Druidenstein_26_Final
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Foto: Jennifer Treinzen
Editorial
Im Jahr II der Corona-Pandemie sehen
wir dank der Impfungen Licht am
Ende des Tunnels. ‚Nie werde es eine
Spaltung der Gesellschaft in Geimpfte und
Ungeimpfte geben‘, posaunten Politiker
aller Couleur in die Welt. Jetzt ist sie da.
Die Spaltung in Impfgegner und Impffreunde
geht auch an uns Druiden nicht spurlos
vorbei. Sie wird besonders für zukünftige
Workshops, Gatherings und Treffen eine
Barriere bilden. Das ist schade.
Schwierige Zeiten sind immer eine Quelle
für neue Ideen und Verbesserungen. Besinnen
wir uns auf unsere Werte (siehe
Ausgabe Nr. 15, 2016) und die Grundlagen
unserer Spiritualität, wie sie in dieser Ausgabe
beschrieben werden. Auch die Altdruiden
werden sich nicht immer einig gewesen
sein. Dennoch gelang es ihnen, ihren
besonderen Weg mit Unterbrechungen bis
heute weiterzuentwickeln. Lest zum Thema
Spiritualität den Beitrag „Auf der Suche
nach dem verlorenen Bild der Druiden“ und
„das Mysterium des Todes und der Wiedergeburt“
von Stefan. Besinnen wir uns auf
unsere besondere Fähigkeit, die zugleich
Aufgabe ist: Balance zu halten. Denn in der
Ruhe liegt die Kraft.
Genießt diese Ausgabe und freut euch auf
Samhuinn und den Aufbruch in ein neues
druidisches Jahr!
Euer
Foto: Alexander Kläser
Inhalt
Editorial
Von Günter Rutkowski
Seite 03
Der Bernstein - Tränen der Götter oder Luchsurin?
Von Barbara Stühlmeyer
Seite 06
Das Mysterium des Todes und der Wiedergeburt
Von Stefan Kaiser
Seite 13
Die Säulen des Druidentums
Von Al Hakim
Seite 17
Auf der Suche nach dem verlorenen Bild der Druiden Seite 21
Von Stefan Kaiser
Besuch beim Druiden
Von Günther Nal
Seite 25
Taranis - Hauptgott der Kelten?
Von Petra Wolge
Seite 35
Fabelwesen Lexikon Teil 2
Von Barbara Stühlmeyer
Seite 39
Community - Die vierte Triade
Von Thara
Seite 48
Bibliophilia (Buchtipps)
Seite 51
Beiträge von Karen Rothenbusch, Stefan Kaiser und Saga Grünwald
4
Foto: Jennifer Treinzen
Foto: Karen Rothenbusch
Foto: Jennifer Treinzen
Foto: André Lorino
Herbst
Momente
Foto: Jennifer Treinzen
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Barbara Stühlmeyer
Tränen der Götter oder Luchsurin?
Foto: Hans Braxmeier, Pixabay
Schon in der Ur- und Frühgeschichte waren die
Menschen fasziniert von einem Stein, der gar
keiner ist. Denn der Bernstein, der seinen Namen
vom mittelniederdeutschen Wort Börnesteen -
das Brennstein bedeutet - ableitet, ist in Wirklichkeit
gar kein Mineral, sondern ein fossiles Baumharz. Bis
zu 260 Millionen Jahre alt kann Bernstein sein, dessen
amorphe, nicht kristalline Substanz schon in der
Jungsteinzeit zu Schmucksteinen und Perlen verarbeitet
wurde. Die ältesten Fundstücke aus Ägypten
sind 6000 Jahre alt. Die alten Griechen nannten den
Bernstein Elektron, was hell, glänzend oder strahlend
bedeutet und verwendeten größere Bernsteinstücke
wegen ihrer elektrostatischen Wirkung, die schon
Thales von Milet bekannt war, als staubanziehende
Kleiderbürste. Die Römer übernahmen die Bezeichnung
Electrum, nannten den Bernstein aber auch
Sucinum, was so viel wie dicke Flüssigkeit bedeutet
und heißt, daß sie der Entstehung des geheimnisvoll
schönen Steines auf der Spur waren. Die Bezeichnung
als Lyncurium, also Luchsurin deutet hingegen
auf die Legende, der Bernstein entstehe durch den
in der Sonne gehärteten Harn des Luchses, die noch
bei Hildegard von Bingen überliefert wird. Die Germanen
nannten den schönen Stein, folgt man Tacitus,
Glaes, was so viel wie Glas bedeutet, während er
in den anderen europäischen Sprachen unter amber
(englisch), ambre (französisch), ámbar (spanisch)
oder ambra (italienisch) bekannt ist. Früher ebenfalls
als Bernstein, heute aber als Kopal bezeichnet
man jüngere fossile Harze aus den Deltas tropischer
Flüsse in Ostafrika, Madagaskar oder Kolumbien. Im
Handel werden die manchmal erst 200 Jahre alten
Stücke mit dem Etikett junger Bernstein versehen.
Kopale sind blassgelb bis zitronengelb und enthalten
oft originale Farbpigmente oder organische Einschlüsse.
Bei Wärme werden sie schnell klebrig und
in Kontakt mit Äther oder Aceton sogar weich und
schmierig.
VERWITTERT, GEPRESST ODER
GEKOCHT – DIE GEHEIMNISSE DER BEARBEI-
TUNG
Nicht jeder Bernstein, der heute im Handel erhältlich
ist, verdient wirklich den Namen Naturbernstein.
Dies gilt nur für Rohbernsteine, die, wenn das Meer
sie noch nicht abgeschliffen hat, sogar noch eine
Verwitterungskruste enthalten können, und dann
geschliffen oder poliert worden sind. Da die klaren
Bernsteine sich bei vielen größerer Beliebtheit erfreuen,
als die trüben, wird Bernsteinschmuck heute
oft klargekocht. Dazu werden die Steine in Öl erhitzt,
das einen besonders hohen Siedepunkt hat, so
den Bernstein weich macht und es ermöglicht, daß
die in ihm eingeschlossenen Luftblasen und Pflanzenreste
entweichen können. Bei diesem Verfahren
ist es wichtig, daß die Steine anschließend langsam
abkühlen, um die sonst entstehenden halbkreisförmigen
goldglänzenden Sprünge zu vermeiden, die in
unbehandeltem Bernstein sonst nur an Bruchstellen
zu finden sind. Die Methode des Kochens wird schon
seit Jahrhunderten praktiziert. Pressbernstein ist dagegen
eine neuere Erfindung, bei der aus auf 200-250
Grad erhitzten Schleifresten und kleinen Stücken
neue, größere Steine gepresst werden. Um zu testen,
ob man wirklich einen echten Bernstein erworben
oder gefunden hat, gibt es mehrere Möglichkeiten.
Die erste, aber leider risikoreiche: Bernstein ist, wie
sein Name sagt, brennbar. Die zweite, nicht für jeden
Schmuck geeignete: Bernstein ist weich und lässt sich
mit einer Kupfermünze ritzen. Die dritte, schonende:
Bernstein schwimmt in stark salzhaltigem Wasser.
Die vierte, spannende: wird Bernstein gerieben, zieht
er Flusen an.
7
SCHLAUBEN, ZAPFEN ODER TROPFEN – DIE
WICHTIGSTEN ÄUSSEREN NATURFORMEN
Bernstein entsteht sowohl im Außenbereich, wo er
sich in Taschen oder Rissen der Rinde festsetzt, als
auch im Innern des Baumes. Dort bilden sich die
größten Stücke, die allerdings keine Fossilien enthalten.
Die äußeren Flussformen werden in Schlauben,
Zapfen oder Tropfen gefunden. Schlauben sind
schubweise austretendes, vielfach verschmutztes
und mit organischen Einschlüssen versehenes Harz.
Zapfen ähneln Stalaktiten, die aus immer wieder an
einem Harzfaden nachfließenden Tropfen entstanden.
Die Tropfen hingegen fielen ab, bevor sie zu
Zapfen werden konnten. Die Formen und Farben des
Bernsteins sind von der Fließgeschwindigkeit des
Harzes abhängig, die wiederum von den Umweltfaktoren
beeinflusst wird. Ist ein Bernstein voller kleiner
Blasen und wirkt deshalb rahmweiß, wird er Knochen
genannt. Bastard nennt man dagegen solche Steine,
die milchig aussehen und eine Farbgebung zwischen
gelblichweiß und ockergelb haben. Der Flomen ist
relativ klar, hat aber zahlreiche mittelgroße Blasen.
Ist der Bernstein sehr dunkel und undurchsichtig
wird er als Brack bezeichnet. Das Farbspektrum des
Bernsteins reicht von farblos über weiß, hellgelb,
goldgelb, orange, rot und braun bis zu grünlich und
tiefschwarz. Blauschimmernden Bernstein, dessen
Farbe auf die Lichtbrechung zurückgeht gibt es in der
Dominikanischen Republik.
LAGERSTÄTTEN UND FÖRDERUNG
Die größten Bernsteinvorkommen finden sich im
Ostseeraum. Ihre Dominanz zeigt sich allein schon
darin, daß eine Zeitlang nur der baltische Bernstein
als echter Bernstein angesehen wurde. Er stammt aus
dem Harz der Goldlärche oder einem ihr verwandten,
ausgestorbenen Baum aus der Gattung Agathis. Doch
Bernstein gibt es auch in Tschechien, Ungarn, Rumänien,
Bulgarien, der Ukraine, der Schweiz, Österreich,
Frankreich, Spanien, Amerika Myanmar, Neuseeland
oder auf Borneo. Der baltische Bernstein gilt aber
gleichwohl als der am besten erforschte. Entstanden
im Bernsteinwald der Erdwarmzeit lagerte er nach
der Fossilierung in der sogenannten blauen Erde auf
dem Grund des durch die Überflutung des Bernsteinwaldes
gebildeten Meeres, von wo er an die Küsten
und in das Umfeld der Flussdeltas gespült wurde.
Bis zum 19. Jahrhundert wurde Bernstein von Hand
gesammelt. Daß die Erträge dabei keineswegs gering
waren beweist die Summe von 4000 kg, die 1862 auf
diese Weise zustande kam. Dennoch war die Bernsteingewinnung
eine mühsame und oft sehr kalte
und nasse Angelegenheit. Neben dem Absammeln
am Strand wurde die Methode des Bernsteinfischensoder
schöpfens eingesetzt, bei der die Bersteinfischer
sich mit einem an einem langen Stil befestigten Netz
in die Brandung stellten, um den Seetang und die sich
darin befindenden Bernsteine zu fangen. In tieferem
Wasser wurde der Meeresgrund mit Käschern aufgewirbelt,
die den aufschwimmenden Bernstein anschließend
abfingen. Wenig erfolgreich war dagegen
das Bernsteintauchen. Ab 1850 wurde die Förderung
jedoch maschinisiert und der Bernstein durch Ausbaggerung
des kurischen Haffs und Bernsteintagebau
gewonnen. Mit der Erfindung von Pressbernstein im
Jahr 1881 wurde der Schmuck für breitere Bevölkerungsschichten
zugänglich.
Sagenhafte Heilwirkungen des Bernsteins
• Gelber Bernstein schützt Neugeborene.
• Bernstein mit Inklusen schützt Vieh und Menschen
vor wilden Tieren.
• Bernstein mit Pflanzeneinschlüssen hilft Heilkundigen
bei der Auswahl der richtigen Kräuter.
• Blauweißer Bernstein verhilft zur Einheit mit den
Geistern der vier Elemente, bringt den Segen der
Götter und schenkt die Gabe der Prophezeiung.
• Selbstgefundene Bernsteine helfen bei der Individuation.
• Schwarzer Bernstein schützt Verstorbene vor bösen
Geistern.
• Weihrauch aus Johanneskraut und Bernstein reinigt
das Haus von Streit.
• Bernsteinpulver und Lindenzweige in ein Feuer aus
Lindenholz geworfen bescheren einer Jungfrau einen
guten Ehemann und bringen kinderlosen Paaren
Kindersegen.
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DER VIELGELIEBTE STEIN – DIE GESCHICHTE DER
BERNSTEINVERARBEITUNG UND DES BERNSTE-
INHANDELS
In Nordfriesland wurden bereits um 10.000 v. Chr.
Anhänger und Perlen aus Bernstein hergestellt. Zwischen
8000 und 5.500 v. Chr. waren in Dänemark und
im südlichen Ostseeraum vor allem Tieramulette aus
Bernstein beliebt. Seine religiöse Bedeutung entfaltete
er als Weihrauch in schamanischen Ritualen. Im
Neolithikum, also zwischen 5.500 und 1.500 intensivierten
die Küstenbewohner die Sammeltätigkeit und
fertigten Ketten und Anhänger, darunter Nachbildungen
von Äxten, dem Symbol der Muttergottheit,
die als Grabbeigaben verwendet
wurden. In der Bronzezeit war
Bernstein ebenso wie Salz und
Rohmetall ein begehrtes Handelsgut.
Grabfunde nahezu identischer
Goldringe mit Bernsteinscheiben
aus Südengland und
Mykene und kostbare Ketten wie
das Ingolstädter Bernsteincollier
zeigen die Wertschätzung
sowie die weite Verbreitung von
Bersteinschmuck in dieser Zeit.
In der Eisenzeit galt der Bernstein
als Tränen der Sonne oder
Harn der Götter, bevor er zum
Luchsurin säkularisiert wurde.
Von Griechen und Römern gleichermaßen
geschätzt wurde er
als Tauschmittel für Luxusgüter
eingesetzt, zu Schmuck verarbeitet
und auf seine elektrostatischen
Eigenschaften hin untersucht.
Aristoteles soll gemeinsam mit Pytheas von
Massilia zu diesem Zweck sogar die West- Ost- oder
Nordfriesischen Inseln aufgesucht haben. Nero galt
als besonderer Fan des schönen Steines und die Bernsteinmode
griff unter seiner Regierung weit um sich.
Trinkgefäße aus Bernstein waren ebenso in wie eine
Bernsteintönung für die Dame von Welt. Der Preis
für Bernsteine stieg dementsprechend, so daß Plinius
der Jüngere sich darüber ärgerte, daß man für ein
kleines Bersteinfigürchen mehr ausgeben müsse als
für einen Sklaven. Die Wikinger verwendeten ihn sowohl
als Räucherwerk als auch als edles Rohmaterial
für Schmuck und schöne Alltagsgeräte. So wurden in
der Wikingerzeit Spinnwirtel, Spielbrettfiguren oder
Würfel aus Bernstein gefertigt. Die Handelswege für
die begehrten Steine verliefen von Hamburg aus nach
Marseille oder von der niederösterreichischen March
über Carnutum nach Aquileia.
ROSENKRÄNZE UND BRILLENGLÄSER
Im Mittelalter waren Rosenkränze aus Bernstein so
beliebt, daß sich aus deren Herstellung der Berufszweig
der Paternostermacher entwickelte. Aber auch
zu Brillengläsern wurde das fossile Harz verarbeitet.
Weil mit den Funden an den Stränden von Nord- und
Ostsee wirklich gutes Geld zu verdienen war, dauerte
es nicht lange, bis das Sammeln
und Verkaufen unter Hoheitsrecht
gestellt wurde. Verstöße
gegen das Bernsteinregal wurden
mit dem Tode bestraft, die
Küstenbewohner durften nur
unter Aufsicht eigens bestellter
Vögte zum Sammeln ausrücken
und hatten sonst nichts an ihrem
Strand zu suchen. Als es
dem deutschen Orden gelang,
sich das alleinige Handelsrecht
mit Bernstein zu sichern, hatte
er damit das Fundament seines
Reichtums gelegt. Seine
Werkstätten in Königsberg und
Danzig fertigten wunderbare
Kunstgegenstände. Die Verpachtung
des Sammelrechts brachte
zusätzliche Einnahmen in die
Ordenskasse, bis das Regal 1525
Foto: Starbright/ Pixabay
auf die jeweiligen Landesherrn
überging. In der Neuzeit galten kostbare Schatullen,
Intarsien, Pokale oder Degengriffe aus Bernstein als
Statusobjekte, und der preußische Hof wird als Auftraggeber
hunderter Kunstgegenstände genannt, die
als Diplomatengeschenke in die Kunstsammlungen
europäischer Herrscherhäuser Eingang fanden. Das
berühmteste Beispiel ist das Bernsteinzimmer Friedrichs
I., das 1712 für das Charlottenburger Schloss
angefertigt und 1716 an Zar Peter den Großen verschenkt
wurde. Daß dieses Wunderwerk im Zweiten
Weltkrieg von den Deutschen geraubt, nach Königsberg
verbracht und 1945 schließlich verbrannt sein
soll, können viele bis heute nicht glauben und so
sprießen die Theorien über den Verbleib des großen
9
Schmuckstückes immer noch wie Pilze aus dem Boden.
HEILENDER HEILIGER STEIN
Der Einsatz des Bernsteins als Heilmittel ist schon
in der Antike bezeugt. Laut Plinius schützt ein auf
der Haut getragenes Bernsteinamulett vor Fieber.
Ehefrauen gestehen ihre Sünden, wenn man ihnen
bei Nacht einen Bernstein auf die Brust legt und
Säuglinge bekommen ihre Zähne ohne lästige Entzündungen,
wenn sie an einer Bernsteinkette kauen
dürfen. Dämonen vertreibt der Bernstein ebenso wie
diffuse Ängste. Wie andere Heilsteine wurde auch der
Bernstein zermahlen, um ihn innerlich bei Nieren-,
Gallen-, Leber-, Magen- oder Verdauungsproblemen
anwenden zu können. Bei Rheuma hilft dagegen die
Einreibung mit Bernsteinöl.
DER RICHTIGE SCHLIFF
Wer einen Rohbernstein selbst bearbeiten möchte,
sollte zunächst mit einer Feile oder Nassschleifpapier
die Verwitterungskruste entfernen. Danach wird
die Körnung des Schleifpapiers bei jedem Schleifgang
von 80 sukzessive auf 1000 erhöht. Bei jedem
Schleifpapierwechsel sollte man den Stein mit Wasser
abspülen, um eine Überhitzung zu vermeiden, die
ein Klebrigwerden der Oberfläche bewirken könnte.
