst später gemerkt habe,<br />
sehr wichtig für mich. Heutzutage ist<br />
der Umgang mit dem PC auch in mei-<br />
64
<strong>Handelsschule</strong><br />
Claudia Windhager<br />
Absolventin 1996<br />
nem Beruf Voraussetzung, obwohl wir<br />
das weder in der Krankenpflegeschule<br />
noch später in Schulungen gelernt<br />
haben. Auch jetzt noch kann ich Stunden<br />
am PC verbringen und habe meinen<br />
Spaß dabei. In den letzten <strong>Jahre</strong>n<br />
sind im Krankenhaus viele "Zettel" verschwunden<br />
und durch PC's ersetzt worden<br />
- und es gibt immer mehr! Wenn<br />
wir unser neues Pflegeprogramm kriegen,<br />
wird das händische Schreiben<br />
weitgehend aufhören, dann möchte ich<br />
nicht zu denen gehören, die nicht<br />
Maschinschreiben gelernt haben.<br />
Vorteilhaft war unser Abschlussprojekt<br />
für mich: "Der Weg für einen jungen<br />
Menschen zur eigenen Wohnung".<br />
Besonders beim Hausbauen war ich<br />
froh viele Organisationsfakten zu kennen,<br />
die ich sonst hätte nachlesen müssen.<br />
Ich konnte einen großen Zusammenhang<br />
zwischen der Wissensvermittlung<br />
und dem realen Leben feststellen.<br />
Auch für ökonomische Vorgänge<br />
habe ich ein besseres Gefühl<br />
bekommen.<br />
Im Nachhinein hat mir die Handelschule<br />
mehr gebracht, als ich es mir vorgestellt<br />
habe. Sie erleichterte mir, meine<br />
Visionen umzusetzen und vermittelte<br />
mir mehr Verständnis für wirtschaftliche<br />
Abläufe. Auch für jemanden, der anschließend<br />
noch eine spezielle Ausbildung<br />
machen möchte, ist sie sehr zu empfehlen.<br />
Ich glaube, ich würde wieder<br />
diesen Weg wählen. Es ist gut zu wissen,<br />
dass ich nicht ausschließlich als<br />
Krankenschwester arbeiten muss, sondern<br />
dass ich für den Fall der Notwendigkeit<br />
noch etwas anderes kann.<br />
Schülerarbeit<br />
65
Aktuelles<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Lehrkörper des Schuljahres 2003/04<br />
1. Reihe von links nach rechts:<br />
Prof. Mag. Gudrun Diem, OStR Prof. Mag. Johann Muxel, Prof. Mag. Susanne Rüscher, Direktor Prof. Mag. Hermann Begle, FL<br />
Susanne Lecher, Prof. Mag. Barbara Simma-Hörfarter<br />
2. Reihe von links nach rechts:<br />
Mag. Beatrix Saiz-Mena, Ruth Grabher, Mag. Barbara Huber, Mag. Angelika Kühne, Mag. Dagmar Franceschini, Prof. Mag. Edith<br />
Carder, Prof. Mag. Doris Dobros, Dipl.-Päd. Monika Schedler, Mag. Maria Giselbrecht, Dr. Bruno Winkler, MMag. Günter Hämmerle,<br />
Prof. Mag. Günter Fenkart, Mag. Michael Bachmann, OStR Prof. Mag. Margit Feuerstein, OStR Prof. Dr. Werner Hämmerle<br />
3. Rei3e von links nach rechts:<br />
OStR Prof. Mag. Leonhard Schwaiger, Mag. Bernd Hoffer, Mag. Thomas Fink, Prof. Mag. Manfred Hagen, OSR Hubert Graier, Dr.<br />
MMag. Reinhard Hilbe, Prof. Mag. Günter Fitz, Prof. Mag. Horst Hartmann, Prof. Mag. Manfred Winkler, Prof. Mag. Arno Lecher, FL<br />
Gabriele Fitz, Mag. Franz-Paul Hammling, Mag. Peter Österle, Mag. Andreas Pavel, Mag. Daniela Filz, Prof. Mag. Johann Scheffknecht,<br />
Prof. Mag. Egon Fussenegger, Mag. Ursula Fleisch-Lorenc, OStR Prof. Mag. Ernst Gasser<br />
66
<strong>Handelsschule</strong><br />
Prof. Mag. Hermann Begle<br />
Direktor; D; LÜ<br />
Mag. Michael Bachmann<br />
Netzwerkbetr., BIO; CH; PH; WINF; TKIM<br />
FOL Elisabeth Begle<br />
TXV<br />
Prof. Mag. Edith Carder<br />
E; GG<br />
Prof. Mag. Gudrun Diem<br />
Wirtschaftliche Fächer<br />
Prof. Mag. Doris Dobros<br />
Kust. LÜ; G; PB; LÜ<br />
Prof. Mag. Günter Fenkart<br />
Netzwerkbetr.; M; WINF; LÜ<br />
OStR Prof. Mag. Margit Feuerstein<br />
F; GG<br />
Mag. Daniela Filz<br />
Wirtschaftliche Fächer<br />
FL Gabriele Fitz<br />
TXV<br />
Prof. Mag. Günter Fitz<br />
Bildungsberater; F; GG<br />
Mag. Thomas Fink<br />
D; GG<br />
Mag. Ursula Fleisch-Lorenc<br />
Wirtschaftliche Fächer<br />
Mag. Dagmar Franceschini<br />
D, F<br />
Prof. Mag. Egon Fussenegger<br />
RK, LÜ<br />
OStR Prof. Mag. Ernst Gasser<br />
E; Freif. Latein<br />
Mag. Maria Giselbrecht<br />
F; RKStR<br />
OSR Hubert Graier<br />
TXV<br />
Mag. Günter Hämmerle<br />
Wirtschaftliche Fächer<br />
OStR Prof. Dr. Werner Hämmerle<br />
Kust. GG; D; GG; BWPM<br />
Prof. Mag. Manfred Hagen<br />
Betreuung Bibliothek; E; G<br />
Mag. Franz-Paul Hammling<br />
D; G; Freif. Philosophie<br />
Prof. Mag. Horst Hartmann<br />
Kust. CH; BIO; CH; PH<br />
Dr. Reinhard Hilbe<br />
Wirtschaftliche Fächer<br />
Mag. Bernd Hoffer<br />
LÜ<br />
Mag. Barbara Huber<br />
E; F<br />
Mag. Gerhard Huber<br />
Wirtschaftliche Fächer<br />
Mag. Monika Kraus<br />
D; F<br />
Mag. Angelika Kühne<br />
Rechtslehre<br />
Prof. Mag. Arno Lecher<br />
Administrator; M; PH; WINF<br />
FL Susanne Lecher<br />
TXV<br />
FL Petra Lehner<br />
TXV; WINF<br />
Mag. Astrid Maier<br />
Betreuung Bibliothek; D; GG; PB<br />
OStR Prof. Mag. Johann Muxel<br />
Wirtschaftliche Fächer<br />
Mag. Gerda Nägele-Dalpra<br />
Karenz; E; G<br />
Mag. Peter Österle<br />
Wirtschaftliche Fächer<br />
67<br />
Mag. Andras Pavel<br />
RK<br />
Dr. Ulrike Ramnek-Ritter<br />
Karenz; D; G<br />
Mag. Andrea Roloff<br />
Karenz; Wirtschaftliche Fächer<br />
Mag. Eveline Rusch<br />
Karenz; Wirtschaftliche Fächer<br />
Prof. Mag. Susanne Rüscher<br />
Kust. BIO; BIO<br />
Mag. Beatrix Saiz-Mena<br />
D; Freif. Spanisch<br />
Dipl. Päd. Monika Schedler;<br />
Kust. Audiovisuelle LM; TXV; WINF<br />
Prof. Mag. Johann Scheffknecht<br />
Kust. BWL; Wirtschaftliche Fächer<br />
Mag. Martina Scheible<br />
LÜ<br />
Mag. Marisa Schifferer<br />
E; Freif. Italienisch<br />
OStR Prof. Mag. Leonhard Schwaiger<br />
Betreuung BWZ; Wirtschaftliche Fächer<br />
Prof. Mag. Barbara Simma-Hörfarter<br />
Wirtschaftliche Fächer<br />
Prof. Mag. Helene Stöckeler<br />
Karenz; E; RK<br />
Prof. Mag. Gudrun Türk<br />
E<br />
Dr. Bruno Winkler<br />
Netzwerkbetr.; Wirtschaftliche Fächer<br />
Prof. Mag. Manfred Winkler<br />
Wirtschaftliche Fächer
Aktuelles<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Univ. Prof. Dr. Josef Aff<br />
Bildungssysteme und Schultypen<br />
im Spannungsfeld zwischen Wettbewerb<br />
und Vernetzung<br />
Angesichts tiefgreifender ökonomisch -<br />
technologischer Umwälzungen stellt<br />
sich für berufsbildende Schulen wie<br />
z. B. <strong>Handelsschule</strong>n und -akademien<br />
besonders akzentuiert die Frage, wie<br />
man auf die vielfältigen Herausforderungen<br />
im bildungspolitischen Angebot<br />
angemessen reagieren kann. Durch die<br />
wachsende Schulautonomie sind mit<br />
dieser Fragestellung nicht nur zentrale<br />
Bildungseinrichtungen wie das Bildungsministerium<br />
konfrontiert, sondern<br />
ebenso die Schulen vor Ort im<br />
Rahmen ihres Freiraums zur Lehrplangestaltung.<br />
Durch den Integrationsprozess in Europa<br />
sowie den wachsenden globalen<br />
Wettbewerb stehen vermehrt Bildungssysteme<br />
und Schultypen auf dem Prüfstand<br />
internationaler Rating-Agenturen<br />
und diverser Leistungsvergleichsstudien<br />
(Stichwort: PISA). Die Forderungen<br />
nach Reformen im Bildungssystem<br />
werden als Folge des wachsenden<br />
Wettbewerbsdrucks immer kurzatmiger<br />
und unter dem Label der Internationalisierung<br />
- was meistens eine einseitige<br />
Orientierung an angelsächsischen Traditionen<br />
bedeutet - werden historisch<br />
gewachsene Bildungsarchitekturen und<br />
Abschlüsse zunehmend in Frage<br />
gestellt. Diese Entwicklung kann man<br />
derzeit im Universitätsbereich beobachten,<br />
wo mit der Einführung von<br />
Bachelor- und Masterabschlüssen<br />
renommierte Diplomstudienabschlüsse<br />
abgeschafft werden. Der Bachelorabschluss<br />
mag im angelsächsischen Bildungssystem,<br />
wo es keine berufsbildenden<br />
Sekundarschulen gibt, ein<br />
interessanter berufsqualifizierender<br />
