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P. b.b. GZ 03Z034.973 M Offenes Haus Oberwart, Lisztgasse 12, 7400 Oberwart Josef 1/2022 WERKAUSSCHNITT: WOLFGANG HORWATH / „LITTLE KISS“
BLATTWERK
ZEITSCHRIFT FÜR KUNST UND KULTUR AM ORT
+ OHO-PROGRAMM SEPTEMBER BIS DEZEMBER 2022
No. 16
LITERATUR IM HERBST
Der Herbst steht wieder ganz im Zeichen des Wortes
BLOCKCHAIN MY HEART
Eine verkettete Kunstaktion
VANESSA GEHT ZU DEN WALEN
Road-Opera-Premiere zu Silvester
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8
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#deineStimme
für Lehrstellen mit Zukunft
Die AK setzt sich für sichere Lehrstellen,
gerechte Chancen und deine Zukunft ein.
Schau was #deineStimme noch alles kann.
AK.AT/DEINESTIMME
ReUse-Shops:
Retro, Vintage & Oldie but Goldie
Neulich war ich wieder in einem dieser ReUse-
Shops – gibt’s eh im ganzen Burgenland. Ich sage
euch, das ist eine wahre Fundgrube für Second-
Hand-Freaks. Coole Sachen zum unschlagbaren
Preis – von Kleidung über Technik bis zu Original
LPs. Wo gibt’s denn das sonst noch?
HITS
80 ‘ s
Und alle Sachen sind tip-top und in einem super
Zustand. Ich finde die ReUse-Shops echt stark und
die Idee very nachhaltig.
Weitere Infos findest du unter:
www.reuse-burgenland.at
European Regional Development Fund
www.bmv.at
INHALT
04 OHO-Programm
DES OFFENEN HAUSES OBERWART
EIN SPANNENDER HERBST
Genau wissen wir nicht, was in diesem Herbst so alles auf uns zukommt.
Bedenkt man die nach wie vor vorhandenen Unsicherheiten rund um Covid
und mögliche neue Verordnungen, zu denen sich im heurigen Jahr, bedingt
durch einen absurden Krieg in gar nicht so entfernter Nachbarschaft, auch
noch die Damoklesschwerter Energiekrise und Inflation gesellen, so ist alles,
was ein Kunst- und Kulturbetrieb wie das OHO im Kreativ- und Veranstaltungsbereich
für diesen Herbst geplant hat, nach wie vor die Einladung zu
einem Gang auf dünnem Eis. Und doch, entmutigen lassen wollen wir uns
nicht, sonst gäbe es ein Haus wie das OHO gar nicht!
Der Herbst im OHO präsentiert traditionell einen Schwerpunkt, der mit
Literatur und Büchern, mit dem geschriebenen, aber auch gesprochenen,
will heißen: diskursiven Wort, zu tun hat. Das „Bücherhaus“, üblicherweise
auf zwei Wochen beschränkt, erfährt eine didaktische Neuausrichtung
unter der neuen Etikette „Literatur im Herbst“, die sich nun von Ende September
bis in den November hinein erstreckt. In diesem heuer das erste
Mal durchexerzierten Format tauchen als lesende Gäste im OHO nicht nur
Namen wie Franz Stangl, Gerhard Vitasek, Rudolf Anschober und Stefan
Kutzenberger mit ihren neuen Büchern auf, sondern auch programmatisch
geprägte Inszenierungen, die Aspekte des heurigen Jahresschwerpunktes
aufgreifen und in Interaktionen mit anderen künstlerischen Genres eine
überhaupt neue Präsentationsform für Literatur anbieten – siehe dazu die
ausführlichen Erläuterungen und ergänzenden Artikel in dieser Doppelnummer
des BLATTWERK.
Als Obfrau des Offenen Hauses Oberwart wünsche ich Ihnen aber auch
für alle anderen Veranstaltungen in diesem OHO-Herbst anregende und
unterhaltsame Stunden in unserem Haus.
06 Künstliche Intelligenz – Anmerkungen
zu einem Jahresschwerpunkt
08 Blockchain my heart – eine
verkettete Kunstaktion
13 Was hat es mit NFTs in der
Kunst auf sich?
Interview mit Barbara Wimmer
14 Kryptische Erfahrungen: Blockchain,
Bitcoin, Ether
18 Wenn der Kühlschrank spricht
21 Vortrefflich belesen – Buchtipps
24 Head of Data – Interview
mit Paul Tiwald
28 Von verteufelten Büchern und jenen,
die sie schreiben
30 Die Welt braucht Fakten
33 Weintipp
34 Vanessa geht zu den Wahlen –
Uraufführung einer Road-Opera
36 Einmal die eigene Idee …
Interview mit Fery Janoska
40 Was tut sich im Lande?
42 Clemens Berger: Liebe Amalia
Für das OHO-Team, Eveline Rabold
Kontakt zu unserer Redaktion: blattwerk@oho.at
Impressum: Medieninhaber und Verleger: Offenes Haus Oberwart,
A-7400 Oberwart, Lisztgasse 12, Telefon +43 (0)3352– 38555; DVR 0648281;
ZVR 387081290; Verlagspostamt: 1230 Wien; Zulassungsnr.: GZ 03Z034973 M;
Druck: Druckerei Schmidbauer, Oberwart;
Fotos: zVg, Shutterstock; Gestaltung: RABOLD UND CO. / www.rabold.at;
Redaktionelle Mitarbeit: Clemens Berger, Alfred Masal, Nicole Mühl,
Katharina Tiwald, Peter Wagner; Lektorat: Sandra Grosz-Jusinger;
Stand bei Drucklegung, Änderungen und Ergänzungen vorbehalten.
A -7501 Rotenturm a.d.Pinka, Brunnengasse 13 · Tel. 03352 / 35251 · www.weber-grosskuechen.at
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DETAILLIERTE Informationen zu DIESEN
UND WEITEREN Veranstaltungen auf
www.OHO.at ODER telefonisch unter
+43 (0)3352 – 38555
Falls nicht anders angegeben, finden
alle Veranstaltungen im OHO statt.
* Ermäßigte Kartenpreise gelten für: OHO-Mitglieder,
Ö1-Club-Mitglieder, AK-Card, Schüler*innen, Lehrlinge,
Student*innen, Zivil- & Präsenzdiener*innen.
do., 13.10.
19:30 Uhr
KILOMETER NULL
Lesung Stefan Kutzenberger
Eintritt: VVK € 6,– / AK € 7,– (*ermäßigt VVK € 5,– / AK € 6,–)
CORNELIA KÖNIG „LUXURY TRAP“
BLOCKCHAIN MY HEART
fr., 30.9.
19:30 Uhr
„BURGENLand“
Lesung Franz Stangl
Eintritt: freie Spende
Sa., 1.10.
19:00 Uhr
FLUCHT – EINE MENSCHHEITSGESCHICHTE
Lesung und Gespräch mit Andreas Kossert
Eintritt frei
Eine Veranstaltung im Rahmen des Burgenländischen
Friedenspädagogik-Symposiums 7 Tage für Frieden
Eine Veranstaltung der Pädagogischen Hochschule und der
edition lex liszt 12 in Kooperation mit dem Offenen Haus Oberwart
ANDREAS VITÁSEK
Fr., 14.10.
19:30 Uhr
ICH BIN DER ANDERE
Lesung Andreas Vitásek
Eintritt: VVK € 6,– / AK € 7,– (*ermäßigt VVK € 5,– / AK € 6,–)
fr., 21.10.
19:30 Uhr
PANDEMIA
Lesung Rudolf Anschober
Eintritt: VVK € 6,– / AK € 7,– (*ermäßigt VVK € 5,– / AK € 6,–)
Fr., 4.11.
19:30 Uhr
DER KÜHLSCHRANK SPRICHT MIT MIR
Inszenierte Revue des geschriebenen
Wortes über die Unwissenheit
Eintritt: VVK € 15,– / AK € 18,–
(*ermäßigt VVK € 12,– / AK € 16,–)
FOTO © GIANMARIA GAVA
fr., 7.10.
20:00 Uhr
BLOCKCHAIN MY HEART
Eine verkettete Kunstaktion
mit ungewissem Ausgang
Erstpräsentation
Eintritt frei
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SEPTEMBER BIS
DEZEMBER 2022
Do., 10.11.
20:00 Uhr
OPEN SOURCES – OFFENE QUELLEN
Bühne für junge Künstlerinnen
und Künstler
Eintritt frei
Eine Kooperation von KIBu, Musikschulwerk Burgenland,
dem Institut Oberschützen der Musikuniversität Graz, dem
Haydnkonservatorium und dem Offenen Haus Oberwart
Fr., 11.11.
20:00 Uhr
„VERWAHRLOST ABER HIGH“
Kabarett Günter Schütter
Eintritt: VVK € 18,– / AK € 22,–
(*ermäßigt VVK € 16,– / AK € 20,–)
so., 13.11.
17:00 Uhr
7X DIGITAL
Vernissage und Ausstellung
Eintritt frei
Fr., 18.11.
20:00 Uhr
LUNOVI
Konzert: Jazz Rock Soul
Eintritt: VVK € 18,– / AK € 22,–
(ermäßigt VVK € 16,– / AK € 20,–)
sa., 19.11.
19:00 Uhr
30 JAHRE edition lexliszt 12
Ein Fest mit mit Autor*innen,
Musiker*innen und Bildenden
Künstler*innen der edition lex liszt 12
Eintritt frei
Eine Veranstaltung der edition lex liszt 12 in Kooperation
mit dem Offenen Haus Oberwart
Fr, 2.12.
20:00 Uhr
BLUES-ROCK-NIGHT
Konzert
Eintritt: VVK 12,- / AK 15,- (*ermäßigt VVK 10,- / AK 12,-)
.
VANESSA GEHT ZU DEN WAHLEN
sa., 3.12.
20:30 Uhr * Einlass 19:30 Uhr
TRADITIONELLER ROMA-ADVENT 2022
KHETANPERIPE ANDO ADVENT
Lesung und Konzert
Eintritt frei
Eine Veranstaltung des Vereins HANGO ROMA in
Kooperation mit dem Offenen Haus Oberwart.
do, 8.12.
18:00 Uhr
KLEINKUNST ZUR WEIHNACHTSZEIT
Eröffnung Verkaufsausstellung
Eintritt frei
sa., 31.12.
19:30 Uhr * Premiere
VANESSA GEHT ZU DEN WALEN
Road-Opera * Uraufführung
Eintritt: VVK 22,- / AK 25,- (*ermäßigt VVK 20,- / AK 23,-)
WEITERE TERMINE JÄNNER – MÄRZ 2023
SIEHE WWW.OHO.AT AB DEZEMBER 2022
Eine Produktion der Theaterinitiative Burgenland
in Kooperation mit dem Offenen Haus Oberwart
und den Burgenländischen Kulturzentren.
THEATER
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KÜNSTLICHE
INTELLIGENZ
KI-GENERIERTES BILD VON STEFAN KUTZENBERGER
(ERSTELLT IM OPEN AUSTRIA ART TECH LAB
MIT DER OPEN AI DALL-E)
„MR EGON SCHIELE STRODING ON ALONG A
SUN-WHITE PATH, DRESSED IN RED, PAINTED
BY A YOUNG ARTIST“
Anmerkungen zu einem
Jahresschwerpunkt
Neue Wortschwärme surren durch unsere Köpfe
und besetzen Fantasie, Denken, antizipierendes
Gedächtnis, (Alb-)Träume, Gestalten und Handeln
sowie weltweiten Daten-, Geld- und Handelsverkehr,
Betrug und Betrugsbekämpfung, Linguistik
und Sprachpolizei gleichermaßen. Ein Auszug aus
einer endlosen Liste, wahllos aus dem verwirrenden
Sprachschatz einer anglizismenlastigen Gegenwart
gepickt: Big Data, Künstliche Intelligenz, Algorithmus,
Bots, Optimierung, Wokeness, Speeddating,
Satisficing, Likes, Cloud Computing, Facebook-Manager,
Newspeak, Blackbox, Blockchain, Non-fungible
Token (NFT), Dystopia, Digital Natives, Social Robots,
Neuronale Netzwerke, Pixel, DeepFake, Artificial
General Intelligence, Credit Scoring, Hacker, Provider,
Cyberwar und Cyber Safety, Predictive Policing,
Ranking, Tinder, Snipes, Whiteboards, Bodyshaming
usw. usf.
Man darf sich fragen, was solch eine schnoddrig zusammengetragene Liste
in der Programmzeitschrift eines Kunsthauses verloren hat. Nun, wir gestehen,
erstens, der Sprache der Zeit nicht weniger ratlos gegenüberzustehen
als jener Teil der Menschheit, der nur bedingt Heimat in ihr finden kann
und will. Wir geben aber, zweitens, zu, gerade in diesem Zusammenhang
dem Reiz eines unlauteren Spiels nicht abgeneigt zu sein, zumal es sich bei
allem, was sich in den Psychen der Menschen und ihren gesellschaftlichen
Realitäten reibt, um ein Urangebot an die Kunst handelt. Und, drittens,
verheimlichen wir nicht, dass es gerade auch bei uns ein Interesse an Themen
gibt, die sich mit nicht mehr zu überhörendem Säbelrasseln mitten in
unserer Gesellschaft breitmachen.
Solch ein Thema ist natürlich auch die Künstliche Intelligenz (KI). Es wäre
vermessen zu behaupten, wir hätten dieses Thema auch nur ansatzweise
im Griff. Nein, aber wir spüren, dass es umgekehrt bald uns im Griff haben
könnte, und das womöglich ausgelassener, als uns lieb sein kann. Umso
mehr zwingt sie uns zur Auseinandersetzung. Gewiss, das ist längst nicht im
nötigen Umfang möglich, da ihre Facetten bereits heute derart mannigfach
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fr., 30.9.
19:30 Uhr
„BURGENLand“
Lesung Franz Stangl
Musikalische Umrahmung: Vlado Blum
Eintritt: freie Spende
sind, dass ein umfassender Überblick selbst Expertinnen und Experten
bereits überfordert. Und doch muss die Kunst nun einmal, was sie muss:
dem Drang zur Auseinandersetzung mit ihren je eigenen Mitteln in ihrer je
eigenen Zeit und ihren je eigenen Umständen nachgeben und nachgehen!
Der heurige Jahresschwerpunkt des OHO widmet sich denn auch nur einigen
punktuell ausgewählten Aspekten der Künstlichen Intelligenz. Der
Begriff selbst mutet zunächst halbwegs einleuchtend an, geht es doch um
etwas, das von der menschlichen Kreativität künstlich erzeugt wird, um
der Menschheit unter die Arme zu greifen. Und doch erweckt er in uns
nicht nur Hoffnung auf eine gerechtere, bessere und durch die Mitwirkung
der Technik nun wirklich allen zur Verfügung stehende Welt, sondern bei
Weitem mehr noch tiefsitzende Ängste bis hin zur Vision vom Ende des bis
jetzt gekannten Menschlichen, ja der menschlichen Existenz überhaupt.
Umso mehr treibt uns der Ehrgeiz, den Begriff ein wenig aufzubrechen und
einige Löcher in die ihn umgebende Aura intellektueller und technischer
Unnahbarkeit zu schlagen.
Eines der Projekte des heurigen OHO-Schwerpunktes trägt den Titel BLOCK-
CHAIN MY HEART und ist eine Kunstaktion, an der ein Riesenaufgebot an
Künstlerinnen und Künstlern mehrerer Genres teilhat. In ihr wird nicht nur
Kunst in reichlicher Fülle dargeboten, sondern auch die Möglichkeit hinterfragt,
durch sogenannte NFTs und Blockchains (zu beiden Begriffen siehe die
Beschreibungen in den entsprechenden Artikeln in diesem Blattwerk) eine
neue Verkaufsstrategie für Kunst zu lukrieren. Wir wollen dieser Aussicht
weder euphorisch noch abwertend gegenüberstehen, sondern uns insofern
in das Thema einbringen, als sich an ihm die Fragen nach Sinn, Nutzen,
Entwicklung und Aussicht der scheinbar unbeschränkten Möglichkeiten der
Technik auch in der Kunst diskutieren lassen.
Mit der Produktion DER KÜHLSCHRANK SPRICHT MIT MIR wird ein weiterer
Aspekt der KI, wie sie sich immer weiter auch in unseren Alltag drängt, aufgeworfen
und zur Diskussion gestellt. Die Autorinnen und Autoren Petra Ganglbauer,
Michael Hess, Siegmund Kleinl, Sophie Reyer, Katharina Tiwald und
Konstantin Milena Vlasich präsentieren multimedial aufbereitete literarische
Beiträge, die sie eigens für diesen Abend und sein Thema verfasst haben.
Der Abschluss des OHO-Jahres bietet schließlich eine absolute Novität im
Haus in der Lisztgasse 12! Es ist die Premiere einer brandaktuellen Oper
mit einem äußerst ehrgeizigen künstlerischen und technischen Konzept.
VANESSA GEHT ZU DEN WALEN – eine Road-Opera wird am 31. Dezember
2022 ihre Uraufführung im OHO erleben und dann in andere Landesteile,
insbesondere auch in das Kulturzentrum Eisenstadt, weitergereicht. Auch
in ihr wird Künstliche Intelligenz eine Rolle spielen, allerdings kaum vordergründig
– geht es doch in erster Linie um ein weiteres, womöglich noch
größeres Menschheitsthema der Gegenwart: unseren Umgang mit dem
Planeten und letztlich mit uns selbst! Sichern Sie sich jetzt schon die Karten!
„BURGENLand“ ist der vierte Csaterberg-Krimi
aus der Feder von Franz Stangl nach den Vorgängern
„Schlachtenberg“ (2008), „Zungen wie
von Feuer“ (2012) und „Kellergassentod“ (2017).
Nachdem der Kohfidischer Historiker Franz
Plank beim Kellergassenfest 2007 den Obmann des
örtlichen Weinbauvereins und Landtagsabgeordneten
Roman Hofer erschossen und anschließend
Selbstmord begangen hat (am Ende des 3. Csaterberg-Krimis
„Kellergassentod“), taucht Willi Rieger,
Journalist und Buchautor aus Neulengbach, der
nicht ganz unschuldig an den Ereignissen gewesen
ist, gemeinsam mit Bettina Wiegele, der neuen Frau
an seiner Seite, unter. Er vermutet, dass Hofer einer
der Strippenzieher in einer gefährlichen Geheimgesellschaft
war, vor der sich Rieger nicht mehr sicher
fühlt. Über ein Jahrzehnt bleibt er deshalb von der
Bildfläche verschwunden.