Für die Politur benötigt man ein mit Spiritus angefeuchtetes
und mit Schlämmkreide bestrichenes
Baumwoll- oder Leinentuch, zum Nachpolieren ein
Fensterleder. Bei der Durchbohrung von Anhängern
ist Vorsicht angesagt: Bernstein ist empfindlich und
bricht leicht. Wer selber Bernstein sammeln will und
auf größere Stücke hofft, wird am ehesten an den
Stränden der Ostsee fündig. Als beste Fundstellen
gelten die Strände des Samlandes und das Gebiet der
Danziger Bucht. Doch auch auf Wollin und Usedom
kann man nach Nordoststürmen Glück haben und
den Stein finden, der aus den Tränen der Götter entstanden
ist.
Text: Barbara Stühlmeyer
LINK UND LITERATUR:
Unter www.wikipedia.de/Bernstein findet man einen
ausgezeichneten Artikel über Entstehung, Gewinnung,
Verarbeitung und Geschichte des Bernsteins.
Rolf Reinicke: Bernstein. Gold des Meeres
Wunderschön bebildert informiert das kleine aber feine
Buch über Entstehung und Bearbeitung des Bernsteins
in Geschichte und Gegenwart. Hinweise auf
Bernstein verarbeitende Betriebe und Museen machen
das Buch zu einer unentbehrlichen Lektüre für Bernstein-Fans.
Hinstorff Verlag, Rostock, 2008, 78 S,
ISBN978-3-356-00642-8
Jörn Barford: Bernstein. Entstehung, Gewinnung
und Verarbeitung
Barfords Bernstein Buch bietet neben den nötigen
Fakten über Entstehung, Gewinnung und Verarbeitung
auch einen guten Überblick über die Sagenwelt
rund um den Bernstein und seine vielfältigen Heilwirkungen
nebst einigen höchst merkwürdigen Rezepten
zur Erlangung derselben. Eine ebenso informative wie
vergnügliche Lektüre.
Husum Verlag, Husum, 2008, 92 S,
ISBN 978-3-89876-179-6
Foto: André Lorino
Audroné Ilgeviciené: Bernstein. Stein des
Meeres, des Lichtes und der Sonne
Die Autorin gibt einen Überblick über die Heilwirkungen
des Bernsteins auf Geist, Seele und Körper, so wie
sie in der litauischen Tradition überliefert sind. Die
Grundqualität des Reinigens und Klärens, die vom
Bernstein ausgeht, wirkt sich in den verschiedenen
Farben und Herkunftsorten der Steine in unterschiedlicher
Weise auf die menschliche Persönlichkeit aus.
Jedem Sternzeichen wird ein bestimmter Bernstein zugeordnet,
die Wirkungen diverser Rezepturen werden
beschrieben.
Neue Erde Verlag, Edition Cairn Elen, Saarbrücken,
2009, 111 S,
ISBN 978-3-89060-536-4
10
Hildegard von Bingen
über die Entstehung und Heilwirkung
von Bernstein
Der Ligurius ist warm. Er entsteht aus einem bestimmten, nicht jedem,
Luchsurin. Denn der Luchs ist kein wollüstiges, ausschweifendes und unreines
Tier, sondern besitzt ein ausgeglichenes Temperament. Seine Kraft
ist so groß, daß er sogar Steine durchdringt, sein Blick ist scharf und er verliert
sein Augenlicht nur selten. Aus seinem Urin entsteht jedoch nur dann
dieser Stein, wenn die Sonne heiß brennt und die Luft leicht, mild und gut
erwärmt ist. Dann erfreut sich das Tier der Wärme und Reinheit der Sonne
und der angenehmen, schönen Luft. Will es nun urinieren, so gräbt es mit
dem Fuß ein Loch in die Erde und uriniert hinein, und daraus entsteht und
wächst der Ligurius unter der Einwirkung der Sonne. Durch die Reinheit
der Sonne und die laue Luft, die das Tier berühren und umgeben und durch
seine frohe Stimmung und große Kraft wird der Urin in ihm warm. Wenn er
dann abgelassen wird, verdichtet er sich zu diesem Stein in der Art, daß das
Verfestigen jenes schönen Steins, der weicher als alle anderen Steine ist, in
der Erde geschieht.
Ein Mensch, der heftige Magenschmerzen hat, lege den Ligurius für eine
kurze Stunde in Wein oder Bier oder Wasser und nehme ihn dann heraus.
Jene Flüssigkeit wird so von den Kräften des Steins durchdrungen und empfängt
ihre Kraft von ihm. So verfahre man fünfzehn Tage lang und gebe dem
Kranken etwas davon zu trinken, jedoch nicht nüchtern, sondern nach einem
kleinen Frühstück. Kein Fieber und keine Krankheit, mit Ausnahme
einer tödlichen Krankheit, können in seinem Magen so stark sein, daß der
Magen nicht geläutert und gereinigt und der Kranke selbst geheilt würde,
es sei denn, sein Tod steht unmittelbar bevor. Niemand sonst soll jedoch
dieses Mittel bei irgendeiner anderen Krankheit trinken, als eben bei Magenschmerzen!
Sonst verliert er sein Leben, denn die Kraft dieses Mittels
ist so groß, daß es sein Herz versehrt und seinen Kopf spalten und sprengen
würde.
Wer Beschwerden beim Wasserlassen hat, so daß er nicht
urinieren kann, der lege den Ligurius einen Tag lang in Kuhoder
Schafsmilch, jedoch nicht in Ziegenmilch. Er nehme
ihn am zweiten Tag wieder heraus und erwärme die Milch,
bis sie aufwallt, und trinke sie so. Auf diese Weise verfahre
er fünf Tage lang, so wird der Urin in ihm gelöst.
VORSICHT:
Nicht alles, was gelblich aussieht und am
Strand liegt, ist Bernstein! Manches ist
Weltkriegs-munition aus gelbem Phosphor,
der sich an der Luft von selbst entzündet
und schwere Verbrennungen verursacht.
[Anm. d. Redaktion]
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Du musst das Leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein Fest.
Und lass dir jeden Tag geschehen,
so wie ein Kind im Weitergehen
von jedem Wehen
sich viele Blüten schenken lässt.
Rainer Maria Rilke
Foto: Jennifer Treinzen
Stefan Kaiser
Das Mysterium des Todes
und der Wiedergeburt
Foto: Siamlian Ngaihte , Pixabay
Samhain ist die Zeit, an der wir Druiden, aber
nicht nur Druiden, an die Verstorbenen denken
und an den Tod. Die Tage werden kürzer,
die Natur zieht sich zurück und die Blätter
fallen. Am ersten und zweiten November gedenken
auch die Christen der Heiligen und Verstorbenen.
Und dann wiederum gibt es die Ideen von der Überwindung
des Todes, einem Leben nach dem Tod und
dem ewigen Leben. Aber wie soll das funktionieren?
Ich möchte hierzu nachfolgend die Vorstellungen
von vier Religionen bzw. Weltanschauungen betrachten,
nämlich des Buddhismus, des Christentums, des
Hinduismus und des keltischen Druidentums.
Der Buddhismus glaubt an die Wiedergeburt, was
in gewissem Sinne im Widerspruch steht zu der Ansicht,
dass es keine den Tod überdauernde Seele gibt.
Also was wird dann wiedergeboren? Hierauf hört
man manchmal die Antwort „das bedingte Bewusstsein“.
Alle Dinge einschließlich aller Lebewesen sind
zusammengesetzte Organismen, die der Vergänglichkeit
und dem Leiden unterliegen. Die Ursache
für das Leben selbst und das damit verbundene Leiden
ist ein unstillbarer Durst und die Unwissenheit,
dass die Gier zu Leiden führt. Das Leben entsteht in
Abhängigkeit von Ursachen. Typischerweise werden
zwölf Glieder des bedingten Entstehens genannt,
die jeweils die Voraussetzung für die Entstehung des
nächsten Glieds dieser Kette sind. Diese sind Unwissen,
Aktivitäten, Bewusstsein, Körper und Geist, der
Sinnenbereich, Berührung, Gefühl, Verlangen, Ergreifen,
Werden, Geburt und schließlich Alter, Krankheit
und Tod. Das bedingte Entstehen ist die Mechanik
für den Kreislauf der Widergeburten. Schafft
man es, eines oder mehrere Glieder dieser Kette zu
unterbrechen, dann wird auch der Kreislauf der Wiedergeburten
unterbrochen und Nirwana erreicht, das
vollständige Erlöschen. Dieser Zustand wird mit der
Todlosigkeit gleichgesetzt. Zwar stirbt der aktuelle
Körper irgendwann, aber das zum letzten Mal. Im
Gegensatz zu den anderen Religionen, ist das Nichtweiterleben
nach dem Tod im Urbuddhismus ein erwünschter
Zustand. Die Methode zur Erreichung der
Erleuchtung und Todlosigkeit nennt man den Noblen
Achtfachen Pfad. Der entscheidende Aspekt hieraus
ist die Entwicklung von Achtsamkeit. Der Zustand
der Todlosigkeit wird bereits zur Lebenszeit erreicht.
Es stellt sich dann die Frage, ob nach dem physischen
Tod dieser Zustand in irgendeiner Art weitergeht,
also als geistiges, nicht-dürstendes Wesen. Diese Frage
hat der Buddha nie beantwortet und belässt es im
Mysterium des Todes.
Schauen wir nun das Christentum an. Für den normalen
Christen bedeutet der Tod zunächst tatsächlich
der Tod. Am Tag des Jüngsten
Gerichts werden alle Toten auferweckt,
und die Gläubigen erhalten
das ewige Leben. Gott behält seine
Gläubigen durch den Kontakt
zu ihm im Gebet zu Lebzeiten in
seinem Gedächtnis und ist in der
Lage, den Menschen in seinem
Körper wieder auferstehen zu lassen,
egal wie zersetzt der Körper
bis dahin ist. Daneben haben sich
unterschiedliche Glaubensinhalte
entwickelt über die Hölle, das
Fegefeuer und den Himmel, in die
man gelangt, je nach dem, wie moralisch
man gelebt hat. Eine ähnliche
Vorstellung hatten bereits die
Ägypter, die die Seele abgewogen
haben entsprechend ihren Taten.
Im Urchristentum gibt es allerdings
auch Belege für den Glauben
Foto: Tina Igelbrink
an eine Wiedergeburt. Diese spielt
aber heute keine Rolle mehr. Die christlichen Mystiker
haben eine etwas andere Vorstellung vom ewigen
Leben und wie man es erreicht. Das ewige Leben ist
für die Mystiker eine Metapher für einen Zustand,
in dem der eigene Geist sich mit Gott vereinigt hat.
Nachdem der eigene Geist im Christusbewusstsein
ist und Christus als Gott ewig lebt, nimmt der eigene
Geist und Körper Anteil am ewigen Leben. Ähnlich
wie im Buddhismus erreicht der christliche Mystiker
bzw. Mystikerin durch das Gebet ohne Unterlass bereits
zu Lebzeiten diesen Zustand der Todlosigkeit,
obwohl sein physischer Körper dem Tod nicht entrinnen
kann. Der Geist bleibt aber nach dem Tod mit der
Gottheit verbunden und lebt ewig. Viele berühmte
Theologen, wie Karl Rahner, gestehen aber ein, dass
14
der Tod ein Mysterium und letztlich nicht wissbar
ist. Die Spielarten des Christentums sind tatsächlich
sehr unterschiedlich. Die keltischen Christen gehen
davon aus, dass die verstorbenen Seelen in eine Anderswelt
hinübertreten und gerade an Tagen wie Allerheilgenabend
(Halloween) den dünnen Schleier
zum Diesseits überwinden können. Die katholische
Kirche geht nur bei den so genannten ‚armen Seelen‘
davon aus, dass sie keinen Frieden finden und weiter
herumgeistern.
Der hinduistische Glaube ist dem christlichen Glauben
nicht unähnlich. Die Krishna-Bewegung folgt der
Überlieferung entsprechend dem Glauben, dass das
Krishna-Bewusstsein zum Zeitpunkt des Todes dazu
führt, dass man in das Planetensystem Krishnas befördert
wird und in diesem „Himmel“ ein paradiesisches
Leben führen kann. Falls nicht, erfolgt zunächst
eine unschöne Zeit in der Hölle, bevor die Seele in
einem neuen Körper wiedergeboren
wird. Die Seele
wird als unsterblich angesehen,
der Körper ist wie ein
Kleidungsstück, dass von
Zeit zu Zeit gewechselt wird.
Allerdings ist es im Hinduismus
genauso wenig wie im
Buddhismus unerheblich,
wie man gelebt hat. Je nach
Karma erlangt man eine
günstige oder ungünstige
Wiedergeburt. Die spirituelle
Praxis wirkt sich generell
günstig für das nächste Leben
aus. Das Mantra-Gebet
des Bhakti-Yoga ist ähnlich
wie z.B. das Jesus-Gebet im
Christentum die wichtigste
Praxis der Krishna-Bewegung
und die zuverlässigste
Art, in den Himmel Krishnas
zu gelangen. Interessanterweise
geht das Wort
Krishna und das griechische Wort Christos auf die
gleiche Wurzel zurück und wird in der Krishna-Bewegung
als die höchste Persönlichkeit Gottes gedeutet.
Die Verbindung des eigenen Bewusstseins mit dem
ewigen Bewusstsein der Gottheit spielt sowohl im
Hinduismus als auch im Christentum die entscheidende
Rolle zur Überwindung des Todes. Spätestens
seit der Entstehung des Tantra sind diese spirituellen
Vorstellungen auch in Teile des Buddhismus übergegangen.
Im tibetischen Buddhismus wurde die Praxis
der Mantra-Rezitation und die Verschmelzung des
eigenen Bewusstseins mit der eines transzendenten
Buddhas oder einer Meditationsgottheit übernommen,
um das Ziel der Befreiung und Erleuchtung zu
erlangen, die je nach Wunsch des Praktizierenden zu
Nirwana, also der Todlosigkeit und Nichtwiederkehr
führt, oder zu einer guten Wiedergeburt mit dem Vorsatz
weiterhin als Bodhisattwa anderen Lebewesen
helfen zu können.
Bei den Kelten und Druiden überliefern die historischen
Quellen den Glauben an eine Wiedergeburt.
Dieser Glaube hat nicht zuletzt den Kriegern die
Angst vor dem Tod genommen und Mut gemacht, genauso
wie die Vorstellung von einem Leben nach dem
Tod in den anderen Religionen. Dabei haben auch die
Götter und Göttinnen eine Rolle gespielt. Der Glaube
an die Wiedergeburt war so selbstverständlich, dass
sich die Menschen Geld geliehen haben mit der Vereinbarung,
dieses im nächsten Leben zurückzuzahlen.
Im modernen Druidentum ist diese Praxis nicht mehr
gebräuchlich, was daran liegt, dass eine naive Vorstellung
von Wiedergeburt nicht mit unserem kritischen
Foto: Tina (Elda)
Foto: André Lorino
Verstand der Moderne vereinbar ist. Wir erfahren in
der Mythologie, der Philosophie und den druidischen
Unterweisungen etwas über den Weg, den die Seele
nach dem Tod in der druidischen Weltanschauung
nimmt. Eine Grundidee ist, dass jegliche Lebensform
beginnend mit dem Mineralreich auf eine Reise des
Lernens geht und sich in jedem Leben Stufe für Stufe
nach oben arbeitet, bis alle Lehren gelernt wurden.
Taliesin z.B. schildert, welche Lebensformen er schon
durchlebt hat, einschließlich Mineralien, Pflanzen,
Tieren und Menschen. Eine andere Überlieferung erzählt,
dass wir nach dem Tod zu einem mystischen
Ort in der Anderswelt namens Tir Na Nog gelangen,
den Sommerinseln. Dort vollenden wir zunächst die
15
Lehren aus dem vergangenen Leben, bevor die Reise
dann weitergeht und zu einer neuen Geburt führen
kann. Eine weitere Geschichte dieser Art ist die Reise
von Maelduin, die ähnlich wie die Geschichte des
Heiligen Brendan zu unterschiedlichen Orten der
Anderswelt führt. Die Orte der Anderswelt werden
zugänglich an den so genannten ‚dünnen‘ Orten und
Zeiten im Jahreskreis, z.B. an Samhain und Beltane.
Aus diesen Geschichten entwickelte sich zu Beginn
des 18. Jahrhunderts die Vorstellung von den drei
Kreisen der Manifestation als philosophisches System
(James Thomson
und Iolo Morganwg).
Der erste Kreis ist Abred,
der alle niederen
Lebensformen bis hin
zum Menschen umfasst.
Der Ursprung
des Lebens in Abred
ist Annwn, das Mineralreich.
Die Lebewesen
durchlaufen die
Stadien angefangen
vom Einzeller bis hin
zum Menschen. Wer
als Mensch sein Potenzial
voll ausgeschöpft
hat, gelangt zum zweiten
Kreis namens
Gwynfydd. Gwynfydd
ist ein Bereich von Freiheit
und Awen, Inspiration.
Dort beginnt die
Reise von neuem von
der untersten Stufe bis
zur Ausschöpfung des
vollen Potenzials, nur
auf einem viel höheren
Niveau. Der dritte
Kreis der Manifestation
ist Ceugant, in dem jegliches Potenzial voll realisiert
ist. Dieser Bereich wird freilich niemals erreicht; es
repräsentiert das Potenzial selbst, also das Göttliche.
Die Kreise der Manifestation lassen sich wörtlich
verstehen oder allegorisch. Das heißt, dass wir
sie geschichtlich begreifen können oder als Geisteszustände.