Abschluss sein, in Österreich mit einer<br />
qualitativ hochwertigen beruflichen<br />
Sekundarausbildung ist jedoch die Notwendigkeit<br />
eines Bachelorabschlusses<br />
zweifelhaft.<br />
Wenngleich der Autor einer "Coca-Colasierung"<br />
der Bildung unter dem bildungs-politischen<br />
Zauberwort "Internationalisierung"<br />
kritisch gegenüber steht,<br />
befürwortet er ausdrücklich einen internationalen<br />
Dialog über notwendige bildungspolitische<br />
Reformmaßnahmen<br />
gemäß dem Leitspruch des großen Politikers<br />
und Industriellen Walter Rathenau:<br />
"Denken heißt Vergleichen".<br />
1. Bildungssysteme im Vergleich zwischen<br />
Wettbewerb und Kooperation<br />
Im internationalen Vergleich stehen drei<br />
Systeme beruflicher Erstausbildung im<br />
Wettbewerb, nämlich<br />
- die modulare primär außerschulische<br />
Ausbildungsphilosophie der angelsächsischen<br />
Länder,<br />
- das Konzept der beruflichen Vollzeitschulen,<br />
wie es in Italien und Frankreich<br />
und in vielen Reformstaaten realisiert<br />
ist<br />
- sowie die duale Ausbildung, die am<br />
umfassendsten in Deutschland und in<br />
der Schweiz verwirklicht wurde.<br />
Zwischen diesen drei zentralen beruflichen<br />
Ausbildungskonzepten gibt es eine<br />
Vielzahl von Mischformen, wie das<br />
österreichische System der beruflichen<br />
Bildung im Sekundarbereich, das am<br />
Schnittpunkt zwischen beruflichen Vollzeitschulen<br />
und dem dualen System<br />
positioniert ist.<br />
In der Lehrplanreform 1994 wurden<br />
durch die Unterscheidung der Stundentafel<br />
in einen Kern- und Erweiterungsbereich<br />
verstärkt Aspekte der modularen<br />
Ausbildungsphilosophie in die HAK-<br />
Lehrpläne integriert. Die Ausbildungs-<br />
68
<strong>Handelsschule</strong><br />
schwerpunkte sowie die diversen Fachrichtungen<br />
können durchaus als vertiefende<br />
Ausbildungsmodule interpretiert<br />
werden. So gesehen werden laufend<br />
Impulse anderer Bildungssysteme in die<br />
österreichische Bildungsarchitektur<br />
integriert.<br />
Auf Grund der PISA-Studie rückte in<br />
letzter Zeit Finnland in das Zentrum<br />
eines internationalen "Bildungstourismus",<br />
an dem sich Delegationen aus<br />
Deutschland besonders eifrig beteiligten.<br />
Aus österreichischer Sicht könnte<br />
man von Finnland vor allem in zwei<br />
Bereichen lernen. Einerseits ist die hohe<br />
Wertschätzung, die die finnische Gesellschaft<br />
dem Lehrberuf entgegenbringt,<br />
vorbildlich. Andererseits sorgt in Finnland<br />
ein dichtes Netz von Psychologen,<br />
Speziallehrern, Konfliktmanagern etc.<br />
dafür, dass die Lehrer von den wachsenden<br />
sozialpädagogischen Aufgaben<br />
entlastet werden und sich daher intensiver<br />
der eigentlichen Unterrichtsarbeit<br />
widmen können. Diese "sozialpädagogische<br />
Infrastruktur", die in Finnland<br />
flächendeckend ausgebaut ist, sollte<br />
vor allem auf österreichische Hauptschulen<br />
in sozialen Brennpunktgebieten<br />
übertragen werden. Ohne das hervorragende<br />
Abschneiden Finnlands im Rahmen<br />
der PISA-Studie in Frage stellen zu<br />
wollen, muss doch relativierend angemerkt<br />
werden, dass 40 Prozent aller finnischen<br />
Schulen weniger als 50 Schüler<br />
betreuen und die Ausländerquote in<br />
Finnland unter zwei Prozent liegt. Wenn<br />
man bedenkt, dass angesichts dieser<br />
für Vorarlberger Verhältnisse exzellenten<br />
Rahmendaten 16 bis 17 Prozent der<br />
finnischen Schüler eine spezielle Förderung<br />
erhalten, wird das gute Abschneiden<br />
Finnlands im Rahmen der PISA-<br />
Studie erklärbar.<br />
2. Anmerkungen zu Tendenzen und Reformbewegungen<br />
im österreichischen wirtschaftsberuflichen<br />
Schulwesen<br />
Im Rahmen dieses Aufsatzes ist es nicht<br />
möglich, auf die vielfältigen Reformansätze<br />
im Bereich der Handelsakademien<br />
und <strong>Handelsschule</strong>n einzugehen.<br />
Es wird daher nur auf den Reformimpuls<br />
"Schulautonomie" eingegangen, andere<br />
wichtige Reformmaßnahmen wie der<br />
verstärkte Einsatz der Neuen Medien im<br />
Unterricht (Stichwort: Laptop-Klassen)<br />
bzw. die Forderung nach mehr kooperativem<br />
offenem Lernen im Unterricht<br />
werden in diesem Beitrag nicht thematisiert.<br />
Studiert man die einschlägige<br />
Literatur, so wird Autonomie der Schulen<br />
fast ausschließlich positiv bewertet.<br />
Vor allem werden die guten Erfahrungen<br />
angeführt, die skandinavische Staaten<br />
oder Holland mit einer ausgeprägten<br />
Schulautonomie erzielen konnten.<br />
Trotzdem ist eine differenziertere<br />
Betrachtung wünschenswert, weil<br />
zumindest zwischen einer personellen,<br />
finanziellen und curricularen Autonomie<br />
unterschieden werden muss.<br />
Beispielsweise verfügen die Schulen in<br />
Schweden über eine weitgehende personelle<br />
Autonomie, indem u. a. Schulleiter<br />
Lohnvereinbarungen mit Lehrer/innen<br />
(innerhalb von Margen) aushandeln<br />
können. Eine Ausweitung der<br />
personellen und finanziellen Autonomie<br />
der Schulen wird vom Autor befürwortet,<br />
eine weitere Erhöhung der curricularen<br />
Autonomie jedoch kritisch beur-<br />
69
Aktuelles<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Vor diesem Hintergrund wird eine curriculare<br />
Strategie befürwortet, die die<br />
Kernkompetenzen der Handelsakademien<br />
betont. Demnach gilt es, neben einer<br />
Allgemeinbildung sowie einem fundierten<br />
ökonomischen Orientierungswissen,<br />
das um instrumentelles Basiswissen zu<br />
ergänzen ist (Wirtschaftsinformatik,<br />
Textverarbeitung etc.), Sekundartugenden<br />
einer sozialen Marktwirtschaft zu<br />
fördern, wie Eigenverantwortung, Leistungsorientierung<br />
und soziale Sensibiteilt.<br />
Je größer nämlich der Anteil der<br />
Lehrplangestaltung der einzelnen Handelsakademien<br />
ist, desto dringlicher<br />
stellt sich die Frage der Vergleichbarkeit<br />
der Abschlüsse. Jedenfalls ist zu beachten,<br />
dass in Staaten wie England und<br />
Finnland mit einem hohen Autonomieanteil<br />
bei der Lehrplangestaltung eine<br />
rigide Prüfungskultur die Folge ist.<br />
In Finnland zum Beispiel ist die Matura<br />
zentral geregelt, die Aufgaben werden<br />
zentral gestellt und korrigiert, demnach<br />
haben Lehrkräfte auf die Zensuren keinen<br />
Einfluss. Engagierte Vertreter eines<br />
weiteren Ausbaus der curricularen<br />
Autonomie sollten bedenken, dass dieser<br />
erhöhte schulische Freiraum der<br />
Forderung nach Einführung einer Zentralmatura<br />
bzw. strenger Aufnahmetests<br />
an Universitäten Auftrieb gibt. In<br />
einer Umfrage des Guardian vom<br />
07.01.2003 gaben ein Drittel der englischen<br />
Lehrer an, in den nächsten fünf<br />
<strong>Jahre</strong>n ihren Job zu wechseln. Zu den<br />
drei am meisten demotivierenden Faktoren<br />
zählte neben wachsenden Disziplinproblemen<br />
der Stress, verursacht<br />
durch die permanente Testkultur, die als<br />
Bevormundung der Unterrichtsarbeit<br />
wahrgenommen wird. Die österreichische<br />
Tradition, wonach Maturafragen<br />
von Schulen erarbeitet und von Landesschulbehörden<br />
begutachtet werden,<br />
eröffnet mehr pädagogischen Freiraum<br />
als ein hohes Maß an Autonomie, das<br />
durch rigide Tests, die zum heimlichen<br />
Curriculum mutieren, erkauft wird.<br />
Ohne Zweifel eröffnet die Autonomie<br />
den Schulen die Möglichkeit, Schulprofile<br />
zu entwickeln und damit Engagement,<br />
Kreativität und Wettbewerb vor<br />
Ort zu fördern. Diese positive Entwicklung<br />
beinhaltet jedoch ebenfalls Gefahren,<br />
beispielsweise jene, dass manche<br />
"Schul-Flyers", die in der Regel formal<br />
sehr professionell gestaltet sind, zu<br />