Erst im Jahr 2020 kommt wieder Bewegung in den
Fall, als die Leichen von Bettina Wiegele und von
Riegers Mitarbeiter Kurt Schwarz auftauchen. Alles
deutet darauf hin, dass Rieger selbst hinter den
Morden stecken könnte, weil die Menschen rund
um ihn inzwischen sein möglicherweise doppeltes
Spiel durchschaut haben. Dem leitenden Ermittler
des Landeskriminalamtes Burgenland, Chefinspektor
Hugo Leitner, erscheint die schnelle Lösung des Falles
aber als zu einfach und übereilt. Weitere Ermittlungen
werden ihm allerdings untersagt und er wird kurzerhand
in den vorzeitigen Ruhestand geschickt. Deshalb
macht er sich selbst mit ganz wenigen Mitstreitern,
unter ihnen auch wieder der Kohfidischer Wirt Günther
Steiner, auf die Suche nach den Hintergründen
und deckt in einem spektakulären Showdown die
wahren Zusammenhänge auf – und dies alles löst
quasi am Vorabend der 100 Jahr-Feiern des jüngsten
österreichischen Bundeslandes ein politisches
Erdbeben aus…
Damit bringt dieser vierte Csaterberg-Krimi auch die
Gesamthandlung rund um dubiose Immobilienverkäufe
und eine verdächtige Geheimorganisation, die
hinter diesen Machenschaften zu stecken scheint und
die Verbindungen zu lokalen Politikern schamlos ausnutzt,
zum Abschluss. Und gleichzeitig wird versucht,
der „burgenländischen Seele“ ein wenig auf den
Grund zu gehen sowie den besonderen Reiz zu erschließen,
den die Gegend rund um die Weinidylle am
Csaterberg inzwischen auf viele Menschen ausübt.
Das Buchcover stammt diesmal übrigens von Gottfried
Reszner.
Das Buch erscheint in der edition lex liszt 12 und ist
dort und im gut sortierten Buchhandel erhältlich.
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BLOCKCHAIN
MY HEART
Eine verkettete
Kunstaktion
Neues Verkaufsmodell für Kunst oder Abfall
auf dem Müllhaufen der Gier?
Die Kunstaktion Blockchain My Heart verbindet,
der Kettengestalt einer Blockchain nachempfunden,
mehrere Sparten der Kunst miteinander,
beginnend mit Exponaten der bildenden Kunst zum
Stichwort Herz.
16 Künstlerinnen und Künstler wurden eingeladen,
Exponate zum Thema zu erstellen, 16 Literatinnen
und Literaten haben je einem Bild einen Text in der
Länge von 30 bis maximal 55 Sekunden hinzugefügt,
und zwar in Form eines selbst erstellten Videos. Entweder
auf das Bild oder auf den Text oder auf beides
haben in der Folge 16 Musikerinnen und Musiker/
Komponistinnen und Komponisten mit einem musikalischen
Beitrag in gleicher Länge reagiert.
Sämtliche Beiträge werden an diesem Abend erstmals
der Öffentlichkeit präsentiert, und zwar in einer
eigenen Inszenierung. Die Werke sowohl der
bildenden Künstlerinnen und Künstler als auch der
Literatinnen und Literaten sowie der Musikerinnen
und Musiker sind in der Folge als NFTs in einer Blockchain
verfügbar.
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Unchain my heart (unchain my heart)
Let me go my way
Unchain my heart (unchain my heart)
You worry me night and day
Joe Cocker
FLORIAN LANG „I HATE THE DAY I CRY“
9
ANDREAS DVORAK „GEISTIGES EIGENTUM“
JUSTIN KODNAR „INSPIRED BY TOUT EN ROND“
BETEILIGTE
KÜNSTLERINNEN
UND KÜNSTLER:
HANNES LASZAKOVITS „ME-TIME“
BILDENDE KUNST
Andreas Dworak
Maja Erdeljanin
Wolfgang Horwath
Cornelia König
Florian Lang
Andreas Lehner
Manfred Leirer
Ilse Lichtenberger
Elke Mischling
Andrea Ochsenhofer
John Petschinger
Michaela Putz
Eveline Rabold
Johannes Ramsauer
Georg Vinokic
Hans Wetzelsdorfer
LITERATUR
Gerhard Altmann
Klaus Jürgen Bauer
Theodora Bauer
Clemens Berger
Raoul Eisele
Michaela Frühstück
Karin Ivancsics
Heinz Janisch
Siegmund Kleinl
Reinhold Konzett-Stumpf
Wolfgang Millendorfer
Petra Piuk
Günter Schütter
Elke Steiner
Susanne Toth
Konstantin Milena Vlasich
MUSIK
Sophie Abraham
Marco Blascetta
Dominik Hofstädter
Eros Kadaver
Alex Karazman
Justin Kodnar
Hannes Laszakovits
Bozana Meidl-Brajic
Mirjam Mikacs
Thomas Maria Monetti
Rainer Paul
Sophie Reyer
Scarabeus Dream
Wilhelm Spuller
Petra Stump-Linshalm
Nikola Zeichmann
MAJA ERDELJANIN „MONDAY TO FRIDAY“
10
EVELINE RABOLD „HEILE WELT“
SUSANNE TOTH „BLÜTENFRUCHTKUSS“
Als „Luxusfalle“ werden Erfindungen
bezeichnet, die entwickelt wurden um
z.B. Zeit zu sparen und erst später wird
erkannt, dass das nicht der Fall war. Oft
ergeben sich daraus sogar noch andere
Nachteile. Auch die Blockchain wurde
erfunden, um Lösungen zu finden,
die als nachteilig empfunden wurden.
Crypto Currency sollen unser jetziges
Geldsystem in Zukunft ersetzen, so der
Wunsch der Erfinder. Die Entwicklung
der Kryptokunst sollte eine Demokratisierung
des Kunstmarktes erreichen,
und auch hier zeigt sich sehr schnell,
dass sich der Wunsch in sein Gegenteil
verkehrt.
Cornelia König, teilnehmende bildende Künstlerin
WAS ABER STECKT DAHINTER?
Wie man im Frühjahr 2022 erlebt hat, werden mittlerweile sogar hundert
Jahre alte, bislang ausschließlich als analog identifizierbare Meisterwerke
wie beispielsweise Klimts „Der Kuss“ in den virtuellen (Verkaufs-)
Raum verfrachtet – mit durchaus auch zweifelhaften Ergebnissen.
So geriert sich der Plattformgedanke der sogenannten BLOCKCHAIN auch
als neue Verkaufsmöglichkeit für Kunst. Bei einer Blockchain handelt es sich
um eine angeblich fälschungssichere Datensatzkette, die vornehmlich für
Finanztransaktionen erfunden wurde. In diese werden nun sogenannte NFTs
(Non-fungible Token – wörtlich etwa: nicht ersetzbare Wertmarken) geladen.
NFTs sind rein digitale Sammelobjekte, die als Abbilder für das physische
Kunstwerk stehen, aber durch den Anspruch auf ihre unumstößliche Einmaligkeit
als digitales Zertifikat einen eigenständigen Wert repräsentieren.
Man kann sie mit einer Kryptowährung kaufen, sammeln und auch wieder
verkaufen, jedenfalls aber nicht angreifen, weil sie nur im digitalen Raum
existieren (Siehe dazu das Interview mit Barbara Wimmer und den Artikel
von Alfred Masal).
Wie zukunftsträchtig dieses Modell tatsächlich ist, wird sich in den kommenden
Jahren weisen.
fr., 7.10.
20:00 Uhr
BLOCKCHAIN MY HEART
Erstpräsentation
Eine verkettete Kunstaktion
mit ungewissem Ausgang
oder
Eine Herzensausstellung
mit Verkaufswert
oder
Was ist ein NTF? – Ein ehrenwert
komplexer Versuch der Kunst
oder
Kann man mit Klimt alles machen?
Und können wir das auch?
oder
Wie dick ist das Eis, auf
dem wir wandeln?
oder
Warum man mit etwas spielt,
noch bevor man es versteht?
In einer Blockchain gespeicherte Transaktionen
oder Informationen sind aus Prinzip echt und unveränderlich
und brauchen deswegen niemanden
mehr, der sie verwaltet oder beglaubigt. Blockchain
macht damit Geschäftsmodelle ohne Mittelsmänner
möglich, zum Beispiel Wertpapierhandel
ohne Banken oder Hauskäufe ohne Notar.
„Smart Contracts“ mit einprogrammierten Regeln
und Funktionen könnten herkömmliche Verträge
auf Papier ersetzen, Musiker und andere Künstler
ihre digitalen Rechte differenziert verwerten. Ziel
ist grundsätzlich, die handelnden Personen in den
Mittelpunkt zu stellen und zwischen ihnen eine
sogenannte Peer-to-Peer-Kommunikation zu ermöglichen.
Thomas Cloer – Retarus Corporate Blog
Eröffnung: Gerhard Michalitsch,
ÖGB-Präsident Burgenland
Inszenierte Moderation: Michaela Khom
Expertise und Recherche:
Michael Mastrototaro
Dramaturgische Einrichtung
und Inszenierung: Peter Wagner
Leitung bildende Kunst: Wolfgang Horwath
Licht: Alfred Masal, Jan Tomsits
Videotechnik und Programmierung:
Zoltán Galambos
Tontechnik: Florian Decker
Eintritt frei
11
Die Erfindung des Non-fungible Token ermöglicht es, an sich Unverkäufliches zum
Handelsobjekt zu machen. Eine Fiktion wird zur Ware. Ein schönes Beispiel für den Erfindungsreichtum
der Marketingexpertinnen und -experten, aus Nichtvorhandenem
Profit zu generieren. Im Fall bereits musealisierter Kunstwerke bleibt das Objekt
zwar im Besitz der Allgemeinheit, nur ein digital, flüchtig-immaterielles Abbild wird
zum NFT und kann als solches gegen Geld in Privatbesitz übergehen. Eine Art Gelddruck-Maschine
auf dem Rücken der Kunst. Der Markt selbst bekommt endlich seine
Aura, und das „Bildende“ an der Kunst rückt in den Hintergrund, wenn es nicht ganz
im Ozon verschwindet.
Andreas Dworak, teilnehmender bildender Künstler
WIE KOMME ICH ZU EINEM NFT?
Um ein NFT einkaufen oder handeln zu können, braucht man/
frau ein Wallet (elektronische Geldbörse) auf dem Handy und
einen Kryptowährungsmarktplatz (bzw. Kryptowährungsbörse)
im Internet. Dafür gibt es zahlreiche Angebote (siehe auch Artikel
„Kryptische Erfahrungen“). Wir stellen hier jeweils zwei Angebote
vor, die leicht und sicher zu bedienen sind.
RUDIMENTÄRES
WISSEN
ALS ANREIZ
Das OHO hat sich entschlossen, mit diesem Modell sein eigenes
Spiel zu treiben – bewusst mit ungewissem Ausgang. Abgesehen
davon, dass auch die Betreiberinnen und Betreiber des Projektes
BLOCKCHAIN MY HEART nur über ein rudimentäres Wissen über
diese Technologie verfügen, hindert sie nichts an einem Versuch,
gerade aus ihrer Unwissenheit ein mehr oder weniger unterhaltsames
künstlerisches Werk zu lukrieren, das sowohl sie selbst als
auch das werte Publikum am Ende nicht mehr ganz so deppert
dastehen lassen muss wie bei den ersten Diskussionen zu diesem
Vorhaben. Und vielleicht eröffnet sich für manche Künstlerin/für
manchen Künstler eine Möglichkeit, ihre oder seine Kunst in Zukunft
über eine weitere Schiene auf dem dunkelgelben Planeten
der Geldmaschinen zu vertreiben.
SCARABAEUS DREAM „LUXURY“
ANDREAS LEHNER
„LONELY HEARTS CLUB“
Völlig ahnungslos will man sich allerdings auch nicht geben. Man
hat einen Experten verpflichtet, der die technisch-didaktische Voraussetzung
für den Eintritt von Künstlerinnen und Künstlern und
Publikum in die neue virtuelle Welt der Blockchain geschaffen hat.
Wallet auf Handy herunterladen z.B. Metamask
(Vorgang ist bei anderen Wallets ähnlich)*:
1. Metamask-App herunterladen und starten
2. Sie müssen dabei ein Passwort vergeben und sich eine
Wiederherstellungsphrase für die Geldbörse notieren. Ganz
wichtig ist es, Passwörter und Wiederherstellungsphrase sicher
in einem Passwortmanager oder als Notiz am besten versteckt
an mehreren Orten zu verwahren!
3. Im nächsten Schritt müssen Sie das Wallet mit einem Kryptomarktplatz
verbinden (laut Einrichtungsroutine oder in den
Einstellungen der Wallet). Bei Metamask entfällt dieser
Vorgang, da sich das Wallet über den Metaverse-Marktplatz
bei jeder Transaktion selbst mit einem entsprechenden
günstigen Kryptomarktplatz im Internet verbindet. Dafür muss
hier die Bankverbindung oder die Kreditkarte angegeben werden.
4. Jetzt können Sie über die Metamask-Wallet € (Euros) in Ether
(ETH) oder in andere Kryptowährungen eintauschen, handeln,
NFTs suchen oder auf einer NFT-Plattform wie OpenSea einkaufen.
Kryptomarktplatz einrichten z.B. www.coinbase.com (wenn
auf Grund einer Wallet notwendig)*:
1. Kryptomarktplatz im Internet suchen und sich registrieren, z.B.
https://www.coinbase.com/de
2. Der Registrierungsprozess benötigt in den meisten Fällen eine
Identifikation und Verifizierung der Person mit behördlichen
Dokumenten (Führerschein bzw. Pass)
3. Einrichten der Bankverbindung bzw. Kreditkarte
4. Jetzt können Sie auf Ihrem neu geschaffenen Account auf dem
jeweiligen Marktplatz € (Euros) in Kryptowährungen z.B. in
Ether (ETH) eintauschen
5. Jetzt müssen Sie nur noch den Marktplatz je nach Einrichtungsroutine
mit der Wallet verbinden. Bei Coinbase müssen Sie
dafür über den Handybrowser in Ihren „Coinbase account“
einsteigen und in der gesondert heruntergeladenen und eingerichteten
„Coinbase Wallet“ die Wallet beim ersten Einkauf
mit dem „Coinbase Marktplatz“ verbinden.
6. Nun können Sie über die Wallet Krypto-Währungen einkaufen,
tauschen, NFTs suchen und kaufen oder damit auf einer
NFT-Plattform einkaufen.
* Bitte seien Sie auf Grund von Gebühren umsichtig beim Umgang mit Kryptowährungen und wegen möglicher Kursverluste
vorsichtig mit den zahlreichen Investitionsmöglichkeiten, die auf diesen Plattformen angeboten werden!
12
Was hat es mit NFTs
in der Kunst auf sich?
NFTs
Die Netzjournalistin und Autorin
Barbara Wimmer im Gespräch
Welche Möglichkeiten eröffnen NFTs (Non-fungible Token)
Kunstschaffenden für deren Vertrieb?
Barbara Wimmer: „Non-fungible Token“ (NFTs) gelten in der Kunstszene
seit einiger Zeit als neuer Trend. Im Jahr 2021 wurden NFTs
sogar im berühmten Kunstranking „Power 100“ des britischen
Magazins ArtReview auf den ersten Platz gewählt. NFTs kann man
sich dabei am ehesten als digitales Zertifikat vorstellen, das in einer
Blockchain existiert. Für die Kunstschaffenden entsteht dadurch
ein neuer Weg, ihre Werke digital auszustellen und zu verkaufen.
Das können Musikstücke sein, Videos mit literarischen Texten
oder Kunstwerke. Für die Künstlerinnen und Künstler liegt der
größte Vorteil darin, dass sie eine neue Zielgruppe adressieren
oder ihrer bestehenden Fangemeinde ein nettes „Extra“ zu ihren
bisherigen Werken anbieten können. Es entstehen durch NFTs
also ein neuer Kanal zu potentiellen Kundinnen und Kunden und
damit auch neue Möglichkeiten für den Vertrieb der Kunstwerke.
Was haben Käuferinnen und Käufer von NFTs? Gibt es gelungene
Beispiele?
Das Kunstwerk „Everydays: The First 5000 Days“ des Künstlers Mike
„Beeple“ Winkelmann wurde für mehr als 69 Millionen US-Dollar
versteigert. Der bekannte Medienkünstler Peter Kogler erzielte
ebenfalls bereits Zehntausende US-Dollar Erlös durch die Versteigerung
seiner Bilder. Aber Achtung: Da die Werke in Kryptowährungen
gehandelt werden, ist mit starken Schwankungen
zu rechnen. Für jene Käuferinnen und Käufer, die Kunstwerke
allein aus idealistischen Zwecken erwerben, weil sie Künstlerinnen
und Künstler unterstützen möchten, spielt dies keine Rolle. Wer
aber mit NFT-Kunst handeln möchte, sei gewarnt: Der Kryptowährungsmarkt
ist sehr volatil und gerade der Sekundärmarkt für
NFT-Kunstwerke befindet sich aktuell nicht gerade in seiner besten
Phase. Am besten wäre es daher, das NFT-Kunstwerk einfach als
Sammelstück zu sehen, nicht als „Investition“.
Wo können Interessierte NFT-Kunst kaufen?
Für NFT-Kunst gibt es viele verschiedene Plattformen. Die bekannteste
und größte ist wohl OpenSea. Dabei handelt es sich
um den aktuell größten Marktplatz für NFT-Kunst. Es gibt jedoch
viele weitere, etwa Foundation oder Prtl.art, eine österreichische
Plattform, über die ausgewählte Künstlerinnen und Künstler vertrieben
werden. Für Käuferinnen und Käufer ist es wichtig, genau
zu prüfen, ob ein NFT-Marktplatz seriös wirkt, denn rund um die
neue Technologie entstanden leider auch viele betrügerische Angebote.
Um herauszufinden, ob ein Marktplatz seriös ist, hilft eine
rasche Online-Recherche.
Wenn eine Künstlerin oder ein Künstler ein Werk als NFT anbieten
möchte, wo und wie ist das konkret möglich?