Abred steht für die Vergangenheit, das
Schicksal oder Karma, Gwynfydd für die Gegenwart
und den freien Willen, der in der Lage ist, sich vom
vorgezeichneten Schicksal und Karma zu lösen. Ceugant
steht für die Zukunft und das Potenzial, dass
jedem zur Verfügung steht. Unser heutiges Leben in
der Gegenwart wird aus Vergangenheit und der Zukunft
mitbestimmt und wir müssen in der Gegenwart
entscheiden, welche dieser Einflüsse wir zulassen
und wo wir das Awen der Inspiration fließen
lassen wollen. Wir können mehr oder weniger selbst
entscheiden, ob wir in Abred oder Gwynfydd leben
oder an Ceugant, dem Potenzial, orientieren. Wie die
Mystiker des Buddhismus, des Christentums und des
Hinduismus brauchen wir nicht auf das Leben nach
dem Tod zu warten, um in den erhabenen Zustand
von Gwynfydd oder sogar Ceugant zu gelangen, sondern
können diesen bereits zu Lebzeiten erreichen.
Auch wir können im Bewusstsein eins werden mit der
göttlichen Dimension, wenn wir in der Meditation
oder beim Chanten unseren höchsten Idealen, wie
der Liebe, dem Frieden, der Gottheit und dem großen
Geist bewusst werden. Meditation
und Achtsamkeit als
Wild Mindfulness, Chanten
(Bhakti-Yoga), Philosophie
und hingebungsvoller Dienst
am Nächsten sind auch im modernen
Druidentum spirituelle
Pfade, die uns zu Lebzeiten mit
der Ewigkeit und der Transzendenz
verbinden. Dabei verlieren
wir im Druidentum nicht
den Kontakt zur Natur und den
menschlichen Trieben, die wir
ehren und schätzen und die jeden
Menschen in seiner Ganzheit
ausmachen.
In den meisten Religionen und
Spiritualitäten finden die Menschen
beim Gedanken und im
Angesicht des Todes Trost bei
der Göttin und dem, was auf
Englisch ‚The Divine Feminine‘
genannt wird. Die Große Mutter
der Erde wird von vielen Menschen
als nahbarer empfunden
als ein abstrakter männlicher
Gott des Himmels. Die katholischen
Christen beten als Teil
Illustration: André Lorino
des Ave Maria die Zeile „Heilige Maria, Mutter Gottes,
bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres
Todes.“ Im Hinduismus beten die Menschen die
Göttin des Todes Kali an. Ihr Name erinnert an die
im Druidentum verehrte Cailleach und im tibetischen
Buddhismus an die Göttin Kalachakra, was übersetzt
das Rad der Zeit bedeutet. Samhain ist die Zeit, an der
die Druiden in Kontakt treten mit Cailleach und nicht
mehr Benötigtes losgelassen wird. Das Leben selbst
ist eine spirituelle Übung des Loslassens. Wenn wir
diese Übung meistern, dann meistern wir auch den
letzten Schritt und den Übergang in das Mysterium
des neuen Lebens.
16
Al Hakim
Die Säulen
des Druidentums
Foto: Matthias Hinterleitner, Pixabay
Die Druiden der Antike bezogen ihre Weisheit
aus drei Quellen: „dem Jahreskreis,
den Kräften der Ahnen und den Kräften der
Natur“, schrieb Cairistia Worthington im Vorwort
zu Philip Carr-Gomms Buch „Der Weg des Druiden
(2011)“. Unerheblich ist, ob sie diese Begriffe so benutzt
haben wie wir heute. Bekannt ist, dass sie durch
astronomische Kenntnisse die Zeitpunkte der Eklipsen
und Äquinoktien berechneten und daraus Schlüsse
für den Beginn von Saat und Erntezeit zogen, die
damals das Überleben der Gemeinschaft sicherten.
Bekannt ist, dass in der Antike der Mensch nicht sang
und klanglos verschied, sondern in andere Sphären
übertrat, in die nur Götter, Schamanen und eben
Druiden Einblick nehmen konnten. Ahnen wurden
über Generationen geehrt und nicht vergessen. Bekannt
ist, dass Druiden die Kräfte der Natur nutzen,
zum Ritual, zur Heilung, zur Trance. Durch ihre speziellen
Erfahrungen gehörten sie zur sozialen Oberschicht
ihrer jeweiligen Gesellschaften.
Worthington ist damit ein wichtiger Schritt gelungen,
das moderne Druidentum neu zu interpretieren.
Viele Ansichten aus den antiken Quellen sind heute
nicht mehr relevant, andererseits kann man nicht das
Wirken der Urahnen komplett ausblenden, da dieses
die Grundlagen unserer Spiritualität bildet.
Um die Grundlagen dieses spirituellen Weges zu beschreiben,
benennt Greywind in seinem Buch „The
Voice Within the Wind. Of Becoming and the Druid
Way, 2001“ neun Dimensionen, Wurzeln, auf denen
das moderne Druidentum ruht. Welche sind diese
Wurzeln?
2. Die Dimension der
Kunst
Kunst und Kunsthandwerk bildeten bei den
keltischen Stämmen eine enge Verbindung
vom Körperlichen zur Spiritualität. Kunst
ist angewandte Kreativität, wobei die Art
der Kunst nicht auf bildende Künste (Bild,
Foto, Video, Prosa, Poesie, Bildhauen, Medien)
oder darstellende Künste (Tanz, Theater,
Musik, Kleinkunst, Bühnenkunst) und
beschränkt ist. Kunst bereichert unseren
Alltag und kultiviert den Fluss des „Awen“.
Dieses war die Sphäre der Barden oder Fili.
3. Die Dimension des Heilens
Der moderne druidische Aspekt bezieht
sich selten auf das Behandeln von Krankheiten,
was heutzutage Aufgabe professioneller
Berufsgruppen ist. Vielmehr merken
inzwischen immer mehr Menschen,
dass „die Welt aus den Fugen“ geraten
ist. Druiden als Wahrer der Balance heilen
die gestörte Beziehung des Menschen
zur Erde.
1. Die Dimension des Stammes
18
Der ‚Stamm‘ verweist auf unsere Zugehörigkeit
zu einem bestimmten Kulturraum. Die
alten Druiden rechnete man zum keltischen
Raum, der aber nie konkrete Grenzen und
Beschreibungen hatte und sich aus einzelnen
Völkern zusammensetzte. Da die Menschen
auch in der Antike schon reiselustig waren,
ist eine Durchmischung mit Nachbarn (Germanischen/nordischen
Stämmen, Arabern,
slawischen Völkern) wahrscheinlich. Daher
dürften die meisten Ur-Europäer Wurzeln in
der keltischen Kultur haben, ebenso deren
Auswanderer auf die anderen Kontinente.
4. Die Dimension der
Metaphysik
Metaphysische Studien helfen, das Universum
zu verstehen. Metaphysik begleitet
den keltischen Kosmos aus Himmel,
Erde und Meer sowie der Anderswelt.
Kontakt mit der Anderswelt verhilft zu
Einsichten und Weisheit. Obwohl alle
Druiden individuell unterschiedlich arbeiten,
haben sich gewisse gemeinsame
Strukturen herausgebildet wie beispielsweise
die Meditation oder das Durchführen
von Zeremonien.
5 Die Dimension der
Divination
Abgesehen, was auf der metaphysischen
Ebene existiert, beschäftigen sich schamanische
Praktiken und seherische Fähigkeiten
mit dem, wie jene Ebene sein
könnte. Jeder Mensch versucht, seine
ihm eigene Welt zu schaffen und zu planen.
Die drei keltischen Reiche des Himmels,
Meeres und Landes entsprechen
den wohl älteren schamanischen Einteilungen
in Unter-, Mittel- und Oberwelt.
Diese Dimension war die Sphäre der Ovaten
oder Seher.
7. Die Dimension der Natur
6. Die Dimension des Rituals
Rituale vereinen den Fluss der Dinge. Dieser
Fluss nährt und bereichert uns, er ist das
Fließen der kosmischen Energieströme. Wie
bei der Divination gibt es zwei Grenzbereiche:
Die einen versuchen, die energetischen
Ströme wahrzunehmen und zu beobachten,
andere wollen sie gar für die Erfüllung irgendwelcher
Ziele nutzen beeinflussen. Das ist in
Ordnung, wenn es in Demut und mit dem Wissen
geschieht, dass sich das Schicksal nicht beeinflussen
lässt. Rituale können einfach oder
elaboriert sein, was zählt, ist, dass sie von ganzem
Herzen begangen werden.
Das Druidentum befasst sich ernstlich
mit der Natur und der physischen Umwelt,
in der wir leben. Um uns in unserem
natürlichen Umfeld frei bewegen zu
können, bedarf es des wissenschaftlichen
Wissens und der tiefenpsychologischen
Erforschung der Seele.
8. Die Dimension der Lehre 9. Die Dimension des Dienens
Lehre ist mehr als das schulische Lernen. Sie umfasst
das Lernen in Gesprächen, bei Workshops,
rituellen Treffen und druidischer Arbeit. Jeder
Lehrer ist daher zugleich Lernender, und das Lernen
hört nicht auf. Gelerntes weiterzugeben hält
den Pfad lebendig und atmend. Es kultiviert das
Wissen und die Weisheit in uns selbst. Lehre ist
auch die Unterrichtung von Menschen, die diesem
Pfad noch nicht begegnet sind. Offene Lehre
holt das Druidentum aus dem Sumpf esoterischer
Geheimreligionen. Ritual, Lehre und Erforschung
der Natur sind die Arbeitsbereiche des Druiden.
Der Druide will durch seine Arbeit nicht
nur selber wachsen und sich beweisen,
sondern soll der Welt dienen. Lehre ist
beispielsweise solch ein Dienen, ebenso
das sich öffentliche Hingeben in die
Künste. Alle der neun genannten Säulen
gelten als Dienen. Der druidische Pfad ist
die Suche nach Wahrheit, was am ehesten
durch eine kultivierte, harmonische Beziehung
zum Universum gelingt.
19
Sieben Gaben
1. Gabe: Das Druidentum
als Philosophie
Eine Philosophie, die das Leben heiligt und
uns als Teil der Schöpfung begreift, „sorgt
sich leidenschaftlich um die Bewahrung und
den Schutz der Umwelt… Sie trennt Geist
und Materie nicht und weist auf eine sinnliche
Spiritualität hin, die das irdische Leben
feiert.“
3. Gabe: Heilung
Es geht hauptsächlich um die Heilung des
Selbst in einem ganzheitlichen Rahmen, was
Gesundheit und ein langes, erfülltes Leben
fördert.
5. Gabe: die Öffnung für andere
Wirklichkeiten
Das Druidentum bietet Techniken, mit denen
man andere Bewusstseinszustände und
die Tiefen seiner Seele, die Anderwelt oder
andere Realitäten untersuchen kann.
Philip Carr-Gomm drängt in der Sorge um den
Menschen als einer Spezies, die sich von ihrer
natürlichen Quelle abgewandt hat, auf die Wiederverbindung
mit der Natur. In seinem Buch
„Die Weisheit der Druiden“, 2004, erkennt er in
dem druidischen Pfad sieben Gaben, mit denen
wir durch sinnvolles Arbeiten die Rückbesinnung
zu Stande bringen können:
2. Gabe: Berührung mit der
Natur
Es gilt, uns wieder als eins mit der Natur
zu erleben, mit Pflanzen, Bäumen, Tieren,
Steinen und den Ahnen. Um zum Naturrhythmus
zurückzufinden, bedient sich
Carr-Gomm des Jahresrades mit den acht
Jahreszeitenfesten.
4. Gabe: das Wissen um unser
ganzes Leben als Reise durch
Raum und Zeit
So wie die Wassermoleküle in einem Fluss
sich von Sekunde zu Sekunde an einer anderen
Stelle befinden, ist unser ganzes Leben
permanenten Wechseln unterworfen, die
man zu besonderen Zeitpunkten als Übergang
wahrnehmen sollte (Geburt, Namensgebungen,
Handfasting, Trennung, Tod).
7. die Gabe der Magie
Ist es Magie, wenn wir plötzlich Wunder
erleben, wir eine Superidee oder sonst ein
attraktives Erlebnis haben? Das Wesentliche
ist vielmehr, diese Dinge überhaupt wahrzunehmen
und mit ihnen zu arbeiten.
6. Gabe: Entwicklung des eigenen
Potentials
Das moderne Druidentum will jedes Individuum
stärken und in seinen besten Eigenschaften
fördern. Es regt das kreative
Potential an und verbessert mediale und
intuitive Fähigkeiten, ohne die Ratio außer
acht zu lassen.
20
Manche Druiden mögen andere Ansichten
haben. Sie sollten dann in der Lage sein,
ihre Ansichten gut zu begründen. So bleibt
das Druidentum lebendig.
Text: Al Hakim
Stefan Kaiser
Auf der Suche
nach dem
verlorenen Bild
der Druiden?
Foto: Andrew Martin, Pixabay
Das Bild, dass wir uns heute von den Druiden
machen mit weißen Roben, Stab und langen
Bärten, stammt aus der Zeit des Humanismus
Ende des 15. Jahrhunderts von Conrad Celtis (1459 -
1508).
Hierüber schreibt Noel L. Brann in einem wissentlichen
Aritkel aus dem Jahr 1979 die folgende Geschichte
(Conrad Celtis and the „Druid“ Abbot Trithemius:
An Inquiry into Patriotic Humanism):
„Celtis erzählt, er
habe einmal das
Glück gehabt, als
Gast seines guten
Freundes Johannes
Tolophus in einem
Kloster in der Nähe
von Tolophus‘ Heimatstadt
Regensburg
einige Spuren der
vergangenen Anwesenheit
dieser „Dolmetscher
gleichsam
der Orakel und der
Schicksale“ persönlich
zu erleben. Als
die beiden Männer
in dem dafür vorgesehenen
Kreuzgang
verweilten, berichtet
Celtis:
,,Wir erblickten sechs
steinerne Bilder, die
für die Tore eines
Tempels bestimmt
waren, alle aus sehr
altem Gestein, das in
die Klostermauer eingelassen
worden war.
Jedes war sieben Fuß
hoch, und alle hatten
nackte Füße, bedeckte
Köpfe, waren mit
einem griechischen
Mantel bekleidet und
hatten Kapuzen. Ihre
Bärte reichten bis zu
ihren Leisten und waren
an den Nasenlöchern
geteilt. In ihren Händen hielten sie ein Buch
und den Stab des Diogenes [d.h. den Stab des Kynikers,
der mit einem Typus des antiken griechischen
Philosophen assoziiert wird], sie zeigten eine strenge
Miene, ihre Augenbrauen waren traurig hochgezogen,
und ihre Köpfe waren nach unten geneigt und ihre
Augen auf die Erde gerichtet.“
(Celtis, De situ et moribus Germaniae, vi: „De tractu
Hercyniae silvae per Germaniam,“ 1-9, in Opuscula,
ed. Kurt Adel, Leipzig, 1966)
Celtis und sein Gastgeber brauchten nicht lange zu
überlegen, um zu erraten, auf wessen Bilder sie blickten.
Es handelte sich um jene alten mönchischen
Priesterpropheten, die als Druiden bekannt waren
und die in früheren Zeiten unter den Galliern gelebt
hatten.“
Diese Geschichte trug
sich im Jahr 1493 im
Kloster St. Emmaran
zu. Daraus entwickelte
sich das Bild
der Druiden, dessen
älteste Darstellung
aus dem Jahr 1676
stammt.
Wo sich dieses Kloster
in der Nähe von
Regensburg befand,
ist in den historischen
Quellen nicht genau
angegeben, dabei wäre
das Originalbild von
einiger Bedeutung,
könnten doch Historiker
untersuchen,
ob es sich tatsächlich
um Druiden handelte,
die Steinreliefs tatsächlich
aus der Zeit
der Antike stammten
oder es sich tatsächliche
um viel jüngere
Darstellungen von
Mönchen oder Philosophen
handelte.
Der emeritierte Professor
Karl Arnold
ist der Frage nachgegangen,
wo sich
das Kloster mit den
Steinreliefs befand,
und ist zu dem Schluss gekommen, dass es sich mit
hoher Wahrscheinlich um das Kloster Reichenbach
am Regen handelt (Klaus Arnold in Vates Herculeus,
Biographie des Humanisten Janus Tolophus). Leider
Aylett Sammes’ Britannia Antiqua Illustrata, 1676
22
wurden beim Bildersturm im Jahr 1570 nach der Aufhebung
des Klosters sehr viele Kunstwerke zerstört.
Im 17. Jahrhundert wurde das Kloster rekatholisiert
und dann im Jahr 1804 wieder säkularisiert. Seit dieser
Zeit verliert sich die Spur zu diesen außerordentlichen
Reliquien des Neodruidentums im Dunkel der
Zeit. Sie wurden mit hoher Wahrscheinlichkeit „geschliffen“
und sind unwiederbringlich verloren.
Immerhin ist die Beschreibung des Celtis erhalten
geblieben, und so wissen wir, wie sich die Humanisten
des auslaufenden Mittelalters die Druiden vorstellten,
dessen Bild immer noch prägend für das
Neo-Druidentum ist.
Eine ganz andere These über das Aussehen der Druiden
vertritt der Professor für Religionswissenschaft
und Religionsgeschichte der Universität Tübingen,
Bernhard Maier. Für ihn sprechen einige Gründe dafür,
dass man sich die Druiden der Antike vorstellen
kann wie den Keltenfürsten vom Glauberg (Bernhard
Maier, Die Druiden).
Kultpfeiler von Pfalzfeld
Keltenfürst vom Glauberg
Ähnliche Abbildungen mit einer sogenannten Blattkrone
finden wir auch auf dem Kultpfeiler von Pfalzfeld
aus dem 4. Jahrhundert vor Christus und dem
Heidelberger Kopf.
Heidelberger Kopf
Die beiden großen asymmetrischen Blätter hinter
23
bzw. über dem Kopf interpretiert Maier als Mistelblätter,
von denen wir aus historischen Quellen wissen,
dass sie den Druiden heilig waren. Maier ist der
Meinung, dass die keltischen Druiden aus dem Adel
stammten. Das erklärt, warum ein Druide auch ein
Schwert und ein Schild tragen konnte, wie der Keltenfürst
vom Glauberg.