"Balzritualen" verkommen. Vielfach<br />
werden nämlich in diesen Prospekten<br />
Bildungsangebote versprochen, die<br />
nicht einmal eine Elite-Universität einzulösen<br />
vermag.<br />
Dazu kommt die Gefahr, dass Schulen<br />
im Rahmen der Teilautonomie Bildungsgänge<br />
konzipieren, die einem unreflektierten<br />
Surfen am vermeintlich arbeitsmarktrelevanten<br />
Zeitgeist entsprechen.<br />
Faktum ist, dass es äußerst schwierig<br />
ist, valide Befunde über arbeitsmarktrelevante<br />
Qualifikationen in fünf bis zehn<br />
<strong>Jahre</strong>n zu bekommen. Daher wird vor<br />
einer zu aktionistischen Schulprofilpolitik<br />
gewarnt, indem ohne ausreichende<br />
Reflexion kurzfristigen Arbeitsmarktwünschen<br />
durch neue Bildungsgänge<br />
entsprochen wird. Beispielsweise stellte<br />
Web-Design vor einigen <strong>Jahre</strong>n eine<br />
große arbeitsmarktpolitische Hoffnung<br />
dar, heute ist der Glanz verblasst.<br />
70
<strong>Handelsschule</strong><br />
lität, Neugierde usw. Aus der Sicht des<br />
Autors besteht bei einigen HAK-Lehrgängen<br />
mit primär instrumenteller Orientierung<br />
(z. B. Webdesign) im Rahmen<br />
der Schulautonomie die Gefahr, dass<br />
das Kernprofil mit dem Leitfach BWL zu<br />
kurz kommt.<br />
3. Vorwärts zur Zukunft zurück - durch<br />
eine verstärkte Betonung einer Entrepreneurship-Erziehung<br />
sowie der Wirtschaftsethik<br />
(Ökonomie der Nachhaltigkeit)<br />
Vorwärts zur Zukunft zurück bedeutet u.<br />
a. eine Rückbesinnung auf die Anfänge<br />
der Handelsakademien, wo der Aspekt<br />
der unternehmerischen Selbständigkeit<br />
eine zentrale didaktische Kategorie darstellte.<br />
Heute geht es primär darum,<br />
den "entrepreneurial spirit" auch für die<br />
große Gruppe der künftigen Arbeitnehmer<br />
als "Arbeitskraftunternehmer" zu<br />
fördern. Damit ist nicht eine ideologisch<br />
einseitige Ausbildung in Richtung einer<br />
Verherrlichung des Shareholder-Value-<br />
Ansatzes gemeint, sondern das bildungspolitische<br />
Ziel, Leistungsorientierung<br />
und soziale Sensibilität stärker als<br />
bisher zu verknüpfen. Ein solches didaktisches<br />
Konzept schließt eine gezielte<br />
Begabungsförderung an beiden Rändern<br />
des Spektrums ein, und zwar als eine<br />
Didaktik des Forderns und des Förderns.<br />
Diese didaktische Zielvorstellung basiert<br />
auf der Überzeugung, dass in einer<br />
sozialen Marktwirtschaft Haltungen wie<br />
Neugierde, Eigenverantwortung, Innovationsfreude,<br />
Leistungsorientierung<br />
und Solidarität etc. von zentraler<br />
Bedeutung sind. Diese bildungspolitische<br />
Orientierung ist gerade in Österreich<br />
wichtig, wo eine "Frühpensionistenmentalität"<br />
wie Metastasen in den<br />
Köpfen vieler Menschen verankert ist<br />
(beispielsweise hat Österreich eine der<br />
geringsten Erwerbsquoten in der Gruppe<br />
der 55 bis 60-jährigen innerhalb aller<br />
OECD - Staaten). Nach diesem Verständnis<br />
sollte Entrepreneurship-Education<br />
als Querschnittsqualifikation in<br />
allen Fächern implementiert werden.<br />
Demnach werden in den ökonomischen<br />
Fächern neben Haltungen instrumentelle<br />
Kompetenzen vermittelt (z. B. Business-Plan).<br />
Die Förderung einer "mentalen<br />
Software" wie Neugierde und Eigenständigkeit<br />
stellt jedoch eine Herausforderung<br />
für alle Fächer dar. So gesehen<br />
ist Entrepreneurship-Erziehung nicht<br />
nur an das Thema Existenzgründung zu<br />
binden, weil unternehmerisches Denken<br />
in allen Bereichen der Gesellschaft notwendig<br />
ist, in der Wirtschaft ebenso wie<br />
in der Wissenschaft, Politik und Erziehung.<br />
Bei aller Wertschätzung für die Notwendigkeit<br />
der Förderung instrumenteller<br />
Fertigkeiten (z. B. im Software-Bereich),<br />
um eine zeitgemäße berufliche Qualifizierung<br />
zu gewährleisten, sollte der<br />
pädagogische Stellenwert einer Erziehung<br />
zur Mündigkeit nicht vernachlässigt<br />
werden. Im Kontext einer Handelsakademie<br />
ist daher der Wirtschaftsethik<br />
ein angemessener Stellenwert zuzuordnen.<br />
Gerade das Lernfeld "Ökonomie"<br />
eignet sich hervorragend für vielfältige<br />
ethische Fragestellungen - der Bogen<br />
reicht von Unterrichtsthemen wie "Wertpapiere"<br />
über "Marketingstrategien" bis<br />
zu Fragen der "Rechnungslegung".<br />
Eine soziale Marktwirtschaft ist nicht nur<br />
ein ökonomisches Konstrukt, sondern<br />
ebenso ein kulturell-normatives. Daher<br />
benötigt eine erfolgreiche Marktwirtschaft<br />
Menschen, für die die Vertragsethik<br />
selbstverständlich ist und die das<br />
Prinzip des Eigennutzes nicht mit Gier<br />
verwechseln. Jedenfalls kann das Verhalten<br />
vieler Spitzenmanager großer<br />
Konzerne - denken wir nur an den EON-<br />
Skandal oder an Parmalat - nicht mit<br />
den Vorstellungen des Begründers unse-<br />
71
Aktuelles<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Angesichts dieser Daten ist es wenig<br />
verständlich, dass die Berufsgruppe der<br />
Lehrer bei weitem nicht jene öffentliche<br />
Anerkennung erhält, die sie sich mehrheitlich<br />
verdient. Es gehört zu den<br />
großen Paradoxien unserer Zeit, dass<br />
Medien und sonstige Multiplikatoren<br />
stets von der zentralen Bedeutung der<br />
Wissens- und Informationsgesellschaft<br />
reden, gleichzeitig jedoch die Hauptträrer<br />
Marktwirtschaft, Adam Smith,<br />
begründet werden. Auf Smith geht die<br />
These zurück, dass der Eigennutz die<br />
eigentliche Triebfeder unseres ökonomischen<br />
Handelns darstellt. Smith formuliert<br />
jedoch als Moralphilosoph ebenso<br />
die Grenzen des Eigennutzes. Diese sind<br />
für ihn dann gegeben, wenn Eigennutz<br />
zu Lasten anderer geht. Dieser ethische<br />
Aspekt wird jedoch in einer Ökonomie<br />
der Gier auf homöopathische Dosen<br />
reduziert, wenn man daran denkt, dass<br />
EON-Manager mit gefälschten Bilanzdaten<br />
nicht nur Aktionäre, sondern auch<br />
die eigenen Mitarbeiter in den Ruin<br />
getrieben haben - inklusive deren<br />
Alterssicherung.<br />
Als Pädagogen haben wir die Aufgabe,<br />
Inhalte zu unterrichten, die zukunftsrelevant<br />
sind. Ich bin überzeugt, dass in<br />
Zukunft die Verknüpfung von ökonomischen,<br />
ökologischen und sozialen<br />
Aspekten - Stichwort Nachhaltigkeit -<br />
enorm an Bedeutung gewinnt, weil nur<br />
so langfristig das Überleben der<br />
Menschheit gesichert werden kann. Vor<br />
diesem Hintergrund ist es notwendig, im<br />
Unterricht "best-practice-Beispiele" vorzustellen,<br />
also Unternehmen, die bereits<br />
heute freiwillig diesen Standards<br />
gerecht werden. Beispielsweise erhielt<br />
die Sportartikelfirma Puma AG im Jahr<br />
2002 den Wirtschaftsethik-Preis vom<br />
deutschen Netzwerk Wirtschaftsethik,<br />
weil sie in einem selbst auferlegten Verhaltenskodex<br />
(S.A.F.E. = Social Accountability<br />
& Fundamental Environmental<br />
Standards), der auch für Zulieferfirmen<br />
gilt, Fragen des Umweltschutzes, der<br />
Menschenrechte etc. vorbildlich berücksichtigt.<br />
Trotzdem schreibt dieses Unternehmen<br />
schwarze Zahlen und ist ökonomisch<br />
erfolgreich. Diese Verknüpfung<br />
von ökonomischer Rationalität und<br />
lebenspraktischer Vernunft stellt meiner<br />
Meinung nach eine zentrale Herausforderung<br />
für eine zukunftsorientierte ökonomische<br />
Bildung dar.<br />
Zusammenfassung:<br />
Die in Österreich zu Beginn der 70er<br />
<strong>Jahre</strong> in der beruflichen Erstausbildung<br />
gewählte Strategie, neben dem dualen<br />
System die berufsbildenden Vollzeitschulen<br />
flächendeckend auszubauen,<br />
also die berufliche Erstausbildung auf<br />
die beiden Säulen "Duales System" und<br />
