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Abschnitt<br />
Aus Geschichte und Gegenwart<br />
Erinnerungen an die Jugendzeit in den 60er Jahren<br />
Die Gaststätte „Zum Stadtbad“ als Lebensmittelpunkt<br />
Meinen viel zu früh verstorbenen Freunden Hilmar Rheydt, Herbert Plath<br />
und Hans Dieter Zywicki gewidmet<br />
In den 1960er Jahre standen Berthold und Emmy Jankowski als Wirtepaar hinter der Theke<br />
der Gaststätte „Zum Stadtbad“ an der Gartenstraße Nummer 31. In dieser Gaststätte trafen<br />
sich „Alt und Jung“, unterschiedliche Generationen, die wunderbar miteinander harmonierten,<br />
weil jeder den anderen respektierte. Auch das sogenannte „Mittelalter“ war unter den<br />
Gästen reichlich vertreten.<br />
V.l.n.r.: Hans Büttgenbach, Volkwin<br />
Rheydt, Willy Bischof (kleiner Willy), Karl-<br />
Heinz Nischack, H. Dieter Zywicki , Günter<br />
Babel und der Kohlenhändler Broichhausen<br />
aus der Schulstraße<br />
dass wir an der Theke mit Händen in den<br />
Hosentaschen standen.<br />
Die Thekenmannschaft gewann<br />
zumindest an der Theke<br />
Hier war also, wie gesagt, auch die<br />
Heimat der Fußball- Thekenmannschaft<br />
des „FC Rhenania Stadtbad“ Neuss, die am<br />
1. März 1967 von den früheren „Straßenkickern“<br />
aus der Umgebung gegründet<br />
wurde.<br />
Es gab für uns nicht nur einen Fan-Klub,<br />
der die Mannschaft vom Spielfeldrand lautstark<br />
anfeuerte, nein, ob das Spiel verloren<br />
oder gewonnen wurde, der Wirt und/oder<br />
Das Haus Gartenstraße 31im Jahre 2022<br />
Geselligkeit in familiärer Umgebung<br />
Hier trafen sich auch die Originale aus<br />
„unserem Veedel“ Büttger- / Gartenstraße,<br />
z.B. „Blockse Naas“, „Tant Sofie“ mit ihrem<br />
Willi, „d`r Bommel“, der immer erst im<br />
dritten Taxi nach Hause fuhr und die ersten<br />
beiden wieder wegschickte, der kleine<br />
Willy, der alte Fritz, der immer singend<br />
durch das Lokal ging mit dem Lied von<br />
Siw Malmkvist „Liebeskummer lohnt sich<br />
nicht me Doholing“, „dä Kohlebritzer“, der<br />
am Sonntag mit seinem Mercedes 190 SL<br />
durch Neuss fuhr. Er hatte seine Kohlenhandlung<br />
auf der Hesemannstraße gegenüber<br />
dem Marianum. Der „Funkturm“, er<br />
war der längste Schütze im Neusser Jägerkorps<br />
und ging am Schützenfest-Dienstag<br />
beim Abendumzug mit dem kleinsten immer<br />
vor seinem Zug. Nicht zu vergessen<br />
„dä dicke Hauser“, um hier nur einige der<br />
originellen Stammgäste zu nennen.<br />
Die schönste Anekdote, die wir Jungen<br />
erleben durften, war wohl die mit<br />
Blockse Hubbät, die Naas. Er hatte immer<br />
die dumme Angewohnheit, wenn er in<br />
die Gaststätte eintrat und einen von uns<br />
Jungen mit den Händen in der Tasche zu<br />
erwischen, diesen mit einem Samtkragen<br />
für sich persönlich zu bestrafen. Eines<br />
54<br />
Sonntags, wir Jungen kamen gerade vom<br />
VfR-Spiel zurück und die gesamte Thekenmannschaft<br />
stand an der Theke - es<br />
mögen so 14 bis 15 Mann gewesen sein<br />
- meinte einer: „Do kütt die Naas“, worauf<br />
wir alle, wie auf Befehl, beide Hände in die<br />
Taschen steckten. Hubbät macht die Türe<br />
zur Gaststätte auf und grinste, „Häng in<br />
de Täsch, Samtkrare, Samtkrare, Samtkrare“,<br />
sagte er nur. Wir Jungen, schon damals<br />
mit allen Wassern gewaschen, bestellten<br />
also 15 Samtkragen auf einmal beim Wirt<br />
und übergaben das Tablett an Hubbät. Der<br />
wollte die Samtkragen unter den anwesenden<br />
Gästen verteilen, dass machten wir<br />
Jungen aber nicht mit, und so musste „die<br />
Naas“ alle 15 Samtkragen selbst trinken.<br />
Ich kann hier feststellen: Er sah anschließend<br />
ziemlich geschafft aus. Für uns Jungen<br />
war das allerdings das letzte Mal, dass<br />
„Hübbät“ uns darauf aufmerksam machte,<br />
Der Wirt Berthold Jankowski, Volkwin<br />
Rheydt, H .Dieter Zywicki, Herbert Plath<br />
und „die Naas“ Hubert Block.<br />
Betreuer Willy Bischof, Arnold Naumann,<br />
Herbert Plath, H. Dieter Zywicki, Horst<br />
Kirschbaum, Karl-Heinz Nischack, Vokwin<br />
Rheydt, Hans Blömer. Unten: Herbert<br />
Mürkens, Hilmar Rheydt, Josef Naumann,<br />
Jürgen Harnisch. Liegend Norbert Spelthahn.<br />
die anderen Gäste haben immer zumindest<br />
ein Fass Bier gestiftet.<br />
Hier wurde nicht nur über Fußball und<br />
Pferderennen gesprochen, sondern auch<br />
über Schnupfen und anderen Wehwehchen,<br />
kurz, man lebte hier fast wie in einer<br />
Familie.<br />
Attraktive lukullische<br />
Angebote<br />
Das Angebot der Speisenkarte war klein,<br />
aber die Preise für unseren Geldbeutel<br />
gerade richtig. Sie ging vom Käseschnittchen<br />
für 80 Pfg. über Russenei (1,80 DM),<br />
Bockwurst mit Kartoffelsalat für 1,20 DM<br />
bis zum Teuersten auf der Speisenkarte:<br />
Schnitzel mit Beilage für 3,50 DM. Eine<br />
Portion Muscheln kostete damals in den<br />
Monaten mit „R“ 1,50 DM. (Zum Ver-