Aus neodruidischer
Sicht erinnern die
Zeichnungen auf
den Augenbrauen
und der Stirn an die
strahlenden Brauen
von Taliesin und
der Anhänger an
der Halskette an
das Awen-Symbol.
Was diese Theorie
so interessant
macht, ist die Tatsache,
dass dieses
Bild aus der Zeit
der Druiden selbst
stammt und nicht
auf einer Imagination
aus einer
weit späteren Zeit
beruht, wie die
von Conrad Celtis.
Blatt- oder Federkronen
wie die
beim Keltenfürst,
finden wir auch bei
anderen indigenen
Kulturen und werden
heute noch von
Schamanen getragen.
In einer etwas
späteren Zeit beschreibt der römische Geschichtsschreiber
Plinius der Ältere (23/24 – 79) einen Kopfschmuck
namens Blumenkrone, Corolla, in der Form
eines kleinen Reifs oder einer Krone. Sie hat meist
eine zeremonielle Bedeutung und repräsentiert Sieg
oder Autorität (Plinius in Naturalis Historia). In der
Antike wurden Kränze aus Ästen und Zweigen von
Bäumen von den Siegern in heiligen Wettkämpfen
getragen. Corollae werden auch von Neodruiden getragen,
wie die folgende Abbildung des Großdruiden
des Bretonischen Gorsedds zeigt, der eine Krone aus
Mistelzweigen trägt.
Welche Schlussfolgerungen können aus diesen Erkenntnissen
für das moderne Druidentum gezogen
werden? Den meisten mit der Materie vertrauten
Druiden heute dürfte klar sein, dass die weiße Robe
wahrscheinlich nicht den historischen Tatsachen
entspricht. Nichts destotrotz weist sie den Träger
und Trägerin als Zelebrantin oder Angehörige eines
Druidenordens aus und versetzt diesen selbst in das
notwendige Bewusstsein für druidisches Ritual, ohne
dabei übertrieben protzig zu wirken. Die Krone hat
auch ihren schamanischen
Wert, birgt aber
das Problem, dass diese
als Statussymbol
betrachten werden
kann, die insbesondere
im OBOD nicht geschätzt
werden, da die
Gleichheit aller Mitglieder
über alle Grade
hinweg in der Ordenskultur
gelebt wird. Es
ist sicher ein schmaler
Grat zwischen schamanischer
Notwendigkeit
und dezenter
Unterscheidung von
Amtsträgern auf der
einen Seite und übermäßiger
Statussymbole
auf der anderen.
Mit etwas Kreativität
könnten Blattkronen
gestalten werden, die
Teil phantasievoller
Kleidung für Rituale
und die Partys danach
sind, wo die Devise
gilt, dass das Tragen
von übertrieben auffälliger
und flippiger
Kleidung unbedingt
erlaubt ist. Die letzte
Grand Druid Breton Gorsedd
Möglichkeit scheint
mir am sympathischsten zu sein.für, dass man sich
die Druiden der Antike vorstellen kann wie den Keltenfürsten
vom Glauberg (Bernhard Maier, Die Druiden).
Text: Stefan Kaiser
24
Günther Nal
Besuch beim
Druiden
Kapitel 5 - Im Spiel der Kräfte
Günther Nal
Als Nanuu von den Wasserfällen mit seinem Rucksack, der kleinen Staffelei und
den Malfarben zurückkam, erblickte er Melinda-Sofia, deren Kommen Meister
Angus schon angekündigt hatte.
Mit einem Lächeln und einem Kopfnicken grüßten Sie als ihre Blicke sich das erste Mal
trafen, und als sie sich gegenüberstanden nochmals, wobei Melinda ihre rechte Hand
kurz auf die Stelle ihres Herzens drückte, und Nanuu fast gleichzeitig auf einen Namasté
Gruß mit gefalteten Händen zurückgriff, und eine leichte Verbeugung andeutete.
Melinda war das nicht entgangen. Sie hatte sich zu lange mit Mahatma Gandhi beschäftigt,
um nicht zu wissen, was dieser Gruß bedeutet, und sie war sich ziemlich sicher, dass
diese Geste spontan und authentisch von ihm kam. Dies hieß, kurz umschrieben etwa:
“Ich ehre den Platz in dir, in dem das ganze Universum wohnt“. An die weiterführende
Bedeutung erinnerte sie sich erst später am Feuer wieder, nämlich: „Ich ehre den Platz
des Lichts, der Liebe, der Wahrheit, des Friedens und der Weisheit in dir“.
„Aha, der Meister der Farben kommt aus dem dunklen Walde heran“ rief Melinda halb in
den Wald und halb zu Nanuu. „Hallo, Melinda Sofia“ entgegnete Nanuu etwas verdutzt
25
und – mit einem Blick auf ihr halb geöffnetes Tagebuch, kratzte er sich etwas verlegen
hinter seinem rechten Ohr, das gerade noch hinter seiner Pelzmütze hervorlugte.
„Die Stille war einst eine Zeit erlesener Stille, aus der Worte entspringen konnten, bis
ich aus dem Reich des Waldes kam“ antwortete er lächelnd und ergänzte, nach einer
kleinen Pause: Worte, die das Sein an der Hand hielten und zur Poesie führten“.
„Oder zu einem neuen Kochrezept für heute Abend, Herr Poet“! Sie lachte amüsiert,
und klopfte sich vergnügt mit der linken flachen Hand auf ihr gebeugtes Knie, das einem
Halblotussitz diente und für mehr Stabilität auf ihrer Sitzfläche sorgen sollte. Nun war
sie es, die etwas überrascht schien von der Präsenz und Schlagfertigkeit ihres Gegenübers,
und eine beredte Pause entstehen ließ.
„Meine Freunde nennen mich Melinda-Fee“ sagte sie leise.
„Ich finde Deinen Namen schön, sagte Nanuu offenherzig. Ich glaube, „Melinda“ hat eine
Bedeutung aus dem Englischen und bedeutet
„Honigtrank“, oder so, was auch mit der altnordischen
Bedeutung „die Süße“ zusammenpasst,
- und ja, der Name Sofia bedeutet, wie
ich glaube“, -und dabei räusperte er sich mit
einer gewissen Pose übertrieben wie auf einer
Dorfbühne, - „göttliche Weisheit und Tugend“.
Da haben sich deine Eltern wohlüberlegt deinen
Namen gewählt“! Danach stellte er seine
Sachen an die Vorderwand des Druidenhäuschens
ab, drehte sich wieder Melinda zu und
stellte bald fest, dass Angus nirgendwo zu sehen
war.
„Die Stille war einst eine
Zeit erlesener Stille, aus der
Worte entspringen konnten,
Worte, die das Sein an der
Hand hielten und zur Poesie
führten“
„ Den du wahrscheinlich suchst, ist noch nicht da, und – er sucht seinerseits drei ausgerissene
Vierbeiner, geflüchtet in die vermeintliche Freiheit, aber auch in den Wald der
Wölfe“, erläuterte Melinda-Fee mit ernster Stimme aber einem kurzen Lächeln“.
„Oh, das Eine wusste ich nicht, aber das Andere erstaunt mich umso mehr, wie kommst
du darauf“? Nanuu hob fragend seine dunklen Augenbrauen. „Um wie viele Wölfe soll es
sich denn handeln, ein ganzes Rudel“?
„Ach, ist nur ein Gerücht, die Leute reden und tratschen viel unten am See im Dorf
Goldswil. Es heisst, man habe zwei Wölfe vor kurzem in der Gegend gesehen, vielleicht
war es nur ein Wanderwolf“. Nanuu wurde nachdenklich und überlegte, ob er irgendwelche
Spuren auf seinem Rückweg von den Wasserfällen oder Anhaltspunkte übersehen
haben könnte, aber ihm war nichts aufgefallen …
„Also wenn es ein Wanderwolf sein sollte, vielleicht aus Italien, sucht er eine Wölfin, um
ein neues Rudel zu gründen, aber das würde nicht zu unserer Jahreszeit passen, da ist
er entweder viel zu spät dran oder vier, fünf Monate zu früh“. Und na ja, wenn wirklich
zwei „Isegrimse“, sagt man so ? ... gesehen wurden, dann haben die Beiden schon Junge,
und die müssten so sieben Monate alt sein und in ihrer Höhle hausen“.
26
Melinda Sofia kicherte vor sich hin: „Das heisst „die Isegrime“ im Plural Herr Biologielehrer“!
„Ja, ja schon gut“, entgegnete Nanuu, ich wollte nur mal schauen, ob du der
deutschen Sprache mächtig bist.
Er merkte, dass er in seiner bis dahin naturbezogenen Wahrnehmung bei seiner Wanderung
heute und den eher schweigsamen Tagen davor, noch gar nicht so recht auf Konversation
mit dieser quirligen Melinda eingestimmt war. Das war etwas Neues. Er wollte
gerade zur Höhle gehen, drehte sich aber nochmals freundlich um und sagte dann:
„ Etwas Anderes hatte ich auch nicht erwartet, - also das sollte natürlich kein Test sein“.
Beide lachten.
Versonnen spielte Nanuu mit rechtem Zeige- und Mittelfinger an seiner Halskette, die
er schon seit fast 10 Jahren trug,- damals in England als Geschenk erhalten.
„Zeig mal den Anhänger,“ fragte Melinda-Fee spontan. Neugierig stand sie auf, und
merkte, dass Nanuu mit seiner sportlichen Statur um Einiges grösser war als sie.
„Keyne“
„Menschen, die Geburtstag haben im Oktober sind im keltischen
Zeichen der Königstochter Keyne geboren“, entgegnete
er, und hielt den Anhänger zwischen Daumen und
Zeigefinger fest an seine Kinnspitze.
„Man sagt, diese Menschen sind oft an Weisheit und Wissen
interessiert und würden vom Glück bevorzugt“ fuhr
Nanuu fort, dessen ich mir aber noch nicht ganz sicher
bin!“
ich mich oft“.
„Kommt es nicht darauf an, was Weisheit für dich persönlich
bedeutet, und auch das so vielgepriesene Glück? Wörter
sind zunächst ja nur mal Wörter. Und für welche Zwecke
verwenden wir wohl Wissen im Leben tagein tagaus?“,
entgegnete Melinda-Fee, und leise fügte sie hinzu: „Das frage
„War Keyne nicht die Tochter des walisischen Königs Brychan, die sich in einen Wald
voller giftiger Schlangen zurückzog um dort als Jungfrau dem christlichen Pfad der Tugend
zu folgen ?“ bohrte sie weiter. „Nach und nach wurden dann die Schlangen in
Steine verwandelt und verhalfen dem Christentum so zum Sieg“ ergänzte Nanuu, - deswegen
findest du hier so viele Steine!“ Beide mussten lachen, und die junge Frau war
kurzzeitig fasziniert von den braunen Augen des Nanuu, die einen Schimmer Verletzlichkeit
auszustrahlen schienen.
Sie schlenderten zum Kochtopf an der Feuerstelle, in dem schon Einiges an Gemüse
dünstete. Angus würde hoffentlich bald zurückkehren, zumal es eindunkelte, und graue
Gewitterwolken aufzogen. Die Beiden versorgten das Federvieh, fütterten Eule „Muck“
mit einigen ausgegrabenen Regenwürmern und Käfern aus dem Gemüsegarten, machten
zusätzliche Feuer im kleinen Ofen der Druidenhütte und in der Höhle. Melinda-Fee
suchte kurz ihren zweiten Rucksack und holte die mitgebrachten Sachen hervor.
27
Dank der mitgebrachten Eierschwämmli, der Butter, dem Salz und Olivenöl würde sie den
Beiden hier ein Gratin im Ofen zubereiten können, welches zusammen mit den Steinpilzen
und abgeschmeckt mit etwas Salbei und Thymian besonders köstlich munden würde.
„Das mit den sogenannten „Siegen“ des Christentums
ist wahrscheinlich eine längere, eher ungute Geschichte,
und nicht immer im christlichen Sinne passiert, oder im
Sinne des Rabi Jesu“ murmelte Nanuu, und wärmte sich
seine kalten Hände stehend am Feuer. „Und „Wissen“
verwenden die meisten Menschen ja sowieso nur, um
deren Vorteile willen, um rücksichtslos ihre Bedürfnisse
nach Macht oder Gier zu befriedigen!“ „Nach uns die
Sintflut also “! ergänzte Melinda-Fee spöttisch, - „die
Schuldenwirtschaft vieler Länder ist in der Tat echt besorgniserregend,
da müsste frau mal was machen! aber
ich glaube nicht, dass „Wissen“ an sich etwas Schlechtes
ist, oder“? schob sie ihre eher rhetorische Frage nach.
„Zeigst Du mir vielleicht deinen Malblock“? fragte sie
nach einer Weile, als die Beiden, Holundertee schlürfend,
endlich unter einer hellen Plane am grossen Feuer
saßen, das wegen des einsetzenden Regens anfing,
Rauch zu entwickeln. Der Holundertee hier oben hatte
ja schon Kultstatus.
Nanuu kramte einen Aquarellblock aus seinem Rucksack hervor, und blätterte bis zum dritten
Blatt…
„Ach, nichts Besonderes“ sagte er, „eigentlich
nur eine Skizze. „Mir gefallen deine Farbmischungen,
und diese Transparenz“, sinnierte
Melinda-Fee, -diese Farbkomposition- „das ist
bestimmt nicht einfach, ein Motiv so auf diese
Art einzufangen“.
Eine kleine Pause entstand, dann blätterte sie
weiter …“ahh, da ist ja mein Baumhaus ! Sehr
gut getroffen Nanuu „! Warst du auch innen
drin? Ja, aber nur zum sauber machen, sehr gemütlich
und eindrücklich dein zu Hause im Wald, mit dem Steg, den zwei kleinen Räumen
und sogar Holzofen!“ Und nur angenehme Nachbarn“, ergänzte Nanuu mit einem zwinkernden
Auge. „Ach, du meinst die Bäume !“, „ja, und bei Wind spürst du wie sich deine
Bleibe ein wenig bewegt, - oder schwankt … , aber das hat mit der Konstruktion zu tun, die
sich mein Vater ausgedacht hat. Genial diese kleine Brücke, oder Steg wie du es nennst vom
Aufgang zum Eingang, nicht wahr“? „Ich zeige dir später alles mal in Ruhe, wenn du magst,
einverstanden ?“
„Sag mal, wann kommt denn mein bärtiger Onkel wohl zurück? Ich mache mir langsam ein
wenig Sorgen. Hab ihn schon so lange nicht mehr gesehen. Ich freu mich so auf ihn. Im Dunkeln
findet er die Tiere doch auch nicht mehr!“
28
„Wahrscheinlich ist er schon auf dem Rückweg, und vielleicht schon in der Nähe, sagt mir
meine männliche Intuition, sorge dich nicht…“ „Aha, die soll es tatsächlich geben ?“ gab Fee
etwas spöttisch zurück, wer hätte das gedacht ! Also, hm... wir könnten es ja mal versuchen
herauszufinden,“ antwortete Fee spontan. „Ich glaube dir ja“. Dabei sprang sie auf und ging
schnell in die Druidenhütte, um etwas zu holen.
„Kennst du „El Silbo“ ?“ fragte Fee, als sie zurückkam.
„Ist das nicht diese Pfeifsprache auf einer dieser Kanareninseln,
ursprünglich von den Guanchen, den Ureinwohnern
der Kanaren erfunden?“ „Ja, genau, und wir
haben so etwas in vereinfachter Form hier oben, wenn
wir schon kein Telefon haben,“ antwortete die junge
Frau. Telefon und Handys sind hier oben tabu. Den
Code verrate ich dir aber nicht“! „Übrigens wird die
„El Silbo“- Sprache seit 1999 als einzige Pfeifsprache
der Welt in Spanien an Schulen unterrichtet, und man
schätzt, dass mehr als 20.000 Menschen sie richtig
sprechen, - hm… also „pfeifen“ können. Belehrungen
Ende. Mal hören, ob wir Antwort bekommen?“ Und als
sie wieder Luft zum Atmen holte, blies sie zweimal kurz
und einmal lang kräftig in diese Art Trillerpfeife Richtung
Tal. Sie lauschten aufmerksam in die Stille, aber
außer den immer lauter werdenden Regentropfen und
eines weit entfernt rufenden Uhus im Wald war nichts zu vernehmen.
Melinda-Fee wechselte die Himmelsrichtung von Ost nach Süd, parallel dem Gebirgshang
entlang, denn eigentlich hätte der Druide nur in einer dieser zwei Richtungen suchen können.
In diesem Falle hätte er den Ziegen vielleicht nachklettern müssen.
Tatsächlich vernahmen die Beiden nach einer Weile drei Pfiffe kurz und einen lang, nicht
sehr nahe aber auch nicht mehr sehr weit entfernt.
„Er kommt bald“ seufzte Fee erleichtert, „es wird auch dunkel, schau mal“, und tatsächlich
war kaum noch der Pfad ins Tal als dunkle Silhouette auszumachen.
Einige Böen zerrten an ihrem Regenschutz, wirbelten Laub umher und der Rauch ihres Lagerfeuers
begann in ihren Augen zu brennen.
„Wer weiss, vielleicht gibt es ein Unwetter heute Nacht,“ meinte Nanuu, „bestimmt sogar,
aber ich liebe dieses wundersame Spiel der Kräfte, die so dienend durch die Dinge gehen,
in Wurzeln wachsend, schwindend in die Schäfte und in den Wipfeln wie ein Auferstehen!“
Und ich liebe die Poesie von Rilke,“ ergänzte er gedankenversunken. Eine Pause entstand.
„Bist du manchmal ein Romantiker, Nanuu ?“ fragte Fee nachdenklich.
„Ja, … auch, - aber nicht nur glaube ich... jedenfalls kein überzeugter Melancholiker“, sonst
würde ich weniger von „Wachstum“ und „Auferstehen“ zitieren,“ erklärte sich Nanuu und
räusperte sich. “Ende Belehrungen ebenfalls“.
