Lehren aus dem vergangenen Leben, bevor die Reisedann weitergeht und zu einer neuen Geburt führenkann. Eine weitere Geschichte dieser Art ist die Reisevon Maelduin, die ähnlich wie die Geschichte desHeiligen Brendan zu unterschiedlichen Orten derAnderswelt führt. Die Orte der Anderswelt werdenzugänglich an den so genannten ‚dünnen‘ Orten undZeiten im Jahreskreis, z.B. an Samhain und Beltane.Aus diesen Geschichten entwickelte sich zu Beginndes 18. Jahrhunderts die Vorstellung von den dreiKreisen der Manifestation als philosophisches System(James Thomsonund Iolo Morganwg).Der erste Kreis ist Abred,der alle niederenLebensformen bis hinzum Menschen umfasst.Der Ursprungdes Lebens in Abredist Annwn, das Mineralreich.Die Lebewesendurchlaufen dieStadien angefangenvom Einzeller bis hinzum Menschen. Werals Mensch sein Potenzialvoll ausgeschöpfthat, gelangt zum zweitenKreis namensGwynfydd. Gwynfyddist ein Bereich von Freiheitund Awen, Inspiration.Dort beginnt dieReise von neuem vonder untersten Stufe biszur Ausschöpfung desvollen Potenzials, nurauf einem viel höherenNiveau. Der dritteKreis der Manifestationist Ceugant, in dem jegliches Potenzial voll realisiertist. Dieser Bereich wird freilich niemals erreicht; esrepräsentiert das Potenzial selbst, also das Göttliche.Die Kreise der Manifestation lassen sich wörtlichverstehen oder allegorisch. Das heißt, dass wirsie geschichtlich begreifen können oder als Geisteszustände.Abred steht für die Vergangenheit, dasSchicksal oder Karma, Gwynfydd für die Gegenwartund den freien Willen, der in der Lage ist, sich vomvorgezeichneten Schicksal und Karma zu lösen. Ceugantsteht für die Zukunft und das Potenzial, dassjedem zur Verfügung steht. Unser heutiges Leben inder Gegenwart wird aus Vergangenheit und der Zukunftmitbestimmt und wir müssen in der Gegenwartentscheiden, welche dieser Einflüsse wir zulassenund wo wir das Awen der Inspiration fließenlassen wollen. Wir können mehr oder weniger selbstentscheiden, ob wir in Abred oder Gwynfydd lebenoder an Ceugant, dem Potenzial, orientieren. Wie dieMystiker des Buddhismus, des Christentums und desHinduismus brauchen wir nicht auf das Leben nachdem Tod zu warten, um in den erhabenen Zustandvon Gwynfydd oder sogar Ceugant zu gelangen, sondernkönnen diesen bereits zu Lebzeiten erreichen.Auch wir können im Bewusstsein eins werden mit dergöttlichen Dimension, wenn wir in der Meditationoder beim Chanten unseren höchsten Idealen, wieder Liebe, dem Frieden, der Gottheit und dem großenGeist bewusst werden. Meditationund Achtsamkeit alsWild Mindfulness, Chanten(Bhakti-Yoga), Philosophieund hingebungsvoller Dienstam Nächsten sind auch im modernenDruidentum spirituellePfade, die uns zu Lebzeiten mitder Ewigkeit und der Transzendenzverbinden. Dabei verlierenwir im Druidentum nichtden Kontakt zur Natur und denmenschlichen Trieben, die wirehren und schätzen und die jedenMenschen in seiner Ganzheitausmachen.In den meisten Religionen undSpiritualitäten finden die Menschenbeim Gedanken und imAngesicht des Todes Trost beider Göttin und dem, was aufEnglisch ‚The Divine Feminine‘genannt wird. Die Große Mutterder Erde wird von vielen Menschenals nahbarer empfundenals ein abstrakter männlicherGott des Himmels. Die katholischenChristen beten als TeilIllustration: André Lorinodes Ave Maria die Zeile „Heilige Maria, Mutter Gottes,bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseresTodes.“ Im Hinduismus beten die Menschen dieGöttin des Todes Kali an. Ihr Name erinnert an dieim Druidentum verehrte Cailleach und im tibetischenBuddhismus an die Göttin Kalachakra, was übersetztdas Rad der Zeit bedeutet. Samhain ist die Zeit, an derdie Druiden in Kontakt treten mit Cailleach und nichtmehr Benötigtes losgelassen wird. Das Leben selbstist eine spirituelle Übung des Loslassens. Wenn wirdiese Übung meistern, dann meistern wir auch denletzten Schritt und den Übergang in das Mysteriumdes neuen Lebens.16
Al HakimDie Säulendes DruidentumsFoto: Matthias Hinterleitner, Pixabay