"berufsbildende Vollzeitschulen" zu verteilen,<br />
hat sich zu einer Erfolgsstory<br />
entwickelt. Es ist Rothe zuzustimmen,<br />
wenn er feststellt: "Nach den heute in<br />
den Industriestaaten geforderten Standards<br />
erscheint es allerdings nicht mehr<br />
möglich, über das Modell der betrieblichen<br />
Lehre den Bedarf in voller Breite<br />
der Berufsfelder abzudecken".<br />
Bei aller Notwendigkeit einer Kritik an<br />
der österreichischen Bildungsarchitektur<br />
in Teilbereichen ist jedoch zusammenfassend<br />
festzustellen, dass in Summe<br />
die Lehrerinnen und Lehrer in Österreich<br />
auf ihr Bildungssystem und ihre Arbeit<br />
stolz sein können. Beispielsweise verfügt<br />
Österreich nach Einschätzung des<br />
Schweizer Weltwirtschaftsforums über<br />
die besten öffentlichen Schulen der<br />
Welt. Ebenso wird Österreich im Word<br />
Competitiveness Yearbook 2002 weltweit<br />
unter allen Industriestaaten auf<br />
Platz drei gereiht - in Bezug auf die<br />
Anforderung, dem Markt qualifizierte<br />
Arbeitskräfte und Techniker zur Verfügung<br />
zu stellen.<br />
72
<strong>Handelsschule</strong><br />
ger der Wissensgesellschaft, nämlich die<br />
Lehrer/innen systematisch im öffentlichen<br />
Diskurs diskreditieren. Während<br />
österreichische Massenmedien die Krise<br />
der Schule konstatieren, wird in der<br />
öffentlichen Schelte weitgehend ausgeklammert,<br />
dass fast alle unbewältigten<br />
Probleme der Gesellschaft auf die Schulen<br />
abgeladen werden, indem in zahlreichen,<br />
kaum mehr überschaubaren<br />
Erlässen die Lehrer/innen mit Reparaturaufgaben<br />
überfrachtet werden. Susanne<br />
Gaschke trifft in einem interessanten<br />
Artikel mit dem Titel "Tatort Schule" in<br />
der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit"<br />
u. a. eine Feststellung, die ich voll<br />
inhaltlich teile und an das Ende meines<br />
kurzen Beitrages stellen möchte. "In<br />
keinem anderen Beruf - nicht bei Ärzten,<br />
nicht bei Juristen, nicht bei Fluglotsen<br />
- versteigen sich Nichtpraktiker zu<br />
so viel Besserwisserei wie in der Schule.<br />
Die Aufgabe der Bildungspolitiker wäre<br />
es in dieser Situation allerdings, loyaler<br />
zu ihren Beschäftigten zu stehen - und<br />
die Schulen in ihrer Obhut besser gegen<br />
rasch wechselnde Reformmoden und die<br />
billigen Forderungen der Wirtschaftsverbände<br />
zu schützen".<br />
Ich wünsche der Bundeshandelsschule<br />
und Bundeshandelsakademie <strong>Lustenau</strong><br />
auch in den nächsten <strong>100</strong> <strong>Jahre</strong>n ein<br />
hohes Maß an Innovationsfreude und<br />
Kreativität im Unterricht, ohne dabei<br />
das Fundament bewährter Traditionen<br />
zu ignorieren - also die Sensibilität,<br />
Reformmoden von sinnvollen pädagogischen<br />
Neuerungen zu unterscheiden.<br />
Univ. Prof. Dr. Josef Aff<br />
Erlangen/Nürnberg<br />
Zur Person:<br />
Prof. Josef Aff hat die Studienrichtungen<br />
Betriebwirtschaftslehre und Wirtschaftspädagogik<br />
an der Wirtschaftsuniversität<br />
Wien absolviert und war<br />
vor seiner akademischen Laufbahn<br />
mehr als 13 <strong>Jahre</strong> Lehrer an der Handelsakademie/<strong>Handelsschule</strong><br />
Retz in<br />
Niederösterreich.<br />
Er ist zur Zeit Inhaber des Lehrstuhls<br />
für Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung<br />
an der Universität<br />
Erlangen-Nürnberg. Vorher war er<br />
rund 7 <strong>Jahre</strong> Professor für Wirtschaftsund<br />
Berufspädagogik an der Universität<br />
zu Köln. Seit vielen <strong>Jahre</strong>n ist er<br />
als Lehrbeauftragter bzw. als Gastprofessor<br />
an der Wirtschaftsuniversität<br />
Wien (Abt. für Wirtschaftspädagogik)<br />
tätig.<br />
Der vorliegende Beitrag stellt eine stark<br />
gekürzte Fassung eines einstündigen<br />
Vortrages dar, den der Autor am 4. April<br />
2003 auf Einladung von Herrn Dr.<br />
Fischer von der Vorarlberger Wirtschaftskammer<br />
und Herrn Dir. Begle an<br />
der BHAK <strong>Lustenau</strong> hielt.<br />
73
Aktuelles<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Bedeutung der Handelsakademien<br />
und <strong>Handelsschule</strong>n in Gegenwart<br />
und Zukunft<br />
An unseren kaufmännischen Schulen<br />
war die Schulentwicklung des zu Ende<br />
gehenden 20. Jahrhunderts dadurch<br />
gekennzeichnet, dass der einzelne Schulstandort<br />
- bedingt durch die beruflichen<br />
Erfordernisse der Region - bei Gestaltung<br />
seines Ausbildungsprogramms stärker<br />
auf Wünsche der zukünftigen Absolventinnen<br />
und Absolventen Rücksicht nehmen<br />
konnte, als dies davor möglich war.<br />
Ausbildungsschwerpunkte, Bandbreitenstundentafeln,<br />
die Etablierung der<br />
Übungsfirma, ein Heranführen der Auszubildenden<br />
an die Praxis sowie eine stärkere<br />
Berücksichtigung der Erlangung von<br />
Schlüsselqualifikationen waren die<br />
Hauptmaßnahmen, die gesetzt werden<br />
mussten, um Schülerinnen und Schülern<br />
eine pädagogische Situation zu bieten, in<br />
der sie die in der modernen Wirtschaft<br />
nachgefragten Kompetenzen auch erlernen<br />
können.<br />
In den letzten <strong>Jahre</strong>n hat sich jedoch<br />
das Anforderungsprofil für eine Absolventin<br />
bzw einen Absolventen einer kaufmännischen<br />
Schule stark verändert.<br />
Kaufmännische Kompetenzen ohne die in<br />
der Ausbildung gut abgesicherte Vermitt-<br />
lung von IT- und EDV-Kompetenzen,<br />
ohne Persönlichkeits- und soziale Kompetenzen<br />
sowie Handlungs- und Sprachkompetenzen<br />
sind singulär kaum mehr<br />
denkbar. Gerade die Koppelung und<br />
Interferenz verschiedener Kompetenzen<br />
im Rahmen der kaufmännischen Ausbildung<br />
garantieren dem Absolventen bzw<br />
der Absolventin einen sicheren und<br />
selbstbewussten Start in das berufliche<br />
Leben und eine gute Basis für die persönliche<br />
Lebensgestaltung.<br />
Aus diesem Grund wurden bereits<br />
2003 mit der Verordnung eines neuen<br />
Handelsschullehrplanes weitere Maßnahmen<br />
gesetzt, die eine Vermittlung von<br />
Persönlichkeitsbildung und sozialer Kompetenz<br />
vorsehen sowie Wahlmöglichkeiten<br />
im Sinne einer Erweiterung des Ausbildungsangebotes<br />
schaffen. Mit Salesmanagement,<br />
Officemanagement oder<br />
einem schulautonom geschaffenen Fachbereich<br />
(häufig Informationsmanagement<br />
und Informationstechnologie) werden<br />
Schwerpunkte ermöglicht, die neuen<br />
Anforderungsprofilen beruflicher Wirklichkeit<br />
in Wirtschaft und Verwaltung entsprechen.<br />
Durch den Einsatz moderner<br />
pädagogischer Methoden - verwiesen sei<br />
auf das Kooperative Offenen Lernen -<br />
sowie durch den Einsatz elektronischer<br />
Hilfsmittel wird der Zugang zu Wissen<br />
unterstützt, erleichtert und beschleunigt.<br />
Dadurch wurde gerade im Bereich des<br />
Unterrichts eine für kaufmännische Schulen<br />
neue pädagogische Dimension eröffnet.<br />
Schülerinnen und Schüler arbeiten eigenständig<br />
und selbstverantwortlich, werden<br />
befähigt, in Teams zu arbeiten und werden<br />
verstärkt von Lehrerinnen und Lehrern<br />
begleitet, um problemorientiert Fallstudien<br />
zu bearbeiten und kreative<br />
Lösungen zu entwickeln und gekonnt<br />
durch den Einsatz von Informations- und<br />
Kommunikationstechnologien Arbeitsabläufe<br />
neu und rationell zu gestalten.<br />
Im Bereich der Handelsakademien stehen<br />
Lehrplanadaptionen bevor, im Rahmen<br />
dieser die Spezialisierung in verschiedene<br />
Fachrichtungen und Schwerpunkte<br />
möglich ist. Auch hier ist mit einer<br />
Erweiterung der schulischen Autonomie,<br />
der Möglichkeit neuer Unterrichtsgegenstände,<br />
der Wahl mehrerer Sprachen und<br />