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„Weißt du? Manchmal denke ich das ganze Universum ist ein Spiel der Kräfte“, flüsterte Fee
kaum hörbar … Das Spiel von Zeit und Ewigkeit, von Leben und Tod, von Feuer und Eis, von
Glück und Unglück, von Niedergang und Auferstehung“. Wieder vergingen Augenblicke und
einige Zeit. Die Pausen zwischen ihrem Austausch an Gedanken wurden länger und fühlten
sich deswegen nicht weniger gehaltvoll an.
„Apropos „Auferstehen“, ich glaube, wir probieren einmal von unserer köstlichen Suppe,
das wärmt und nährt uns bis zum jüngsten Tage, wann immer der sein wird“, sagte Fee
nach einer Weile, klopfte Nanuu auf seine rechte Schulter und begann mit einem hölzernen
selbstgeschnitzten und fein glatt geschmirgeltem Schöpflöffel aus Eichenholz Suppe in zwei
Schalen zu füllen. „Für alle ist genug da!“ Sie lächelten sich kurz zu, und Nanuu nahm das
von ihr dargebotene Brot dankbar an, ahmte dabei einen komischen, irgendwie gänzlich unpassenden
Militärgruss an seiner unterdessen recht nassen Pelzmütze nach.
Die atmosphärischen Bilder der äußeren Natur korrespondierten hier enger mit den Bildern
des Lebens, die uns oft innerlich so berühren,
als seien sie viel mehr als *nur“ Bilder. Das
welke Laub, das auf dunkler Erde lag, und das
der Wind in plötzlichen Bewegungen aufrollte,
als ob es sich krümmen müsste. Und der
niederrauschende Regen, der die ganze Erde
in ein vollständiges Dunkelgrau tauchte, der
die farbigen Blätter schwanken und knicken
ließ, kündigte unverhohlen den Herbst und
Samhain an.
Wer waren diese beiden Menschen hier bei
diesem seltsamen Eremiten, der sie immer
wieder mitfühlend und mit großem Einfühlungsvermögen,
aber auch Humor auf ihre inneren
Seelenbilder hinweisen konnte ?
Beide betrachteten sich als eine Art Sonderling, was nicht besonders erstaunen mochte.
Die eine, Melinda-Sofia mehr der (klösterlichen) Heilkunst, Botanisierung zugewandt, und
das nicht ohne historische Hintergründe einzubeziehen. Sie stand, wie schon erwähnt kurz
vor ihrem Studienende und war schon mit jungen Jahren Teilhaberin einer Phytofarm – Unternehmung
im Unterland. Einmal, weil sie davon überzeugt war, und zweitens durchaus
auch mit Ambitionen darauf, ihre Kräuterprodukte, Salben und Heilmittel zu vermarkten.
Daher war eines ihrer Studienschwerpunkte auch die Klostermedizin und Hildegard von
Bingen. Ihr Vater unterstützte sie dabei schon jetzt aus den USA mit einem vielversprechenden
Geschäftsmodell, aber sie hatte keine Ahnung, wo das hinführen könnte.
Der andere Pilger, Nanuu - man hätte meinen können - in einer ersten Midlifecrisis befangen,
trieb sich also träumend im Freien herum, zuerst während seiner seltenen Freizeit
als Lehrperson, machte heimliche Verse, zog sich dabei seine langen Haare mit filigranen
Fingern ins Gesicht, so als wenn er durch einen Vorhang die Wirklichkeit dahinter zu entdecken
dachte. Und jetzt zog er täglich hier durch die Wälder, mit seinen klugen dunklen Augen,
und seinem blassen Teint. Natürlich fehlten ihm seine Gitarre und seine Musikliteratur
manchmal, namentlich Villa-Lobos und von Johann Sebastian Bach dessen Lautensuiten. Er
30
hatte aber gelernt, dass er dank seiner Malstudien der Kreativität auch auf diese Weise Raum
geben konnte, und sogar zu erkennen meinte, Fortschritte zu machen.
Sozusagen „Laut-Malerei“ eben. Waren Farben nicht auch „Schwingungen“, oktaviert im
sichtbaren Bereich? Nach seinen Berechnungen müssten die Frequenzen zum Beispiel eines
D – Dur Akkordes im sichtbaren Bereich ein schönes Blau ergeben. Ein D – Moll Akkord eher
etwas dunkler, da das „F“ einen Halbton tiefer lag als das „Fis“. Oft musste er daran denken,
wenn er den Himmel betrachtete. Welche erhabene Symphonie der Schönheit! Einerseits
war er schon seit frühen Jahren ein Mensch mit mystischen Persönlichkeitsanteilen, was
ihm nicht unbedingt sonderlich viele Freunde einbrachte.
In seiner Sprechweise hatte Nanuu sich einen leicht ironischen Ton angewöhnt, hinter dem
er seine Gefühle manchmal stolz und das innere Spiel der Kräfte scheu zu verbergen suchte.
Seine guten naturwissenschaftlichen Kenntnisse und Kompetenzen im logischen, abstrakten
Denken ließen ihn zunächst seine atheistischen Neigungen mit Argumenten festigen,
die etwa ab seinem sechzehnten Lebensjahr Raum gewonnen hatten. Dazu hatte er unter
anderem die Lehren Darwins und einiger Naturphilosophen studiert, als auch einige Schriften
des Philosophen Nietzsche.
Andererseits hatte er die Vermutung, dass dies einem inneren Widerstand im Sinne einer
geheimen Emanzipation entspräche, sich von einer durchaus christlich geprägten Erziehung
und Schulbildung in Jugendjahren zu befreien.
Mit der Zeit aber hatte sich sein Denken erweitert, und seine Wahrnehmung verändert, mit
Sicherheit aber seitdem er hier beim Druiden weilte. Er war auf dem Weg, von einem Freidenker
zu einem Freigeist zu werden, einem Nonkonformisten der sich von Menschen, Büchern,
der Natur und neuen Ideen inspirieren lässt. Das hatte etwas Befreiendes. Aber nach
wie vor war er auch Jesus und seinen Lehren verbunden.
Er verstand sich gleichzeitig mehr und mehr als einen Menschen, der sich zugleich für mehr
selbstverantwortliche Lebensgestaltung einsetzen wollte und ebenso für soziale und politische
Belange. Die Gesellschaft mit ihrer Patentmoral, ihrem Egoismus und ihrem Tugendthermometer
brauchte neue Impulse, neue Veränderungen, gerade auch auf dem Gebiet des
Klimaschutzes, der Nachhaltigkeit und des Umgehens miteinander, der Kommunikation,
der medialen Auftritte, der Liebe zu Wahrheit und Ehrlichkeit, so dachte er.
Aber die Gesellschaft, das waren er selbst und jeder Einzelne, die dann das Ganze ergaben.
Er musste achtgeben, diese Themen nicht als Fluchtpunkte oder Ablenkungen von seinen
Verletzungen zu missbrauchen, so wichtig und wahr sie auch in der gegenwärtigen gesellschaftlichen
Diskussion und Entwicklung sein mochten. Das brauchte Mut. Also musste
jede Veränderung erst einmal bei jedem Einzelnen beginnen. So dachte er. Aber es war nie
einfach, schon gar nicht allein, und würde auch nicht einfacher werden, gesellschaftlichen
Konventionen entgegentreten zu können. Im Kleinen wie im Grossen schienen Kräfte gegensätzlicher
Natur am Werk, die „Deutungshoheit“ zu gewinnen. Ein seltsames Gezerre
um Wahrheiten und Wirklichkeiten. Etwas, das ihn die nächsten Monate noch mehr herausfordern
würde, sobald er wieder unter den Menschen unten im Tal oder in seiner Stadt lebte.
Er müsste lernen, es aushalten zu können, im Widerstand mit dem zu sein, was nun mal von
vielen gewöhnlichen, durchaus auch liebenswerten Menschen als „richtig“ angesehen wird.
31
Und er würde gute, neue Freunde gebrauchen können, ja vielleicht Seelenverwandte.
Dabei war ihm demütig bewusst, dass ein Gefühl der Überheblichkeit, des Stolzes oder Selbstüberhöhung
jedweder Form hier völlig fehl am Platze wäre. Ohne inneren und äußeren
Frieden werde man nicht vorankommen können. Trotzdem war ihm jener Gedanke, der
dann kam, auch nicht fremd: Lieber heimlich klug als unheimlich dumm!
Eines der Lektionen, die er von Angus gelernt hatte, war dies:
Schattengeister versuchten manchmal, dich aus lichtvollen inneren Landen zurückzuziehen
in ihre Schattenwelten, wo machtvolle Drachen der Elemente hausten und die wertvollen
Schätze von Weisheit, innerem Frieden und Liebe bewachten.
Geschickt verpackt und getarnt in hochtrabenden Gedanken, die nur zur eigenen Selbstüberhöhung
beitrugen – eine ständige Herausforderung und lästige Begleiter von Selbsterkenntnisprozessen
sei das. Aber das mache am Ende auch Sinn.
Und dabei bedienten sie sich gern aller Spielarten von Macht – oder Allmachtsphantasien,
dem Stolz und Ängsten der Menschen, dem Streben sich „überlegen“ zu fühlen. Also waren
diese Drachen Teile von uns selbst, und nicht irgendwelche „Hungry Ghosts“ wie im Buddhismus
oft Dämonen genannt wurden.
„Demut sei hier die rechte Medizin, sowie Respekt vor dem oft einfachen, aber arbeitsreichen
Leben der Leute, die sehr oft das Herz am richtigen Fleck tragen würden, wenn man
denn auch bereit sei, dies wahrzunehmen“, pflegte Angus zu sagen.
Der Druide hatte diesen Phänomenen den Namen
„Spiritual Traps“ gegeben, wenn er das
richtig verstanden hatte, nicht ohne den Hinweis,
dass diese „Fallen“ oder Versuchungen
eben genau auch Teil der Prüfungen und Initiationen
seien, die uns von der geistigen Welt
auferlegt würden. Und das sei paradoxerweise
gerade darum der Fall, weil das Göttliche, oder
The „Great Spirit“ wie Angus das umschrieb,
uns eben liebte. Sonst würden „die“ sich ja gar
nicht erst die Arbeit machen. Letzteres äußerte
der Druide zuweilen dann, wenn die letzten
Ringe aus Rauch seine Pfeife Richtung Baumkronen
verließen, und es somit an der Zeit war, sich neu seine Pfeife zu stopfen.
Schattengeister versuchten
manchmal, dich aus lichtvollen
inneren Landen zurückzuziehen
in ihre Schattenwelten...
Sein einstiger Lieblingsdenker Nietzsche schien diesen Schatten damals zu seiner Zeit nicht
gewachsen gewesen zu sein, denn für diesen Wahrheitssucher war der Mensch „ein Seil, geknüpft
zwischen Tier und Übermensch - ein Seil über einem Abgrunde.“ Er war am Ende seines
Lebens, des Kämpfens um sein Bild vom Menschsein müde, umnachtet und in Agonie in
eben diesen Abgrund geraten, wohl der Erde treu geblieben.“ Was immer das in seiner Zeit
geheißen hatte“, dachte Nanuu. Seine Brüder hatte er beschworen, der Erde treu zu bleiben
und denen nicht zu glauben, welche von überirdischen Hoffnungen sprachen.
So weit, so gut, aber der ganze Kontext dieser Schlussfolgerung schien Nanuu irgendwie aus
der Zeit gefallen, antiquiert und nicht ungefährlich, wenn man wusste, welche Strömungen
32
und politische Gruppierungen sich dieser Werte und Denkweise in den dreißiger und vierziger
Jahre des letzten Jahrhunderts zunutze gemacht hatten. Und wohin sie geführt hatten.
Melinda-Fee schaute nach den Stallungen für die vierbeinigen Heimkehrer, dem kleinen
Herdfeuer und den Fensterläden in der Druidenhütte. Die schadhafte Stelle am Zaun hatte
Nanuu bereits repariert. Den Stall für das Federvieh ebenfalls, denn immer mehr Füchse
streiften hier nachts durch die Gegend. Auch das große Feuer in der Höhle vergaß sie nicht,
denn das offene Lagerfeuer draußen mit dem grossen Kessel darüber befand sich gewissermaßen
bereits im Kampf mit den Elementen, weil der Regen den Flammen zu schaffen
machte, jedenfalls an den Rändern der Feuerstelle.
Dort in der Höhle hatte sie bereits trockene Sachen und einen dicken Mantel für Angus an
einer Art Wäscheleine aufgehängt. Das Seil war aufgespannt zwischen zwei Felsvorsprüngen,
gehalten von ein paar Ösen und an den Enden mit Steinen beschwert. Ihr Onkel John -
Angus würde dies wohl zu schätzen wissen, denn völlig durchnässt würde er hoffentlich bald
zu ihnen finden. Sie freute sich so sehr auf ihn, der ihr väterlicher Freund und spirituelles
Vorbild gleichermaßen war.
Merkwürdige flirrende Schatten warfen diese Kleider an die Höhlenwände, und einen kurzen
Moment fragte sich Fee, ob die Schatten
nicht auch irgendeine Art Wirklichkeit
darstellten, die Kleidersachen aber
die unmittelbare Wirklichkeit ?… Ob sich
Hildegard von Bingen auch mit Platons
Höhlengleichnis auseinandergesetzt hatte?
Wenn sie Hildegard von Bingen doch
jetzt einfach nur fragen könnte! Andererseits
war es im Moment auch irgendwie
egal, wenn nur ihr Onkel bald zurückkommen
würde, dies war die situative
und relevante Wirklichkeit hier und jetzt.
Sie merkte, dass sie besser erdverbunden
oder geerdet sein wollte, und weniger als
Luftikus mit dem Element Luft verbunden, denn das fiel ihr sowieso leicht.
Außerdem beschäftigte sie die Geschichte mit den Wölfen oder dem Wolf mehr als ihr lieb
war. Insgeheim war sie froh, an diesem Abend nicht allein zu sein. Sie fühlte sich einfach
müde nach dem langen Tag und wollte nur noch warm und geborgen am Höhlenfeuer einschlafen,
zusammen mit den beiden anderen, und nicht allein in ihrem Baumhaus.
Mit einem stillen sehnsuchtsvollen Seufzer sank sie auf die Knie und stocherte mit einem
langen Stock in der Asche herum, um Platz zu schaffen für frische Zugluft.
Dann ging sie wieder nach draußen, setzte sich zu Nanuu ans Feuer, der plötzlich nach langem
Schweigen sagte: „Ich glaube ich habe einen gemeinsamen Nenner gefunden! Alles
33
scheint plötzlich so klar und war nur möglich, da Angus uns allein ließ mit unseren Gedanken,
dem Verweben von Erfahrungen und dem Spiel dieser Kräfte.
Während die westliche Psychologie sich meistens mit den Inhalten des Denkens und der
daraus resultierenden Persönlichkeit befasst, und sich im Netz der Gedanken verfängt, geht
es um etwas Tieferes: Welche Geschichten auch immer unsere Gedanken zusammensetzen,
- wir können einfach nur „beobachten“, und dann verliert das Denken und Grübeln seine
Macht. Wer wir wirklich sind, liegt in unserem Sein und nicht in den Definitionen, welche
die Welt unserer Gedanken bereithält. Unser „Sein“ hat Sehnsucht nach Weite und endlose
Horizonte, Intuition und Kreativität. Unsere Gedanken sind immer nur begrenzt und unterliegen
logischen und zeitlichen Strukturen von a nach b“ !
„ Nach aristotelischem Denken und seiner Logik, ja“! ergänzte Fee, „das ist unser Netz, in
dem wir gefangen sind“. Für gewöhnlich können wir auch nicht mehr als drei, vier Dinge
gleichzeitig wahrnehmen, also zum Beispiel unser Essen, das Feuer, den Waldrand dort und
vielleicht das Federvieh noch. Unsere Wahrnehmung funktioniert wie ein Leuchtfeuer in
der Nacht, und das sind unsere Werkzeuge, mit denen wir auskommen müssen.
„Ich glaube, Angus kann mehr wahrnehmen als die meisten Menschen“, flüsterte Nanuu
nach einer Weile, und tauschte seine nasse Pelzmütze mit einem breitkrempigen alten Hut,
den er in der Hütte entdeckt hatte.
Da trat Angus völlig durchnässt mit den zwei Ziegen Pit und Pat und einer Fackel winkend
aus der Dunkelheit in den Schein des Feuers. Emma, das Schaf war nicht dabei.
Text und Bilder: Günther Nal
„Wer wir wirklich sind, liegt in unserem
Sein und nicht in den Definitionen,
welche die Welt unserer
Gedanken bereithält...“
Angus
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Petra Wolge
taranis
Hauptgott der Kelten?
Illustration: André Lorino
Marcus Annacus Lucanus (39-65 u. Z),
kurz Lucan genannt, nennt in dem Epos
„De bello civili“ drei keltische Götter:
Esus, Teutates und Taranis. Diese gelten seitdem als
die Hauptgötter der Kelten. Ob sie tatsächlich die
Hauptgötter „der Kelten“ waren, ist zweifelhaft. „Die
Kelten“ gab es nicht. Die „Celtae oder Galli“, wie die
Römer sie nannten, waren ein chaotischer Haufen
unterschiedlicher Stämme und Clans, unter sich zerstritten
und jeder Clan hatte seine eigenen Götter.
Archäologisch wurden Inschriften zu einem Gott
namens Taranucus, Taranucnus und Taranus gefunden.
Alle, nach der Interpretatio Romana, mit Jupiter,
dem höchsten römischen Gott, gleichgesetzt. Dessen
Aufgaben sind: Herrscher des Himmels, Kriegsführung
und Ahnenkult. Dazu schreibt Miranda Green,
eine walisische Archäologin: „Taranis verkörpert
möglicherweise einen Machtkampf im Himmel, mit
Obertönen von Kampf und Fruchtbarkeit, aber der
Donner ist nur eines von Jupiters Attributen und Instrumenten.
Jupiter selbst erfüllt eine so viel breiter
angelegte Rolle als allmächtiger Herrscher über die
Unermesslichkeit der leuchtenden Atmosphäre.
