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Druidenstein_26_Final

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DER VIELGELIEBTE STEIN – DIE GESCHICHTE DER

BERNSTEINVERARBEITUNG UND DES BERNSTE-

INHANDELS

In Nordfriesland wurden bereits um 10.000 v. Chr.

Anhänger und Perlen aus Bernstein hergestellt. Zwischen

8000 und 5.500 v. Chr. waren in Dänemark und

im südlichen Ostseeraum vor allem Tieramulette aus

Bernstein beliebt. Seine religiöse Bedeutung entfaltete

er als Weihrauch in schamanischen Ritualen. Im

Neolithikum, also zwischen 5.500 und 1.500 intensivierten

die Küstenbewohner die Sammeltätigkeit und

fertigten Ketten und Anhänger, darunter Nachbildungen

von Äxten, dem Symbol der Muttergottheit,

die als Grabbeigaben verwendet

wurden. In der Bronzezeit war

Bernstein ebenso wie Salz und

Rohmetall ein begehrtes Handelsgut.

Grabfunde nahezu identischer

Goldringe mit Bernsteinscheiben

aus Südengland und

Mykene und kostbare Ketten wie

das Ingolstädter Bernsteincollier

zeigen die Wertschätzung

sowie die weite Verbreitung von

Bersteinschmuck in dieser Zeit.

In der Eisenzeit galt der Bernstein

als Tränen der Sonne oder

Harn der Götter, bevor er zum

Luchsurin säkularisiert wurde.

Von Griechen und Römern gleichermaßen

geschätzt wurde er

als Tauschmittel für Luxusgüter

eingesetzt, zu Schmuck verarbeitet

und auf seine elektrostatischen

Eigenschaften hin untersucht.

Aristoteles soll gemeinsam mit Pytheas von

Massilia zu diesem Zweck sogar die West- Ost- oder

Nordfriesischen Inseln aufgesucht haben. Nero galt

als besonderer Fan des schönen Steines und die Bernsteinmode

griff unter seiner Regierung weit um sich.

Trinkgefäße aus Bernstein waren ebenso in wie eine

Bernsteintönung für die Dame von Welt. Der Preis

für Bernsteine stieg dementsprechend, so daß Plinius

der Jüngere sich darüber ärgerte, daß man für ein

kleines Bersteinfigürchen mehr ausgeben müsse als

für einen Sklaven. Die Wikinger verwendeten ihn sowohl

als Räucherwerk als auch als edles Rohmaterial

für Schmuck und schöne Alltagsgeräte. So wurden in

der Wikingerzeit Spinnwirtel, Spielbrettfiguren oder

Würfel aus Bernstein gefertigt. Die Handelswege für

die begehrten Steine verliefen von Hamburg aus nach

Marseille oder von der niederösterreichischen March

über Carnutum nach Aquileia.

ROSENKRÄNZE UND BRILLENGLÄSER

Im Mittelalter waren Rosenkränze aus Bernstein so

beliebt, daß sich aus deren Herstellung der Berufszweig

der Paternostermacher entwickelte. Aber auch

zu Brillengläsern wurde das fossile Harz verarbeitet.

Weil mit den Funden an den Stränden von Nord- und

Ostsee wirklich gutes Geld zu verdienen war, dauerte

es nicht lange, bis das Sammeln

und Verkaufen unter Hoheitsrecht

gestellt wurde. Verstöße

gegen das Bernsteinregal wurden

mit dem Tode bestraft, die

Küstenbewohner durften nur

unter Aufsicht eigens bestellter

Vögte zum Sammeln ausrücken

und hatten sonst nichts an ihrem

Strand zu suchen. Als es

dem deutschen Orden gelang,

sich das alleinige Handelsrecht

mit Bernstein zu sichern, hatte

er damit das Fundament seines

Reichtums gelegt. Seine

Werkstätten in Königsberg und

Danzig fertigten wunderbare

Kunstgegenstände. Die Verpachtung

des Sammelrechts brachte

zusätzliche Einnahmen in die

Ordenskasse, bis das Regal 1525

Foto: Starbright/ Pixabay

auf die jeweiligen Landesherrn

überging. In der Neuzeit galten kostbare Schatullen,

Intarsien, Pokale oder Degengriffe aus Bernstein als

Statusobjekte, und der preußische Hof wird als Auftraggeber

hunderter Kunstgegenstände genannt, die

als Diplomatengeschenke in die Kunstsammlungen

europäischer Herrscherhäuser Eingang fanden. Das

berühmteste Beispiel ist das Bernsteinzimmer Friedrichs

I., das 1712 für das Charlottenburger Schloss

angefertigt und 1716 an Zar Peter den Großen verschenkt

wurde. Daß dieses Wunderwerk im Zweiten

Weltkrieg von den Deutschen geraubt, nach Königsberg

verbracht und 1945 schließlich verbrannt sein

soll, können viele bis heute nicht glauben und so

sprießen die Theorien über den Verbleib des großen

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