Druidenstein_26_Final

27.10.2021 Views

Barbara StühlmeyerTränen der Götter oder Luchsurin?

Foto: Hans Braxmeier, PixabaySchon in der Ur- und Frühgeschichte waren dieMenschen fasziniert von einem Stein, der garkeiner ist. Denn der Bernstein, der seinen Namenvom mittelniederdeutschen Wort Börnesteen -das Brennstein bedeutet - ableitet, ist in Wirklichkeitgar kein Mineral, sondern ein fossiles Baumharz. Biszu 260 Millionen Jahre alt kann Bernstein sein, dessenamorphe, nicht kristalline Substanz schon in derJungsteinzeit zu Schmucksteinen und Perlen verarbeitetwurde. Die ältesten Fundstücke aus Ägyptensind 6000 Jahre alt. Die alten Griechen nannten denBernstein Elektron, was hell, glänzend oder strahlendbedeutet und verwendeten größere Bernsteinstückewegen ihrer elektrostatischen Wirkung, die schonThales von Milet bekannt war, als staubanziehendeKleiderbürste. Die Römer übernahmen die BezeichnungElectrum, nannten den Bernstein aber auchSucinum, was so viel wie dicke Flüssigkeit bedeutetund heißt, daß sie der Entstehung des geheimnisvollschönen Steines auf der Spur waren. Die Bezeichnungals Lyncurium, also Luchsurin deutet hingegenauf die Legende, der Bernstein entstehe durch denin der Sonne gehärteten Harn des Luchses, die nochbei Hildegard von Bingen überliefert wird. Die Germanennannten den schönen Stein, folgt man Tacitus,Glaes, was so viel wie Glas bedeutet, während erin den anderen europäischen Sprachen unter amber(englisch), ambre (französisch), ámbar (spanisch)oder ambra (italienisch) bekannt ist. Früher ebenfallsals Bernstein, heute aber als Kopal bezeichnetman jüngere fossile Harze aus den Deltas tropischerFlüsse in Ostafrika, Madagaskar oder Kolumbien. ImHandel werden die manchmal erst 200 Jahre altenStücke mit dem Etikett junger Bernstein versehen.Kopale sind blassgelb bis zitronengelb und enthaltenoft originale Farbpigmente oder organische Einschlüsse.Bei Wärme werden sie schnell klebrig undin Kontakt mit Äther oder Aceton sogar weich undschmierig.VERWITTERT, GEPRESST ODERGEKOCHT – DIE GEHEIMNISSE DER BEARBEI-TUNGNicht jeder Bernstein, der heute im Handel erhältlichist, verdient wirklich den Namen Naturbernstein.Dies gilt nur für Rohbernsteine, die, wenn das Meersie noch nicht abgeschliffen hat, sogar noch eineVerwitterungskruste enthalten können, und danngeschliffen oder poliert worden sind. Da die klarenBernsteine sich bei vielen größerer Beliebtheit erfreuen,als die trüben, wird Bernsteinschmuck heuteoft klargekocht. Dazu werden die Steine in Öl erhitzt,das einen besonders hohen Siedepunkt hat, soden Bernstein weich macht und es ermöglicht, daßdie in ihm eingeschlossenen Luftblasen und Pflanzenresteentweichen können. Bei diesem Verfahrenist es wichtig, daß die Steine anschließend langsamabkühlen, um die sonst entstehenden halbkreisförmigengoldglänzenden Sprünge zu vermeiden, die inunbehandeltem Bernstein sonst nur an Bruchstellenzu finden sind. Die Methode des Kochens wird schonseit Jahrhunderten praktiziert. Pressbernstein ist dagegeneine neuere Erfindung, bei der aus auf 200-250Grad erhitzten Schleifresten und kleinen Stückenneue, größere Steine gepresst werden. Um zu testen,ob man wirklich einen echten Bernstein erworbenoder gefunden hat, gibt es mehrere Möglichkeiten.Die erste, aber leider risikoreiche: Bernstein ist, wiesein Name sagt, brennbar. Die zweite, nicht für jedenSchmuck geeignete: Bernstein ist weich und lässt sichmit einer Kupfermünze ritzen. Die dritte, schonende:Bernstein schwimmt in stark salzhaltigem Wasser.Die vierte, spannende: wird Bernstein gerieben, ziehter Flusen an.7

