Druidenstein_26_Final
Samhain ist die Zeit, an der wir Druiden, abernicht nur Druiden, an die Verstorbenen denkenund an den Tod. Die Tage werden kürzer,die Natur zieht sich zurück und die Blätterfallen. Am ersten und zweiten November gedenkenauch die Christen der Heiligen und Verstorbenen.Und dann wiederum gibt es die Ideen von der Überwindungdes Todes, einem Leben nach dem Tod unddem ewigen Leben. Aber wie soll das funktionieren?Ich möchte hierzu nachfolgend die Vorstellungenvon vier Religionen bzw. Weltanschauungen betrachten,nämlich des Buddhismus, des Christentums, desHinduismus und des keltischen Druidentums.Der Buddhismus glaubt an die Wiedergeburt, wasin gewissem Sinne im Widerspruch steht zu der Ansicht,dass es keine den Tod überdauernde Seele gibt.Also was wird dann wiedergeboren? Hierauf hörtman manchmal die Antwort „das bedingte Bewusstsein“.Alle Dinge einschließlich aller Lebewesen sindzusammengesetzte Organismen, die der Vergänglichkeitund dem Leiden unterliegen. Die Ursachefür das Leben selbst und das damit verbundene Leidenist ein unstillbarer Durst und die Unwissenheit,dass die Gier zu Leiden führt. Das Leben entsteht inAbhängigkeit von Ursachen. Typischerweise werdenzwölf Glieder des bedingten Entstehens genannt,die jeweils die Voraussetzung für die Entstehung desnächsten Glieds dieser Kette sind. Diese sind Unwissen,Aktivitäten, Bewusstsein, Körper und Geist, derSinnenbereich, Berührung, Gefühl, Verlangen, Ergreifen,Werden, Geburt und schließlich Alter, Krankheitund Tod. Das bedingte Entstehen ist die Mechanikfür den Kreislauf der Widergeburten. Schafftman es, eines oder mehrere Glieder dieser Kette zuunterbrechen, dann wird auch der Kreislauf der Wiedergeburtenunterbrochen und Nirwana erreicht, dasvollständige Erlöschen. Dieser Zustand wird mit derTodlosigkeit gleichgesetzt. Zwar stirbt der aktuelleKörper irgendwann, aber das zum letzten Mal. ImGegensatz zu den anderen Religionen, ist das Nichtweiterlebennach dem Tod im Urbuddhismus ein erwünschterZustand. Die Methode zur Erreichung derErleuchtung und Todlosigkeit nennt man den NoblenAchtfachen Pfad. Der entscheidende Aspekt hierausist die Entwicklung von Achtsamkeit. Der Zustandder Todlosigkeit wird bereits zur Lebenszeit erreicht.Es stellt sich dann die Frage, ob nach dem physischenTod dieser Zustand in irgendeiner Art weitergeht,also als geistiges, nicht-dürstendes Wesen. Diese Fragehat der Buddha nie beantwortet und belässt es imMysterium des Todes.Schauen wir nun das Christentum an. Für den normalenChristen bedeutet der Tod zunächst tatsächlichder Tod. Am Tag des JüngstenGerichts werden alle Toten auferweckt,und die Gläubigen erhaltendas ewige Leben. Gott behält seineGläubigen durch den Kontaktzu ihm im Gebet zu Lebzeiten inseinem Gedächtnis und ist in derLage, den Menschen in seinemKörper wieder auferstehen zu lassen,egal wie zersetzt der Körperbis dahin ist. Daneben haben sichunterschiedliche Glaubensinhalteentwickelt über die Hölle, dasFegefeuer und den Himmel, in dieman gelangt, je nach dem, wie moralischman gelebt hat. Eine ähnlicheVorstellung hatten bereits dieÄgypter, die die Seele abgewogenhaben entsprechend ihren Taten.Im Urchristentum gibt es allerdingsauch Belege für den GlaubenFoto: Tina Igelbrinkan eine Wiedergeburt. Diese spieltaber heute keine Rolle mehr. Die christlichen Mystikerhaben eine etwas andere Vorstellung vom ewigenLeben und wie man es erreicht. Das ewige Leben istfür die Mystiker eine Metapher für einen Zustand,in dem der eigene Geist sich mit Gott vereinigt hat.Nachdem der eigene Geist im Christusbewusstseinist und Christus als Gott ewig lebt, nimmt der eigeneGeist und Körper Anteil am ewigen Leben. Ähnlichwie im Buddhismus erreicht der christliche Mystikerbzw. Mystikerin durch das Gebet ohne Unterlass bereitszu Lebzeiten diesen Zustand der Todlosigkeit,obwohl sein physischer Körper dem Tod nicht entrinnenkann. Der Geist bleibt aber nach dem Tod mit derGottheit verbunden und lebt ewig. Viele berühmteTheologen, wie Karl Rahner, gestehen aber ein, dass14