Das Gute an der Blockchain-Technologie ist, dass sie ein öffentliches
Netzwerk ist. Somit kann jede und jeder, die oder der ein
Krypto-Wallet und passende Krypto-Münzen besitzt, auch ein NFT
auf der Blockchain erstellen, sagen die „Cryptowiener“, ein Kollektiv
aus Österreich, das sich seit Jahren mit der Technologie
dahinter sowie der Verknüpfung mit Kunst befasst. Die Erstellung
von NFTs ist also nicht nur Unternehmen oder bekannten Künstlerinnen
und Künstlern vorbehalten, wobei diese höhere Aussichten
auf Erlöse haben als völlig unbekannte Kunstschaffende. Wer in
die NFT-Welt eintauchen möchte, kommt nicht drum herum, sich
mit der Technologie dahinter zu beschäftigen und damit zu experimentieren.
Zusätzlich sollte man als Künstlerin oder Künstler
keine Erwartungen in Bezug auf hohe Verkäufe haben, sondern
das Ganze als Experiment sehen. Das OHO macht es mit seiner
Aktion „Blockchain my Heart“ genau richtig: Es geht darum, eine
bislang ungewohnte Technologie auszuprobieren und spielerisch
und künstlerisch zu erschließen.
In welchen Bereichen werden NFTs in Zukunft Anwendung
finden?
Es wird sich noch zeigen, in welchem Bereich NFTs sich wirklich
langfristig durchsetzen. Das reicht von der Musikszene über virtuelle
Welten bis zum Kunstmarkt. Es ist etwa möglich, mit einem
NFT ein lebenslanges Recht auf einen Sitzplatz bei den Konzerten
seiner Lieblingsband zu erwerben, um ein Beispiel mit der Verknüpfung
zur realen Welt zu bringen. In der Kunstszene gab es
die letzten Jahre gerade einen regelrechten Hype, der momentan
wieder am Abflauen ist. Das heißt aber nicht, dass NFTs ganz verschwinden
werden. Für Kunstschaffende zahlt es sich auf jeden
Fall noch immer aus, mit der Technologie zu experimentieren und
diese auszuprobieren!
ZUR PERSON:
Barbara Wimmer ist preisgekrönte Netzjournalistin, Digitalexpertin,
Buchautorin und Vortragende. Bei futurezone.
at schreibt sie über Technikthemen wie IT-Sicherheit, Netzpolitik,
Datenschutz und Privatsphäre. 2018 gewann sie den
Journalistenpreis „WINFRA“,
2019 wurde sie mit dem Dr. Karl
Renner Publizistikpreis und dem
Prälat Leopold Ungar Anerkennungspreis
ausgezeichnet, 2022
folgte eine „lobende Anerkennung“
beim Surveillance Studies
Journalistenpreis. Mit „Jagd im
Wiener Netz“ ist gerade frisch ihr
zweiter Kriminalroman erschienen.
Website: barbara-wimmer.net
13
BLOCKCHAIN,
BITCOIN, ETHER, NFT
kryptische
Erfahrungen
von Alfred Masal
Blockchain, NFT und Kryptowährungen sind in aller
Munde, und wir haben uns einem Projekt verschrieben,
das sich künstlerisch und kritisch mit diesem
Thema auseinandersetzt. Jetzt sitze ich schon seit
Tagen vor dem Computer, um nicht nur die Blockchain-Technologie
zu verstehen, sondern endlich
zu kapieren, wie NFTs verkauft und gekauft werden
können.
NFTs (also Zertifikate, die in elektronischer Form als
Dateien im Internet vorhanden sind und mit Kryptowährung
gekauft werden können) waren in der Planungsphase
des Projektes der letzte Schrei. Die Expert*innen
erklärten uns, wie NFTs über Echtheitszertifikate mit der
Blockchain verbunden sind, vernebelten unsere Hirne mit
unendlichen Verdienstmöglichkeiten und sagten, dass alles
ganz einfach sei: „Ihr müsst nur ein Wallet – eine elektrische
Geldbörse – als App auf euer Handy laden, dann stehen
euch alle Möglichkeiten offen.“ Gesagt, getan! Frieren wir
unsere Herzen ein und machen die ganze Welt zu Geld!
Was kam, war die Tatsache, dass gerade die angebotene
Wallet-App auf Grund der dort angebotenen Kryptowährung
auf Einspruch der Finanzmarktaufsicht stillgelegt
wurde. Unser Glück, dass wir sie noch nicht verwendet
hatten. Zudem schrieben die Zeitungen vom Untergang des
NFT-Handels und der Kryptowährungen. Wen wundert’s,
klingt die ganze stromfressende Bitcoinsache doch ganz
nach dem Börsenhype um die Tulpenzwiebel im 18. Jahrhundert,
der einen veritablen Börsenkrach verursacht hat.
Peter Wagner hat inzwischen unter dem Titel „Blockchain
my Heart“ eine wunderbare Idee für das Projekt entwickelt,
eine Ausstellung zu digitaler Kunst wurde vorbereitet und
mein Wissen über Blockchain und Kryptowährung hat endlich
das Stadium des einfachen Verstehens erreicht. Nun
sitze ich da und versuche, eine Wallet zu installieren und
Ether-Coins, die Kryptowährung der Ethereum-Blockchain,
zu kaufen. Die brauche ich, um NFTs, in diesem Fall digitale
Bilder und Videofiles, hochzuladen.
Übrigens, da wir gerade dabei sind: Kryptowährungs-Coins
(elektronische Münzen) sind nicht die Blockchain selbst,
sondern die Belohnung für Verschlüsselungsarbeit in einer
Blockchain-Datenbank! Fragezeichen?
Die Blockchain selbst ist nichts anderes als eine hochverschlüsselte,
nicht manipulierbare Datenbank, die digitale
Informationen in Blöcken in einem großen Computernetzwerk
auf vielen einzelnen Computern ablegt. Damit diese
Datenbank nicht manipuliert und den Informationen, die
darin abgelegt werden, vertraut werden kann, werden
diese mit einem besonderen kryptografischen Programm
verschlüsselt.
14
Eine Kette (Chain) ergibt sich, da die Verschlüsselung des
Datenblocks auch den Schlüssel des vorhergehenden
Datenblocks mit einbezieht und diese Blöcke in einer unverschiebbaren
Reihenfolge aneinander gekettet werden.
Dieser Verschlüsselungsvorgang wird in einem für alle
Blockchain-Computer einsehbaren Protokoll dokumentiert.
Wird nun ein Block manipuliert, passen alle nachfolgenden
Schlüssel nicht mehr und es ist leicht nachzuvollziehen,
welcher Block, wann und von wem manipuliert wurde.
Die Schwierigkeit besteht darin, dass ein nicht schon bestehender
und nicht nachvollziehbarer Schlüssel gefunden
werden muss. Dies geschieht per Zufall mit speziellen Computerprogrammen
und nennt sich deshalb auch „Mining“.
Das benötigt viel Rechenleistung.
Die Belohnung
für einen Menschen, der
seine(n) Computer für
diese Verschlüsselungsarbeit
zur Verfügung
stellt, sind die berühmten
Krypto-Coins, aus
denen die Kryptowährungen
bestehen.
Die Bitcoin-Blockchain,
die eigentlich erfunden
wurde, um Geld unabhängig
von Institutionen
wie Banken, Börsen,
etc. sicher zu transferieren,
belohnt also
dieses Mining mit Bitcoins,
während in den
verschlüsselten Blöcken
der Blockchain die Geldverschiebungen,
Käufe
und Verkäufe dokumentiert
werden. Aber der
Zaubermeister von Bitcoin
hat sich noch etwas
einfallen lassen – einen
Wettbewerb für die Verschlüsselungsarbeit. Jetzt sucht
nicht nur einer, sondern es suchen Tausende (mit Tausenden
Computern) nach dem nächsten Bitcoin-Schlüssel.
Und nur der Gewinner, die Gewinnerin kriegt als Belohnung
Coins. Das nennt sich „Proof of Work“. Das macht aber die
Idee einer nicht manipulierbaren Datenbank, die viele andere
gute Lösungen anbieten könnte, kaputt, frisst unseren
Strom weg – und wir fressen den Besen.
Wir bleiben mit unserem Projekt beim Ether. Und zu unseren
Freude wollen Betreiber*innen der Ethereum-Blockchain
auf eine neue Technologie umsteigen, die 90% Strom
braucht – Umstiegsdatum 9.9.2022. Die Technologie nennt
sich „Proof of Stake“ – d.h. die ganze Schlüsselsuche gibt
es dann ohne diesen Wettbewerb!
Also da bin ich wieder vor meinem Computer, denn allein
mit einer Wallet ist die Sache nicht erledigt, meinen
die Expert*innen, denn dazu brauche es auch noch einen
Marktplatz (bzw. Kryptobörse – eine elektronische Bank
oder Wechselinstitut). Hier muss ich erst einmal Euro (€) in
Ether (ETH) umtauschen, dann erst kann dieses Kryptogeld
in meine Wallet geladen werden (mit meiner elektronischen
Geldbörse von dieser Börse abgehoben werden). Zusätzlich
kann ich auf dieser Börse auch in gefühlt Hunderte andere
neu entstandene Kryptowährungen umtauschen, spekulieren,
sparen und alles auch wieder in € umtauschen. Aber
Vorsicht: Viele dieser Währungen sind auf Talfahrt. Uff ...
Bei meinen Recherchen zu den einzelnen Kryptobörsen
und elektronischen Wallets schwirrt mir der Kopf. Es gibt
für beides unzählige finanzmarktkonforme Angebote. Aber
Achtung, alle locken mit verschiedenen Tarifangeboten für
ihre Leistungen. Ich fühle mich wie bei der Auswahl eines
günstigen Handy-Tarifes.
Die nächste Überraschung: Die Verbindung zwischen Wallet
und Börse funktioniert nicht. Hier zeigt sich, was mir täglich
Ärger bereitet. Diese ständigen Probleme mit Computerprogrammen,
als lebte man in einer ständigen Betaversion.
Kennen Sie dieses Gefühl beim Bedienen Ihres upgedateten
Handys? Computerprogramme sollen einmal die Welt
beherrschen? Hilfe!
Aber siehe da, es gibt auch Wallets, die sich ganz automatisch
mit Börsen verbinden wie „Metamask“, und es gibt
Börsen, die eine eigene Wallet betreiben, wie „coinbase“,
die wir erst einmal für den Einstieg empfehlen können. Es
steht natürlich frei, ganz andere Anbieter zu wählen. Die
Wallets gibt es als App oder Browsererweiterungen und auf
den Börsen könnt ihr euch am besten über den Computer
anmelden. Beim Installieren und Registrieren in den Applikationen
solltet ihr umsichtig vorgehen, ebenfalls beim
Vergeben und Aufbewahren von Kennwörtern. Und wenn
es gelingt, freuen wir uns über euren Einkauf unserer NFTs
aus dem Kunstprojekt „Blockchain my Heart“. Den genauen
Link zu verschiedenen weiteren Anbietern von Wallets und
Kryptobörsen und zu den 64 NFTs unseres Projektes findet
ihr im Oktober auf unserer Website.
Ein zweites Problem, das virulent geworden ist: In diesen
Blöcken kann alles abgespeichert werden, digitalisierte
Kunstwerke, Verträge etc., leider ebenso auch kriminelle
Inhalte. Wir kennen das: Ein Messer ist ein Messer – hier
kommen unsere Verantwortung und die Notwendigkeit
von Regelungen und Gesetzen ins Spiel. Es hilft nichts, wir
wollen die guten Seiten der Blockchaintechnologie ausprobieren.
Um nicht in unseren Herzen
einzufrieren, gehen bei jedem Kauf eines
NFTs aus dieser Serie 20% als Spende
an den Sozialmarkt in Oberwart.
15
Eine wilde Reise ins Herz unserer gespaltenen Gesellschaft
Inhalt
In einer Pension des uruguayischen Grenzortes Santa
María blickt der österreichische Exilschriftsteller
do, 13.10.
Kutzenberger plötzlich in den Mündungslauf einer Pistole.
So beginnt »Kilometer null« und nimmt die Leser mit auf
eine Achterbahnfahrt, die ihren unfreiwilligen Helden
quer durch den südamerikanischen 19:30 Kontinent, Uhr tief in
dessen Weltliteratur hinein und KILOMETER schließlich bis NULL vor die
Himmelspforte führen Lesung wird. Stefan Kutzenberger
Ein neues, ausgelassenes wie bewegendes Abenteuer des
gleichnamigen Autors Stefan Kutzenberger, das mitten ins
Herz unserer Der Autor immer liest unwirklicher aus seinem neuen erscheinenden Roman.
Gegenwart Katharina trifft und Tiwald eindeutig führt mit beweist: ihm ein Literatur Gespräch. kann
alles. Eintritt: VVK € 6,– / AK € 7,– (*ermäßigt VVK € 5,– / AK € 6,–)
sa., 1.10.
19:00 Uhr
FLUCHT – EINE
MENSCHHEITSGESCHICHTE
Lesung und Gespräch
mit Andreas Kossert
Eintritt frei
Moderation: Christl Reiss
Musikalische Begleitung: Erich Sammer, Gitarre;
Andrej Prozorov, Saxofon
Eine Veranstaltung im Rahmen des Burgenländischen
Friedenspädagogik-Symposiums 7 Tage für Frieden
Flüchtlinge – gleich welcher Herkunft – sind Akteurinnen
und Akteure der Weltgeschichte. Andreas Kossert
gibt ihnen mit dem Buch „Flucht“ eine Stimme.
Anhand bewegender Einzelschicksale und im großen
geschichtlichen Zusammenhang zeigt er die existenziellen
Erfahrungen, die mit Flucht und Vertreibung
einhergehen. Entwurzelung durch den Verlust der
Heimat, Anfeindungen, denen die Flüchtlinge in den
Ankunftsländern ausgesetzt sind, und auch die Ängste
der Sesshaften, selbst entwurzelt zu werden, sind
Aspekte und Fragen im Gespräch mit dem Autor.
Dr. Andreas Kossert lebt und arbeitet in Berlin. Für
seine Arbeit wurde ihm der Georg-Dehio-Buchpreis
2008, der NDR-Kultursachbuchpreis 2020 und der
Preis für „Das politische Buch“ 2021 der Friedrich-Ebert-Stiftung
verliehen.
In der moderierten Diskussionsrunde wird der
Experte auch auf die aktuellen Herausforderungen
2022 eingehen.
HOCHKOMISCH ERNST ODER: KEIN KRIEG IN
Eine aberwitzige Reise
URUGUAY.
hat Stefan
DER
Kutzenberger,
AUTOR
alias
STEFAN KUTZENBERGER
Mago Dro, aus seiner beschaulichen österreichischen
Heimat bis nach Südamerika geführt, wo sich sein Weg,
exakt bei Kilometer null, fatal mit einer Pistolenkugel
kreuzt. Abgefeuert wird diese aus einer Glock Made in
Austria. Beginnend in Manhattan am Morgen von 9/11, ist
die Waffe von Hand zu Hand durch schicksalhafte
Verstrickungen bis in die irreal anmutende Grenzstadt
Santa María weitergereicht worden, wo Kutzenberger Berlin Verlag, Berlin
nach langer Flucht gerade dabei war, ein neues Leben zu 400 Seiten
Stefan Kutzenbergers Bücher zu lesen.
beginnen. Während Mago Dro und die Glock unaufhaltbar 24,00 €
ISBN 978-3-8270-1441-2
aufeinander zusteuern, entspinnt sich eine
atemberaubende Geschichte, die den Helden dieses Erscheinungstermin: 4.4.2022
Romans mitten ins Herz der Fiktion – und damit unserer
gegenwärtigen Realität – führt.
Vorwarnung: Sie werden Ihre Meinung über Bob Dylan radikal ändern!
Wenn rundherum alles zu beben scheint, wenn der Sommer viel zu heiß
war, ein megalomaner Diktator den Daumen über dem roten Knopf
schweben lässt und scheinbar überall durchgeknallte Egoisten zu Staatsoberhäuptern
gewählt werden – und das ganz freiwillig von beeinflussten
Massen –, dann sind wir manchmal versucht, den Kopf in den Sand zu
stecken. Das ist oft eine schlechte Idee. Die bessere ist in jedem Fall diese:
Der studierte Musiker und Literaturwissenschaftler hatte seine Finger
schon in vielen Projekten, etwa im charmant betitelten „52 Wege, die Welt
zu retten“ im Rahmen der Kulturhauptstadt Linz. 2018 hat er das literarische
Parkett von der anderen Seite aus betreten und begonnen, Romane
zu publizieren. Wie kaum jemand anderem im deutschsprachigen Raum
gelingt ihm der Spagat zwischen ungeschönter Weltbetrachtung und
einem Humor, der die lautesten Lacher der Lesenden in ganz Europa
generieren dürfte – zum Beispiel, wenn sich im Roman „Jokerman“ von
2020 herausstellt, dass Bob Dylan politische Prophezeiungen der ganz
rauen Art in seinen Liedern versteckt hat und eine höchstkarätige Riege
weltweit damit befasst ist, diese Botschaften zu entschlüsseln.
Im jüngsten Roman, dem im Frühjahr erschienenen „Kilometer Null“,
schickt Kutzenberger sich selbst als Figur ans andere Ende der Welt,
nämlich ins südamerikanische Uruguay. In seiner Romanwelt, dem lateinamerikanischen
„magischen Realismus“ nicht unverwandt, ist ein Krieg
ausgebrochen, bloß anhand eines Zeitungskommentars. Der Eifer, der
ganze Kontinente erfasst, bezieht sich auf zwei konträre Glaubenssätze
– und die kommen, magischer Realismus eben!, aus der Literatur. Wer
hat recht? Die „Fiktiven“ in Südamerika? Oder die „Realen“ in Europa?
Was sich wie ein Scherz liest, ist keiner – denn die Romanfigur Kutzenberger
muss fliehen. Nach Uruguay eben. Und wie nebenbei in die literarische
Welt Südamerikas, und das, ohne jemals langatmig zu werden.
Oder auch nur banal: das Tragische im Witz nicht außen vor zu lassen,
ist ganz große Kunst.
Dieser Leichtfüßigkeit – und der Kunst, das Heitere zu finden – widmen
wir einen Abend im Rahmen des OHO-Formats „Literatur im Herbst“,
perfekt, um im frühen Herbst eine weite Reise im Kopf zu machen. Bevor
alles kälter wird.