Foto: Hans Braxmeier, Pixabay

Schon in der Ur- und Frühgeschichte waren die

Menschen fasziniert von einem Stein, der gar

keiner ist. Denn der Bernstein, der seinen Namen

vom mittelniederdeutschen Wort Börnesteen -

das Brennstein bedeutet - ableitet, ist in Wirklichkeit

gar kein Mineral, sondern ein fossiles Baumharz. Bis

zu 260 Millionen Jahre alt kann Bernstein sein, dessen

amorphe, nicht kristalline Substanz schon in der

Jungsteinzeit zu Schmucksteinen und Perlen verarbeitet

wurde. Die ältesten Fundstücke aus Ägypten

sind 6000 Jahre alt. Die alten Griechen nannten den

Bernstein Elektron, was hell, glänzend oder strahlend

bedeutet und verwendeten größere Bernsteinstücke

wegen ihrer elektrostatischen Wirkung, die schon

Thales von Milet bekannt war, als staubanziehende

Kleiderbürste. Die Römer übernahmen die Bezeichnung

Electrum, nannten den Bernstein aber auch

Sucinum, was so viel wie dicke Flüssigkeit bedeutet

und heißt, daß sie der Entstehung des geheimnisvoll

schönen Steines auf der Spur waren. Die Bezeichnung

als Lyncurium, also Luchsurin deutet hingegen

auf die Legende, der Bernstein entstehe durch den

in der Sonne gehärteten Harn des Luchses, die noch

bei Hildegard von Bingen überliefert wird. Die Germanen

nannten den schönen Stein, folgt man Tacitus,

Glaes, was so viel wie Glas bedeutet, während er

in den anderen europäischen Sprachen unter amber

(englisch), ambre (französisch), ámbar (spanisch)

oder ambra (italienisch) bekannt ist. Früher ebenfalls

als Bernstein, heute aber als Kopal bezeichnet

man jüngere fossile Harze aus den Deltas tropischer

Flüsse in Ostafrika, Madagaskar oder Kolumbien. Im

Handel werden die manchmal erst 200 Jahre alten

Stücke mit dem Etikett junger Bernstein versehen.

Kopale sind blassgelb bis zitronengelb und enthalten

oft originale Farbpigmente oder organische Einschlüsse.

Bei Wärme werden sie schnell klebrig und

in Kontakt mit Äther oder Aceton sogar weich und

schmierig.

VERWITTERT, GEPRESST ODER

GEKOCHT – DIE GEHEIMNISSE DER BEARBEI-

TUNG

Nicht jeder Bernstein, der heute im Handel erhältlich

ist, verdient wirklich den Namen Naturbernstein.

Dies gilt nur für Rohbernsteine, die, wenn das Meer

sie noch nicht abgeschliffen hat, sogar noch eine

Verwitterungskruste enthalten können, und dann

geschliffen oder poliert worden sind. Da die klaren

Bernsteine sich bei vielen größerer Beliebtheit erfreuen,

als die trüben, wird Bernsteinschmuck heute

oft klargekocht. Dazu werden die Steine in Öl erhitzt,

das einen besonders hohen Siedepunkt hat, so

den Bernstein weich macht und es ermöglicht, daß

die in ihm eingeschlossenen Luftblasen und Pflanzenreste

entweichen können. Bei diesem Verfahren

ist es wichtig, daß die Steine anschließend langsam

abkühlen, um die sonst entstehenden halbkreisförmigen

goldglänzenden Sprünge zu vermeiden, die in

unbehandeltem Bernstein sonst nur an Bruchstellen

zu finden sind. Die Methode des Kochens wird schon

seit Jahrhunderten praktiziert. Pressbernstein ist dagegen

eine neuere Erfindung, bei der aus auf 200-250

Grad erhitzten Schleifresten und kleinen Stücken

neue, größere Steine gepresst werden. Um zu testen,

ob man wirklich einen echten Bernstein erworben

oder gefunden hat, gibt es mehrere Möglichkeiten.

Die erste, aber leider risikoreiche: Bernstein ist, wie

sein Name sagt, brennbar. Die zweite, nicht für jeden

Schmuck geeignete: Bernstein ist weich und lässt sich

mit einer Kupfermünze ritzen. Die dritte, schonende:

Bernstein schwimmt in stark salzhaltigem Wasser.

Die vierte, spannende: wird Bernstein gerieben, zieht

er Flusen an.

7

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!