der Tod ein Mysterium und letztlich nicht wissbarist. Die Spielarten des Christentums sind tatsächlichsehr unterschiedlich. Die keltischen Christen gehendavon aus, dass die verstorbenen Seelen in eine Anderswelthinübertreten und gerade an Tagen wie Allerheilgenabend(Halloween) den dünnen Schleierzum Diesseits überwinden können. Die katholischeKirche geht nur bei den so genannten ‚armen Seelen‘davon aus, dass sie keinen Frieden finden und weiterherumgeistern.Der hinduistische Glaube ist dem christlichen Glaubennicht unähnlich. Die Krishna-Bewegung folgt derÜberlieferung entsprechend dem Glauben, dass dasKrishna-Bewusstsein zum Zeitpunkt des Todes dazuführt, dass man in das Planetensystem Krishnas befördertwird und in diesem „Himmel“ ein paradiesischesLeben führen kann. Falls nicht, erfolgt zunächsteine unschöne Zeit in der Hölle, bevor die Seele ineinem neuen Körper wiedergeborenwird. Die Seelewird als unsterblich angesehen,der Körper ist wie einKleidungsstück, dass vonZeit zu Zeit gewechselt wird.Allerdings ist es im Hinduismusgenauso wenig wie imBuddhismus unerheblich,wie man gelebt hat. Je nachKarma erlangt man einegünstige oder ungünstigeWiedergeburt. Die spirituellePraxis wirkt sich generellgünstig für das nächste Lebenaus. Das Mantra-Gebetdes Bhakti-Yoga ist ähnlichwie z.B. das Jesus-Gebet imChristentum die wichtigstePraxis der Krishna-Bewegungund die zuverlässigsteArt, in den Himmel Krishnaszu gelangen. Interessanterweisegeht das WortKrishna und das griechische Wort Christos auf diegleiche Wurzel zurück und wird in der Krishna-Bewegungals die höchste Persönlichkeit Gottes gedeutet.Die Verbindung des eigenen Bewusstseins mit demewigen Bewusstsein der Gottheit spielt sowohl imHinduismus als auch im Christentum die entscheidendeRolle zur Überwindung des Todes. Spätestensseit der Entstehung des Tantra sind diese spirituellenVorstellungen auch in Teile des Buddhismus übergegangen.Im tibetischen Buddhismus wurde die Praxisder Mantra-Rezitation und die Verschmelzung deseigenen Bewusstseins mit der eines transzendentenBuddhas oder einer Meditationsgottheit übernommen,um das Ziel der Befreiung und Erleuchtung zuerlangen, die je nach Wunsch des Praktizierenden zuNirwana, also der Todlosigkeit und Nichtwiederkehrführt, oder zu einer guten Wiedergeburt mit dem Vorsatzweiterhin als Bodhisattwa anderen Lebewesenhelfen zu können.Bei den Kelten und Druiden überliefern die historischenQuellen den Glauben an eine Wiedergeburt.Dieser Glaube hat nicht zuletzt den Kriegern dieAngst vor dem Tod genommen und Mut gemacht, genausowie die Vorstellung von einem Leben nach demTod in den anderen Religionen. Dabei haben auch dieGötter und Göttinnen eine Rolle gespielt. Der Glaubean die Wiedergeburt war so selbstverständlich, dasssich die Menschen Geld geliehen haben mit der Vereinbarung,dieses im nächsten Leben zurückzuzahlen.Im modernen Druidentum ist diese Praxis nicht mehrgebräuchlich, was daran liegt, dass eine naive Vorstellungvon Wiedergeburt nicht mit unserem kritischenFoto: Tina (Elda)Foto: André LorinoVerstand der Moderne vereinbar ist. Wir erfahren inder Mythologie, der Philosophie und den druidischenUnterweisungen etwas über den Weg, den die Seelenach dem Tod in der druidischen Weltanschauungnimmt. Eine Grundidee ist, dass jegliche Lebensformbeginnend mit dem Mineralreich auf eine Reise desLernens geht und sich in jedem Leben Stufe für Stufenach oben arbeitet, bis alle Lehren gelernt wurden.Taliesin z.B. schildert, welche Lebensformen er schondurchlebt hat, einschließlich Mineralien, Pflanzen,Tieren und Menschen. Eine andere Überlieferung erzählt,dass wir nach dem Tod zu einem mystischenOrt in der Anderswelt namens Tir Na Nog gelangen,den Sommerinseln. Dort vollenden wir zunächst die15
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der Tod ein Mysterium und letztlich nicht wissbar
ist. Die Spielarten des Christentums sind tatsächlich
sehr unterschiedlich. Die keltischen Christen gehen
davon aus, dass die verstorbenen Seelen in eine Anderswelt
hinübertreten und gerade an Tagen wie Allerheilgenabend
(Halloween) den dünnen Schleier
zum Diesseits überwinden können. Die katholische
Kirche geht nur bei den so genannten ‚armen Seelen‘
davon aus, dass sie keinen Frieden finden und weiter
herumgeistern.
