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GiGa 32-finale Version

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Aus Abschnitt Geschichte und Gegenwart<br />

Mysteriöse Jahreszahlen über dem Eingang<br />

Das Restaurant „Rheingold“ hat eine bewegte Geschichte<br />

Das Haus an der „Violengasse“ musste nach 1834 abgetragen werden<br />

Wenn man sich mit der Geschichte des Hauses Neustraße 21 und der darin seit langen Jahren<br />

befindlichen Gaststätte beschäftigt, dann gerät man sehr schnell an zwei Jahreszahlen, die<br />

sich nach intensiver Recherche als nicht haltbar erweisen. Sowohl die Jahreszahl 1870 als<br />

auch 1989 können mit der Hausgeschichte nicht sinnvoll verknüpft werden. Auch das Jahr<br />

1797, als angeblich das erste Mal eine Gastwirtschaft an dieser Stelle betrieben wurde, lässt<br />

sich nicht als historisches Datum verifizieren.<br />

Über dem Eingang der heutigen Gaststätte<br />

„Rheingold“ befindet sich ein barock<br />

anmutendes Relief mit dem Namen der<br />

Gaststätte, und darunter werden die Jahreszahlen<br />

1870 und 1989 hervorgehoben.<br />

Die Jahreszahl 1989 lässt sich angesichts<br />

der Bauakten keinem auffälligen Ereignis<br />

zuordnen. Auch die Jahreszahl 1870 erscheint<br />

völlig wahllos, denn mit diesem<br />

Jahr verbinden sich weder ein Neubau<br />

noch ein Besitzerwechsel oder die Ersteröffnung<br />

der Gaststätte. Auch die Namensgebung<br />

kann nicht auf dieses Jahr zurückgehen,<br />

denn als Heinrich Müller 1891 die<br />

Gastwirtschaft pachtete und für sich eine<br />

Konzession beantragte, wollte er die Gaststätte<br />

entweder „Heidelberger Faß“ oder<br />

„Schankwirtschaft zur Post“ nennen. Beide<br />

Vorschläge wurden von der Verwaltung<br />

nicht akzeptiert, sondern es wurde ihm<br />

von der städtischen Verwaltung aufgetragen,<br />

die Inschrift „Wirtschaft von Heinrich<br />

48<br />

B<br />

A<br />

C<br />

D<br />

D<br />

Links: Ansicht der Gaststätte „Rheingold“<br />

heute. Über dem Eingang befindet<br />

sich der Schriftzug „1870 Gasthof<br />

1989“, wobei sich die beiden Jahreszahlen<br />

keinem bedeutenden Ereignis zuordnen<br />

lassen.<br />

Müller“ an der Hausfassade anzubringen.<br />

Es ist anzunehmen, dass der Name<br />

„Schwankwirtschaft zur Post“ nicht genehmigt<br />

wurde, weil es gegenüber dem Postgebäude<br />

bereits ein „Hotel zur Post“ gab.<br />

Warum aber die Namensgebung „Heidelberger<br />

Faß“ nicht in Frage kam, bleibt rätselhaft.<br />

Müller hatte zu diesem Namen<br />

sicherlich einen persönlichen Bezug. Als<br />

Fassbindermeister, der bis 1890 im Betrieb<br />

der „Weinkellerei Franz Josten“ auf dem Büchel<br />

tätig gewesen war, hatte er vielleicht<br />

einen Teil seiner Ausbildung in Heidelberg<br />

genossen, ähnlich wie die Firmeninhaber<br />

bzw. Söhne der Weinkellerei Josten, die ihre Lehrjahre ebenfalls<br />

in Weinorten an der Mosel, am Mittelrhein oder sogar in Bordeaux<br />

verbracht hatten.<br />

Aber auch Heinrich Müller griff willkürlich auf Jahreszahlen<br />

zurück, wenn er in seinem Konzessionsantrag aus dem Jahr<br />

1891 behauptete, dass in dem Haus schon seit 1797 Gastwirtschaft<br />

betrieben worden sei. Untersuchungen in dieser Richtung<br />

lassen nämlich völlig andere Erkenntnisse zu Tage treten<br />

und bezeugen vermutlich, dass Müller mit dieser hundertjährigen<br />

Tradition die Chancen auf Erteilung der Gaststätten-Konzession<br />

verbessern wollte, was ihm tatsächlich gelang.<br />

Aus der Bevölkerungsliste von 1802 ergibt sich aber, dass an<br />

der Stelle der heutigen Gaststätte „Rheingold“ ein Simon Rösgen<br />

(geb. 1764), von Beruf Metzger, verheiratet vor 1780 mit Elisabeth<br />

Küppers (geb. 1749, verst. 1805) gewohnt hatte, der auch<br />

laut den Katasteraufzeichnungen von 1811 Eigentümer eines<br />

recht großen Anwesens war, das bis zum heutigen Hamtorwall<br />

reichte.<br />

Links: Auszug aus der Katasterkarte von 1811, Section O.<br />

Am rechten Rand verläuft die Neustraße, die bei A (Gastwirtschaft<br />

Burchartz, heute Neues Marienbildchen) auf die Hamtorstraße<br />

bzw. Michaelstraße stößt. Die Fortsetzung ist bis<br />

ca. 1835 nur über einen schmalen Weg, die „Violengasse“, in<br />

Richtung Erftgraben oder Stadtmauer bzw. heutigem Hamtorwall<br />

möglich, weil dort der sehr große Gebäudekomplex(D)<br />

des Metzgers Simon Rösgen und der dazugehörige Garten den<br />

Weg für Fuhrwerke versperrten. Links davon liegt das Haus<br />

der Witwe Timmer (C). Der Gebäudekomplex B gehört zum<br />

Kilianskonvikt.

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