neuer Ausbildungsgänge eine Erneuerung<br />
eingeschlagen worden, die modernen<br />
Anforderungsprofilen in der Wirtschaft,<br />
insbesondere in Verwaltungs- und Managementtätigkeiten<br />
entspricht. Diese inhaltlichen<br />
Erneuerungen des Lehrplans<br />
werden sich in einer Veränderung der<br />
Reife- und Diplomprüfung widerspiegeln,<br />
um die genannten Zielsetzungen der<br />
74
<strong>Handelsschule</strong><br />
neuen Handelsakademie sichtbar zu<br />
machen. Diese abschließende Qualitätssicherung<br />
soll garantieren, dass Absolventinnen<br />
und Absolventen unserer Schulen<br />
bestmöglich auf die neuen Anforderungen<br />
in Wirtschaft und Gesellschaft vorbereitet<br />
sind und auf dem Arbeitsmarkt auch<br />
erfolgreich sein werden.<br />
Aus der Menge der Ideen und Vorschläge,<br />
wie sich die kaufmännischen Schulen in<br />
Zukunft entwickeln werden, seien hier<br />
einige, aufbauend auf einige Trend-Vorhersagen,<br />
erwähnt, wieweit diese jedoch<br />
berufliche Relevanz haben werden, kann<br />
mit Sicherheit jedoch niemand sagen.<br />
Wenn John Naisbitt, der in Wien lebende<br />
Trendforscher und ehemalige Berater von<br />
John F. Kennedy, unter 10 Thesen zur<br />
Vorhersage zukünftiger Entwicklungen<br />
die Beobachtung macht, dass "wir in<br />
Informationen ertrinken", aber "uns<br />
gleichzeitig nach Wissen dürstet", so ist<br />
dies indirekt auch eine Herausforderung<br />
für Schulen, nicht nur im operationalen<br />
Bereich Schülerinnen und Schüler zu<br />
befähigen, mit neuen Informations- und<br />
Telekommunikationssystemen professionell<br />
umgehen zu können, sondern auch<br />
inhaltlich im Sinne der Anforderungen der<br />
modernen Wissensgesellschaft zu wirken:<br />
zielorientiert Wissen auszuwählen<br />
und einzusetzen, Wissen zu interpretieren<br />
und im Sinne des lebensbegleitenden<br />
Lernens ständig zu erneuern.<br />
Die Handelsakademie der Zukunft wird<br />
weiterhin eine fundierte kaufmännische<br />
Ausbildung anbieten, übergreifende und<br />
in vielen Berufsfeldern von Wirtschaft,<br />
Verwaltung, Organisation und Management<br />
einsetzbare Qualifikationen ausbilden<br />
und eine nach Wahl des Schülers bzw<br />
der Schülerin moderate Spezialisierung<br />
beinhalten.<br />
Allgemeinbildung und Fremdsprachen<br />
werden verstärkt unter dem Aspekt des<br />
Kulturerwerbes unterrichtet, soziale und<br />
kulturelle Kompetenzen werden vor allem<br />
im Hinblick auf die europäische Integration<br />
Österreichs vermittelt. Eine kaufmännische<br />
Spezialisierung erfolgt in den<br />
Bereichen wirtschaftsberatender Berufe,<br />
wobei Controlling vermehrt als Steuerungs-<br />
und Führungsinstrument Einsatz<br />
findet. In den Berufsbereichen Banken,<br />
Kredit, Versicherung sowie in finanzberatenden<br />
Berufen ist ein professionelles<br />
Umgehen mit Einrichtungen der Informationstechnologie<br />
und mit Kommunikationsnetzen<br />
ebenso Voraussetzung für<br />
eine erfolgreiche Bewältigung beruflicher<br />
Anforderungen wie soziale Kompetenz<br />
und Kommunikationsfähigkeit. Dafür<br />
sowie für eine profunde fachliche Kompetenz<br />
wird eine Handelsakademie in<br />
Zukunft verstärkt ausbilden müssen. Das<br />
vermehrte Arbeiten in Projektstrukturen<br />
macht eine gute Basisschulung im Projektmanagement<br />
erforderlich, eine Intensivierung<br />
der Entrepreneurship-Education,<br />
in der neben Schlüsselqualifikationen<br />
vor allem unternehmerisches Denken und<br />
Handeln betont wird, ist Ausbildungsziel<br />
der kaufmännischen Schulen.<br />
Da sich in den nächsten zehn <strong>Jahre</strong>n<br />
neue Berufsfelder entwickeln werden,<br />
sind die Lehrpläne kaufmännischer Schulen<br />
auf alle Fälle so konzipiert, dass neuen<br />
Anforderungen an die Ausbildung<br />
durch ein regional bestimmtes Bildungsangebot<br />
begegnet werden kann, wobei<br />
die autonom angebotenen Inhalte vom<br />
Schulstandort stärker als bisher in einen<br />
Ausbildungsgang aufgenommen werden<br />
können. Die durchaus verschiedenen<br />
Ausbildungsgänge tragen aber das unverwechselbare<br />
Markenzeichen Handelsakademie<br />
oder <strong>Handelsschule</strong>, sodass eine<br />
verlässliche und im ganzen Bundesgebiet<br />
vergleichbare kaufmännische Ausbildung<br />
auch für zukünftig neue kaufmännische<br />
Berufsbereiche zur Verfügung steht.<br />
MR Mag. Fred Burda<br />
Abteilung für kaufmännische Schulen<br />
BMBWK<br />
75
Aktuelles<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Das Kuratorium als Bindeglied zur<br />
Wirtschaft<br />
Hinter der Gründung und Etablierung<br />
der Kommunal-Gewerbe- und <strong>Handelsschule</strong><br />
<strong>Lustenau</strong> stand schon vor<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong>n ein Kuratorium, das sich<br />
aus Gemeindevertretern und Wirtschaftstreibenden<br />
zusammen setzte<br />
und den Schulbetrieb unterstützen<br />
sollte. Diese Zusammenarbeit zwischen<br />
Schule und Wirtschaft war und<br />
ist für die HAK/HAS <strong>Lustenau</strong> auch<br />
heute von großer Bedeutung. So wurde<br />
vor zwei <strong>Jahre</strong>n dazu ein neuer Meilenstein<br />
gesetzt.<br />
Mit großem Engagement und breiter<br />
Beteiligung der Wirtschaftstreibenden<br />
aus der weiteren Umgebung der Schule<br />
wurde Mitte 2001 auf Initiative des<br />
LSR das Kuratorium der HAK/HAS<br />
<strong>Lustenau</strong> gegründet. Federführend bei<br />
dieser Initialzündung war die Wirtschaftskammer<br />
Vorarlberg, die nicht<br />
nur in <strong>Lustenau</strong>, sondern bei allen BHS<br />
in Vorarlberg diese sehr wertvollen<br />
Kuratorien erfolgreich gründen konnte.<br />
An der HAK/HAS <strong>Lustenau</strong> konnten<br />
namhafte Persönlichkeiten aus dem<br />
öffentlichen Leben für eine Mitarbeit im<br />
Kuratorium gewonnen werden.<br />
Die Kuratorien haben einen klaren Auftrag<br />
des Landesschulrates, nämlich die<br />
Verzahnung zwischen Lehre und Praxis<br />
so eng und effizient wie möglich zu<br />
gestalten. "Das Kuratorium kann entsprechende<br />
Vorschläge und Gutachten<br />
erstatten und hat die Ausbildung und<br />
Wohlfahrt der Schüler und Abgänger<br />
der Schule zu unterstützen und zu fördern",<br />
formuliert die entsprechende<br />
Satzung des Landes.<br />
Inzwischen sind zwei erfolgreiche Arbeitsjahre<br />
des Kuratoriums vergangen.<br />
Es konnten zahlreiche wertvolle Projekte<br />
positiv umgesetzt werden. So wurde<br />
in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer<br />
eine sehr inte-ressante<br />
und gut besuchte Veranstaltung zum<br />
Thema "Bildungswege im Sekundarbereich"<br />
organisiert und erfolgreich durchgeführt.<br />
Hier wurde zusammen mit<br />
anderen Bildungsinstitutionen breit auf<br />
die Attraktivität der Bildungslaufbahn<br />
"Hauptschule - HAK/HAS" aufmerksam<br />
gemacht. Im heurigen Jahr steht neben<br />
anderen Aktivitäten die Anschaffung<br />
neuer moderner Computerbildschirme<br />
für den IT-Bereich an. Auch wird das<br />
komplette CI der Schule - inzwischen<br />
ein wenig in die <strong>Jahre</strong> gekommen - in<br />
Form von Unterrichtsprojekten von<br />
Grund auf neu aufgearbeitet!<br />
Das Engagement und Interesse der<br />
Mitglieder des Kuratoriums freut mich.<br />
Die finanzielle Unterstützung der Wirtschaftskammer<br />
sowie des Landes Vorarlberg<br />
legt die Basis für diese erfolgreiche<br />
Arbeit. Allen, die dazu ihren Beitrag<br />
leisten, sei von Herzen gedankt!<br />
DI Dietmar Alge<br />
Präsident des Kuratoriums der<br />
BHAK/BHAS <strong>Lustenau</strong><br />
76
<strong>Handelsschule</strong><br />
Kooperatives Offenes Lernen<br />
in der <strong>Handelsschule</strong><br />
Die Zeiten ändern sich, die Schüler<br />
