Druidenstein_26_Final

27.10.2021 Views

Marcus Annacus Lucanus (39-65 u. Z),kurz Lucan genannt, nennt in dem Epos„De bello civili“ drei keltische Götter:Esus, Teutates und Taranis. Diese gelten seitdem alsdie Hauptgötter der Kelten. Ob sie tatsächlich dieHauptgötter „der Kelten“ waren, ist zweifelhaft. „DieKelten“ gab es nicht. Die „Celtae oder Galli“, wie dieRömer sie nannten, waren ein chaotischer Haufenunterschiedlicher Stämme und Clans, unter sich zerstrittenund jeder Clan hatte seine eigenen Götter.Archäologisch wurden Inschriften zu einem Gottnamens Taranucus, Taranucnus und Taranus gefunden.Alle, nach der Interpretatio Romana, mit Jupiter,dem höchsten römischen Gott, gleichgesetzt. DessenAufgaben sind: Herrscher des Himmels, Kriegsführungund Ahnenkult. Dazu schreibt Miranda Green,eine walisische Archäologin: „Taranis verkörpertmöglicherweise einen Machtkampf im Himmel, mitObertönen von Kampf und Fruchtbarkeit, aber derDonner ist nur eines von Jupiters Attributen und Instrumenten.Jupiter selbst erfüllt eine so viel breiterangelegte Rolle als allmächtiger Herrscher über dieUnermesslichkeit der leuchtenden Atmosphäre.Die Namensdefinition von Taranis ist zu eng, als dasser diesem breiteren Anspruch entsprechen könnte.Die Situation hier ist ähnlich wie die des Rad tragendenSonnengottes der Kelten, wo wir eine teilweiseIdentifikation von keltischen Wesen der Elemente,die schon vor der römischen Ära existierten, mitwichtigen Aspekten von römischen Himmelsgötternbeobachten.“1Wir verbinden Taranis alle mit dem Rad. Dieser Gott,der wörtlich der „Donnerer“ heißt, ist ein Elementalgott,der direkt mit dem Gewitter und vermutlichauch mit dem Wetter zusammenhängt. Tatsächlichordnet Miranda Green das Rad dem keltischen Sonnengottzu und sieht Taranis als Wettergott an. Wiekommt die Verbindung zum Rad? Es gibt eine bekannte,aus Frankreich stammende Darstellung, dieJupiter mit Rad und Donnerkeil zeigt, einer für Römerungewöhnliche Symbolik und als Taranis interpretiertwird.Was man sagen kann ist, dass es weitverbreitete Hinweiseauf Taranus oder Taranis gibt. Inschriften wurdenin Britannien, Gallien, Germanien und im ehemaligenJugoslawien entdeckt. In Böckingen, einemStadtteil von Heilbronn, wurde z.B. ein sorgfältig gearbeiteterWeihealtar gefunden. Die Inschrift lautetübersetzt: „Dem Gott Taranucnus (hat) Veratius Primusauf Geheiß (des Gottes aufstellen lassen)…“. 2Taranis, wird hier in der Form Taranucuns (cnos istkeltisch für Sohn) genannt. Wobei sich mir durchausdie Frage stellt, wessen Sohn hier gemeint ist.Das Wort „Taran“ heißt Donner im modernen Walisischund Bretonisch. Deshalb wird Taranis als Donnergottinterpretiert.Foto: WikipediaDie Archäologin Miranda J. Green schreibt dazu: „DieHimmelsgewalten – vor allem Sonne und Donner –galten als göttlich und wollten gnädig gestimmt werden.Inschriften und Bilder aus römischer Zeit zeigen,dass die Götter die Naturerscheinungen in Personwaren; so ist der Name Taranis nicht als „Gott desDonners“ zu deuten, sondern er war der Donner. „Sulis“war die heiße Quelle in Bath und nicht bloß ihreHüterin und Besitzerin,“3Taranis wird mit dem keltischen Typus des sogenannten„Radgottes“ identifiziert, der ein Rad oder1 Miranda J. Green: The Gods of the Celts S. 67, Übersetzungvon Gaby H.2 Philip Filtzinger „Hier reden die Steine“ 1980, S.1173 Miranda J. Green: Die Druiden S. 2436