1
Eine Veranstaltung der Pädagogischen Hochschule und
der edition lex liszt 12 in Kooperation mit dem Offenen
Haus Oberwart
16
FR., 14.10.
19:30 UHR
ICH BIN DER ANDERE
Lesung Andreas Vitásek
Eintritt: VVK € 6,– / AK € 7,– (*ermäßigt VVK € 5,– / AK € 6,–)
Andreas Vitásek: eine Kabarett-Legende. Sein Leben: ein
abenteuerlicher Ritt, in dem der kleine Andi aus Favoriten
mal in die Wiener Nachtszene der Siebzigerjahre eintaucht,
mal auf Selbstfindungstrips quer durch Europa tingelt und
nicht zuletzt im Paris der Künstlerinnen, Künstler und Bohemiens
landet – genug Stoff für erste Bühnenauftritte.
Doch es wäre nicht Vitásek, wenn er in seinem Buch neben
den Erfolgen als Kabarettist, Schauspieler und Regisseur
nicht auch die Abgründe offenlegte: persönliche Krisen und
panische Angst vor Bühnenauftritten, gebrochene Herzen,
Wochenend-Vatertum und der Versuch, vom alten weißen
zum alten weisen Mann zu werden.
Spitzfindig, tabulos und zum Weinen komisch, zugleich
poetisch und nachdenklich erzählt Vitásek von sich – und
von dem Anderen, der irgendwie auch in uns steckt.
Andreas Vitásek ist Kabarettist, Schauspieler und
Regisseur. Zahlreiche Preise: Salzburger Stier,
„Österreichischer Kabarettpreis“, Schweizer Kabarettpreis
Cornichon und Ehrenpreis des Deutschen
Kleinkunstpreises. Mit Niki Lists Filmen „Malaria“ und
dem Kinohit „Müllers Büro“ startete seine Filmkarriere.
FR., 21.10.
19:30 UHR
PANDEMIA
Lesung Rudolf Anschober
Eintritt: VVK € 6,– / AK € 7,–
(*ermäßigt VVK € 5,– / AK € 6,–)
Die erste Innenansicht eines europäischen Gesundheitsministers
in der Pandemie: Rudi Anschober schildert die Herausforderungen
des Ausnahmezustandes unter Corona.
Der Ausbruch der Corona-Pandemie steht für den Beginn
einer neuen Zeitrechnung. Weltweit erkranken und sterben
Millionen Menschen, ein Ende ist trotz Impfungen nicht
abzusehen. Jetzt berichtet erstmals ein verantwortlicher
Politiker aus dem Maschinenraum der Macht. Begeisterte
Zustimmung von der einen, leidenschaftliche Kritik von der
anderen Seite – als frisch angelobter grüner Gesundheitsminister
Österreichs stand Rudi Anschober vor einer der
größten Krisen des 21. Jahrhunderts.
Nun, einige Monate nach seinem aus Gesundheitsgründen
erfolgten Rücktritt, schildert Anschober am Beispiel
von fünf Personen – einer Intensivmedizinerin, einer Forschungskoordinatorin,
einer Long-Covid -Patientin, einer
alleinerziehenden Buchhändlerin und eines Ministers – die
beispiellosen Herausforderungen durch die Pandemie. Die
Innenansicht eines Ausnahmezustandes.
Rudolf Anschober, geboren 1960 in Wels, war Volksschullehrer
und Journalist, später langjähriger Landesrat
für Klimaschutz und Integration in Oberösterreich.
Von Jänner 2020 bis Mitte April 2021 war er Sozial- und
Gesundheitsminister der türkis-grünen österreichischen
Bundesregierung.
17
fr., 4.11.
19:30 Uhr
DER KÜHLSCHRANK SPRICHT MIT MIR
Inszenierte Revue des geschriebenen
Wortes über die Unwissenheit
Eintritt: VVK € 16,– / AK € 20,–
(*ermäßigt VVK € 14,– / AK € 18,–)
AUTORINNEN UND AUTOREN
SOWIE VORTRAGENDE:
Petra Ganglbauer
Michael Hess
Siegmund Kleinl
Sophie Reyer
Katharina Tiwald
Konstantin Milena Vlasich
Wenn der
Kühlschrank
spricht
18
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen,
Die Künstliche Intelligenz (KI) ist nicht nur in der Gesellschaft,
sie ist bei uns allen angekommen. Ob wir das wollen
oder nicht. Selbst der Kühlschrank hat heutzutage
theoretisch wie praktisch das Zeug dazu, mit uns Dialog
zu führen.
Umso dringender scheint es geboten, uns mit den Zeichen
der Zeit auseinanderzusetzen. Wir tun dies auch!
Sechs Autorinnen und Autoren aus dem Burgenland präsentieren
ihre literarisch aufbereiteten Überlegungen zu
Phänomenen eines sich längst erhebenden neuen technologischen
Zeitalters, und sie tun dies sowohl unter Rückgriff
auf das mythologische Erbe der Menschheit als auch
mit einer augenzwinkernden Portion Witz und (Galgen-)
Humor.
VERSÄUMEN SIE DIESEN ABEND NICHT,
ER WIRD IHNEN GUTTUN!
Frosty ist ein sprechender Kühlschrank und bietet
deinen Gästen Getränke und Snacks an. Er weiß zum
Beispiel Bescheid über deine Veranstaltung, begrüßt
die Besucherinnen und Besucher und unterhält sich
mit ihnen. Auf jede Frage hat er eine Antwort. Vor
allem weiß Frosty ganz genau, warum es so wichtig
ist, einen sprechenden Kühlschrank zu haben. Aus
diesem Grund erzählt er über Digitalisierung, Internet
of Things (IOT) oder deine Idee.
Auf Messen stellt er dein Produkt vor oder sammelt
Visitenkarten und Leads ein. Nebenbei ist er eine rollende
(Werbe-)Plattform. Frosty präsentiert dein Logo
und zieht alle Blicke auf sich.
Falls du eine Abendveranstaltung ausrichtest, unterstützt
Frosty das Service Personal oder präsentiert
besondere Getränke. Dabei kommt er ins Philosophieren.
Den Inhalt des Kühlschranks kannst du selbst auswählen.
Das bedeutet, du kannst Speisen und Getränke
selbst stellen oder Frosty bringt alles mit.
• Kühlschrank wird mit Getränken und Snacks befüllt
• Für Kinder und Erwachsene geeignet
• Großes Branding möglich -> erregt Aufmerksamkeit
• Kann sprechen und fährt herum
• Echte „Eins-zu-eins-Gespräche”
Gefunden unter https://www.pantomime-popkultur.de/
sprechender-kuehlschrank-frosty/
ich möchte aufgrund der damaligen wirklich schönen Erfahrung
die Runde der Autorinnen und Autoren, die mir vor zwei Jahren
Texte für das Stück „Bleib mir vom Leibe! – Erstes Österreichisches
Distanz Theater“ geschickt haben, noch einmal aktivieren!
Und durch Michael Hess erweitern.
Der Anlass: Ich plane gemeinsam mit dem Offenen Haus Oberwart
einen literarischen Abend für die heurige „Literatur im
Herbst“ im Oktober und November, der sich – sehr weit gefasst
– mit dem Thema KI, also Künstliche Intelligenz, befasst.
Da das OHO diesem Thema einen Jahresschwerpunkt widmet
und es seitens der Programmverantwortlichen dazu immer wieder
programmatische und inhaltliche Diskussionen gegeben
hat und gibt, mussten wir feststellen, dass unser Wissen zur
KI, ihrem Entwicklungsstand, dem Umfang ihres bereits vorhandenen
Einsatzes, ihrer gesellschaftlichen Wahrnehmung
und Akzeptanz etc. doch recht bescheiden ist. Letztendlich sind
wir zur Auffassung gelangt, dass genau diese Erkenntnis von
Interesse sein könnte – denn tatsächlich wird es wohl so sein,
dass es dem Großteil der Weltbevölkerung nicht anders ergeht.
Dennoch muss es legitim sein, selbst mit einem Achtel- und
Viertelwissen oder auch nur mit einem gewissen Interesse an
der Sache eine Technologie zu hinterfragen, die in manchen
Bereichen bereits mitten in unserem Leben angekommen ist, in
anderen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Zukunft der Menschheit
(mit-)bestimmen wird.
Wir haben uns schließlich entschieden, der ganzen Sache keine
wissenschaftlichen Seminare zu widmen, sondern künstlerisch,
spielerisch, satirisch, humorvoll damit umzugehen.
Ich jedenfalls stelle den von mir gestalteten und verantworteten
Abend unter das Thema
DER KÜHLSCHRANK SPRICHT MIT MIR
Eine Revue des geschriebenen Wortes über die Unwissenheit
(Wobei – nur als eine Anregung hier eingebracht – die Unwissenheit
nicht nur auf die KI selbst und die Programmierung der
Sprache des Kühlschranks bezogen sein muss, sondern auch
darauf, dass erst durch den aktuellen Krieg in Europa vielen
Menschen bekannt wurde, dass die Ukraine halb Afrika mit
Weizen versorgt bzw. bis jetzt versorgt hat und also Kühlschränke
in aller Welt schon allein aus diesem oder einem auch ganz
anderen, eher trivialen Grund gefüllt werden oder leer bleiben,
KI hin oder her …)
Ich lade dich hiermit ein, an dieser Revue teilzunehmen, und
zwar sowohl als Autorin oder Autor als auch als Vortragende
oder Vortragender an dem öffentlichen Präsentationsabend im
OHO im November oder schon davor vor Kamera. Gut möglich,
dass ich ohnehin auch wieder etwas dazu inszenieren werde
– worüber ich aber erst nachdenken kann, wenn ich die Texte
vorliegen habe.
Herzlich und in Vorfreude auf deinen Text
Peter W.
19
Der Kühlschrank ...
... DIE AUTORINNEN UND AUTOREN:
PETRA GANGLBAUER
Geboren 1958 in Graz,
Autorin, Radiokünstlerin,
Schreibpädagogin.
Lyrik, Prosa, Essays, Projektkonzeptionen,
Hörstücke, Hörspiel.
Zuletzt: Gefeuerte Sätze, Limbus, 2019. Radix
radices, ORF-Kunstradio, 2020.
MICHAEL HESS
Stammt aus Neusiedl
am See, ist
Bibliothekar an der
Burgenländischen
Landesbibliothek, Historiker mit Veröffentlichungen
zu burgenländischen zeitgeschichtlichen
Themen sowie Werbetexter
und Musikant in diversen Formationen.
Seit geraumer Zeit tritt er als Autor von
Dialektliteratur bei zahlreichen Veranstaltungen
im Burgenland auf. Michael Hess
bietet dabei vor allem mundartliche Texte,
Gedichte, Wortspielereien, Skurriles, Lieder
und allerlei Nichteinordenbares. Er hofft,
sein Publikum zum Schmunzeln, Lachen,
Nachdenken und Mitwippen bringen und
im Idealfall auch überraschen zu können.
2010 erschien sein Lyrikband „zu dicht“,
2013 folgte „laut mal laut“ und 2018 „VERS
| TAND“ – alle erschienen in der edition lex
liszt 12. www.hesstexter.at
SIEGMUND KLEINL
Geboren 1956 in Schützen
am Gebirge (Burgenland).
Studium der Germanistik
und Theologie in Wien.
Mitbegründer der NN-fabrik.
Grafische Arbeiten am Schnittpunkt
von Literatur und Kunst. Lehrtätigkeit
am Gymnasium und an der Pädagogischen
Akademie Eisenstadt. Seit 2018
freischaffender Literat und Essayist. Veröffentlichungen
(Auswahl): DorfMale. Ein
Umsinnen (1998). Eine Welt. MitTeilungen
(2002). Skripturen des Unbequemen – Der
Künstler Wolfgang Horwath, Essay-Erzählung
(2006). Ein Fußballdrama (2008) – inszeniert
in einer Film-Theaterinstallation
von Peter Wagner. Landespreis des Burgenlandes
für Literatur mit dem Prosatext
Haydns Sprache (2008). Der Ring des
Ringens (2013), Europas heiliger Krieger
(2016). Drama. Inszeniert von Peter Wagner
2016. Einfälle ins Leben. Störys (2016).
71 oder der Fluch der Primzahl. Hrsg. Siegmund
Kleinl und Peter Wagner (2016). PropheZeit
– dem Wort im Wort (2018).
SOPHIE REYER
1984 in Wien geboren. Abschlüsse in „Komposition/Musiktheater“
(M.A.), „Szenisch
Schreiben“ (Diplom), Studium „Drehbuch
und Filmregie“ an der Kunsthochschule für
Medien Köln, seit 2017 Doktor der Philosophie.
Hat bereits zahlreiche Theaterstücke
sowie Romane geschrieben, die u.a. bei
S. Fischer, Edition Atelier oder Czernin erschienen.
Sie erhielt u.a. 2010 und 2013
den Literaturförderpreis der Stadt Graz
und 2013 den Preis „Nah dran!“ für das
Kindertheaterstück „Anna und der Wulian“.
Reyer gibt zudem Lehrgänge an der
Uni für Film-, Medien- und Theaterwissenschaft
Wien und hat eine Fixprofessur für
„Creative Writing“ an der Pädagogischen
Hochschule Hollabrunn. Zuletzt erschienen:
„Die Freiheit der Fische“ (Czernin Verlag
2019), „Veza Canetti – eine Biographie“
(Verlag Königshausen und Neumann) und
„Wiener Sagen neu erzählt – 111 Sagenorte“
(Emons 2019). In Arbeit: „Adelhaid“
(Emons 2020). Letzte Uraufführungen:
„Alien“ (Schauspielhaus Wien) und „Erster
Schnee“ (Landestheater Linz).“ Auf der
Shortlist für den Österreich Buch Preis mit
„Mutter brennt“ 2019.
KATHARINA
TIWALD
Hat zuletzt ihre
Theaterarbeiten
(von „Dorf.
Interrupted“ 2006 bis „Caruso. I did it my
Wegas“ 2019) in die Prosa verlegt und mit
„Macbeth Melania“ (2020, Milena) einen
Roman über das Theatermachen – auch in
der Politik – geschrieben. Sie gibt Sammelbände
heraus (u.a. „Berührungen – Hertha
Kräftner zum 80. Geburtstag“, 2008), veröffentlicht
Erzählungen, Lyrik, Reiseberichte
und Essays. Theaterstücke waren
im OHO (Offenes Haus Oberwart), im Theater
Drachengasse, im OFF-Theater und
Kosmostheater zu sehen. Geboren: 1979
in Wr. Neustadt. Studium: Linguistik und
Russisch. Mehrere Preise und Stipendien,
u.a. Hans-Weigel-Literaturstipendium des
Landes NÖ, Burgenländischer Literaturpreis,
Publikumspreis des Theaters Drachengasse.
2023 Uraufführung der Oper
„Daphnes Garten“ durch klagenfurter ensemble
und Theaterinitiative Burgenland.
KONSTANTIN
MILENA
VLASICH
Jg. 1992
2020 – In Erarbeitung Performance – „Freiheitsdurst“
– „svit je igrališće u Kaisermühlenu“
auf ORF Radio Burgenland
2019 – Dramaturgieassistenz am Burgtheater
– „die Edda“ – Text und Performance
„Gedenkjahr XXX9“
2018 – Sprecher Biografie-Performance
„Hanna & Käthe“. – „Sommermärchen eins
zwei drei“ in der Sammlung Junge Literatur
Burgenland 1 – edition lex liszt 12.
2018 und 2019 Stipendium Künstleratelier
Paliano – Nicht Fiktives als freier Journalist
(novi glas, Falter, Progress, ORF, Radio OP).
20
Vortrefflich
belesen
Die Blattwerk-Bücherecke informiert Sie in
jeder Ausgabe über interessante Neuerscheinungen.
Die vorgestellten Bücher erhalten Sie unter www.lexliszt12.at
und natürlich im gut sortieren Buchhandel!
ZUGVÖGEL SIND WIR
Karin Ivancsics / Verschiedene Prosa
Karin Ivancsics’ „Zugvögel sind wir“ versammelt Texte, die sich mit Heimat
und Fremde auseinandersetzen, geprägt von einer Kindheit am
Eisernen Vorhang und Erfahrungen als Reisende quer durch Kontinente. In
ihrer Titelgeschichte erzählt sie von der Lust am Reisen und dem Müssen
von Flucht, reflektiert über Migration, Klimawandel und die Auswirkungen.
„In poetischen Bildern und beklemmenden Visionen schreibt die
Autorin über die Angst vor unserer eigenen Unbehaustheit“, so Michaela
Frühstück, ORF. Als weiteres Motiv zieht sich die Beschäftigung mit der
nach wie vor prekären Situation von Frauen weltweit durch die stilistisch
unterschiedlichen Prosatexte. In kraftvollen Monologen kommen sexueller
Missbrauch oder Vorurteile gegenüber Fremden an die Oberfläche und
zur Sprache, ein fiktiver Dialog erzählt eindrücklich von einer arabischen
Prinzessin aus Ostafrika – Realität und Dichtung verschmelzen. Oder sie
lässt den „Taugenichts“-Autor Josef von Eichendorff zeitversetzt und mit
einem Lied auf den Lippen durch das Burgenland vor 100 Jahren ziehen …
01 ZUGVÖGEL SIND WIR
Coverbild: Willy Puchner / Nachwort: Katharina Tiwald
edition lex liszt 12 / € 19,80 (zzgl. Versand) / ISBN: 978-3-99016-232-3
FLUCHTTIERE
Elisabeth Lexer / Novelle
Elsa hat nach ihrer gescheiterten Ehe in einem
beklemmenden dörflichen Umfeld einen Neuanfang
mit Adam gewagt. „Fluchttiere“ erzählt von ihren
Versuchen, Orte und Erinnerungen hinter sich zu
lassen, um ein anderes, besseres Leben zu entwerfen.
Elisabeth Lexer verhandelt in dieser Liebesgeschichte
auch die wechselseitige Verbindung von Mensch und
Natur. Sie liefert eine eindringliche Erzählung über
Entfremdung und Scham und das berührende Porträt
einer alternden Frau und ihres Ringens um die Frage:
Was ist aus uns geworden – und warum?