ändern sich - und die Lehrmethoden<br />
müssen sich dem anpassen. Um einer<br />
möglichen Frustration bei Lehrern und<br />
Schülern der <strong>Handelsschule</strong> entgegenzusteuern,<br />
hat sich ein Lehrerteam dazu<br />
entschlossen, in einer Handelsschulklasse<br />
mit dem Kooperativen Offenen Lernen<br />
zu beginnen.<br />
Die Basis dieses Unterrichtsmodells wurde<br />
in einem Akademielehrgang gelegt<br />
und lehnt sich stark an den Daltonplan<br />
Helen Parkhursts an.<br />
Helen Parkhurst war eine Reformpädagogin<br />
in Amerika, die Anfang des<br />
20. Jh. mit dem "Dalton Laboratory Plan"<br />
eigene Wege beschritt. Dieser ist dezidiert<br />
auf die gemeinsame Erziehung sehr<br />
heterogener Schüler ausgerichtet und<br />
schafft die Grundlage für individuelle<br />
Lernprozesse. Sein Ziel ist die erfolgreiche<br />
Lebensbewältigung in einer dynamischen<br />
Gesellschaft.<br />
Die wichtigsten Prinzipien der Daltonschule<br />
sind demzufolge Freiheit, Kooperation<br />
und Selbstständigkeit. Die Schüler<br />
arbeiten mit Arbeitsaufträgen (Assignments),<br />
in denen für einen vorher definierten<br />
Zeitraum die zu erledigenden<br />
Arbeiten festlegt sind. Dabei können sie<br />
frei wählen, in welcher Reihenfolge sie<br />
ihre Arbeiten erledigen, wann und wo sie<br />
arbeiten, welche Hilfsmittel sie verwenden,<br />
wie sie ihre Zeit einteilen. Mit der<br />
freien Entscheidung der Schüler für die<br />
Sozialform (Einzelarbeit, Partnerarbeit,<br />
Gruppenarbeit) werden die Grundlagen<br />
für spätere Teamarbeit und gemeinschaftliche<br />
Verantwortung gelegt. Und<br />
durch das Prinzip der Selbstständigkeit<br />
sollen die Schüler selbstverantwortliche<br />
Planung und Arbeitsorganisation lernen.<br />
Diese Prinzipien liegen auch dem Modell<br />
77
Aktuelles<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
des Kooperativen Offenen Lernens<br />
zugrunde, das in unserer Schule nun das<br />
zweite Jahr praktiziert wird: Die beteiligten<br />
(4-6) Klassenlehrer bereiten für ihre<br />
Schüler Arbeitsaufträge vor, die diese in<br />
den festgelegten Freiarbeitsstunden (pro<br />
beteiligtem Fach 1-2 Stunden) bearbeiten.<br />
Dabei haben sie die Wahl des<br />
Arbeitsortes, der Sozialform, der Aufgabenreihung.<br />
Die Arbeitsaufträge enthalten<br />
nicht nur genaue Angaben zum<br />
Abgabetermin, sondern auch zu den<br />
benötigten Hilfsmitteln und dem<br />
gewünschten Endprodukt (Text, Tabelle,<br />
strukturierte Darstellung, Präsentation<br />
etc.). Häufig müssen sich die Schüler<br />
selbstständig Informationen beschaffen,<br />
diese be- und verarbeiten. Dabei können<br />
sie neben ihren Schulbüchern auch die<br />
Schulbibliothek oder das Internet verwenden.<br />
Eigenständigkeit und Selbstverantwortung<br />
wird von den Schülern<br />
auch verlangt, wenn sie einen Teil der<br />
Aufgaben mittels Lösungsblätter selbst<br />
kontrollieren müssen.<br />
Bei dieser Art zu lernen wird der Lehrer<br />
zum Lernhelfer, zum Coach. Seine Aufgabe<br />
ist das Vorbereiten des Lernprozesses<br />
und das Beraten der Schüler sowie<br />
die Durchsicht und die Beurteilung der<br />
Arbeitsaufgaben.<br />
In unregelmäßigen Abständen finden in<br />
der KOL-Klasse Klassenratssitzungen<br />
statt. Dazu werden Probleme, Beschwerden,<br />
Anregungen gesammelt, die<br />
als Tagesordnungspunkte dienen. Der<br />
Klassenrat wird von einem Schüler geleitet,<br />
der vorher bestimmt wurde und der<br />
die Sitzung auch einberuft. Dabei trainieren<br />
die Jugendlichen Gesprächsregeln<br />
und Protokollführung und erlernen<br />
Moderationstechniken.<br />
Als Ergebnis dieser Art der Unterrichtsarbeit<br />
lässt sich festhalten, dass die<br />
Schüler zwar fachlich nicht besser sind<br />
als die Klassen ohne offenes Lernen,<br />
dass sie aber in Bezug auf Selbstständigkeit<br />
und soziale Kompetenzen spürbar<br />
gewonnen haben.<br />
Mag. Gudrun Diem<br />
Mag. Astrid Maier<br />
Dipl. Päd. Monika Schedler<br />
Arbeit von Mag. Monika Kraus<br />
78
<strong>Handelsschule</strong><br />
Neuer Schwerpunktgegenstand:<br />
Office-Management<br />
Im Schuljahr 2001/02 wurde der<br />
Schulversuch "<strong>Handelsschule</strong> für Informationstechnologie"<br />
mit dem Gegenstand<br />
Office-Management gestartet.<br />
Seit dem Herbst 2003 ist dieser Gegenstand<br />
als Schwerpunkt im Lehrplan<br />
verankert. Für das Unterrichtsfach stehen<br />
sowohl in der 2. als auch in der 3.<br />
Klasse jeweils drei Wochenstunden zur<br />
Verfügung.<br />
Das Ziel von Office-Management ist es,<br />
Basiswissen aus den Gegenständen<br />
"Informations- und Office-Management",<br />
"Wirtschaftsinformatik", "Betriebliche<br />
Kommunikation und Übungsfirma",<br />
"Rechnungswesen" sowie "Betriebswirtschaft<br />
einschließlich volkswirtschaftliche<br />
Grundlagen" in praktischen<br />
Fallbeispielen anwenden zu können.<br />
Im Detail sieht es so aus, dass folgende<br />
Anforderungen an die Schüler gestellt<br />
werden:<br />
anfallende Arbeiten unter Berück -<br />
sichtigung von ergonomischen<br />
Gesichtspunkten im Sekretariat<br />
planen, durchführen, kontrollieren<br />
Präsentationsunterlagen erstellen<br />
(PowerPoint)<br />
Corporate Design berücksichtigen<br />
Kommunikationsmittel nutzen<br />
o Telefon (Call Center)<br />
o Formular<br />
o Internet-Recherche<br />
o E-Mail<br />
o Korrespondenz (kreativ gestaltet)<br />
Organisationsaufgaben mit Checklisten<br />
lösen<br />
Planung und Organisation von Geschäftsreisen<br />
inkl. Reiseabrechnung<br />
durchführen<br />
Belege kontieren und strukturiert<br />
ablegen<br />
Kassa- und Wareneingangsbuch<br />
führen<br />
Für die Schulstunden bieten sich vielfältige<br />
Gestaltungsmöglichkeiten an.<br />
So macht es den Schülern Spaß und<br />
uns viel Freude, diesen Gegenstand zu<br />
unterrichten.<br />
FL Susanne Lecher<br />
Dipl. Päd. Monika Schedler<br />
79
Aktuelles<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Die HAS <strong>Lustenau</strong> und die University<br />
of Cambridge<br />
Die HAS <strong>Lustenau</strong> und die University of<br />
Cambridge in einem Atemzug zu<br />
erwähnen, mag ungewöhnlich erscheinen,<br />
aber möglich ist dies durch die<br />
erfolgreiche Ablegung der "Business<br />
English Certificate 1 - BEC"- geworden.<br />
Ca. 50 Absolventen der HAS <strong>Lustenau</strong><br />
sind stolze (und zudem die ersten)<br />
Besitzer eines Cambridge-Zertifikates<br />
in Vorarlberg.<br />
Die Cambridge-Prüfungskommission<br />
wurde 50 <strong>Jahre</strong> vor der Gründung<br />
unserer Schule als Abteilung der University<br />
of Cambridge geschaffen. Die<br />
weltweit bekannten und anerkannten<br />
Cambridge-Prüfungen gelten als Nachweis<br />
qualifizierter Sprachkenntnisse.<br />
Sie führen zu einem Zertifikat, das alle<br />
Sprachfertigkeiten (Lesen, Schreiben,<br />
Sprechen, Hören) testet. Die Korrektur<br />
und Bewertung findet in Cambridge<br />
statt.<br />
In Bewerbungsunterlagen ist ein Cambridge-Zertifikat<br />
sicher ein Pluspunkt,<br />
denn es attestiert einen hohen Standard<br />
der kommunikativen Fähigkeiten<br />
im Geschäftsleben anhand praxisbezo-<br />
gener Aufgaben aus dem Berufsalltag.<br />
Wer ein solches Zertifikat besitzt, hat in<br />
einer mehrstündigen Prüfung die Kommunikationsfähigkeit<br />
in berufsbezogenen<br />
Situationen unter Beweis gestellt.<br />
Was die Prüfung für Handelsschüler<br />
besondert wertvoll macht, ist die Orientierung<br />
an beruflichen Arbeits- und<br />
Lernprozessen. Das im regulären Unterricht<br />
erworbene Basiswissen wird in<br />
zwei zusätzlichen Wochenstunden erweitert<br />
und vertieft.<br />
In Zeiten schwacher Konjunktur kann<br />
möglicherweise eine Verbesserung des<br />