Radsymbol oder ein Radkreuz in Händen trägt. Diewohl bekannteste Darstellung des „Radgotts“ findetsich auf dem Kessel von Gundestrup, auch wenn derdargestellte Gott dort nur ein halbiertes Rad hält.Spätantike Darstellungen sind deutlich von mediterranenStatuen des Jupiters beeinflusst, die ihn bärtigund mit Donnerkeil zeigen.Zurück zu Lucan. Er beschreibt Taranis als brutalenGott, den es nach Menschenopfer dürstet. Es wirdvermutet, dass Lucan selbst wenig Kontakt zu Keltenhatte und seine Weisheit aus einer anderen Quellestammt. Die Berner Lukan-Scholien4 stammen voneinem unbekannten Verfasser als erklärende Zusätzezum Werk des römischen Dichters. Erst in diesemKommentar zum Text zu Lucan aus dem 4-9 Jhd.wird geschrieben, dass für Taranis Menschen in Weidenkörbeeingesperrt worden seien und dann lebendigverbrannt wurden.Waren in der La-Tène-Zeit und im keltischen Raumtatsächlich Menschenopfer üblich? Caesar sagt dazuin seinem Werk „De bello Gallico“, ja. In Seuchenzeitenund bei großer Gefahr für die Gemeinschaftwurden Menschen geopfert. Auch die Archäologentrafen auf Funde, die als Menschenopfer interpretiertwerden. So in Acy-Romance oder der Lindow-Mannin England. In Manching wurde direkt beim Osttordas Skelett eines Kindes gefunden. Sonderbestattungoder rituelles Opfer?Dabei darf nicht vergessen werden, dass Menschenopferin der damaligen Zeit durchaus normal waren.Auch die Römer haben zu passender GelegenheitMenschen den Göttern dargebracht. Geschriebenwurden die Kommentare im 4-9 Jhd., als die La-Tène-Kulturvon der römischen überlagert wurde. Wievielweißt du aus dem 16 Jhd.? Der Kommentatorwar vermutlich Christ und hatte wenig Interesse, dieheidnischen Götter und den Glauben an sie positivdarzustellen. So können wir die Vorstellung, dass fürTaranis regelmäßig Menschenopfer in Weidenkörbenverbrannt wurden, getrost in Frage stellen.Leider haben wir von der keltischen Bevölkerung derLa-Tène- oder gar der früheren Hallstatt-Zeit keinerleiÜberlieferung zu Taranis. Die Druiden gabenihre Lehren mündlich weiter. Die Schrift (griechisch)wurde nur für profane Dinge genutzt, keinesfalls wurdeSpirituelles von den Druiden niedergeschrieben.Es gibt Opferplätze, die in luftigen Höhen liegen. Obsie allerdings mit Taranis in Verbindung stehen, wissenwir nicht.Es gibt noch den Mythos von Rigani, der Frau vonTaranis. Dieser Mythos entstammte der bardischenKunst des Keltologen Jean Jacques Hatt. Und ist damitaus dem letzten Jahrhundert. Inspiriert wurde ervom berühmten Kessel von Gundestrup.Nein, Taranis war sicher kein unbedeutender Gott.Als DONNERER war er der Herr des Gewitters undvermutlich des gesamten Wetters. In einer Agrargesellschaftwar und ist das Wetter von existenziellerBedeutung. So ist es kein Wunder, dass in der gallorömischenGesellschaft immer wieder Altäre dem Taranis,auch wenn die Namen leicht differieren, geweihtwaren. Die Menschen haben bis heute versucht, Einflusszu nehmen. Sie läuteten laut Glocken, um mitdem Krach die dunklen Wolken und damit die Gefahrfür die Ernte zu vertreiben. Aus demselben Grundzog die, vermutlich vor allem männliche, Dorfbevölkerungmit Gewehren und Böllern auf die Felder.Foto: Petra WolgeWetterschießen nannte man das. Wesentlich leiserwar das Entzünden der Wetterkerze. Wenn sich Unwetternäherte, dann wurde diese gesegnete schwarzeKerze angezündet, um Schäden abzuwenden.Eine Gottheit, die als DONNERER bezeichnet wird,stelle ich mir als laut und stürmisch vor. TARANISwar und ist eine Naturgewalt, mitreißend, feurig, vollerEnergie, unberechenbar bis zur Katastrophe. Duspürst die Macht von TARANIS, wenn sich dein Lebenvon einem Tag auf den anderen verändert. Plötz-4 https://de.wikipedia.org/wiki/Berner_Lukan-Scholien37

Radsymbol oder ein Radkreuz in Händen trägt. Die

wohl bekannteste Darstellung des „Radgotts“ findet

sich auf dem Kessel von Gundestrup, auch wenn der

dargestellte Gott dort nur ein halbiertes Rad hält.