02 FLUCHTTIERE
Coverbild: Alina Kunitsyna
edition lex liszt 12 / € 19,00 (zzgl. Versand)
ISBN: 978-3-99016-229-3
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22
UND SIE SAGT ZU MIR: ICH WEISS NICHT, WAS
MIT DIR LOS IST. DU BIST IN LETZTER ZEIT SO KÜHL.
DAMIT HAT SIE MICH EISKALT ERWISCHT. BITTE,
SAG ICH, BITTE REDUZIER MICH NICHT IMMER AUF
MEINE INNEREN WERTE. DABEI WEISS ICH DOCH
GENAU, DASS MIT MEINEM INNEREN ETWAS NICHT
STIMMT. KENNST DU DAS GEFÜHL, FRAGE ICH SIE,
ALS WÜRDE TIEF IN DIR DRINNEN ETWAS
VERDERBEN? KENNST DU DAS? ALLES, WAS MICH
AUSMACHT,VERSTEHST DU, IST VERGÄNGLICH.
HAT EIN ABLAUFDATUM.
WEISST DU, MANCHMAL TRÄUME ICH NACHTS
DAVON, DASS ICH INNERLICH VERSCHIMMLE.
VERGAMMLE. DANN WACHE ICH EISGEBADET
AUF UND MIR LÄUFT EIN KALTER SCHAUER ÜBER
DIE RÜCKWAND. NICHTS HÄLT EWIG, SAGST DU.
UND DAS IST MIR KLAR. ABER WAS BLEIBT
VON MIR? AUSSER MEINER HÜLLE AUS FRISCH
GEBÜRSTETEM CHROM.
Ausschnitt aus einem Text von Michael Hess, verfasst für die
Performance „Der Kühlschrank spricht mit mir“.
WERKAUSSCHNITT „EAT ME UP AND SPIT ME OUT“ VON GERNOT STEINDORFER
23
HEAD OF
DATA SCIENCE
Paul Tiwald hat einen Doktortitel in technischer Physik
und sich abseits des Studiums im Bereich Programmieren,
Künstliche Intelligenz und Data Science fortgebildet.
Heute ist er Head of Data Science bei „Mostly AI“, einer
jungen Firma, deren Produkt mithilfe von Künstlicher
Intelligenz große synthetische Datensätze herstellen kann.
Das ist für Firmen wichtig, die auf Datenschutz achten.
Viele Menschen haben eine mythisch angehauchte Vorstellung
davon, was Künstliche Intelligenz ist – angeheizt von
Berichten darüber, was KI inzwischen alles kann. Dabei ist
doch alles ganz einfach, oder? Simpel gefragt: Was ist KI?
Paul Tiwald: Der Begriff KI ist eigentlich sehr dehnbar. Man könnte
sagen: Wo der Computer Aufgaben für den Menschen übernimmt
– zum Beispiel Steuerungsprogramme für die Heizung –, können
wir schon von einer Form von Künstlicher Intelligenz sprechen:
Die Heizung schaltet sich ein, wenn die Temperatur unter einen
bestimmten Punkt fällt. Eine sehr einfache Form, aber es ist Automatisierung,
ein Element, wo eine Maschine Arbeit für den
Menschen übernimmt. Da gibt es smartere und weniger smarte
Programme oder Lösungen.
Selbstfahrende Autos sind ein schönes Beispiel. Die ersten Varianten
waren genauso regelbasiert: Wenn ein Auto da ist, hast du
diese und jene Geschwindigkeit, wenn die Kurve da ist, fährst du
rum. Dann hat man gemerkt: Das so zu lösen, ist ein sinnloses Unterfangen,
viel zu komplex. Dann sind Deep-Learning-Netzwerke
aufgekommen: Solche Konstrukte, hat man gemerkt, funktionieren
besser.
Unter Deep Learning kann sich die Allgemeinheit wahrscheinlich
noch weniger vorstellen. Wie funktioniert das konkret?
Deep Learning passiert dort, wo schwierige Aufgaben übernommen
werden sollen, zum Beispiel eben ein Auto selbst fahren
zu lassen. Das ist nicht explizit regelbasiert und geht mit einem
Paradigmenwechsel im Programmieren einher, nämlich von regelbasiert
zu nicht regelbasiert. Auf der Code-Ebene ist der Paradigmenwechsel
sichtbar: Klassisches Coding ist regelbasiert, das ist
auch nach wie vor weitverbreitet und dominiert, sicher mehr als 99
Prozent aller Programme sind klassisch regelbasiert geschrieben
(nach dem Wenn-Dann-Prinzip). Manche Aufgaben sind so aber
sehr schwer zu fassen.
Beim Deep-Learning-Ansatz gibt man ein Modell vor, das macht
man schon händisch. Dieses Modell hat freie Parameter, die optimiert
werden müssen, sodass das Modell die Aufgabe bestmöglich
erfüllen kann.
Zum Beispiel zeigt man beim Programmieren von selbstfahren-
24
Viele Menschen fühlen Panik in sich aufsteigen, wenn
sie an die Zukunft denken und sich vorstellen, dass
Künstliche Intelligenz sie zum Beispiel aus ihrer Arbeit
drängt.
den Autos dem Modell ein Bild und sagt: Wenn du diese
Kurve siehst, musst du das Auto abbiegen lassen. Aufgabe
des Modells ist, herauszufinden: Was muss das Auto als
Nächstes tun? Das Auto kriegt das Bild, denn es hat eine
Kamera auf dem Dach und Sensoren. Basierend auf den
Bildern sagt das Modell, was das Auto als Nächstes tun
soll. Der Mensch muss im Programmiervorgang annotieren
und sagen: Bei dem Bild muss das Auto bremsen, bei
diesem rechts abbiegen, bei Stopptafel stehenbleiben. Der
Autopilot wird also mit riesigen Datenmengen trainiert, und
so werden die freien Parameter im Modell immer weiter
angepasst.
Ein anderes Beispiel: Das Modell bekommt Daten von einer
bestimmten Person – Alter, Geschlecht etc. – und soll voraussagen:
Kauft der Mensch in den nächsten drei Monaten
ein iPad? Oder ein Modell soll die nächste beste Aktion in
einem Videospiel prognostizieren: Das kann es am besten,
wenn man ihm ein Bild gibt.
Der wichtige Schritt in diesem Paradigmenwechsel ist dieser:
Im klassischen Kodieren überlegt sich der Mensch diese
Regel und schreibt sie hin; bei Machine Learning ist es
so, dass das datengetrieben ist. Du sammelst Daten – von
Menschen, die ein iPad kaufen, und Menschen, die keines
kaufen, und dann muss das Modell herausfinden, wie es
die Unterscheidung macht.
Viele fragen das ... es wird wirklich, wirklich, wirklich disrupted
werden (Anm.: „disrupted“ heißt wörtlich „durcheinandergebracht“
oder „gestört“, der Begriff wird in der
Wirtschaft im Zusammenhang mit tiefgreifenden Formen
von zumindest geplanter Innovation verwendet). Wenn die
Programme immer besser werden, werden sicher einige
Arbeitsplätze anders sein oder es wird sie in dieser Form
nicht mehr geben. Der Lastwagen hat die Arbeit von vielen
Leuten geändert – und bei Deep Learning kriegst du auch
ganz andere Berufsgruppen. Es gibt diese generativen Modelle
– zum Beispiel Dall-E: Man gibt dem Programm eine
Beschreibung und es macht eine Zeichnung dazu, das wird
das Feld der Grafikdesignerinnen und -designer betreffen.
Es gibt auch top Sprachmodelle, es ist irre, was die können.
Texte schreiben, Musik machen, Content generieren. Zum
Beispiel: Man füttert der Künstlichen Intelligenz den Werbefilm
und sie macht eine Musik dazu. Das wird vielleicht noch
ein bisschen dauern, ist aber durchaus denkbar. Woran
auch schon gearbeitet wird, ist, dass Computerprogramme
selber coden. Wenn du dann nur mehr einen Text schreiben
musst, der beschreibt, was der Computer tun soll, die
KI liest das, versteht den Text und schreibt das Programm.
In dieser Form ist so etwas noch nicht erhältlich, aber es ist
nicht unmöglich, dass so etwas kommt. Wird es uns dominieren?
Es sind Menschen, die das betreiben, Menschen,
die das bauen – eine solche Dominanz ist, glaube ich, ein
bisschen illusorisch. Wir sind weit, weit weg davon und
können auf dem Weg sicherstellen, dass wir die Oberhand
behalten und nicht dominiert werden.
Welche Rolle spielt denn Künstliche Intelligenz, wenn
es um Kunst geht?
Es gibt generative Netzwerke, die Bilder zeichnen – da sind
auch schon welche versteigert worden um einen Haufen
Geld –, und es gibt Transfer-Learning-Sachen, wo man der
KI sagt: Du hast ein Foto und sagst, mach mir das Bild im
Stil von, zum Beispiel, Munchs „Schrei“, das ist ein Deep-Learning-Tool.
Was Kreativität ist, ist ein superspannendes Thema. Es gibt
Programme, die schreiben Texte, welche, die Musik machen
oder Bilder malen – da sind keine Grenzen gesetzt,
von der Künstlerin oder dem Künstler her und von der
Technik her und es ist superspannend zu sehen, was die
Technik macht. So viel Input und so viel Wissen wie die
Maschine kann ein Mensch nicht haben. Dafür schaffen wir
Menschen es wirklich gut, zu verallgemeinern. Wir brauchen
nur ein Bild einer Katze zu sehen und wir wissen das
nächste Mal, auch wenn die Katze anders aussieht: Das
ist eine Katze. Mit so was hat die KI noch Schwierigkeiten.
Und dann ist noch sehr spannend, wie ein „Interface“ aussehen
kann, also wie man die menschliche Kreativität mit
Machine-Learning-Methoden zusammensetzen kann. Da
kann man ja Sachen ausprobieren.
25
do, 10.11.
20:00 Uhr
OPEN SOURCES – OFFENE QUELLEN
Bühne für junge Künstler*innen
Eintritt frei
Open Sources – Offene Quellen nennt sich unser neues
Kooperationsprojekt mit der KUG – Kunstuniversität Graz
– Institut Oberschützen, Haydn Konservatorium, dem
Burgenländischem Musikschulwerk, dem OHO und KIBu
– Komponist*innen und Interpret*innen im Burgenland.
Der Begriff „Open Sources“ ist aus der Computerbranche
entlehnt und bezieht sich hier auf die jungen Künstlerinnen
und Künstler als Quelle als auch auf die Offenheit in allen
Stilrichtungen.
Wir wollen eine Bühne bieten, auch als Experimentierfeld
für Selbstgestricktes und Nachgemachtes, ohne Konventionen
der Selbstdarstellung, heraus aus den Räumlichkeiten
der Bildungseinrichtungen und der Wohnzimmer,
ohne Wettbewerbscharakter, um in der burgenländischen
Musikszene nachhaltige Impulse zu setzen. Bühne und
Equipment stehen bereit, ein Video für Social Media wird
mitgeschnitten und zur Verfügung gestellt.
Zum Auftakt haben wir junge Musikerinnen und Musiker
aus verschiedenen Stilrichtungen und unterschiedlichen
Alters eingeladen.
Eine Kooperation von KIBu, Musikschulwerk Burgenland, dem Institut
Oberschützen der Musikuniversität Graz, dem Haydnkonservatorium
und dem Offenen Haus Oberwart
26
GERNOT STEINDORFER „MACHINA“
fr, 11.11.
20:00 Uhr
„VERWAHRLOST ABER HIGH“
Kabarett Günter Schütter
Eintritt: VVK € 18,– / AK € 22,– (ermäßigt VVK € 16,– / AK € 20,–)
Gott und der Teufel haben Schütters Exzesse satt.
In einem noch nie da gewesenen Tribunal werden
Schütter die Leviten gelesen. Bis eine übergeordnete
Instanz auftaucht. Sein eigentlicher Feind. Und
dann geht´s richtig rund! Alle drei stellen ihm eine
fast aussichtslose Aufgabe. Er muss ein Kabarettprogramm
auf die Bühne bringen – mit Auflagen!
Viel Zeit bleibt ihm nicht!
Nach 12 Jahren Arbeit ist es endlich so weit. Das
Szene-Urgestein Günter Schütter bringt eine bitterböse,
autobiografische Show auf die Bühne.
So, 13.11.
17:00 Uhr
7X DIGITAL
Vernissage und Ausstellung
Eintritt frei
„Herr Schütter, wie haben Sie dieses Programm
jetzt so schnell geschrieben?“ „Ich erzähle einfach
aus meinem Leben. An das, was ich mich halt noch
erinnern kann.“
Günter Schütter: geboren 1977 in Pinkafeld.
Erste Kabarettversuche 2008. 2010 Finale Grazer
Kleinkunstvogel, 2012 Finale Hirschfänger
Wuchtel. Kulturmanager, Musiker, Kabarettist.
2022 Premiere des ersten abendfüllenden Kabarettprogramms.
Im Rahmen seines digitalen Herbstschwerpunktes präsentiert das
OHO in dieser Ausstellung Arbeiten verschiedenster bildender
Künstler*innen, die sich in ihrer Kunst digitaler Mittel bedienen: Sie
setzen Algorithmen oder andere digitale Verarbeitungsprozesse
ein oder nehmen direkt Bezug auf digitale Prozesse oder Devices.
Foto © Ingo Pertramer
Als Kunsthaus ist es uns ein großes Anliegen zu zeigen, dass wir
digitalen Entwicklungen eben nicht, wie viele das befürchten,
hilflos ausgeliefert sind. Kunst bedeutet auch das: Sich digitale
Möglichkeiten zu Eigen zu machen und sie in die eigene kreative
Arbeit zu integrieren.
BETEILIGTE KÜNSTLERINNEN UND KÜNSTLER:
LIA: digitale prozessbasierte Videoanimationen
Julian Palacz: interaktive Sound- und Bildinstallation
Stefan Kutzenberger: Text zu Bild; KI-generierte Bilder
Decentralized AI Collective (internationales Künstlerkollektiv):
Experimente mit KI-Bildprogrammen
Michaela Putz: Arbeiten mit Deviseoberflächen
Patrick Baumüller & Gerald Roßbacher: animiertes KI-
Videoprojekt
Gernot Steindorfer: digitale prozessorientierte Bildgestaltung
27
VON VERTEUFELTEN
BÜCHERN UND JENEN,
DIE SIE SCHREIBEN
Katharina Tiwald
Der 15. November ist der Gedenktag für Schriftstellerinnen
und Schriftsteller, die ihrer Werke wegen inhaftiert
sind. Manche sitzen zwar nicht hinter Gittern, sind aber
auf andere Weise „gefangen“, stehen unter Polizeischutz
oder werden Opfer von Mordanschlägen, wie im August
dieses Jahres Salman Rushdie.
Am 12. August stürmte ein junger Mann eine Bühne im US-Bundesstaat
New York. Mehrere Male stach er zu: in den Hals, in den
Bauch, in die Beine. Sein Opfer, das schwer verletzt überlebt hat,
ist Salman Rushdie, indischstämmiger Autor des Romans „Die
satanischen Verse“.
Dieser Roman und sein Autor haben ihren weltweiten Ruhm leider
nicht nur der unbestritten hohen literarischen Qualität zu
verdanken, sondern der Tatsache, dass der iranische Revolutionsführer
Ayatollah Khomeini 1989 eine Fatwa erließ. Eine Fatwa ist
eigentlich eine Rechtsmeinung; diese konkrete forderte Muslime
weltweit auf, Rushdie (und alle, die an der Publikation des Buches
beteiligt waren) zu töten. Warum? Er habe, so Khomeini, „den
heiligen Glauben des Islam beleidigt“.
Schlägt man das inkriminierte Buch auf, findet man sich in einer
Geschichte wieder, die in ihrer Machart an Bücher wie „100 Jahre
Einsamkeit“ von Gabriel García Marquez oder „Das Geisterhaus“
von Isabel Allende erinnern: Magischer Realismus ist der Überbegriff
für diese literarische Richtung. Hier schwappt das Wunderbare
ins Reale über, bei Rushdie sind es gleich zu Beginn zwei
Figuren, die einen Flugzeugabsturz überleben.
Es handelt sich – wie übrigens bei Rushdie selbst – um zwei Inder,
einer ein Bollywoodstar, der andere ein Schauspieler, der, höchst
assimiliert und trotzdem diskriminiert, seine Karriere in England
verfolgt. Nach ihrer Landung an der Küste Englands bemerken sie
wundersame Transformationen an sich: Der Bollywoodstar, Gibreel,
entwickelt einen Heiligenschein, der andere, Saladin, Hörner
und Hufe. Gut versus
Böse – aber so
einfach ist die Sache
nicht.
Gibreel beginnt zu träumen, träumt Geschichten von Pilgern, die
von einer Wolke aus Schmetterlingen begleitet werden, von einem
radikalen Imam, der in London mit Bodyguards unterwegs
ist – oder von einem Propheten, der auf einem Berg die Botschaft
Gottes erhält, vermittelt durch den Erzengel Gabriel, der auf Arabisch
eben Gibreel heißt.
Rushdie gelingt es in fabelhaften Volten, dieses Geschehen der
Prophezeiung in poetischer Dichte zu schildern, wenn der Träumende
gleichzeitig Engel und Prophet ist und die beiden ineinander
zu verschmelzen scheinen – eine wohl treffende Beschreibung
mystischer Erfahrung. Aber da gibt es auch eine andere Seite:
nämlich das historische Setting. In einem der Traumsequenzen
beobachtet Gibreel die gealterten Anhänger des Propheten. Einer
davon hat aufgemuckt und äußert sein Unbehagen darin, wie
wirtschaftlich und regelhaft die göttlichen Botschaften lauten –
und wie sehr ihn das daran erinnere, dass der Prophet selbst ein
Händler gewesen sei. Wie passgenau der Engel sich äußere bei
jedem Disput – und zwar nach dessen Ausbruch.
Es dürften diese historisierenden Passagen gewesen sein – wie
auch jene über den Imam –, die Khomeinis Zorn geweckt haben.