Die Namensdefinition von Taranis ist zu eng, als dass
er diesem breiteren Anspruch entsprechen könnte.
Die Situation hier ist ähnlich wie die des Rad tragenden
Sonnengottes der Kelten, wo wir eine teilweise
Identifikation von keltischen Wesen der Elemente,
die schon vor der römischen Ära existierten, mit
wichtigen Aspekten von römischen Himmelsgöttern
beobachten.“1
Wir verbinden Taranis alle mit dem Rad. Dieser Gott,
der wörtlich der „Donnerer“ heißt, ist ein Elementalgott,
der direkt mit dem Gewitter und vermutlich
auch mit dem Wetter zusammenhängt. Tatsächlich
ordnet Miranda Green das Rad dem keltischen Sonnengott
zu und sieht Taranis als Wettergott an. Wie
kommt die Verbindung zum Rad? Es gibt eine bekannte,
aus Frankreich stammende Darstellung, die
Jupiter mit Rad und Donnerkeil zeigt, einer für Römer
ungewöhnliche Symbolik und als Taranis interpretiert
wird.
Was man sagen kann ist, dass es weitverbreitete Hinweise
auf Taranus oder Taranis gibt. Inschriften wurden
in Britannien, Gallien, Germanien und im ehemaligen
Jugoslawien entdeckt. In Böckingen, einem
Stadtteil von Heilbronn, wurde z.B. ein sorgfältig gearbeiteter
Weihealtar gefunden. Die Inschrift lautet
übersetzt: „Dem Gott Taranucnus (hat) Veratius Primus
auf Geheiß (des Gottes aufstellen lassen)…“. 2
Taranis, wird hier in der Form Taranucuns (cnos ist
keltisch für Sohn) genannt. Wobei sich mir durchaus
die Frage stellt, wessen Sohn hier gemeint ist.
Das Wort „Taran“ heißt Donner im modernen Walisisch
und Bretonisch. Deshalb wird Taranis als Donnergott
interpretiert.
Foto: Wikipedia
Die Archäologin Miranda J. Green schreibt dazu: „Die
Himmelsgewalten – vor allem Sonne und Donner –
galten als göttlich und wollten gnädig gestimmt werden.
Inschriften und Bilder aus römischer Zeit zeigen,
dass die Götter die Naturerscheinungen in Person
waren; so ist der Name Taranis nicht als „Gott des
Donners“ zu deuten, sondern er war der Donner. „Sulis“
war die heiße Quelle in Bath und nicht bloß ihre
Hüterin und Besitzerin,“3
Taranis wird mit dem keltischen Typus des sogenannten
„Radgottes“ identifiziert, der ein Rad oder
1 Miranda J. Green: The Gods of the Celts S. 67, Übersetzung
von Gaby H.
2 Philip Filtzinger „Hier reden die Steine“ 1980, S.117
3 Miranda J. Green: Die Druiden S. 24
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Radsymbol oder ein Radkreuz in Händen trägt. Die
wohl bekannteste Darstellung des „Radgotts“ findet
sich auf dem Kessel von Gundestrup, auch wenn der
dargestellte Gott dort nur ein halbiertes Rad hält.
Spätantike Darstellungen sind deutlich von mediterranen
Statuen des Jupiters beeinflusst, die ihn bärtig
und mit Donnerkeil zeigen.
Zurück zu Lucan. Er beschreibt Taranis als brutalen
Gott, den es nach Menschenopfer dürstet. Es wird
vermutet, dass Lucan selbst wenig Kontakt zu Kelten
hatte und seine Weisheit aus einer anderen Quelle
stammt. Die Berner Lukan-Scholien4 stammen von
einem unbekannten Verfasser als erklärende Zusätze
zum Werk des römischen Dichters. Erst in diesem
Kommentar zum Text zu Lucan aus dem 4-9 Jhd.
wird geschrieben, dass für Taranis Menschen in Weidenkörbe
eingesperrt worden seien und dann lebendig
verbrannt wurden.
Waren in der La-Tène-Zeit und im keltischen Raum
tatsächlich Menschenopfer üblich? Caesar sagt dazu
in seinem Werk „De bello Gallico“, ja. In Seuchenzeiten
und bei großer Gefahr für die Gemeinschaft
wurden Menschen geopfert. Auch die Archäologen
trafen auf Funde, die als Menschenopfer interpretiert
werden. So in Acy-Romance oder der Lindow-Mann
in England. In Manching wurde direkt beim Osttor
das Skelett eines Kindes gefunden. Sonderbestattung
oder rituelles Opfer?
Dabei darf nicht vergessen werden, dass Menschenopfer
in der damaligen Zeit durchaus normal waren.
Auch die Römer haben zu passender Gelegenheit
Menschen den Göttern dargebracht. Geschrieben
wurden die Kommentare im 4-9 Jhd., als die La-Tène-Kultur
von der römischen überlagert wurde. Wieviel
weißt du aus dem 16 Jhd.? Der Kommentator
war vermutlich Christ und hatte wenig Interesse, die
heidnischen Götter und den Glauben an sie positiv
darzustellen. So können wir die Vorstellung, dass für
Taranis regelmäßig Menschenopfer in Weidenkörben
verbrannt wurden, getrost in Frage stellen.
Leider haben wir von der keltischen Bevölkerung der
La-Tène- oder gar der früheren Hallstatt-Zeit keinerlei
Überlieferung zu Taranis. Die Druiden gaben
ihre Lehren mündlich weiter. Die Schrift (griechisch)
wurde nur für profane Dinge genutzt, keinesfalls wurde
Spirituelles von den Druiden niedergeschrieben.
Es gibt Opferplätze, die in luftigen Höhen liegen. Ob
sie allerdings mit Taranis in Verbindung stehen, wissen
wir nicht.
Es gibt noch den Mythos von Rigani, der Frau von
Taranis. Dieser Mythos entstammte der bardischen
Kunst des Keltologen Jean Jacques Hatt. Und ist damit
aus dem letzten Jahrhundert. Inspiriert wurde er
vom berühmten Kessel von Gundestrup.
Nein, Taranis war sicher kein unbedeutender Gott.
Als DONNERER war er der Herr des Gewitters und
vermutlich des gesamten Wetters. In einer Agrargesellschaft
war und ist das Wetter von existenzieller
Bedeutung. So ist es kein Wunder, dass in der gallorömischen
Gesellschaft immer wieder Altäre dem Taranis,
auch wenn die Namen leicht differieren, geweiht
waren. Die Menschen haben bis heute versucht, Einfluss
zu nehmen. Sie läuteten laut Glocken, um mit
dem Krach die dunklen Wolken und damit die Gefahr
für die Ernte zu vertreiben. Aus demselben Grund
zog die, vermutlich vor allem männliche, Dorfbevölkerung
mit Gewehren und Böllern auf die Felder.
Foto: Petra Wolge
Wetterschießen nannte man das. Wesentlich leiser
war das Entzünden der Wetterkerze. Wenn sich Unwetter
näherte, dann wurde diese gesegnete schwarze
Kerze angezündet, um Schäden abzuwenden.
Eine Gottheit, die als DONNERER bezeichnet wird,
stelle ich mir als laut und stürmisch vor. TARANIS
war und ist eine Naturgewalt, mitreißend, feurig, voller
Energie, unberechenbar bis zur Katastrophe. Du
spürst die Macht von TARANIS, wenn sich dein Leben
von einem Tag auf den anderen verändert. Plötz-
4 https://de.wikipedia.org/wiki/Berner_Lukan-Scholien
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Wenn du
Taranis
begegnen
willst:
Foto: landschaftsmuseum.de
lich ist alles anders. Dir wird der Boden unter den
Füßen weggezogen und das Fundament, auf dem du
dein Leben aufgebaut hast, wackelt bedenklich. Diese
Situation versinnbildlicht die Karte des Turms im
Tarot, da schlägt der Blitz ein und der Donner kracht.
Nein. TARANIS ist mit Sicherheit keine einfache
Gottheit, um mit ihr in Kontakt zu kommen.
Seine Attribute sind der Donnerkeil und das Rad.
Wobei sich das Rad in den paganen Gemeinschaften
durchgesetzt hat. Ich sehe auch eine Verbindung zur
Eiche und zum Oghamzeichen Duir d ( ). Die Eiche
ist dafür bekannt, dass sie Blitze anzieht. Überall gibt
es besonders alte Eichen mit Blitzrinnen, die als Donarseichen
bezeichnet werden.
Und damit zeigt uns die Eiche noch einen anderen
Aspekt von TARANIS. Die Eiche bietet Lebensraum
für sehr viele Lebewesen. Ihre Eicheln sind wegen ihres
hohen Nährgehaltes wichtig für viele Tiere. Früher
haben die Bauern ihre Schweine zur Eichelmast
in den Wald getrieben. Nach einem Gewitter ist die
Luft rein und klar. Auch ein familiäres Gewitter sorgt
für Klarheit. Wenn Wälder durch Blitzeinschläge
verbrennen, entsteht Platz für neues Leben und die
Asche fördert das Wachstum. Wenn TARANIS mit
seinem lauten Donner und den Blitzen in dein Leben
tritt, findest du dich auf einmal auf einem anderen
Gleis wieder und dein Zug schaut in eine ganz andere
Richtung. Nein, du wurdest nicht gefragt ob du das
willst. Aber doch bietet dies neue Chancen. So dient
TARANIS, der Donnerer, letztlich dem Leben, in der
Natur und auch in deinem Erleben.
Genieße von einem sicheren
Ort aus (Haus oder Auto,
nein, nicht unter einer Eiche)
ein Gewitter. Genieße dieses
fulminante Schauspiel, betrachte
das Farbspiel der unterschiedlichen
schwarzen Wolken,
spüre die Energie und die
Wucht des Windes.
Besorge dir eine schwarze Kerze,
weihe diese Taranis und
entzünde sie bei Gewitter.
Vielleicht fällt dir ein Gebet
ein und du horchst in dich hinein,
ob eine Antwort kommt
Suche eine Donarseiche auf,
die es vielleicht in deiner Umgebung
gibt. Lass dir von Ihr
erzählen wie es ist, vom Blitz
getroffen zu werden und immer
noch zu stehen.
Text: Petra Wolge
Dieser Name leitet sich vom germanischen „Donnergott“
Donar (Thor) ab.
Foto: Pixabay
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Barbara Stühlmeyer
Karfunkel-Lexikon Teil 2
Fabelwesen
Der KAPPA gehört zur Kategorie der Yokai, worunter
in der japanischen Mythologie, aus der er hervorgegangen
ist, Monster und Kobolde zu verstehen
sind. Mit seiner grünen Haut und den Schwimmhäuten
zwischen den Fingern erreicht das froschähnliche
Wesen, das eine Größe von 1,3 m erreicht in einer
Delle auf seinem Kopf eine Flüssigkeit, der es seine
magischen Kräfte verdankt. Wenngleich der Kappa
sich Menschen gegenüber als launisch und bisweilen
feindlich gesinnt zeigt, erweist er sich den tierischen
und pflanzlichen Mitbewohnern in dem Gewässer,
das seinen Lebensraum bildet, gegenüber als verantwortungsvoll
und fürsorglich. Menschen locken sie
dagegen ins Wasser, ertränken sie und saugen ihnen
das Blut durch die Eingeweide oder des Rückens Ende
aus. Außer Gefecht setzten kann man einen Kappa
nur an Land. Denn wenn man sich vor ihm verbeugt,
zwingt ihn seine ausgezeichnete Kinderstube, dies
ebenfalls zu tun. Auf diese Weise verschüttet er aber
das Wasser, dem seine magischen Kräfte entwachsen.
Geneigt stimmen kann man den Kappa auch, indem
man eine Gurke in sein Gewässer wirft, in die man
den Namen seiner Familie eingeritzt hat.
Der KAUKAS, auch Cawx, Chucunbrasth oder Tufel
genannt ist ein im baltischen Sprachraum angesiedeltes,
freundliches, zwergenhaftes mythologisches Wesen.
In enger Lebensgemeinschaft mit seinem Wirt
gedeiht es bei guter Pflege prächtig und ist gerne zur
häuslichen Mitarbeit bereit. Manche sehen in den
Kaukas die Seelen ungeborener Kinder. Auch wird ihnen
eine enge Beziehung zu den unter Holunderbüschen
lebenden Barstukken nachgesagt.
Der KELPIE ist besonders in Schottland beheimatet.
Von Haus aus ein Wasserdämon, ist der Kelpie ein
Gestaltwandler, der bevorzugt in Form eines Pferdes
Menschen auf den Grund seines Gewässers lockt.
KERBEROS, der Höllenhund und Unterwelttürhüter
der griechischen Mythologie ist der Bruder der
Ungeheuer Hydra, Orthos, Sphinx und Löwe von Nemea.
Nachdem er zunächst als einköpfig galt, expandierte
die Anzahl seiner Häupter in den Darstellungen
nach und nach auf fünfzig. Von Herakles wurde
er im Rahmen seiner 12 Aufgaben Gassi geführt, wobei
er seinen Geifer verspritzte, aus dem der giftige
Eisenhut hervorging. Literarisch wurde er vor allem
in der Odyssee und in Dantes göttlicher Komödie
verarbeitet. Auch Sokrates soll, in Ironisierung des
Schwures beim Göttervater Zeus, stattdessen beim
Hunde geschworen haben.
KITSUNE sind laut der japanischen Mythologie die
heiligen Tiere der Gottheit Inari. Sie treten als rote
oder weiße Füchse auf, können aber auch menschliche
oder andere beliebige Gestalten annehmen und
bringen den Menschen Glück. Aber wehe, es entsteht
eine Beziehungskrise zwischen Mensch und Kitsune,
dann reagieren die bis zu neunschwänzigen Tiere äußerst
ungehalten. Die Anzahl der Schwänze steht in
Analogie zur magischen Befähigung der Kitsune. Mit
ihren Schnauzen und ihren Schwänzen können sie
Feuer sowie Illusionen erzeugen.
„Kitsune“, André Lorino
Der Name KLABAUTERMANN kommt vom niederdeutschen
„klabastern“ und bedeutet Lärm machen.
Klabautermänner leben als Schiffsgeister oder Kobolde
auf Segenschiffen, helfen bei den anfallenden
Arbeiten, machen Unsinn und warnen bei Gefahren
den Kapitän. Der Klabautermann hat rote Haare,
grüne Zähne, einen Hammer und eine Pfeife. Sein
Auftauchen bedeutet für denjenigen, dem er begegnet
nichts Gutes. Klabautermänner sind fest mit ihren
Schiffen verbunden und verlassen sie nur, wenn
das Schiff untergeht. Als Abschreckungsmaßnahme
gegen den Klabautermann kann die Mannschaft ein
Huhn mit sich führen.
KLUSHUND nennt man jenen als großen schwarzen
Hund mit tellergroßen leuchtenden Augen herumspukenden
Verräter der Stadt Bregenz, der während
des Dreißigjährigen Krieges gelebt haben soll. Das
bevorzugte Revier des Hundes ist der Hohenemser
Schlossberg und der Kluser Wald.
Der Begriff KOBOLD leitet sich von Kobe (=Haus)
und hold (=gut) ab und bezeichnet einen freundlichen
Hausgeist mit Hang zum Witzereißen, denen
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man nachts eine Schale Milch hinstellt, um sie gnädig
zu stimmen.
KYKLOPEN oder Zyklopen sind die Abkürzung für
Kyklophtalamos, was übersetzt “Kreisauge“ bedeutet.
Die drei mit einem Auge auf der Stirn als Kinder
des Uranos und der Gaia geborenen Riesen der griechischen
Mythologie hören auf die Namen Brontes,
Steropes und Arges. Sie wurden in die Erde eingeschlossen
und von Zeus befreut, dem sie zum dank
Blitz und Donner schenkten und im Kampf gegen die
Titanen unterstützten. Sie wurden schließlich von
Apollon getötet, der sich damit an Zeus für den Tod
seines Sohnes Asklepios rächen wollte. Der berühmte
Polyphem gehört zu den Söhnen des Poseidon, die
ebenfalls Kyklopen waren. Forscher glauben, daß die
Funde von Elefantenschädeln, deren große Nasenöffnung
einem Auge ähnelte, Anlass für die Bildung des
Mythos von den Kyklopen gab.
Als KYNOKEPHALOI bezeichnet man jene hundsköpfigen
Wesen, von denen man in Antike und Mittelalter
annahm, daß sie am Rande der zivilisierten
Welt zu Hause seien. Mythologisch sind sie in allen
Kulturen anzutreffen. Belege finden sich bei Hesiod,
bei Ktesias von Knidos, der für seine Beschreibungen
persische und indische Quellen nutzte. Bei Jean der
Mandeville gelten sie als besonders gottesfürchtig,
Paulus Diaconus hält sie dagegen für gefährlich und
blutrünstig. Plutarch war wie Plinius der Meinung,
daß ein Hundekönig über die Äthiopier herrsche,
Adam von Bremen glaubte, daß die bei den Amazonen
lebenden Männer Kynokephaloi seien. In Bezug
auf ihre Ernährungsgewohnheiten gibt es keine Einigkeit.
Sie werden entweder als Fischesser, Blätterfreunde
oder Hundemilchliebhaber dargestellt.
Die nach dem griechischen Ungeheuer Lamia LAMI-
EN genannten dämonischen, vampirähnlichen Bestien
haben sich auf das Blut junger schöner Männer
spezialisiert. Etymologisch wird es sowohl vom griechischen
laimos (=Rachen, Kehle) als auch vom arabischen
lahama (=zerfleischen, zerreißen) abgeleitet.