Spätantike Darstellungen sind deutlich von mediterranen

Statuen des Jupiters beeinflusst, die ihn bärtig

und mit Donnerkeil zeigen.

Zurück zu Lucan. Er beschreibt Taranis als brutalen

Gott, den es nach Menschenopfer dürstet. Es wird

vermutet, dass Lucan selbst wenig Kontakt zu Kelten

hatte und seine Weisheit aus einer anderen Quelle

stammt. Die Berner Lukan-Scholien4 stammen von

einem unbekannten Verfasser als erklärende Zusätze

zum Werk des römischen Dichters. Erst in diesem

Kommentar zum Text zu Lucan aus dem 4-9 Jhd.

wird geschrieben, dass für Taranis Menschen in Weidenkörbe

eingesperrt worden seien und dann lebendig

verbrannt wurden.

Waren in der La-Tène-Zeit und im keltischen Raum

tatsächlich Menschenopfer üblich? Caesar sagt dazu

in seinem Werk „De bello Gallico“, ja. In Seuchenzeiten

und bei großer Gefahr für die Gemeinschaft

wurden Menschen geopfert. Auch die Archäologen

trafen auf Funde, die als Menschenopfer interpretiert

werden. So in Acy-Romance oder der Lindow-Mann

in England. In Manching wurde direkt beim Osttor

das Skelett eines Kindes gefunden. Sonderbestattung

oder rituelles Opfer?

Dabei darf nicht vergessen werden, dass Menschenopfer

in der damaligen Zeit durchaus normal waren.

Auch die Römer haben zu passender Gelegenheit

Menschen den Göttern dargebracht. Geschrieben

wurden die Kommentare im 4-9 Jhd., als die La-Tène-Kultur

von der römischen überlagert wurde. Wieviel

weißt du aus dem 16 Jhd.? Der Kommentator

war vermutlich Christ und hatte wenig Interesse, die

heidnischen Götter und den Glauben an sie positiv

darzustellen. So können wir die Vorstellung, dass für

Taranis regelmäßig Menschenopfer in Weidenkörben

verbrannt wurden, getrost in Frage stellen.

Leider haben wir von der keltischen Bevölkerung der

La-Tène- oder gar der früheren Hallstatt-Zeit keinerlei

Überlieferung zu Taranis. Die Druiden gaben

ihre Lehren mündlich weiter. Die Schrift (griechisch)

wurde nur für profane Dinge genutzt, keinesfalls wurde

Spirituelles von den Druiden niedergeschrieben.

Es gibt Opferplätze, die in luftigen Höhen liegen. Ob

sie allerdings mit Taranis in Verbindung stehen, wissen

wir nicht.

Es gibt noch den Mythos von Rigani, der Frau von

Taranis. Dieser Mythos entstammte der bardischen

Kunst des Keltologen Jean Jacques Hatt. Und ist damit

aus dem letzten Jahrhundert. Inspiriert wurde er

vom berühmten Kessel von Gundestrup.

Nein, Taranis war sicher kein unbedeutender Gott.

Als DONNERER war er der Herr des Gewitters und

vermutlich des gesamten Wetters. In einer Agrargesellschaft

war und ist das Wetter von existenzieller

Bedeutung. So ist es kein Wunder, dass in der gallorömischen

Gesellschaft immer wieder Altäre dem Taranis,

auch wenn die Namen leicht differieren, geweiht

waren. Die Menschen haben bis heute versucht, Einfluss

zu nehmen. Sie läuteten laut Glocken, um mit

dem Krach die dunklen Wolken und damit die Gefahr

für die Ernte zu vertreiben. Aus demselben Grund

zog die, vermutlich vor allem männliche, Dorfbevölkerung

mit Gewehren und Böllern auf die Felder.

Foto: Petra Wolge

Wetterschießen nannte man das. Wesentlich leiser

war das Entzünden der Wetterkerze. Wenn sich Unwetter

näherte, dann wurde diese gesegnete schwarze

Kerze angezündet, um Schäden abzuwenden.

Eine Gottheit, die als DONNERER bezeichnet wird,

stelle ich mir als laut und stürmisch vor. TARANIS

war und ist eine Naturgewalt, mitreißend, feurig, voller

Energie, unberechenbar bis zur Katastrophe. Du

spürst die Macht von TARANIS, wenn sich dein Leben

von einem Tag auf den anderen verändert. Plötz-

4 https://de.wikipedia.org/wiki/Berner_Lukan-Scholien

37

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!