Der hinduistische Glaube ist dem christlichen Glauben
nicht unähnlich. Die Krishna-Bewegung folgt der
Überlieferung entsprechend dem Glauben, dass das
Krishna-Bewusstsein zum Zeitpunkt des Todes dazu
führt, dass man in das Planetensystem Krishnas befördert
wird und in diesem „Himmel“ ein paradiesisches
Leben führen kann. Falls nicht, erfolgt zunächst
eine unschöne Zeit in der Hölle, bevor die Seele in
einem neuen Körper wiedergeboren
wird. Die Seele
wird als unsterblich angesehen,
der Körper ist wie ein
Kleidungsstück, dass von
Zeit zu Zeit gewechselt wird.
Allerdings ist es im Hinduismus
genauso wenig wie im
Buddhismus unerheblich,
wie man gelebt hat. Je nach
Karma erlangt man eine
günstige oder ungünstige
Wiedergeburt. Die spirituelle
Praxis wirkt sich generell
günstig für das nächste Leben
aus. Das Mantra-Gebet
des Bhakti-Yoga ist ähnlich
wie z.B. das Jesus-Gebet im
Christentum die wichtigste
Praxis der Krishna-Bewegung
und die zuverlässigste
Art, in den Himmel Krishnas
zu gelangen. Interessanterweise
geht das Wort
Krishna und das griechische Wort Christos auf die
gleiche Wurzel zurück und wird in der Krishna-Bewegung
als die höchste Persönlichkeit Gottes gedeutet.
Die Verbindung des eigenen Bewusstseins mit dem
ewigen Bewusstsein der Gottheit spielt sowohl im
Hinduismus als auch im Christentum die entscheidende
Rolle zur Überwindung des Todes. Spätestens
seit der Entstehung des Tantra sind diese spirituellen
Vorstellungen auch in Teile des Buddhismus übergegangen.
Im tibetischen Buddhismus wurde die Praxis
der Mantra-Rezitation und die Verschmelzung des
eigenen Bewusstseins mit der eines transzendenten
Buddhas oder einer Meditationsgottheit übernommen,
um das Ziel der Befreiung und Erleuchtung zu
erlangen, die je nach Wunsch des Praktizierenden zu
Nirwana, also der Todlosigkeit und Nichtwiederkehr
führt, oder zu einer guten Wiedergeburt mit dem Vorsatz
weiterhin als Bodhisattwa anderen Lebewesen
helfen zu können.
Bei den Kelten und Druiden überliefern die historischen
Quellen den Glauben an eine Wiedergeburt.
Dieser Glaube hat nicht zuletzt den Kriegern die
Angst vor dem Tod genommen und Mut gemacht, genauso
wie die Vorstellung von einem Leben nach dem
Tod in den anderen Religionen. Dabei haben auch die
Götter und Göttinnen eine Rolle gespielt. Der Glaube
an die Wiedergeburt war so selbstverständlich, dass
sich die Menschen Geld geliehen haben mit der Vereinbarung,
dieses im nächsten Leben zurückzuzahlen.
Im modernen Druidentum ist diese Praxis nicht mehr
gebräuchlich, was daran liegt, dass eine naive Vorstellung
von Wiedergeburt nicht mit unserem kritischen
Foto: Tina (Elda)
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Verstand der Moderne vereinbar ist. Wir erfahren in
der Mythologie, der Philosophie und den druidischen
Unterweisungen etwas über den Weg, den die Seele
nach dem Tod in der druidischen Weltanschauung
nimmt. Eine Grundidee ist, dass jegliche Lebensform
beginnend mit dem Mineralreich auf eine Reise des
Lernens geht und sich in jedem Leben Stufe für Stufe
nach oben arbeitet, bis alle Lehren gelernt wurden.
Taliesin z.B. schildert, welche Lebensformen er schon
durchlebt hat, einschließlich Mineralien, Pflanzen,
Tieren und Menschen. Eine andere Überlieferung erzählt,
dass wir nach dem Tod zu einem mystischen
Ort in der Anderswelt namens Tir Na Nog gelangen,
den Sommerinseln. Dort vollenden wir zunächst die
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