LEPRECHAUN sind kleine trollartige Wesen oder
Kobolde, die sich durch ihre typisch irische grüne
Kleidung, rote Haare und eine Größe von 60 bis 90
cm auszeichnen, was ihnen auch den Namen „kleines
Volk“ beschert hat. Die menschenscheuen griesgrämigen
Wesen wollen vor allem das eine: ihre Ruhe. Sie
gelten als fähige Bankleute und begabte Schuhmacher
und verfügen über die Fähigkeit zur Kommunikation
mit Einhörnern und Elfen. Für Menschen zu arbeiten
käme ihnen nicht in den Sinn. Ihren Fleiß münzen sie
in das berühmte Leprechaun Gold um, wobei unklar
ist, ob sie es für verkaufte Seelen, selbstgemachte
Schuhe oder von den Dänen haben. Ihre sprichwörtlich
schlechte Laune wird darauf zurückgeführt, daß
die Menschen hinter dem Leprechaun Gold her sind.
Der Leviathan entstammt der jüdisch/christlichen
Mythologie und hat die Gestalt eines Drachens oder
einer Schlange. Nach Psalm 104 ist er von Gott geschaffen,
um mit ihm zu spielen, womit sich Gott laut
Talmud beschäftigt, nachdem er zuvor die Tora studiert,
über die Welt gerichtet und sie genährt hat. Der
Sieg über den Leviathan kann allein Gott gelingen.
„Leprechaun“, André Lorino
Der LINDWURM kann zwei, vier oder noch mehr
Beine haben. Seine schlangenartige, drachenähnliche
Gestalt verbindet sich mit dem Hinterteil eines Löwen.
Seine Flügel sind fluguntauglich. Das als Wahrzeichen
der Stadt Klagenfurt fungierende Tier gilt
manchen als menschenfressend. Ein Beispiel für einen
Lindwurm findet sich im Nibelungenlied im dort
besungenen Drachen Fafnir.
LONG, der mächtige Drachengott der chinesischen
Mythologie ist ein überwiegend freundliches Wesen,
das auch heute von manchen noch verehrt wird, um
beispielsweise um Regen zu bitten. Das Drachenmotiv
taucht in China erstmals in der Zeit der Streitenden
Reiche (480-221 v. Chr.) auf und symbolisierte
zunächst gemeinsam mit dem Phönix das Kaiserpaar.
Die chinesische Mythologie unterscheidet zwischen
Wasserdrachen (Li), Feuerdrachen (Long), Sumpfdrachen
(Jiao) und Eisdrachen. Die äußere Erscheinung
setzt sich aus einem Schlangenleib mit Karpfenschuppen,
dem Kopf eines Wasserbüffels mit Mähne,
ein bis zwei Bärten vier Beinen mit unterschiedlich
vielen Zehen ( je mehr, desto mächtiger ist der Dra-
41
che), einem roten Schuppenkamm und einem säugetierartigen
Gebiss mit Scheide- und Eckzähnen zusammen.
Andererseits betont die Überlieferung die
Verschiedenheit der Drachen, die auch die Form von
Schildkröten, Löwen oder Menschen annehmen können,
weshalb sich die Chinesen als Nachkommen der
Drachen ansehen. Er bildet zudem eines der zwölf
chinesischen Tierkreiszeichen und gilt innerhalb des
Feng Shui als Symbol spezifischer geografischer Gegebenheiten
wie Flüsse oder lang gezogene Berge.
Der MANG-GON, ein thailändisches Wasserwesen,
erwacht im Frühjahr aus seinem Winterschlaf und
stößt ein Donnergrollen aus. Der Mang-gon hat den
Kopf eines Drachen, die anderen Körperteile stammen
von weiteren Fabeltieren.
Der MANTIKOR, eine smarte Mischung aus Männerkopf,
Löwenkörper und Drachenschwanz ist ausgesprochen
großmäulig, ein schneller Schütze, intelligent,
aber leider menschenfressend.
MEDUSA heißen in der griechischen Mythologie
eine der Hesperiden sowie die gleichnamige; weitaus
bekanntere Gorgone, Schwester von Stheno und
Euryale und Tochter von Phorkys und Keto. Seitdem
sie von Athene bei einem Tete a Tete mit Poseidon
erwischt wurde, ist die ursprünglich schöne Dame
ein geflügeltes Ungeheuer mit Schlangenhaaren, langen
Eckzähnen, einem Schuppenpanzer, heraushängender
Zunge und glühenden Augen die jeden versteinern,
der einen Blick auf sie wirft.
Das MERLION ist eine Kreuzung aus Meerjungfrau
und Löwe. Das 1964 erdachte Fabelwesen verkörpert
die Legende der Gründung der Stadt Singapur.
Das MERMECOLION hat einen Löwenkopf und
einen Riesenameisenkörper. Das kurzlebige Fabelwesen
des asiatischen Raumes starb, weil der Ameisenkörper
vegetarisch veranlagt war, was dem Löwenkopf
nicht mundete.
Als NACHTVOLK bezeichnet man ambivalente
Geistwesen, die sich bei denen, denen sie wohlgesonnen
sind, als Musiklehrer betätigen. Sie treiben sich
am liebsten um Mitternacht in den Quatember- und
Rauhnächten herum, singen, tanzen und bestrafen
alle, die ihnen neugierig dabei zusehen wollen.
NIXEN sind weibliche Wassergeister der bedrohlichen
Art. Sie verkörpern tiefenpsychologisch betrachtet
den zerstörenden, verschlingenden Aspekt
des Mutterarchetyps. Nixen werden sowohl mit
Fischschwanz als auch mit tropfendem Rocksaum
und barfüßig dargestellt. Charakteristisch sind daneben
ihre grün schimmernden Haare.
NYMPHEN sind freundliche, in Bergen, auf Bäumen,
Wiesen oder in Grotten wohnende, sehr langlebige,
letztlich aber sterbliche Gottheiten niederen Ranges.
Man unterscheidet Wassernymphen mit dem Oberbegriff
Najaden, die sich in Pegaeae (Bachnymphen),
Eleionomae (Sumpfnymphen, Potameiden (Flussnymphen),
Krenäen, (Quellnymphen), Limnaden
(Seenymphen), Nereiden (Mittelmeernymphen) und
Okeaniden (Ozeannymphen) aufgliedern. Bei den
Wald- und Baumnyphen unterscheidet man Dryaden,
Hamdryaden und Meliaden. Berg-, Grotten- und
Höhlennymphen hören auf den Namen Oreaden,
Wiesennymphen werden Leimoniaden, Talnymphen
Napaien, Regennymphen Hyaden und Siebengestirnnymphen
Pleiaden genannt.
Als ONI bezeichnet man große, hässliche, ungekämmte
Kreaturen der japanischen Mythologie mit viel zu
langen Findernägeln und roten, blauen, schwarzen,
pinken oder grünen Augen und Hörnern. Ursprünglich
als gutmütige, böse Geister abwehrende Wesen
angesehen wurden sie vom 13. Jahrhundert an zunehmend
selbst dämonisiert und gelten nun als böse
Geister, die es regelmäßig zu vertreiben gilt.
PEGASUS, der Sohn des Poseidon und der Medusa
ist das geflügelte Reitpferd der PoetInnen. Er beteiligte
sich als Träger von Bellerophon am Kampf gegen
die Chimära und die Amazonen. Zum Dank wurde er
in ein Sternbild verwandelt.
Der PHÖNIX hat die bemerkenswerte Eigenschaft,
zu verbrennen und aus seiner Asche wiederzuerstehen.
In der ägyptischen Mythologie unter dem Namen
Benu bekannt und als Reiher dargestellt, hieß
er im antiken Griechenland Phönix. Man glaubte, er
sei aus der Asche des Osiris hervorgegangen. Deshalb
wurde er im Christentum zu einem Symbol für die
Auferstehung.
PIXIES, Kobold- oder feenähnliche Wesen sind vor
allem in Devon und Cornwell, dem Südwesten Englands
verbreitet. Sie kleiden sich bevorzugt grün und
tragen spitze Hüte, die zu ihren ebenfalls spitzen Ohren
passen. Sie haben meist Flügel, die auf die Engelgestalt
verweisen, sind aber nicht gut genug für das
Paradies, aber auch nicht schlecht genug für die Hölle,
weshalb sie auf der Erde bleiben. Manche meinen
auch, es handele sich bei Pixies um bekehrungsunwillige
Druiden, die von Gott so lange geschrumpft
42
wurden, bis sie sich taufen ließen. Wenn sie sich bewegen
hinterlassen sie eine feenstaubähnliche Substanz.
Pixies sind Spaßvögel, die sich gerne mal Pferde
ausleihen oder Menschen im Moor in die Irre führen.
Mit vor die Tür gestellten Geschenken können sie
versöhnlich gestimmt und zu nächtlichen Aufräumarbeiten
motiviert werden.
Das QILIN ist die chinesische Form des Einhorns.
Der mit blauen Drachenschuppen und einem kammförmig
aufgestellten Rückenfell bedeckte ochsenförmige
Körper verfügt über einen Drachenkopf, der von
einer einzelnen Geweihstange, Reißzähnen, großen
Augen und dem „Bart“ eines Karpfens geschmückt ist.
Qilin ist die Gattungsbezeichnung der sich in männliche
Qi und weibliche Lin aufspaltenden friedlichen
Wesens, das sich ausschließlich vegetarisch ernährt
und als Symbol für Glück und Kindersegen gilt.
Der RASSELBOCK entstammt der jägerlateinischen
Fabelwelt und besteht aus einer Mischung von Hasenkopf
und Rehbockgeweih. Er lebt im mittleren
Thüringer Wald und im Harz. Seine Verwandten sind
der bayerische Woplertinger, der Hessische Dilldappe,
der amerikanische Jackalope und der westalpine
Dahus.
RAUHE ELSE ist der Name einer ungewöhnlich
hässlichen Wassernixe aus dem Epos Wolfdietrich,
die Schwierigkeiten damit hat, einen Partner zu bekommen.
RIESEN sind Teil vieler Mythologien. Sie gelten häufig
als gewalttätig, furchterregend und werden des
Öfteren als göttlich-menschliche Mischwesen angesehen.
Neben der germanischen Mythologie, in der
die Riesen, in Riesenheim wohnend, die Naturkräfte
versinnbildlichen und der germanischen Mythologie,
in der sie als Mischwesen zwischen Göttern und
Schlangen gelten und als Gegner der olympischen
Götter fungieren, treten auch in der Bibel überraschend
viele Riesen in Erscheinung. Dort werden sie
als Nachkommen aus der Verbindung zwischen Göttersöhnen
und Menschenfrauen angesehen. Eine berühmte
Riesengeschichte ist die vom Kampf zwischen
David und Goliath.
„Pixie“, André Lorino
Der PERERE entstammt der Gattung der brasilianischen
Saci. Einbeinig und schwarzhäutig war es die
Aufgabe des koboldähnlichen Wesens, ungezogene
Kinder zu erschrecken. Den Perere kann man aufhalten,
indem man über einen Fluß flieht, den er nicht
überqueren kann, oder indem man ihm eine verknotete
Schnur in den Weg legt. Das Wesen hat nämlich
ein Knoten-Löse-Syndrom, das ihn dazu bringt, in
jedem Fall erst den Knoten wieder aufzuknüpfen, bevor
er die Verfolgung aufnimmt. Ungezogene Kinder
sollten also immer ein Stück verknoteter Schnur bei
sich tragen.
RUSALKA ist der Name einer slawischen Meerjungfrau,
die die Fähigkeit hat, auch im Feld oder in Bäumen
zu leben. Ähnlich wie die Sphinx hat auch die
Rusalka ein Faible für Rätsel. Wer ihr begegnet muß
drei Fragen richtig beantworten, wenn er die Begegnung
überleben möchte. Tödlich ist auch das meist
nachts beim Tanz erklingende Gelächter des weiblichen
Naturgeistes.
SALAMANDER gelten in der Mythologie als Wesen,
die im Feuer leben und als wandlungsfähige Geister
den Alchemisten zu Diensten sind. Sie können die
Gestalt eines Wurms einer Schlange oder eines Salamander
annehmen und wurden für Feuersbrünste
hitzige Diskussionen verantwortlich gemacht.
SALIGE FRAUEN, Salkweiber, Salaweiber, wilde
oder weiße Frauen sind in der Alpenregion zu Hause.
43
Sie sind scheu und hilfsbereit, es sei denn, man begegnet
ihnen in einer Mondnacht ohne Lärm zu machen,
der sie sofort vertreibt. Dann küssen sie einen
zu Tode.
Der SCHABBOCK, ein der Trud verwandter Nachtgeist
wird bevorzugt in der südlichen Weststeiermark,
Österreich, Bayern und Slowenien gesichtet.
Schabböcke entstehen, wenn Brautleute, die einen
Heiratstermin vereinbart haben, bereits vor der Ehe
tun, was getan werden muss, um ein Kind zu zeugen.
Die vorehelichen Kinder büßen als Schabböcke und
Truden für die Sünden ihrer Eltern. Sie töten Kleinkinder
und können nur durch die Räucherung mit
Schabbockskraut und Hanfstengeln oder das Aufhängen
eines Rosenkranzes am Kindsbett vertrieben
werden.
SCHRATE sind Naturgeister, die in Wäldern, an
Bächen oder auf Wiesen leben. Sie können je nach
mythologischem Background Katzen- oder Vogelmerkmale
haben, in Drachen-, Schlangen- oder Feuergestalt
erscheinen und entstehen aus einem Hahnenei
oder einer Mandragora-Wurzel. Die Einzelgänger
und Naturschützer bringen je nach ihrer Farbe Geld
(rote Schrate), Getreide (gelbe oder blaue Schrate),
Mehl oder Wolle (weiße Schrate). Der bekannteste
aller Schrate ist Rübezahl.
SELKIES, Robben, die sich an Land in Menschen
verwandeln, sind Teil der schottischen Mythologie.
Der SHELLYCOAT, der seinen Namen von den englischen
Worten für Muschel und Mantel hat, ist ein
Wassergeist, der Freude daran hat, Menschen zu erschrecken.
Am Klappern seiner Muscheln wird er erkennbar.
Laut Jacob Grimm entspricht der Shellycoat
dem germanischen Schellenrock.
SIRENEN sind Mischwesen aus Frau und Vogel. Sie
locken mit ihrem Gesang Schiffer an, um sie zu töten.
Überlieferte Namen griechischer Sirenen sind Himeropa,
Thelxiope, Leukosia, Ligeia, Parthenope, Aglaopheme,
Molpe, und Peisinoe.
SKIAPODEN, zu Deutsch Schattenfüßler, können
blitzschnell rennen. Das überrascht umso mehr, als
sie nur ein Bein haben. Ihr riesiger Fuß dient ihnen,
beim Liegen in die Luft gehalten, als schattenspendender
Sonnenschirm. Hekataios von Milet siedelt
sie in Lybien an, Plinius der Ältere und Ktesias von
Knidos glaubten hingegen, die Skiapoden seien in Indien
zu Hause.
SPHINX, die Tochter des Typhon und der Echidna
ist das dämonische Mischwesen, daß, auf einem Berg
außerhalb Thebens sitzend, den Vorüberreisenden
Rätsel aufgab und alle fraß, die keine Begabung für
Rätselspiele haben. Sie wurde von Ödipus besiegt.
Als dieser die richtige Antwort auf eines ihrer Rätsel
wusste, fiel sie vor Schreck vom Felsen und starb.
SPRIGGANS sind kleine, hässliche, räuberische Fabelwesen
aus Cornwall, die kleine Kinder stehlen,
Wirbelstürme entfachen und die Kornernte vernichten
können. Sie gelten als die Geister verstorbener
Riesen.
STINTHEGST nennt man ein in Masuren vorkommendes
Fabelwesen, das als König der Stinte, einer
Fischart, gilt. Wer ihn fängt und am Leben lässt, dem
erfüllt er alle Wünsche.
STÜPP ist die westrheinische Bezeichnung für einen
Werwolf. Seine westfälischen Verwandten hören auf
die Namen Klüngelpelz und Böxenwolf. Der Stüpp
tötet seine Opfer nicht durch Zerfleischen, sondern
verhält sich eher wie ein Aufhocker. Sein Name rührt
von einem berühmten Werwolfprozess gegen einen
Bauern namens Peter Stubbe oder Stübbe her, der
dreizehn Kinder ermordet und zwei Mädchen vergewaltigt
haben soll.
SYLPHEN sind luftige Naturgeister, haben einen
menschähnlichen, jedoch seelenlosen Körper und
sind fortpflanzungsfähig.
Als TATZELWURM, Dazzelwurm, Praatzelwurm, Srpingwurm,
Steinkatze, Stollenwurm, Beißwurm oder
Bergstutzen bezeichnet man den kleinen Verwandten
des Drachens und des Lindwurmes, der in den französischen
Alpen lebt. Der 50 cm bis 2 m lange Halbdrache
gilt als scheu, aber auch als gefährlich und
heißblütig. Wenn er durch Sand kriecht, wird dieser
nämlich zu Glas. Ein Tatzelwurm wird geboren, wenn
ein Hahn ein schwarzes Ei in einen See liegt, wo es
von der Wärme der Sonne ausgebrütet wird.
TENUS sind Wesen der japanischen Shinto-Mythologie.
Sie leben in Bergen, schlüpfen aus Eiern, haben
aber dennoch eine menschliche, immer langnasige
Gestalt. Sie können mit Hilfe von Nahrungsmittelspenden
gnädig gestimmt werden.
TROLLE treten sowohl in Riesen- als auch in Zwergengestalt
auf und sind schadenstiftende Zauberwesen
der germanischen Mythologie.
44
gel der osteuropäischen Roma-Mythologie.
TURUL ein adler- bzw. falkenähnlicher Vogel der
heidnisch-ungarischen Mythologie gilt als Vater vieler
Könige und Helfer der Ungarn bei der Landnahme
in Pannonien. Auch von den Magyaren, den Hunnen
und Awaren wurde der Turul verehrt.
TYPHON der in späthellenischer Zeit dem ägyptischen
Seth gleichgesetzt wurde ist der Sohn der
Gaia und des Tartaros. Offenbar großmäulig veranlagt
vermochte er es mit seinem aus hundert Kehlen
dringenden Gebrüll, sogar die olympischen Götter
zu verängstigen. Seine mit Echidna gezeugten Nachkommen
Kerberos, Hydra und Sphinx schlugen ganz
nach dem Vater.