Leider sind Fundamentalisten unfähig, Mehrdeutigkeit zu ertragen;
in der Literatur ist gerade sie ein Merkmal davon, dass jemand sein
Handwerk versteht. Auch die Historisierung der Offenbarung ist in
diesem Milieu blasphemisch. Der deutsche islamische Theologe
Mahound Khorchide, der seit 2012, nach der Publikation seines Buches
„Islam ist Barmherzigkeit“ Morddrohungen erhält, erinnert an
den sudanesischen Gelehrten Mahmoud Mohammed Taha. Wegen
Tahas Aufforderung, den Koran historisch-kritisch zu lesen, wurde
er zum „Apostaten“ erklärt, also zum Abtrünnigen vom Glauben.
Vor dreitausend Zuschauern wurde er gehängt – das war 1985.
Historisch belegt sind auch Erzählungen, die in den ältesten Biografien
des Propheten Mohammed, also im 9. Jahrhundert, fest-
28
gehalten sind und später nur mehr ungern bis gar nicht tradiert
wurden. Mohammed habe eines Tages verkündet, drei vorislamische
Göttinnen seien „erhabene Kraniche“, auf ihre Fürsprache
dürfe man hoffen – etwas, das in der Mehrheitsgesellschaft mit
ihrem Vielgottglauben durchaus gut angekommen sein dürfte.
Tags darauf, so die frühen Biografen, habe er revidiert: Der Engel
Gabriel habe ihm zu verstehen gegeben, dass diese Verse ihm vom
Satan eingegeben worden seien. Diese sogenannten „satanischen
Verse“ sind es, die Rushdies Buch seinen Titel gaben.
Auch die berüchtigte Fatwa hat historische Gründe, nicht nur religiöse:
Im Krieg mit dem Irak musste der bereits todkranke Khomeini
einsehen, dass sein Dogma, nicht zurückzuweichen, nicht zu halten
war – also musste ein Katalysator her, um die Gemüter von der
kommenden Niederlage abzulenken.
Dabei treffen Rushdies Schilderungen der Identitätskrisen, die
seine zwei indischen Helden mit ihren Leben auf zwei Kontinenten
durchmachen, sicher bis ins Mark. Genauso wie die Szenen, in
denen es um das elementarste Ereignis des Lebens geht – nämlich
den Tod.
Rushdie ist wohl eines der prominentesten Opfer ideologischer
Fanatiker. Weltweit beobachtet der internationale PEN-Club, der
sich dem Schutz inhaftierter Schreibender verpflichtet hat, regelmäßig
zwischen 700 und 900 Fälle. Eine automatische Verbindung
zum Islam zu schlagen, greift viel zu kurz: Überall dort, wo eine
Idee ins Fundamentale ausartet, werden jene unterdrückt, die
dieser Idee ein anderes Gesicht geben.
fr., 18.11.
Anna Dirnberger: piano, vocals
Tanja Süss: cello
Raphael Schwab: double bass
Johannes Bohun: drums, percussion
LUNOVI lässt die Grenzen zwischen Jazz, World Music
und Soul Pop mit Unbefangenheit hinter sich.
Komplexe Rhythmen, irisierende Harmonien und
lebendige Melodien berühren die Sinne, geschöpft
aus unterschiedlichsten Traditionen: Einflüsse osteuropäischer
und nahöstlicher Folklore verbinden
sich mit jenen von Funk, Soul, Ethno Jazz oder auch
südindischem Konnakol.
20:00 Uhr
LUNOVI
Konzert: Jazz Rock Soul
Eintritt: VVK € 18,– / AK € 22,– (ermäßigt VVK € 16,– / AK € 20,–)
29
DIE WELT
BRAUCHT
FAKTEN
von Nicole Mühl
Was geschieht mit einer Welt, in der die Wahrheit
nicht mehr akzeptiert wird? Wenn die Grenze zwischen
seriöser Berichterstattung und hetzerischen
Fake News aufgehoben wird? Allein der Ansatz einer
Vorstellung von einer solchen Welt verdeutlicht, wie
wichtig es ist, die Medienkompetenz der Gesellschaft
zu fördern und zu stärken. Darum geht es hier. Wie
jede und jeder Einzelne eine Nachricht überprüfen
und Fake News erkennen kann. Die Basics.
Social-Media-Plattformen sind unkompliziert, einfach zu
bedienen – und gefährlich. Eine Meldung auf Facebook
verbreitet sich in Sekunden wie ein Lauffeuer. In diesem
Fall ist es ein Video, in dem ein Mann über leere Bierdosen
und Schmierereien in einem Zug schimpft. Geflüchtete aus
der Ukraine werden für diese Verunstaltung verantwortlich
gemacht. Sogar ins Waschbecken und auf den Boden sollen
sie „gepisst“ haben. Das Video wird x-fach auf den Socia-l
Media-Kanälen geteilt.
Die Information, die dabei transportiert wird, ist weder
überprüft, noch ist sie richtig.
Ein Faktencheck ergibt, dass es offenbar Fußballfans waren,
die den Schaden verursacht haben. Kein einziger Fall
sei laut dem zuständigen Verkehrsministerium bekannt,
bei dem es zu unerwünschten Vorfällen mit ukrainischen
Geflüchteten gekommen sei.
Solche Videos und Bilder sind auch 2015 im Zuge der
Flüchtlingswelle aufgetreten. Später wurden sie der Fridays-for-Future-Generation
zugeschoben. Immer wieder
konnten Überprüfungen die Inhalte widerlegen. In solchen
Fällen spricht man von Hybrid Fakes. Die Bilder bzw. Videos
sind echt. Es gibt sie – eben nur in einem völlig anderen
Zusammenhang. Es sind Aufnahmen von hinterlassenen
Müllbergen beispielsweise nach einem Konzert, Fußballspiel
etc., die man für hetzerische Zwecke missbraucht.
Besonders die Social-Media-Plattformen sind Nährboden
für Falschmeldungen. Im Gegenzug werden anerkannte
Medien als unseriöse Quellen diskreditiert. Gerade während
der Corona-Pandemie wurde dies deutlich. Doch wie
kann der bzw. die Nachrichtenkonsumierende eine Information
auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen?
EIGENVERANTWORTUNG
BEIM LESEN VON NACHRICHTEN
Es liegt in der Natur des Menschen, ein Umfeld zu suchen,
das der eigenen Meinung entspricht und diese bestätigt.
Automatisch suchen wir daher auch nach Nachrichten, die
unsere eigene individuelle Position unterstreichen. Das
Bewusstsein darüber ist der erste Schritt, sich selbst und
den eigenen Nachrichtenkonsum kritisch zu betrachten
und achtsam zu sein.
Reißerische Schlagzeilen und eine emotionale Sprache sind
ein sicheres Zeichen, dass die Nachricht in eine bestimmte
Richtung drängt und Falschinformationen enthält. Und leider
wirken gerade solche Nachrichten im Netz besonders:
Je emotionaler sie sind, umso mehr werden sie verbreitet.
Deshalb ist es wichtig, Inhalte, die fragwürdig erscheinen,
keinesfalls ungeprüft weiterzuleiten.
WEITERE BASIC-CHECKS
Seriöse Quellen sind jene, die neutral berichten. Ein neutraler
Bericht muss die typischen journalistischen Fragen
beantworten: Wer, Was, Wo, Wann, Wie, Warum. Fake News
drängen mit Schlagworten in eine gewünschte Richtung.
Hetzerische Meldungen scheitern aber meist schon an der
Prüfung der sieben W-Fragen. Sie haben nur sechs gezählt?
Richtig! Die siebente ist die Quelle. Woher kommt die Nachricht?
Wie transparent ist diese? Wer steckt dahinter? Erst
wenn diese bekannt ist, wird die Nachricht vollständig.
BILDERFALLE
Besondere Vorsicht gilt, wenn ein Bild oder Video auf den
Social-Media-Kanälen mit einem hetzerischen Text verbreitet
wird. Die Rede ist dann von einem „Hybrid Fake“, denn
hier passen Bild und Text nicht überein (Sie erinnern sich
an die eingangs erwähnte Szene). Das Bild wurde tatsächlich
aufgenommen, es ist echt – aber nur eben in einem
anderen Zusammenhang. Die „umgekehrte Bildersuche“
von Google ist eine der Suchmaschinen, die diese Fakes
sehr schnell aufdeckt.
Deepfakes – manipulierte Bilder und Videos, die täuschend
echt aussehen und meist dazu genutzt werden, um Politikerinnen
und Politikern falsche Aussagen in den Mund
zu legen – sind da schon schwieriger zu erkennen. Aber
mit Hilfe von Suchmaschinen kann überprüft werden, ob
diese Nachricht in dieser Form auch in anderen Medien
vorkommt. Übrigens: Bereits eine Googlesuche unter dem
News-Reiter zeigt weitere Berichte an.
30
sa, 19.11.
19:00 Uhr
30 JAHRE Edition Lex Liszt 12
Ein Fest mit mit Autor*innen,
Musiker*innen und Bildenden
Künstler*innen der edition lex liszt 12
Eintritt frei
Nicole Mühl hat Qualitätsjournalismus studiert.
Sie ist Herausgeberin der Monatszeitung prima! und
Autorin bei Mimikama.
FAKE NEWS ERKENNEN
Inzwischen gibt es einige seriöse und anerkannte Faktencheck-Plattformen
wie Mimikama, die Nachrichten überprüfen
und meist schon etwas zu einem aufflammenden
Thema geschrieben haben. Wer mit der eigenen Überprüfung
der Basics nicht weiterkommt, findet hier sicherlich
Antwort. Man kann auch eine Anfrage an das Team richten,
das die Meldung dann prüft und den Faktencheck veröffentlicht.
Kurzcheck
• WIE IST DIE EIGENE EINSTELLUNG?
Selbstreflexion ist wichtig! Nur so kann man die
Nachricht richtig einschätzen.
• WIE SERIÖS IST DIE QUELLE? Wer steckt dahinter?
Gibt es ein Impressum? Wie transparent ist es?
• NEUTRALER BERICHT ODER MEINUNG?
Werden die W-Fragen (Wer, Was, Wo, Wann, Wie,
Warum, Woher stammt die Nachricht – siehe
Quelle) beantwortet? Ist es ein Meinungsbeitrag
mit wenig Inhalt? Wird eher mit Schlagzeilen
gearbeitet? Dann Vorsicht!
Formulierungen, die auf Falschmeldungen
hinweisen: reißerische Sprache, emotionale
Begriffe („schrecklich“, „unfassbar“ …), Schüren
von Angst, Verallgemeinerungen („Alle …)
• GEGENCHECK MACHEN: Hat schon wer
darüber geschrieben? Eine Googlesuche unter
dem News-Reiter hilft.
• BILDERCHECK: Gehört das Bild überhaupt zum
Text? Die Rückwärtssuche für Bilder ist eine
einfache Überprüfung (www.images.google.com,
weitere Tipps auf https://www.mimikama.at/
aktuelles/der-richtige-umgang-mitfalschbehauptungen/).
• FILTER IN SUCHMASCHINE NUTZEN: Zeitfilter
verwenden. Oft stellt sich heraus, dass die
Nachricht schon alt ist.
• EINEN EXPERTEN / EINE EXPERTIN FRAGEN:
Fact-Checking-Websites nutzen.
Eine Veranstaltung der edition lex liszt 12 in
Kooperation mit dem Offenen Haus Oberwart.
Autorinnen und Autoren:
JUNGE LITERATUR – Band 6: CLARA HEINRICH /
THOMAS HOFER / KATHARINA KÖLLER / CHRISTOPH
REICHERMARTINA JAKOBSON –
Hier biegen wir ab. Gedichte
ELISABETH LEXER – Fluchttiere. Novelle
ANTON ZIMMERMANN – Die Landschaften des
Dr. Blumfeld. Roman
WALTER REISS – Der Müller als Kapitän.
Leben und Traum des Joni Stipkovits.
Eine burgenländische Biografie
SABINE KRITSCH-SCHMALL /
EVA MALTROVSKY – Kunst-Orte. Inspirierende
Streifzüge durchs Burgenland
KURT PIEBER / RUDOLF HOCHWARTER –
Lafnitz. Grenzfluss mit Geschichte und Geschichten.
Bild-Text-Band
RUDOLF KARAZMAN – Nikitsch/Filež – leben und
lieben an der Grenze. Erzählung mit Musik
KARIN IVANCSICS – Zugvögel sind wir.
Verschiedene Prosa
Fotoausstellung: Kurt Pieber „Lafnitz“
Musik: Schilfgürtel
Unter www.hoaxsearch.com kommt man zur
Suchmaschine von Mimikama und kann überprüfen,
ob es zu einem bestimmten Thema bereits
eine seriöse Analyse gibt.
Findet sich noch nichts zu diesem Thema,
können Sie eine Anfrage schicken. Mehr dazu auf:
www.mimikama.at.
31
do., 8.12.
18:00 Uhr
KLEINKUNST ZUR WEIHNACHTSZEIT
Eröffnung der Verkaufsausstellung
Eintritt frei
Auch in diesem Advent bieten wir die Möglichkeit,
Werke heimischer Künstler*innen zu erwerben.
Namhafte burgenländische Künstler*innen bieten ihre Arbeiten
über das Offene Haus Oberwart an. Die Kunstwerke
kosten maximal € 400,– und werden über die OHO-Website
sowie über unsere Social Media Kanäle vorgestellt.
Die Ausstellung ist vom 9. bis einschließlich 18.12.2021
in der OHO-Galerie zu besichtigen!
Dienstag bis Freitag 14:00 bis 18:00 Uhr, Samstag 10.00 bis
18:00 Uhr, Sonntag 14:00 bis 18:00 Uhr
Auf dieser Seite können Sie die Ausstellung aber auch gemütlich
via Bildschirm besichtigen und mit dem Erwerb der
Kunstwerke gleichzeitig die burgenländischen Künstler*innen
in diesen schwierigen Zeiten unterstützen.
Nutzen Sie die Möglichkeit, einmal ein Weihnachtsgeschenk
der besonderen Art für Ihre Lieben zu besorgen und dabei
bewusst die Künstler*innen des Landes zu unterstützen!
Die teilnehmenden Künstler*innen und Ihre Werke finden
Sie ab Anfang Dezember auf unserer Website: www.oho.at
SA., 3.12.
20:30 Uhr * Einlass 19:30 Uhr
TRADITIONELLER ROMA-ADVENT 2022
KHETANPERIPE ANDO ADVENT
Lesung und Konzert
Eintritt frei
Der traditionelle Roma Advent wird schon seit vielen Jahren veranstaltet, um
die Tradition und Kultur der Volksgruppe der Roma und Sinti zu stärken. Ihr
Stellenwert soll in der Öffentlichkeit erlebbar gemacht und gestärkt werden.
Es wird eine Lesung von Samuel Mago und Katharina Graf-Janoska geben.
Weiters werden die jüngsten Vertreterinnen und Vertreter der Volksgruppe
der Roma vom Musikprojekt „Terne Roma – Junge Roma“ dem Publikum ihr
Können preisgeben.
Anschließend findet ein Konzert mit den Roma-Musikgruppen ROMANO
RATH und der LEON BERGER BAND statt.
Wir laden die Gäste auf eine kulinarische Reise aus der Roma-Küche 2.0 –
Romano Habe – ein.
Eine Veranstaltung des Vereins HANGO ROMA in
Kooperation mit dem Offenen Haus Oberwart.
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WERDEN SIE
OHO–MITGLIED!
Mit Ihrer Mitgliedschaft und Ihren Spenden können Sie uns
natürlich auch tatkräftig unterstützen. Wir freuen uns über
jeden zusätzlichen Beitrag zu unserem Budget.
Das OHO ist ein gemeinnütziger Verein, der nicht gewinnorientiert
arbeitet. Die Mitglieder unterstützen durch ihren
Beitrag eine Arbeit im Kunst- und Kulturbereich, die ohne
öffentliche, aber auch private Förderung nicht denkbar ist.
Mitglieder erhalten bei allen Veranstaltungen ermäßigten
Eintritt. Der Mitgliedsbeitrag beträgt € 30,– im Jahr.
KARTENVORVERKAUF
IM OFFENEN HAUS OBERWART:
Telefon +43 (0)3352-38555 / info@oho.at
Kartenreservierungen/-bestellungen bis einen
Werktag vor gewünschter Veranstaltung im
Büro unter +43 (0)3352 38555, wobei Karten auch
über das Internet bestellt werden können (Den
Link dazu finden Sie auf www.oho.at).
Reservierte Karten müssen bis spätestens 30
Minuten vor der Veranstaltung abgeholt werden –
nur dann gilt der Vorverkaufspreis.
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WEIN TALLIAN
www.tallian-wein.at
Ein wahrgewordener Traum.
„Wähle einen Beruf, den du liebst,
dann brauchst du keinen Tag in deinem
Leben mehr zu arbeiten.“ Gesagt, getan. Die
Liebe zum Wein und das Arbeiten mit der Natur
waren für die beiden Quereinsteiger Gerald Tallian
und Doris Leidl Triebfeder dafür, den Traum vom
eigenen Weingut vor einigen Jahren zu verwirklichen.
Sie gründeten ein Weingut, das eigentlich aus zweien besteht.
Mittlerweile werden Rebflächen von rd. 4,5 Hektar in
Rechnitz und Purbach am Neusiedler See bewirtschaftet.
In Rechnitz, an den Südhängen des Geschriebensteins, werden
vorrangig fruchtig frischer Welschriesling und Gelber
Muskateller angebaut und gekeltert. Die Weingärten in Purbach
sind mit Weißburgunder und Chardonnay bestockt und
es werden kräftige, teils fassgereifte Weine hergestellt. Im
Rotweinbereich hat sich das Weingut in beiden Regionen
(Eisenberg und Leithaberg) dem Blaufränkisch verschrieben.
Die Philosophie des Winzers: feine Mineralik, ausgeprägtes
Terroir und die Einzigartigkeit der Böden trinkbar machen.
GELBER MUSKATELLER 2021
Helle Farbe, nuanciertes, einladendes Bukett, zart florale
Noten; stoffiger Wein mit lebendigem Trinkfluss, feiner
Mineralik und fruchtig lang anhaltendem Abgang.
WEIN TALLIAN KG, Birkengasse 3, 7471 Rechnitz
Mobil: +43 (0) 664 / 88 71 06 78
Email: office@tallian-wein.at
33
VANESSA
GEHT ZU DEN
WALEN
ROAD-OPERA von Ferry Janoska
und Peter Wagner
Als sie im Internet auf eine Meldung trifft, dass auf den
Philippinen ein Wal mit 40 Kilo Plastikmüll verendet
sei, macht sie sich auf den Weg, um die Wale in den fernen
Gewässern vor einem ähnlichen Schicksal zu bewahren.
