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Marcus Tulius Franco Morais O FASCÍNIO DA FILICIDA - PGET ...

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sahn meine Augen nicht. Der Vater<br />

erntete das Glück, das ich mir einst<br />

erhoffte – und Zuflucht meiner heissen Wünsche<br />

blieb die eine Nacht, in der ich,<br />

dem Gesetz gehorchend, dir<br />

und deiner Braut die Kerzen halte.<br />

Dann wird mein Auge sehn, was einst<br />

mein dunkler Schoss gebildet hat,<br />

mein wildes Herz erfahren endlich,<br />

weshalb mein Leib alt und gebrechlich,<br />

fett und entstaltet, der einst schön.<br />

So wird in ihrem Alter klug<br />

Medea werden, nicht länger löcken<br />

gegen ihres Joches Dorn.<br />

Mein Segen soll dir Frieden geben<br />

und Kraft zu zeugen, bis dein Grab sich öffnet.<br />

Nur eines zeig mir an, dass meiner Augen<br />

Sehnsucht dir nicht lästig sei.<br />

DER ÄLTERE KNABE.<br />

Du hast auf meine Bitte mir<br />

nicht wortkarg Segen oder Fluch gesprochen.<br />

Dass du mich segnen willst, versteh ich ganz<br />

und danke dir. – Doch deine Rede sagt,<br />

dass ich dir weh getan mit meinem Leben.<br />

Und dass dein Schmerz nicht Hass in dir erweckt,<br />

der mich verkümmern müsst, erfahr ich,<br />

denn ich prang mit tausend Flammen.<br />

Ich war nicht klug, mein Herz ging falsch,<br />

denn es begriff wortlosen Sinn nicht.<br />

Vernunft indessen spaltet Schuld<br />

halb von mir ab, weil ich nicht Meister<br />

in dem jungen Leib, der mein ist.<br />

Zwar bin ich treulos, doppelt, dreifach,<br />

getrieben bin ich, ungeständig,<br />

doch keuch ich unter meines Blutes<br />

vertausendfachter Bilderwelt.<br />

Ach, was an schönen Steinen in mir,<br />

an Ringen, Perlen und Demanten,<br />

an Burgen Schwarz und grün mit Hallen<br />

voll violettem Licht und gelbem<br />

abendlichen Dämmern, der Boden weiss,<br />

und schöneFrauen gehn einher;<br />

aus ihren Brüsten trink ich Wein.<br />

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