arbeitsmarktgerechten Qualifikationsprofils<br />
die Chancen für den Einstieg ins<br />
Berufsleben steigern.<br />
Mit dem Erwerb eines Zertifikats ist der<br />
erste Schritt zur Weiterbildung nämlich<br />
80<br />
bereits innerhalb der Erstausbildung<br />
erfolgt. Diese Zusatzqualifikation vermittelt<br />
dem HAS-Absolventen ein positives<br />
Verständnis von beruflicher Weiterbildung<br />
und lebensbegleitendem<br />
Lernen.<br />
Begriffe wie "lebenslanges Lernen" signalisieren,<br />
dass es heute nicht mehr<br />
genügt, sich mit dem in der Schule<br />
erworbenen Grundwissen für eine<br />
bestimmte Tätigkeit zu qualifizieren.<br />
Immer kürzer werdende Innovationszyklen<br />
verlangen nämlich nach Mitarbeitern,<br />
die sich auf diese Veränderungen<br />
einstellen können und sich entsprechend<br />
fortbilden.<br />
Schlüsselqualifikationen erhalten unter<br />
dem Aspekt der rasch obsolet werdenden<br />
Fachkenntnisse besondere Bedeutung.<br />
So stehen soziale Qualifikationen,<br />
wie Teamfähigkeit, Kooperations- und<br />
Kommunikationsfähigkeit, bei der an<br />
Arbeitsprozessen und am beruflichen<br />
Alltag orientierten Cambridge-Prüfung
<strong>Handelsschule</strong><br />
im Mittelpunkt. Deshalb ist auch die<br />
Vorbereitung auf die Prüfung handlungs-<br />
und teamorientiert.<br />
Der Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit<br />
in praxisbezogenen Arbeitssituationen,<br />
besonders in der "Übungsfirma"<br />
und in Textverarbeitung, ist überhaupt<br />
erst die Grundlage für das erfolgreiche<br />
Ablegen der Cambridge-Zertifikatsprüfung.<br />
Die Praxisorientierung (z.B. Ausbildungszweig<br />
IT) im Schulalltag der<br />
HAS befähigt die Kandidaten, komplexe<br />
Handlungssituationen aus der betrieblichen<br />
Alltagswelt auch in der Fremdsprache<br />
zu bewältigen.<br />
Das Selbstverständnis der Lehrenden<br />
an einer Schule mit beruflicher Ausbildung<br />
gründet sich auf folgende Überlegungen:<br />
Nur die ständige Aktualisierung der<br />
Berufsbildung mit zeit- und praxisnaher<br />
Ausrichtung auf wirtschaftlich-technische<br />
(e-commerce, online business)<br />
und soziale Einsatzbedingungen kann<br />
den Absolventen unserer Schule die<br />
Eintrittschancen ins Berufsleben erhöhen.<br />
Prof. Mag. Ernst Gasser<br />
Das Buch ist tot -<br />
es lebe die Bibliothek?<br />
Im Zeitalter der elektronischen Medien<br />
wurde das Buch schon oft totgesagt. Es<br />
sei veraltert, unattraktiv und unbeliebt<br />
und könne dem Konkurrenzdruck der<br />
anderen Medien kaum standhalten.<br />
Trotzdem steigt nicht nur die Produktion<br />
von Büchern ständig, sondern es<br />
werden immer mehr Bücher verkauft -<br />
und die Zahl der Besucher in großen<br />
Bibliotheken wächst.<br />
Das Buch ist tot? Nein! Aber es hat<br />
Konkurrenz bekommen. In punkto<br />
Unterhaltung stehen Kinos, Fernsehen,<br />
Videos und DVDs inzwischen auf der<br />
Beliebtheitsskala zwar ganz oben, aber<br />
unübertroffen ist das Buch immer noch,<br />
wenn man sich gemütlich und in Ruhe<br />
in ein Thema vertiefen möchte. Auch<br />
als Informationsträger haben Sachbücher<br />
noch immer ein gewichtiges<br />
Wörtchen mitzureden, wenngleich der<br />
PC und vor allem das Internet einen<br />
phänomenal schnellen, günstigen und<br />
vor allem weltweiten Zugang zu Informationen<br />
jeglicher Art ermöglichen.<br />
Dieser Situation muss eine Bibliothek<br />
Rechnung tragen: Es reicht nicht mehr,<br />
nur Bücher anzubieten; eine moderne<br />
Bibliothek muss der Vielzahl an Informationsträgern<br />
gerecht werden, sie<br />
mutiert zu einem multimedialen Informationszentrum.<br />
Ganz besonders gilt das für die Schulbibliothek.<br />
Sie sieht es natürlich weiterhin<br />
als eine vorrangige Aufgabe an, die jungen<br />
Leute zum Lesen zu "verführen", in<br />
ihnen die Freude am Lesen zu wecken.<br />
Aber es ist auch sehr wichtig, den<br />
Schülern Zugang zu einem vielfältigen<br />
Informationsangebot zu ermöglichen.<br />
Sie sollen befähigt werden, mit modernen<br />
Medien umzugehen, diese auch kritisch<br />
zu nutzen, sich selbstständig aktuelles<br />
Wissen anzueignen, zu verarbeiten.<br />
81
Aktuelles<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
So ist nicht nur der Einzug der Computer<br />
in die Bibliothek gerechtfertigt,<br />
auch CDs, CD-Roms, Videobänder und<br />
DVDs werden in den nächsten <strong>Jahre</strong>n<br />
die Medienvielfalt vergrößern. An der<br />
medialen Ausstattung der Schulbibliothek<br />
zeigt sich der Wandel der Zeit, und<br />
so wird aus der "Bibliothek" langsam<br />
eine "Mediathek".<br />
In diesem Sinne erfolgte vor zwei <strong>Jahre</strong>n<br />
der Umbau unserer alten Schulbücherei<br />
in eine moderne Schulbibliothek.<br />
Aus dem ungemütlichen, oft als<br />
Abstellkammer benutzten Zimmer ist<br />
im Laufe der vergangenen zwei Schuljahre<br />
ein moderner, attraktiver Raum<br />
geworden. Viele meinen, es sei der<br />
schönste im ganzen Schulgebäude. Mit<br />
der großen Fensterfront, den weißen<br />
Wänden, dem Buchenparkett, leichten,<br />
zweckmäßigen Regalen und einer modernen<br />
Verbuchungstheke strahlt er<br />
moderne Großzügigkeit und Wärme<br />
aus.<br />
Erfreulicherweise wurden im Zuge der<br />
Reorganisation der Schulbibliothek<br />
nicht nur finanzielle Mittel für die räumliche<br />
Ausstattung zur Verfügung gestellt,<br />
sondern auch eine beträchtliche<br />
Summe für die Aktualisierung des<br />
Medienangebots.<br />
Dass die Anziehungskraft der vier Computer<br />
auf die Schüler groß sein würde,<br />
war vorauszusehen. Tatsächlich wird<br />
hier fleißig gearbeitet und der Internetanschluss<br />
auch gerne für außerschulische<br />
Zwecke genutzt. Zwölf Sitzplätze<br />
an drei Tischen laden zum Lesen und<br />
Schmökern ein, auch hier besteht die<br />
Möglichkeit, per mitgebrachtem Laptop<br />
im Internet zu surfen.<br />
Dieses Angebot wird von Schülern und<br />
Lehrern gut angenommen: Die Zahl der<br />
Bibliotheksbenutzer hat sich gegenüber<br />
früher vervielfacht, die Ausleihzahlen<br />
sind erfreulicherweise enorm gestiegen.<br />
Viele Lehrer nutzen die Bibliothek<br />
gelegentlich auch als Sonderunterrichtsraum<br />
für kleinere Schülergruppen,<br />
schicken Schüler zu Internetrecherchen,<br />
zur Suche nach Informationen<br />
in Sachbüchern oder auch einfach<br />
nur zum Schmökern. Daneben stellt<br />
eine ständig wachsende Auswahl an<br />
aktuellen Sachbüchern Basiswissen<br />
und weitergehende Informationen zu<br />
allen Schulfächern zur Verfügung. Lexika<br />
und allgemeine Nachschlagewerke<br />
runden das Angebot ab.<br />
Im Schulalltag zeigt sich immer wieder:<br />
Das Buch ist "in" - es lebe die Mediathek!<br />
Mag. Astrid Maier<br />
Bibliotheksleiterin<br />
82
<strong>Handelsschule</strong><br />
Wie sehr ich die Schule hasste<br />
von Jürgen-Thomas Ernst<br />
Wenn an einem Schultag pünktlich<br />
genau um sieben Uhr fünfundvierzig<br />
die Glocke läutete, so schrill, dass es in<br />
meinen Ohren schmerzte, wünschte ich<br />
mir immer, dass es bereits halbeins<br />
wäre oder halbfünf.<br />
Und wenn ich dann in der zweiten Reihe<br />
auf meinem Platz saß, wo ich aber<br />
nicht aus Interesse am Unterricht saß,<br />
sondern wegen meiner Kurzsichtigkeit,<br />
wenn ich also in der zweiten Reihe saß,<br />
versteckte ich mich hinter einem Heft<br />
oder Buch immer hinter der Unterrichtsstunde<br />
vor den peinlichen Befragungen<br />
des Professors, vor der beschämenden<br />
Behelligung meines Unwissens.<br />
Und immer notierte ich die ausständigen<br />
Minuten der Stunde mit einem<br />
Bleistift auf der weißgraumarmorierten,<br />
kunststofffurnierten Tischfläche der<br />