Dabei trifft sie nicht nur auf etliche obskure Gestalten,
sondern im Grunde auf sich selbst. Sie hat in dieser Begegnung
einiges durchzumachen, doch am Ende geht sie gereift
aus einem schweren inneren Kampf inmitten einer Sintflut
von Bildern und zweifelhaften Begegnungen hervor. Gestärkt
und weiterhin unbeirrt geht sie auf ihr Ziel zu, das in nichts
weniger als der Rettung des Planeten besteht.
Die Road-Opera von Ferry Janoska (Musik) und Peter Wagner
(Libretto und Inszenierung) VANESSA GEHT ZU DEN
WALEN wendet sich an jenen Teil der Gesellschaft, der den
heranwachsenden Menschen die Welt so aufbereitet hat,
wie sie sich heute nun einmal darstellt. Vanessa gehört
jener Generation an, aus der Fridays For Future hervorgegangen
sind, also jene weltweite Bewegung junger Menschen,
die sich mit Recht Sorgen machen um das weitere
Schicksal der Welt. Insofern ist diese Road-Opera auch ein
Angebot für junge Menschen.
34
sa., 31.12.
19:30 Uhr * Premiere
VANESSA GEHT ZU DEN WALEN
Road-Opera * Uraufführung
Eintritt: VVK 22,- / AK 25,-
(*ermäßigt VVK 20,- / AK 23,-)
Weitere Termine Jänner – März 2023 siehe
www.oho.at ab Dezember 2022
Musik: Ferry Janoska
Libretto und Inszenierung: Peter Wagner
FOTO © JENNIFER VASS
Darstellerinnen und Darsteller,
Sängerinnen und Sänger
Vanessa: Michaela Khom
In diversen Rollen: Claudia Fellinger,
Tamás Hompok, Eveline Rabold,
Alex Wukowits
Chor: bestehend aus diversen
Sängerinnen und Sängern
Seine Protagonistin Vanessa folgt ihrem innersten Ruf und macht sich
auf einen ungewissen und erkenntnisreich-quälerischen Weg, um den
Walen in einem fernen Ozean beizustehen. Sie will helfen und bewahren,
als eine Art Jeanne d‘Arc voller glühendem Sendungsbewusstsein, die
Natur, die Meere und ihre Kreaturen retten.
Walter Kootz, vormals Lektor Kaiser-Verlag, derzeit PEN-CLUB Österreich.
In diesem Spannungskontext findet sich – eingebettet in die wie immer
sensible, kraftvolle, nachdenkliche Musik von Ferry Janoska und die visuelle
Opulenz des Malers/Bühnenbildners Wolfgang Horwath – ein Identifikationsmuster,
das mehr Fragen als Antworten aufwirft. Sich ihnen zu stellen, sich
der Flucht in so fantastische wie fantasierte Scheinwelten entgegenzustellen
und den harten Kampf zu einer als letztlich fruchtbar empfundenen Selbstfindung
zu beginnen, dazu möchte Wagner Mut machen – bei den Älteren
und Alten, sich der von ihnen mitverantworteten Realität ihrer Kinder und
Kindeskinder zu stellen, und bei den Jungen, Trübsal und Resignation, den
Chic der Antrieblosigkeit oder die Glücksversprechungen des ungezügelten
Wettbewerbs nicht als Anker ihrer Zukunft zu etablieren.
Musiker:
Thomas Maria Monetti, Nikola Zeichman,
Ferry Janoska u.a.
Bühnenbild: Wolfgang Horwath
Lichtdesign und Produktionsleitung:
Alfred Masal
Kostüm: Markus Kuscher
Regieassistenz: Michael Foster
Ton: Tom Eitel
Lichtsteuerung und Bühnenbau: Jan Tomsits
Bauten und Tonassistenz: Florian Decker
Büro: Silvia Magdits
Social-Media-Betreuung, Fotos: Jennifer Vass
Bühne, Videos, Inszenierung: Peter Wagner
Eine Produktion der Theaterinitiative Burgenland
in Kooperation mit dem OHO und den
Burgenländischen Kulturzentren
35
FOTO © JENNIFER VASS
Ferry Janoska ist am 22. Jänner 1959 in Sala
in der Slowakei geboren. Schon seit seiner
Kindheit prägte die Musik sein Leben. Als
6-Jähriger begann er, nachdem er zwei Jahre
Tonsatz, Harmonielehre und Gehörbildung
gelernt hatte, mit dem Klavierunterricht und
mit 15 Jahren startete er sein Studium an der
Hochschule Wien. Es folgte Jazz- und Kompositionsunterricht
am Konservatorium Wien.
Ab diesem Zeitpunkt ist er als Komponist und
Arrangeur tätig. Seit dem Jahr 1972, einer
nervenzerreißenden Flucht aus der damaligen
Tschechoslowakei in einem umgebauten Benzintank,
lebt Ferry Janoska im Burgenland.
Claudia Felllinger: Sie oder du?
Fery Janoska: Na bleib ma per Du.
Die Dramaturgie ist spannungsgeladen, dynamisch, ergreifend
und aktuell. Peter Wagner ist als zeitgenössischer Künstler
eine wichtige und mahnende Stimme in der österreichischen
Literatur. Mit diesem Text greift er artifiziell und niveauvoll
Themen auf, die uns alle angehen und noch lange beschäftigen
werden. Er trifft einen Nerv der Zeit, ein kollektives Gefühl,
das die Wahrnehmung unserer momentanen Existenz philosophisch
und literarisch treffsicher reflektiert. W.K.
Der Weg zum tieferen Erlebnis des Selbst ist, wie wir seit den alten
Griechen wissen, ein kathartischer. Ersparen wir ihn unserer
Jugend, ersparen wir ihn unseren brav gedienten Wohlstandsheeren,
werden wir nichts durchlebt haben – also auch nichts
von uns wissen.
Kunst in ihren vielfältigen Spielvarianten ist eine der wahrscheinlich
letzten Angebote, den Spiegel als Sichtung des (auch) je Eigenen
frei schweben zu lassen. Dazu bedarf es nicht nur der Katastrophe,
schmerzhaften Erkenntnissen ausgeliefert zu sein, sondern
auch des begleitenden Interesses erwachsener Menschen, die sich
der Verantwortung für die nachkommenden Generationen stellen.
Dieser Text lässt uns aber in seinem allumfassenden Schmerz
und Tiefsinn nicht in der Hoffnungslosigkeit zurück: „Der
Mensch hat verursacht, der Mensch kann auch retten!“ Die
Kinder, die nachfolgende Generation, werden die Schuld begleichen.
Der Preis dafür ist sehr hoch. Die Träume von einer
besseren Welt bekommen durch diesen schmerzhaften Text
eine Chance auf Realisierung. W.K.
Wie kam es dazu, dass du eine Oper komponierst?
Eigentlich ist der Peter (Wagner, Anm.) daran schuld.
Wir arbeiten ja schon seit 20 Jahren zusammen. Er
hat mir das Libretto geschickt, und dann ist letztes
Jahr im Dezember die Entscheidung gefallen: „Okay
wir starten“. Ich habe mir überlegt, in welche Richtung
es gehen soll. So eine rein „klassische Oper“
wollte ich eigentlich überhaupt nicht. Mein Traum
war es immer, eine Oper zu schreiben, in der man
viele verschiedene Stilrichtungen vermischt, weil es
musikalisch gesehen so etwas nicht so oft gibt.
Natürlich ist die ernste Musik niveaumäßig am allerhöchsten.
Da muss man das höchste Können haben,
um wirklich gut zu sein. Aber wenn man sich
den Jazz anschaut aus den 20er-/30er-Jahren, war
dieser einfach harmonisiert und auch rhythmisch
einfach. Wenn man sich den jetzigen Jazz anhört, ist
das unglaublich. Die Musik bewegt sich fast schon
in Richtung Strawinsky und dergleichen. Also das
sind unglaublich tolle und perfekte Musiker. Genauso
beim Funk. Und das war eben mein Traum: Warum
kann man nicht diese verschiedenen Stilrichtungen
miteinander vermischen. Muss wirklich jeder, der
unter Anführungszeichen: „böse“ ist, unbedingt von
einem Bass oder Bariton gesungen werden? Da kann
man doch auch eine gute Rockstimme nehmen oder
eine gute Jazzstimme und die Figur der Oper auf diese
Art rüberbringen. Ich glaube, dass dieser Ansatz
für die Zuschauer eine Bereicherung sein wird. Denn
wenn ich ehrlich sein soll: Obwohl ich selbst Musiker
und Komponist bin, so zwei Stunden lang eine
der üblichen zeitgenössischen Opern anzuhören,
ist sogar mir zu viel. Ich habe also versucht in viele
Richtungen zu denken.
Woher nimmst du deine Inspirationen? Was inspiriert
dich?
36
EINMAL DIE EIGENE IDEE ...
Claudia Fellinger im Gespräch mit dem Musiker,
Komponisten und Arrangeur Fery Janoska
Da gibt’s einiges. Bela Bartok, Strawinsky und etliche andere.
Auf der anderen Seite will ich niemanden kopieren.
Ich will, wenn ich die Chance habe, etwas zu komponieren,
wie ich will, meine eigene Handschrift einbringen. Ich bin zu
100% überzeugt, dass mich die Komponisten, die ich vorhin
erwähnt habe, natürlich beeinflussen. Es bleiben gewisse
Pattern im Kopf. Man hat zwar das Gefühl: „Na, na, das ist
mir jetzt eingefallen“, aber höchstwahrscheinlich hat es
auch vorher schon jemand geschrieben. Je tonaler man sich
bewegt, umso schwieriger ist es, etwas Neues zu komponieren,
von dem man sagen kann: „So etwas habe ich noch
nie gehört.“ Aber selbst da gibt es höchstwahrscheinlich
Harmonien, Wendungen, Bewegungen und Tonfolgen, die
schon irgendwo irgendwann da waren. Ich glaube aber,
dass in diesem Fall die allergrößte Inspiration das Libretto
von Peter ist, das mir diese gewissen Pattern aus meinem
Hirn rausholt, wo ich sage: „Wow, das ist super, das würde
gut passen.“
Apropos, was du unbedingt schreiben musst: „Magst du
noch einen Kaffee?“
FOTO © CLAUDIA FELLINGER
Nein, danke, sehr lieb. Was waren deine ersten Gedanken
zum Libretto?
Leider Gottes ist Peters Libretto ja irrsinnig aktuell geworden.
Theoretisch hätte es mir ja lieber sein können, dass es
so eine Science-Fiction-Geschichte ist, die uns überhaupt
nicht betrifft, aber er hält unserer Gesellschaft so derartig
den Spiegel vor! Wie wir leben, was wir alles diesem
Planeten und der ganzen Tierwelt antun und wie wir sie
ausbeuten. Teilweise denk ich mir, wenn ich jetzt noch
eine komplett dramatische Musik dazuschreiben würde,
dass es dann für die Zuschauer und Zuhörer wahnsinnig
kompliziert und sehr schwer wäre. Das will ich auch nicht.
Und deswegen bringe ich auch jazzige Teile rein mit zum
Teil sehr schnellem Rhythmus, Swing oder auch Funkigem.
Das habe ich zum Beispiel für Thomas Monetti und Nikola
Zeichmann geschrieben, zwei hervorragende Musiker
(Live-Musiker bei den Aufführungen, Anm.). Ich will ja nicht,
dass die Armen dasitzen und ab und zu „päng päng“ machen,
sondern dass sie sich gelegentlich auch ordentlich
austoben und zeigen können, was sie draufhaben.
Nun ist es aber so, dass, sobald du Oper sagst, du an ein
Symphonieorchester denkst – und das können wir uns nicht
leisten. Peter und ich haben uns geeinigt, dass ich mit dem
Computer arbeiten kann. Ich habe mir die besten Samples
noch zusätzlich gekauft, VSL, mit denen ich ein Orchester
perfekt imitieren kann. Da hatte ich dann einige Diskussionen
mit Peter: „Ja, das kommt ja aus der Dose, wie soll
ich das dem Publikum verkaufen?“ Sag ich: „Ganz einfach
so, dass der Computer zu uns gehört.“ Sag mir einen, der
noch keinen Computer oder kein Handy hat? Das gehört
zu uns. Und warum können wir nicht einmal zeigen, was
man damit alles machen kann? Der Computer ist ja nur
so gut, wie ich es bin. Wenn ich Scheiß reingebe, kommt
auch Scheiß raus, also erhöht er ja nicht mein Niveau. Das
Programmieren, bis ich das verstanden habe, bis ich jede
Note eingegeben habe und wie ich sie genau artikuliert
und gespielt haben wollte, das war irre, irre! Aber wenn du
es dann hörst, sind gewisse Sachen – finde ich – großartig,
und du denkst, da sitzen 100 Mann! Und außerdem: In St.
Margarethen haben sie extra einen Raum gebaut, irgendwo
hinten, sodass das Publikum nicht einmal den Dirigenten
sieht, nichts! Das heißt, sie könnten auch irgendwelche
Playbacks einspielen, bei denen der Karajan die Wiener
Philharmoniker dirigiert ... (lacht)
Wie würdest du deine Opernkomposition beschreiben
und was kann man sich von der Oper „Vanessa geht zu
den Walen“ erwarten?
Musikalisch erwartet sie hoffentlich das allerhöchste Niveau,
das ich musikalisch-kompositorisch draufhabe. Das
ist momentan, glaub ich, mein höchstes Level. Wenn das
Werk fertig ist, kann ich mehr dazu sagen. So, wie ich jetzt
37
FOTO © JENNIFER VASS
für den ich auch gearbeitet habe. Und
für eine Produktion habe ich überhaupt
einen Platinaward bekommen.
Mehr zum aktuellen Opern-
Projekt von Fery Janoska
auf Seite 34!
Wow, also hast du auch eine Platinschallplatte?
So, und wenn ich schon einige Stilrichtungen
beherrsche, weil ich sie lernen hab
müssen, um es so gut wie möglich zu
können, damit ich auch Aufträge bekomme,
kann ich wirklich behaupten, dass ich
mich da auskenne. Und alle diese Stilrichtungen
habe ich auf musikalisch hohem
Niveau eingebaut. Das wäre dann der Stil
oder auch die Handschrift von mir: Dass
ich eben auf mehrere Stilrichtungen zurückgreifen
kann. Das war eigentlich die
Grundidee von mir für die Oper. Vor allem
deshalb, weil die teilnehmenden Musikerinnen
und Musiker zu unterschiedlichen
Stilrichtungen tendieren, dachte ich mir:
„Okay, ich habe die Chance, alle diese
Stilrichtungen zu vereinen und in eine
Geschichte zu bringen.“
arbeite, arbeite ich irrsinnig aufwendig, ich schaue auf Kleinigkeiten,
die vielleicht vielen gar nicht auffallen werden, aber mir sehr
wichtig sind. Ich weiß nicht, ob es eine Perfektion in der Musik
gibt, aber ich versuche wirklich das Allerbeste zu machen, damit
der Peter zufrieden ist. Aber natürlich auch ich selber. Ich werde
es zwar nie wirklich sein, Ich denk mir immer, das kann man noch
besser, aber ich will auch zufrieden sein.
Und ich will vor allem, dass das Publikum sich wundert, ob es nicht
doch im Kino sitzt, denn ich arbeite erstmals mit Dolby Surround,
und das wird für das Publikum ein weiterer Spannungspunkt sein.
Wenn du deinen Kompositionsstil beschreiben müsstest? Welche
Wörter, Attribute, Adjektive würdest du verwenden? Oder
könntest du deinen Kompositionsstil so genau definieren?
Nein, ich glaube nicht. Entschuldige, stört es dich, wenn ich rauche.
Nein, tu nur.
Überhaupt nicht, ich glaub nicht, dass ich meinen Kompositionsstil
definieren kann. Hab ich noch Tabak? Du rauchst ja nicht (Claudia
schüttelt den Kopf) – bitte mitschreiben, dass ich dich gefragt habe,
ob du rauchst. (Beide lachen)
Egal, was ich wegstreiche, Kaffee und Rauchen lass ich drinnen.
Also Kompositionsstil definieren. Ich wollte es erwähnen, habe es
dann aber doch nicht getan, weil ich irgendwohin abgebogen bin.
Also, wie ich erzählt habe, musste ich so vielseitig werden, damit
ich als Arrangeur und Komponist überleben konnte. Natürlich, ich
bewundere jeden Einzelnen, der sagt: „Ich mach nur ernste Musik,
alles andere ist egal“, aber das wollte ich schon gar nicht meiner
Familie antun. Na gut, was gibt’s jetzt da? Bigband, Blasmusik,
irgendein Quartett und Quintett, vor allem in der klassischen
Musik, aber auch in andere Stilrichtungen wie Rainhard Fendrich,
Dann war Arrangieren deine hauptsächliche
Tätigkeit?
Genau das war es hauptsächlich. Wenn ich ehrlich sein soll, ist es
eigentlich noch immer meine Haupteinnahmequelle.
Für wen hast du da schon alles arrangiert?
Bei den klassischen Musikern haben sich unterschiedliche kleinere
Formationen wie Quartette usw. gebildet, die gemerkt haben, dass
für das Publikum Pop oder auch nicht uninteressant wäre. Dann
habe ich für einige, die ich schon gekannt habe, etwas arrangiert,
vor allem Piazzolla war sehr beliebt. Dann hat sich das herumgesprochen,
denn damals gab es nicht viele Arrangeure, die für kleine
Besetzung Pop oder dergleichen aufbereiten konnten.
Und jetzt kommt der Peter Wagner ins Spiel mit einer ganz anderen
Richtung. Es war ein trauriger Anlass, der zehnte Jahrestag
des Bombenattentats in Oberwart, da hat mich Peter angerufen
und gesagt: „Du, Ferry, ich mach da eine Gedenkveranstaltung,
würdest du dafür etwas komponieren?“ Na, stimmt nicht, es war
nicht Ferry, sondern „Herr Janoska“, weil wir uns überhaupt nicht
gekannt haben. Dann haben wir uns in Wien getroffen im Café
Schwarzenberg, und wir haben uns sofort verstanden. Meine Idee
bestand darin, ein Symphonieorchester mit einem Roma-Geiger
als Solist zu verbinden. Und diese Kombination von Klassik
und Ethno habe ich dort das allererste Mal gemacht. Es ist beim
Publikum hervorragend angekommen, sodass auch die Brüder
Kutrowatz mir Aufträge gegeben haben. Und so ist mein Name
irgendwie durch die Medien bekannter geworden, dann habe ich
wieder einen Preis gekriegt.
Apropos Preis. Du bekommst ja jetzt einen. Darf man das
schon sagen, ist das schon offiziell?
Ja, ist offiziell. Man hat mich angerufen und im Oktober ist, glaub
ich, die Preisverleihung. Das habe ich auch dem Peter zu verdanken.
Wir haben einige Theaterstücke miteinander gemacht. „Der
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Fluss“, „Der Fluss 2“, „Europas Heiliger Krieger“, „71 oder Der Fluch
der Primzahl“ – und jetzt die Oper. Für diese Theaterarbeiten
bekomme ich heuer den Burgenländischen Landeskulturpreis.
Sehr angenehm, weil er auch mit einer Zuwendung von 5.000 Euro
verbunden ist. Das war auch eine kleine Rettung, weil die ganze
Situation durch Corona auch für die Künstler ziemlich blöd war.
Und wie bist du dann nach dem Studium in das Dasein als
Komponist reingekommen? Wie war der Start als Komponist?
Ich war damals verheiratet und hatte dann schon finanzielle Probleme
gehabt, weil ich studiert habe. Deswegen habe ich so kleine
Jobs angenommen als Korrepetitor, habe bei der Freien Bühne
Wien, am Theater an der Wien und beim Jugendtheater gearbeitet,
um mir so ein bisschen was dazuzuverdienen. Die allersten Kompositionen
hatten mit dem, was ich gelernt hab, gar nichts zu tun.
Ich habe mir angehört, welche Stilrichtungen das burgenländische
Radio spielt und habe festgestellt, dass sie alles spielen, aber keinen
Ragtime. Dann habe ich zwei Demo-Kassetten mit Ragtimes
gemacht und dem damaligen ORF-Unterhaltungschef vorgespielt,
und er hat gesagt: „Herr Janoska, aber genau das ist es, so etwas
fehlt uns! Wissen Sie, beim Wetter oder bei den Sportnachrichten
oder beim Straßenverkehr können wir das super im Hintergrund
spielen.“ Und das war mein erster Auftrag: 16 Ragtimes zu komponieren.
Einen Ragtime haben sie sogar als Kennmelodie für die
Quizsendung „Punschkrapferl“ genommen. Und das war meine
Rettung, weil ich für diese Produktionen bezahlt worden bin und
auch großartige Tantiemen bekommen habe. Also war mein Studium
abgesichert.
Glück oder gutes Gespür, dass du dem ORF einfach etwas
hingeschickt hast?
Wie gesagt, ich habe natürlich gewusst, dass kein Mensch mich,
einen jungen unbekannten Komponisten, anrufen wird. Das heißt,
ich musste selbst aktiv sein. Und dann war es so, dass mein Tiroler
Schwager bei einer Plattenfirma gearbeitet hat, die Schlager produziert
und einen Arrangeur gesucht hat. Genau in diesem Jahr
bin ich mit meinem Studium fertig geworden – und kriege einen
Anruf, ob mich volkstümlicher Schlager interessieren würde. Ich
hatte keine Ahnung, was volkstümlicher Schlager ist. Nachdem ich
mir das angeschaut habe, habe ich den Job angenommen, wir sind
alle nach Tirol gezogen und ich war drei Jahre als Arrangeur bei
der Plattenfirma tätig. Und dann habe ich zu meiner Frau gesagt:
„Du, also entweder ich werde Alkoholiker oder ich hänge mich
auf, eines von beiden.“ Es waren alles wirklich nette Menschen.
Aber musikalisch? Weißt du, wenn du vorher fünf oder sechs Jahre
lang Tonsatz studiert hast und das auf allerhöchstem Niveau ...
Naja, ich war drei Jahre dort, als mein Vater verstorben ist. So,
was tun wir? Meine Mutter hat das Haus nicht alleine erhalten
können. Entweder wir verkaufen das Haus und meine Mutter zieht
zu uns nach Tirol, oder wir kommen zurück. Wir haben Letzteres
getan. Ich habe erneut eine Idee gehabt auf etwas, was damals
total in war: Popmusik mit einem Symphonieorchester. Weil das
aber schon viele gemacht haben, habe ich es Koch International
mit volkstümlichem Schlager vorgeschlagen. Ich habe ihnen einen
Titel im sinfonischen Sound arrangiert und produziert, nach
Zusage aufgenommen, und auf Anhieb haben sie 40.000 Tonträger
verkauft, sodass sie mich zehn Jahre unter Exklusivertrag
genommen haben. Nach dem Schlager haben wir auch Welthits
im klassischen orchestralen Sound produziert. Elton John, Michael
Jackson, Beatles, Queen, Eagles – kennst du die Gruppe Eagles?
Wow – das hat mir so viel Spaß gemacht, solche Sachen zu arrangieren.
Dann haben wir Hits des Jahrhunderts gemacht, dann pro
Instrument eine CD, einmal Saxophon, akustische Gitarre, Harfe,
Klavier, Mundharmonik usw., und die haben Tonnen verkauft.
Warum ich das alles erzähle? Weil ich pro CD immer zwei Eigenkompositionen
draufgeben durfte und das waren, ich will dich jetzt
nicht anlügen, so 80 Produktionen. Irre. Ich habe gut verdient, sehr
viel Arbeit gehabt – aber ich war nicht glücklich.
Kommen wir wieder zur Oper und zum Komponieren. Du hast
viel arrangiert und hast auch gesagt, dass du hauptsächlich
Arrangeur bist und warst …
Ah entschuldige, du hast mich auch gefragt, für wen ich sonst
noch alles arrangiert habe. Na, egal, das kann man nachlesen im
Internet. (Beide lachen.)
Jetzt ist es aber ein großer Unterschied, einmal die eigene Idee
und einmal die Idee eines anderen neu zu verpacken. Welche
Differenzen siehst du in den Tätigkeiten? Welche Herausforderung
ist es, wenn man komponiert und nicht „nur“ arrangiert.
Sehr gute Frage ... (Überlegt kurz). Ich glaube, dass das Arrangieren
für mich trotzdem komplizierter ist als das Komponieren. Es sind
nämlich immer so viele Faktoren da, vor allem bei Auftragskompositionen,
die schon vorgegeben sind. „Ferry, schreib pannonisch, oder
wir haben die Besetzung soundso …“ Beim Arrangieren ist es die
Musik von jemandem, der halt die Melodie schreiben oder singen
konnte und das war´s. Und dann komme ich ins Spiel mit dem Rest.
Jetzt muss ich schauen, dass ich seinen Geschmack, sein Niveau
treffe – wie viel musikalische Melodie oder Harmonie verträgt es.
Das ist immer meine größte Schwierigkeit. Denn bei der Eigenkomposition
denk ich gar nicht nach. Die Harmonie ist von mir, aus,
Ende, das ist meine Komposition. Aber als Arrangeur musst du
irgendwie – ich vergleiche das immer mit einem Schneidermeister
–, du musst maßgenau schneidern. Ich kann nicht einfach hergehen
und sagen, da wäre es so besser oder so wäre es schöner. Es muss
auf diesen Körper passen und der- oder diejenige muss sich wohl
fühlen, wenn er oder sie in den Spiegel schaut. „Wow, jetzt schau
ich 20 Jahre jünger aus!“ Und um ganz ehrlich zu sein, oft nervt es
mich wahnsinnig, das Arrangieren. Wirklich wahnsinnig! Es glauben
ja viele, sie haben jetzt den Hit des Jahrhunderts geschrieben und
dann sind sie nicht selber fähig, ihn zu instrumentieren. Der große
Druck lastet letztlich auf mir. Wenn es nicht der große Hit wird, dann
liegt es am Arrangeur ... Dann hätte man es anders arrangieren
müssen und nicht anders komponieren. Das habe ich oft bei der
Schlagerfirma in Tirol erlebt. Und da war ich der Dumme. Es kommt
aber darauf an. Ich habe ja sehr viele Arrangements für klassische
Musiker und Formationen der Wiener Philharmoniker geschrieben.
Das ist eine andere Welt. Wenn die merken, dass ich musikalisch
schreibe, dann ist die Reaktion meistens: „Wow, Ferry, super!“ Die
kannst du mit deiner Musikalität begeistern. Einen Laien, der halt
irgendwie ein Lied zusammengebracht hat, den mit Musikalität zu
begeistern ... der würde sein eigenes Lied nicht mehr erkennen,
wenn ich wirklich was draus mache.
So, die schwierigste Frage zum Schluss: Was bedeutet Musik
für dich?
Oh, das ist ganz einfach zu beantworten: ALLES. Punkt.
39
Foto © Rudolf Herbert Berger / Bgld. Landesarchiv, Fotosammlung
NOCH BIS 6.11. * KULTURZENTRUM OBERSCHÜTZEN
GRENZLAND IM FOKUS –
100 JAHRE BURGENLAND
Burgenland in historischen Ansichten
Anlässlich der 100-jährigen Zugehörigkeit des Burgenlandes
zu Österreich präsentiert die Landesgalerie Burgenland
in Kooperation mit dem Fotomuseum WestLicht und dem
Burgenländischen Landesarchiv eine fotografische Reise
in die Geschichte unseres Landes.
An der Demarkationslinie zwischen Ost und West gelegen,
stand das Burgenland immer wieder im Fokus der Weltöffentlichkeit.
Diese Grenzerfahrungen ziehen sich wie ein
roter Faden durch die Ausstellung.
Die teils berührenden und mitunter skurrilen Bilder zeigen
nicht nur den burgenländischen Alltag der letzten 100 Jahre
– es spiegeln sich auch Entwicklungen wider, die über die
Region hinausreichen.
Ergänzt werden die rund 100 Fotografien des Burgenländischen
Landesarchivs durch ausgewählte zeitgenössische
Positionen, darunter Arbeiten der WahlburgenländerInnen
Elfriede Semotan und Andreas H. Bitesnich, des in Mannersdorf
an der Rabnitz geborenen David Schermann oder
von Peter Coeln und Francesca Catastini, Alex Lang sowie
Florian Rainer.
NOCH BIS 11.11. * LANDESMUSEUM BURGENLAND
UNSERE AMERIKANER
Burgenländische Auswanderergeschichten
Die diesjährige Sonderausstellung steht ganz im Zeichen
des Jubiläumsjahres „100 Jahre Burgenland“ und erzählt
die Geschichten von burgenländischen AuswanderInnen
ab 1921: von den Beweggründen, ihre Heimat zu verlassen,
über die Hoffnungen und Träume, die sie hegten bis hin
zur Ankunft in der neuen Heimat.
Unter den großen Migrationsströmen der Weltgeschichte
nimmt die Wanderung nach Amerika auch für Europa einen
bedeutenden Stellenwert ein. Diese Wanderbewegungen
war zu unterschiedlichen Zeiten von unterschiedlicher Intensität
und verschiedenen Herkunftsgebieten geprägt. Die
Gründe für die Auswanderung nach Amerika – in erster Linie
in die USA – waren meist ähnlich: neben politischen und
gesellschaftlichen Nöten war es vor allem der wirtschaftliche
Druck in den Herkunftsgebieten der AuswanderInnen,
der diese zu diesem einschneidenden Schritt zwang.
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag 9:00 bis 17:00 Uhr
Sa, So & Feiertag 10:00 bis 17:00 Uhr
Landesmuseum Burgenland
Museumgasse 1-5, A-7000 Eisenstadt
Öffnungszeiten:
Montag bis Donnerstag 8:00 bis 15:30 Uhr
Freitag 8:00 bis 12:30 Uhr
Kulturzentrum Oberschützen
Hauptplatz 8, A-7432 Oberschützen
Telefon +43 (0)3353-6680
40
IM
LANDE?
6.10. * 19:00 UHR * KULTURQUARTIER32 EISENSTADT
ANDREA OCHSENHOFER
Vernissage und Ausstellung
Andrea Ochsenhofer ist eine interdisziplinär schaffende
Künstlerin aus Österreich. Sie wurde in Wien geboren, lebt
und arbeitet in Pinkafeld im Südburgenland.
Ihre Spezialgebiete sind Malerei, Bühnenentwurf, Maskenbild,
Kostüm, Produktentwicklung. Seit 2005 entstand
hauptsächlich großflächige, abstrakte Malerei
in Öl, Acryl… Soloausstellungen u Beteiligungen.
„Die Arbeitsweise der Andrea Ochsenhofer entsteht ohne
exakte Kontrolle durch den Verstand. Nur noch die Mittel
Farbe, Form und Linie zählen. Struktur und Komposition
treten in den Vordergrund. Mit sehr viel Gefühl und
sicherem Instinkt zeigt sie ihre Innenwelt und stellt das
Nicht-Sichtbare dar – voller Leidenschaft, Wärme und Feuer.“
ONA.B – österreichische Malerin, Fotografin, Aktions- und
Installationskünstlerin
17.12. * 20:00 UHR * KUGA GROSSWARASDORF
10 JAHRE
COFFEESHOCK COMPANY
Konzert
Mit 2jähriger Verspätung holt die Coffeeshock Company ihr
10jähriges Bühnenjubiläum in der KUGA nach! Die KUGA
diente den Musikern in jungen Jahren als auch bis zum
heutigen Tag als musikalische Heimat und somit erwartet
uns ein besonders emotionales Konzerterlebnis. Wir freuen
uns auf eine fulminante Show der Coffeeshock Company
in erweiterter Besetzung samt Brass-Sektion!
Einlass: 19:00 Uhr
Eintritt: VVK €12,- / AK € 17,-
KUGA, Parkgasse 3, A-7304 Großwarasdorf
Telefon: +43 (0)2614-7001
Mail: office@kuga.at
Öffnungszeiten:
Mittwoch und Freitag 10:00 bis 18:00 Uhr
Donnerstag 10:00 bis 22:00 Uhr
www.kq32.at
Kulturinitiative KQ32
Hauptstraße 32, 7000 Eisenstadt
Foto © Marc Jarabe
41
Clemens Berger
Liebe Amalia,
als du geboren wurdest, stand der Amazonas in
Flammen. Während wir im Krankenhaus waren,
verbrannte ein gigantisches Stück grüne Lunge
dieses Planeten. Selbst vom Weltall aus war
der Rauch zu beobachten. Wir sahen Bilder der
Apokalypse, andere erlebten die Apokalypse
hautnah: Tiere, Pflanzen und jene Menschen,
die Jahrhunderte auf diesem und von diesem
Land gelebt hatten, ehe man es ihnen wegnahm,
um es in Eigentum zu verwandeln und
dieses zum Zweck der Verwertung auszubeuten.
Als ich geboren wurde, vierzig Jahre vor dir, warnte ein Bericht die Regierung
der Vereinigten Staaten, die weitere Verbrennung fossiler Stoffe
könnte innerhalb zweier oder dreier Jahrzehnte die globale Atmosphäre
bedrohlich verändern. Die Warnung fand allmählich Verbreitung. Und die
großen Industrien, die für den größten Teil der globalen Emissionen verantwortlich
sind, investierten ungeheure Summen an Geld – aber nicht in
die Entwicklung erneuerbarer Energien, sondern in eine Desinformationskampagne
unheimlichen Ausmaßes, um Zweifel am menschengemachten
Klimawandel zu streuen und Politiker zu kaufen. In den drei Jahrzehnten
seit dem Fall der Berliner Mauer wurde mehr CO 2
in die Atmosphäre gepumpt
als in der gesamten Menschheitsgeschichte zuvor.
Der einzige Grund dafür ist die Vermehrung eines Reichtums, der unter
sehr wenigen Menschen aufgeteilt wird. Natürlich sollte man diese vor
ein globales Gericht stellen. Vor diesem muss aber in erster Linie das
Wirtschaftssystem stehen. Wäre es nicht auf Profite ausgerichtet, hätten
Berichte über den Grund der Zerstörung unserer Atmosphäre ganz andere
Entscheidungen bewirkt. Jetzt darauf zu hoffen, dass diese Industrien die
grüne Revolution ausriefen, wäre absurd: Dann profitierten jene, die die
Krise verursacht und irrsinnig daran verdient haben, vom Versuch, sie zu
beheben. Die weltzerstörenden Industrien müssen in die Kontrolle der
Gesellschaften überführt werden, damit alle gemeinsam darüber beratschlagen
können, wie diese Welt gerettet werden kann: die Menschen in
der Wissenschaft, die Menschen, die am stärksten unter der Klimakrise
leiden und leiden werden, in erster Linie die Armen und Armgemachten,
und die Menschen, die ihre Arbeitskraft verkaufen, um an der Zerstörung
des Planeten mitzuwirken.
Auf deiner ersten Demonstration warst du etwas über einen Monat alt.
Beim Earth Strike! war es laut, wir hielten uns am Rand auf. Auf dem Burgtor
rollten Aktivisten ein Banner mit der Aufschrift CAPITALISM KILLS OUR
FUTURE aus. Kurz darauf tauchten Polizisten einer Sondereinheit auf dem
Tor auf, um das Banner zu entfernen.
Zu Silvester feiern die Menschen in der Hoffnung, im nächsten Jahr werde
alles besser. Ein paar Tage vor dem Jahreswechsel fiel mir in der Sauna
ein, dass ich zum ersten Mal seit Langem nicht dachte, es sei gut, wenn
endlich ein neues Jahr anbreche. Das vergangene war schön gewesen, ich
freute mich aufs neue. Weil ich mich jeden Abend freue, wenn ich dich
vorm Schlafengehen ansehe. Weil ich mich jeden Morgen freue, wenn ich
dir in die Augen blicke. Und weil wir uns selbst in der Nacht freuen, wenn
auf einmal La Le Lu erklingt, weil du an deiner Spieluhr gezogen hast. Zuerst
wollten wir dich damit in den Schlaf bringen; jetzt willst du uns damit
offenbar weiterschlafen lassen. Wenn wir wach sind, wünschen wir uns,
dass du in einer Welt leben kannst, in der man leben kann und leben will.
Als dein erstes Neujahr anbrach, brannte Australien. In einem einzigen
Bundesstaat soll bislang eine halbe Milliarde Tiere verbrannt sein.
Dein Papa
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