Schulbank und strich die hingesudelte<br />
Zahl durch, wenn ich nach einer Weile<br />
wieder auf die Uhr blickte, und kritzelte<br />
die ausständige Restzeit mit schwerdrückender<br />
Bleistiftmine darunter. Und<br />
je langweiliger die Stunden waren, je<br />
mathematischer, physikalischer und<br />
chemischer, desto länger wurden die<br />
Säulen der aufgeschriebenen und<br />
durchgestrichenen Zahlen. Und nicht<br />
selten kam es während dieser endlos<br />
scheinenden Stunden vor, dass ich alle<br />
zwei, drei Minuten auf die Uhr schielte<br />
und Ziffern durchstrich und durch neue<br />
ersetzte und sie immer wieder aufs<br />
neue durchstrich und ersetzte.<br />
Und wenn ich wieder einmal unruhig<br />
auf dem Stuhl hin- und herwetzte, kritzelte<br />
ich mit meinem Zirkel "I love Birgit"<br />
in die bereits von unzähligen Leidenden<br />
bearbeitete Stirnfläche der<br />
Schulbank oder kratzte und schabte<br />
mit dem flachen Winkel des Geodreiecks<br />
in vorgebohrten, kegelförmigen<br />
Löchern, in die man die Kuppe des kleinen<br />
Fingers stecken konnte, oder ich<br />
malte mit einem Kugelschreiber dicke<br />
Blumen und abstrakte Muster in Hefte,<br />
Mappen und Bücher, oder ich fuhr mit<br />
einem weichen Bleistift Slalom durch<br />
einzelne Buchseiten, vorbei an Zahlenkolonnen<br />
und Aufgabenstellungen, passierte<br />
mit ruhiger Bleistiftführung lange<br />
Zeichnungen und Symbole und zog hinunter<br />
zum Ziel, zur Seitennummerierung<br />
am Fußende des Buches. In<br />
Augenblicken tiefster Langeweile fehlte<br />
es mir aber auch nicht an der Vermessenheit<br />
mit Hilfe von Mulden und<br />
Masern, Furchen und Malen, die sich<br />
auf der weißgraumarmorierten, kunststofffurnierten<br />
Tischplatte der Schulbank<br />
befanden, den einen oder anderen<br />
Slalomkurs auszustecken und vom<br />
oberen Tischrand beginnend, in einer<br />
engen und sauberen Linie an den Toren<br />
vorbeizustreichen, um so schnell wie<br />
möglich das untere Tischende und<br />
somit das Ziel zu erreichen. Manchmal<br />
beobachtete ich auch interessiert die<br />
Mundbewegungen eines Professors,<br />
das ständige Entfernen und Näherkommen<br />
seiner Lippen und die feinen Speicheltröpfchen,<br />
die aus seinem Mund<br />
stoben, wenn seine Sätze an Wörter<br />
mit "s", "sch" oder "sp" stießen. (In den<br />
frühen Morgenstunden, wenn die Sonne<br />
seitlich gegen den Professor einfiel<br />
83
Aktuelles<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><br />
und ich an meinem schattigen Platz in<br />
der zweiten Reihe saß, waren diesbezügliche<br />
speichelballistische Erscheinungen<br />
übrigens von erfreulicher Klarheit<br />
und Schärfe begleitet.)<br />
Hin und wieder saß ich auch einfach da<br />
und saß einfach da und blickte ins Leere<br />
und dachte an die Erlösung der<br />
Stunde durch das Läuten der Glocke,<br />
an das Mittagessen, an den erholenden<br />
Mittagsschlaf danach, an die grenzenlose<br />
Freiheit.<br />
Und dann, an einem heißen Tag im Juli<br />
1995, der Nachrichtensprecher im<br />
Radio kündigte bereits am frühen Morgen<br />
Höchsttemperaturen von einunddreißig<br />
Grad Celsius im Schatten an,<br />
saß ich auf meinem harten Stuhl in der<br />
zweiten Reihe, war festlich gekleidet,<br />
als ich mir keine Angaben über verbleibende<br />
und auszuharrende Minuten<br />
mehr machte. Ich blickte höchstens ab<br />
und zu verlegen auf die Uhr und ärgerte<br />
mich über den fließenden Sekundenzeiger,<br />
über sein rastloses Ziehen im<br />
Kreis und das langsame Nachziehen<br />
der Minuten- und Stundennadel. Und<br />
als es zum letzten Mal klingelte,<br />
schmerzte es in meinen Ohren.<br />
Am folgenden Montag begann ich in<br />
einer Textilfabrik als Fakturist zu arbeiten,<br />
als Rechnungsschreiber und Rech-<br />
nungsableger, als Zahlungserinnerer<br />
und Mahnungsschreiber. Und ich frage<br />
mich seither immer wieder, wie sehr ich<br />
die Schule eigentlich wirklich hasste.<br />
Ich glaube gar nicht.<br />
Jürgen-Thomas Ernst<br />
Absolvent 1984<br />
Geboren 1966 in <strong>Lustenau</strong><br />
<strong>Handelsschule</strong> in <strong>Lustenau</strong>,<br />
Höhere Lehranstalt für Forstwirtschaft,<br />
Fakturist in einer Viskosefabrik,<br />
Forstadjunkt,<br />
derzeit Schriftsteller und Förster<br />
1994 Dramatikerstipendium<br />
Zuerkennung mehrerer Förderungspreise<br />
und Stipendien<br />
2001 Theodor Körner Preis für das<br />
Theaterstück "Karoline Redler"<br />
2004 Uraufführung des Theaterstücks<br />
"Karoline Redler"<br />
Publikationen:<br />
1997 Monolog "Nachtschicht"<br />
1999 Drama "Der Wortmörder", Zeitschrift<br />
"Kultur"<br />
2004 Dramen "Karoline Redler", "Die<br />
Enge", Geest-Verlag<br />
Roman "Reisingers Rache", Deuticke-<br />
Verlag in Planung<br />
<strong>Handelsschule</strong> im Wandel<br />
<strong>Handelsschule</strong><br />
Hundelsschale<br />
Huelsenschadl<br />
Huelselschadn<br />
Haelselschudn<br />
Haenselschudl<br />
Haeuselschndl<br />
Hundelschlase<br />
Hundelelschas<br />
Schundelelhas<br />
Schandelhusel<br />
Schnaselhudel<br />
Schendelhausl<br />
Schadenshuell<br />
Schesahuendll<br />
Schleusenhald<br />
Schandelshule<br />
Leuhslschande<br />
Schaleshundel<br />
Landesschuhle<br />
Saehlleschnud<br />
Laehlesschund<br />
Hallasschnude<br />
Schleusehandl<br />
Schuldensahle<br />
Schuldaslehen<br />
Mag. F.-P. Hammling<br />
Lehnasschulde<br />
Lehasschnudel<br />
Duschenshalle<br />
Suehdenschall<br />
Suehdschnalle<br />
Schalenduhsel<br />
Schuldenelsah<br />
Lachendshuesl<br />
Heldnscheusal<br />
Huldesschalen<br />
Hadesluchseln<br />
Huldeslaschen<br />
Lachenshulde<br />
Schlundesahle<br />
Achsellshunde<br />
Nuhdelssaechl<br />
Dasleuhslchen<br />
Suhdelschnale<br />
Schlaushendle<br />
Nuscheldaehsl<br />
Nahdelschuesl<br />
Adeheslschlund<br />
Luhlensdachse<br />
Huelsensdachl<br />
Heullsachends<br />
84
<strong>Handelsschule</strong><br />
Kunst in der Aula<br />
Seit dem Sommer 2003 hängen in der<br />
Aula der Schule Kohleakte, die von<br />
Schülern im Rahmen des Projektunterrichtes<br />
am Schuljahresende gezeichnet<br />
wurden. Nun schon seit drei <strong>Jahre</strong>n<br />
machen Schüler unserer Schule die<br />
ersten Gehversuche im Kohle- bzw.<br />
Aktzeichnen. Aber nicht nur Schüler<br />
unserer Schule, sondern auch anderer<br />
Schulen sind in naher Zukunft eingeladen,<br />
ihre Kunstwerke auszustellen.<br />
Gegenseitig sollen sie sich motivieren,<br />
auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen.<br />
Die interschulische Kommunikation<br />
wird dadurch gefördert. Optisch<br />
ästhetisches Empfinden bzw. Lust an<br />
der Kreativität als wesentliche Faktoren<br />
der Persönlichkeitsentwicklung und als<br />
Grundstein für ein später harmonisches<br />
Leben werden dadurch vermittelt. Mut<br />
zur Muße bzw. Muse, innezuhalten in<br />
unserer hektischen, von modernen<br />
Medien geprägten Welt, sollen mit traditionellen<br />
(antiquierten?) Medien<br />
gefördert werden. U.a. wären im Rahmen<br />
der Freifächer Kunstgeschichte<br />
bzw. Ölmalen anzubieten. Auch die<br />
Wirtschaft verlangt von uns immer<br />
mehr keine Spezialisten, sondern<br />
Generalisten heranzubilden. Dazu kann<br />
die Beschäftigung mit bildender Kunst<br />
im Rahmen des Projekt- bzw. Freifachunterrichtes<br />
einen Beitrag leisten. In<br />
erster Linie sind Wechselausstellungen<br />
geplant. Auf dem Weg Richtung Konferenzzimmer<br />
wird das Ganze umrahmt<br />
mit Kohleakten bzw. von Drucken<br />
"Alter Meister". Denn der Alltag der<br />
Schüler soll durch Kunst geprägt bzw.<br />
verschönert werden.<br />
Mag. Monika Kraus<br />
Schülerarbeit<br />
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