Die UNDINE gehört zur Gattung der Nymphen und
lebt als jungfräulicher Wassergeist in Waldseen und
Wasserfällen, wo sie Menschen mit ihrem Gesang
verzaubern.
Der URISK, ein Mischwesen aus Ziege und Mensch
ist in den Seen, Teichen und Wasserfällen der schottischen
Highlands zu Hause. Er gilt als hilfsbereit
und erledigt in der Nacht die Feldarbeit für gute
Menschen.
VISHAP, ein böser Geist der armenischen Mythologie
erscheint in Schlangengestalt und gehört zur
Gruppe der Devs.
WALDGEIST ist der Oberbegriff für Elfen, Dryaden,
Meliaden, Faun, Satyrn, Kodamas und Canotila.
Die WASSERFRAU gilt als freundliches Naturwesen,
daß dem Mutterarchetyp zugeordnet wird. Sie
kann als Mischwesen mit menschlichem Oberkörper
und Fischschwanz, aber auch als Frosch, Schwan oder
anderes Wassertier erscheinen.
Der WASSERMANN, ein männlicher Wassergeist
ist im gesamten europäischen Raum zu Hause. Er
hört auf die Namen Neck, Nix, Nöck, Wasserneck,
Flussmann, Glashan und Shopiltee (Nordeuropa),
Shellycoat (Schottland) Strömkarl (Schweden) oder
Fossegrim (Norwegen). Sein launischer bis bösartiger
Charakter soll Stürme entfesseln, aber auch
Menschen vor dem Ertrinken warnen können. Wassermänner
erkennt man an den nassen Zipfeln ihrer
Kleidung, ihren grünen Zähnen und ihrer klangvollen
Stimme. Sie entführen bevorzugt schöne junge Frauen
in die von ihnen bewohnten Seen oder Flüsse.
WECHSELBALG wird das Kind eines Elfen, Naturgeistes
oder Gnomes genannt, das gegen ein Menschenkind
ausgetauscht wird. Auch untergeschobene
Kinder, deren leibliche Väter andere sind als diejenigen,
die sie erziehen, hören auf diesen Namen. Gegen
das Austauschen der Babys soll die Plazenta unter der
Wiege, das Anzünden dreier Lichter und die Frage
nach dem wahren Alter des Babys helfen.
Die WEISSE FRAU, eine aus der Perchta hervorgegangene
Sagengestalt der nordischen Mythologie
treibt als Gespenst am liebsten in Schlössern deutscher
Fürsten und Adeliger ihr Unwesen. Auch einige
Berge wie ein Berg auf den Briloner Höhen oder der
Itzacchíhuatl in Mexiko tragen ihren Namen.
Der WELTHUND, eine deutsche Sagengestalt trägt
ein Auge mitten auf dem Kopf. Seine Figur gibt Auskunft
über die Ernährungslage der Bevölkerung. Ist er
mager, geht es den Menschen gut, ist er wohlgenährt,
leiden sie Hunger. Der Welthund tritt bevorzugt in
Moorlandschaften, Sümpfen und an Flussläufen in
Erscheinung.
WERWOLF oder lateinisch Lykanthrop nennt die
Mythologie Menschen, die sich nächtens – bevorzugt
bei Vollmond – in gefährliche Tiere verwandeln.
Werwolfähnliche Wesen sind bereits in Höhlenmalereien
nachweisbar, finden sich im Gilgamesch Epos,
der griechischen Literatur, den Metamorphosen des
Ovid oder der isländischen Egils Saga. Während der
Hexenverfolgungen gab es auch zahlreiche Werwolfsprozesse.
Als WICHTEL bezeichnet man freundliche Haus-
„Waldgeist“, André Lorino
45
geister der nordischen Sagen, die neben ihrer Eigenschaft,
den Menschen Gutes zu tun gerne Witze machen
und Schabernack treiben.
Der WILDE MANN ist ein haariger, spärlich mit
Moos oder Laub bekleideter und mit Riesenkräften
ausgestatteter Zeitgenosse, der sich gerne in unbewohnbaren
Wald- und Berggebieten des germanischen
und slawischen Sprachraumes aufhält. Er steht
symbolisch gleichermaßen für chaotische Urkräfte
und naturverbundene Stärke
Die WINSELMUTTER, eine klagende, ältere ruhelose
Frau, die als weiße, umherwandelnde Lichtgestalt
auftritt, wird gerne im Erzgebirge, im Vogtland und
in Ostthüringen gesichtet. Ähnlich der Banshee der
irisch-keltischen Mythologie gilt ihr Auftauchen als
böses Omen, das besonders Schwerkranke an ihren
nahenden Tod erinnert.
YUKI ONNA, die japanische Schneefrau ist die Personifikation
des Winters und wird häufig mit der Berghexe
Yamauba verwechselt. Die große, langhaarige
blasse Frau trägt je nach Legende einen weißen Kimono
oder tritt nackt in Erscheinung und kann außerordentlich
bedrohlich wirken. Beängstigend sind vor
allem ihre vampirischen Eigenschaften und die Zufriedenheit,
die sie beim Tod ihrer Opfer empfindet.
Ähnlich wie der christliche Sukkubus kann die Yuki
Onna auch sexuelle Beziehungen mit (männlichen)
Menschen eingehen, die dabei aber leider manchmal
eingefroren werden.
Der WOLPERTINGER, ein höchst wandlungsfähiges
Mischwesen ist in Bayern zu Hause, wo er je nach
Region auch Oibadrischl, Rammeschucksn, Raurackl
oder Hirschbockbirkfuchsauergams genannt wird.
Der Wolpertinger ernährt sich von Kräutern, Wurzeln
und kleinen Kindern, gilt als scheu und kann nur
von jungen, gutaussehenden Frauen in Begleitung
rechtschaffener Männer in der Abenddämmerung bei
Vollmond gesichtet und durch aufstreuen von Salz
auf den Schwanz gefangen werden. Als Alternative
gilt die Verwendung einer Kerze, die das Wesen anlockt,
eines Spatens und eines Sackes.
WURZELWICHTE oder Wurzelgnome zählen zu
den naturbehütenden Erd- und Elementargeistern.
Von Muggeln werden sie häufig mit Gartenzwergen
verwechselt.
Vom WYWERN, einem lindwurmähnlichen zweibeinigen
Drachen mit adlerähnlichen Krallen und großen
Flügeln, durch die man den Wywern vom Lindwurm
unterscheiden kann, berichten sowohl die ostafrikanische
als auch die nordeuropäische und griechische
Mythologie. Der Wywern liebt Fleischspeisen, wohnt
im Gebirge und verbreitet die Pest und andere Infektionskrankheiten.
YAMATA NO OROCHI bedeutet übersetzt Achtgabelige
Riesenschlange und ist ein kinderfressender
Drache der Shinto-Mythologie, der durch eine List
besiegt wurde. Der Mythos wird u. a. als Ritual zur
Überwindung der wilden Naturkräfte und ihre Nutzbarmachung
für den Reisanbau gedeutet.
„Yuki Onna“, André Lorino
ZASHIKI WARASHI sind Hausgeister, die sich bevorzugt
in traditionellen japanischen Häusern aufhalten,
deren Bewohner sie schützen. Wer sie verärgert
muß mit baldiger Kündigung und dem Untergang
seiner Familie rechnen. Bewohner von Neubauten
treffen selten mit den Zashiki Warashi zusammen, da
diese Geister Altbauten deutlich bevorzugen.
ZIZ, der Urvogel der jüdischen Mythologie hat ähnliche
Züge wie der persische Simurgh und der arabische
Roch. Als Luftwesen steht er im Zusammenhang
mit dem im Meer wohnenden Leviathan und für die
Erde zuständigen Behemot. Im Gegensatz zu diesen
46
wird er aber weder in der Bibel noch in den Apokryphen
erwähnt. Der unbebrütet ausgeschlüpfte Vogel
vermag mit seinen Flügeln die Sonne zu verdunkeln
und mit seinen langen Beinen auf dem Grund des
Ozeans zu stehen. Er ist Patron der Vögel, des Gesanges
und der visionären Gaben. Fällt ein Ziz-Ei aus
dem Nest, ist mit Erdbeben zu rechnen. Die christliche
Mythologie hat die Vorstellung vom Ziz nicht
aufgegriffen. Am Ende der Zeiten soll der Ziz ebenso
wie der Behemot und der Leviathan vernichtet und
den Rechtschaffenen zur Speise gegeben werden.
Die ZWERGE entstammen der Vorstellungswelt der
nordischen Mythologie. Ihr Zuhause liegt unter der
Erde – vielleicht ein Grund dafür, warum man sich
die zauberkundigen, listigen, ein Handwerk ausübende
Wesen, die Snorri in seiner Edda als Maden im
Fleisch des Urriesen Ymir beschreibt, als kleinwüchsig
vorstellt. Zwerg wird etymologisch mit dem Verb
für „trügen“ verknüpft, die Deutung ist aber unsicher.
Sie haben die Fähigkeit, sich mit Hilfe eines Hutes
oder Mantels unsichtbar zu machen, schmücken ihre
Höhlen und gelten als versierte Schmiede.
Als ZENTAUREN oder Kentauren bezeichnet man
ein Mischwesen aus Mensch und Pferd, das in beiderlei
Geschlechtern vorkommt. Von Ixion, dem König
der Lapithen gemeinsam mit einer Wolke gezeugt
gelten die Zentauren als lüstern und unbeherrscht.
Einige entwickeln jedoch besonderer Begabungen.
Der Zentaur Cheiron soll sich besonders auf die Jagd
und die Heilkunde verstanden haben.
Text: Barbra Stühlmayer
„Zentauer“, André Lorino
47
Community
Thara
Die vierte Triade
an den Steinkreisen am Bürserberg / Tschengla
vom 08.10. bis 10.10.2021
IN der wunderschönen Kulisse am Bürserberg fand unsere 4. Triade statt, nachdem am Vormittag des 08.10.21
in den Örtlichkeiten des ÖDO in Feldkirch mehrere Initiationen oder Weihen in den Barden-, Vaten- und
Druidenstand durchgeführt wurden. Hier an dieser Stelle allen Anwärtern herzliche Gratulation für ihren
Fleiss und ihr Engagement.
Die Triade stand dieses Jahr unter dem Motto „Innerer Frieden“, um mit Ritualen zur Heilung von Mutter Erde
und zur Bewusstwerdung des individuellen inneren Friedens beizutragen. So führten wir mehrere Zeremonien
und Rituale für Mutter Erde durch, denn mit Mutter Erde und allen Wesenheiten um uns herum in Verbundenheit
zu leben, ist unsere oberste Zielsetzung. Uns für die Fülle, die Schönheit, die Vielfalt zu bedanken und gewahr
zu werden, wie gesegnet wir Menschen sind. Aber auch zu lernen, immer mehr in Freundsamkeit zu leben,
mit der Natur und Umwelt und mit unseren Nächsten.
So haben wir aus einem
reichhaltigen
Programm schöpfen
dürfen, wir haben über
die Magie der Worte
philosophiert und geübt,
Aussagen positiv
auszudrücken. Wir
haben uns mit Pflanzen
und Plätzen verbunden
und hineingehört
und Botschaften
empfangen. Wir haben
über scheinbare Gegensätzlichkeiten
philosophiert,
z.B. Jung
und Alt oder Mann und
Frau, und über die Polarität
gelernt und über
Achtsamkeit. Und es
Foto: Thara wurden Übungen zur
Energetisierung und Erhöhung der eigenen Schwingungsfrequenz durchgeführt. Und zu guter Letzt gab es ganz
überraschend noch die Erneuerung ihres Ehegelübdes von zwei teilnehmenden Paaren. Es war einfach überwältigend,
berührend, lehrreich und eine tolle Gemeinschaft, die wir erlebt haben. Auch die freundliche Bewirtung
und die ausgezeichnete Küche im Berggasthaus Zimba Bürserberg war wie immer hervorragend und eine Gaumenfreude.
Uns ist in der Gemeinschaft ganz vor allem sehr bewusst geworden, dass egal woher wir kommen mögen und
welches unsere Wurzeln sind, das übergeordnete
Gemeinsame die Liebe zu Mutter
Erde ist und das Wirken für und durch sie
zum Wohle unseres Planeten und Allen und
Allem! Dieses gemeinsame Vorhaben möge
uns durch das nächste Jahr tragen, bis wir
uns zur nächsten Triade wieder treffen.
Wir bedanken uns für die liebevolle Vorbereitung
dieses Seminars durch unsere
deutschen Freunde, Druiden aus dem
OBOD, und unsere Lehrer des österreichischen
Druidenordens. Vielen Dank für eure
Mühen.
Ein Film über die Triade ist in Arbeit und
folgt in Kürze! Danke für deine Geduld.
Text und Fotos: Thara
Foto: Thara
49
Foto: Jennifer Treinzen
Foto: André Lorino
Foto: Cat Branawen
Foto: André Lorino
Winter-
Momente
Foto: Kerstin Peter
Bibliophilia
Rezensionen, Buchvorstellungen, Tipps und
mehr aus der magischen Welt der Bücher
Foto: Michael Jarmoluk, Pixabay
BUCHREZENSIONEN
Saga Grünwald
DER GOLDENE SARG
Custos Verlag 2021
Rezension von Karen Rothenbusch
Nimue Brown
DRUIDRY AND THE FUTURE
Selbstverlag
Rezension von Stefan Kaiser
Die drei sehr unterschiedlichen Freunde Gwydion,
ein Druide, Jocasta, eine Archäologin und Sverre, ein
germanischer Priester erleben ein spannendes Abenteuer
in der Wahner Heide, einem Naturschutzgebiet
nahe Köln. Ein Mordversuch an Sverre ist der Auftakt.
Er macht bei seiner Flucht durch den Wald eine
unglaubliche Entdeckung und ruft seine Freunde aus
Norwich hinzu. Gemeinsam und unter Überwindung
vielfältiger Gefahren lüften die drei das Geheimnis
um den goldenen Sarg.
„Der goldene Sarg“ ist das sechste Buch aus der Reihe
„Jocasta Loomis Mysteries“. Der Druidin Saga Grünwald
gelingt es erneut meisterhaft, den Spannungsbogen
zu halten und viele unterschiedliche Wendungen
der Geschichte, sowie Erfahrungen aus der
Druidenwelt zu integrieren.
Wer erste Einblicke in das Druidentum bekommen
möchte ist mit diesem Buch ebenso gut versorgt, wie
Freunde des mystischen Abenteuerromans. Durch
kurze Rückblicke auf die Geschehnisse der vorausgegangenen
Bücher fällt es leicht, die Zusammenhänge
und die Beziehungen zwischen den drei Hauptakteuren
nachzuvollziehen. Gleichzeitig wird die Neugier
auf die anderen Abenteuer geweckt, die ebenfalls im
Custos Verlag erschienen
sind.
Fazit: „Der goldene
Sarg“ ist ein spannendes,
unterhaltsames
Buch mit
Suchtpotenzial für
Menschen jeden
Alters und uneingeschränkt
zu empfehlen.
ISBN9783943195378
Broschiert,
264 Seiten,
13,90Euro
Das im Jahr 2019 erschienene Buch „Druidry and the
Future“ von Nimue Brown passt leider nur zu gut in
die heutige Zeit. Es behandelt die Frage, wie uns die
druidische Spiritualität auf dem Weg in eine nachhaltige
Zukunft helfen kann, sofern es überhaupt eine
gibt, wie die Autorin gleich zu Beginn konstatiert. Sie
stellt fest, dass wir in einer alarmierenden Zeit leben
und dass das durch Menschen verursachte Massenartensterben
bereits viele Spezies ausgelöscht hat
und das Leben auf der Erde an sich gefährdet ist. Sie
nimmt auch sich selbst und die Druiden nicht außen
vor, weil wir nicht immer nach den Grundsätzen unseres
spirituellen Pfads handeln.
Das Buch wurde geschrieben als Überlebenshandbuch
mit dem Ziel, das Druidentum in eine nachhaltige
Lebensweise umzuwandeln und nicht den Verstand
zu verlieren im Angesicht der Klimakrise. In
diese Hinsicht ähnelt es dem Buch „Hoffnung durch
Handeln“, von Joanna Macy, die das Thema aus einer
buddhistischen Perspektive behandelt hat. Radikale
Veränderungen sind notwendig in unserem eigenen
Verhalten und bei den Menschen um uns herum.
Wie eingangs festgestellt, bildet das Buch eine spirituelle
Grundlage für diese Verhaltensänderungen.
Diese beginnen in den Geschichten, die wir uns
selbst erzählen, vor allem durch den Zeitgeist des
Konsumdenkens und dem Streben nach materiellem
Erfolg, Wachstum und immer mehr Bequemlichkeit.
Sie empfiehlt, diese Geschichten durch pagane Geschichten
zu ersetzen, die nicht mehr materiellen
Ressourcenverbrauch nach sich ziehen. Sie thematisiert,
im Einklang mit den Jahreszeiten zu leben und
meint damit auch, nicht für Lebensumstände zu sorgen,
als gäbe es diese gar nicht, z.B. durch übermäßiges
Heizen im Winter und Klimaanlagen im Sommer
und anderes mehr. Unsere bardischen Fähigkeiten
helfen uns dabei, die Botschaft dieser Geschichten
und klimafreundliches Handeln zu transportieren.
Generell sollen wir nicht nur eine homozentrische
Sichtweise einnehmen, sondern auch die Klimakrise
52
betrachten, die genauso oder noch mehr unter ihr leiden
und die wir häufig nur als Ressource und nicht
als Lebewesen mit eigenen Rechten ansehen. Der
von der Werbung eingepflanzten Wünsche sollen wir
bewusst werden und die dahinter verborgenen wirklichen
Bedürfnisse erkennen. Sie nennt dies ‚die Dekolonisierung
unserer Seele‘.
Das Arbeiten mit den Elementen spielt für Nimue
Brown eine wichtige Rolle. Wir müssen darauf achten,
wieviel wir aus der Natur und den Elementen
entnehmen und was wir diesen zurückgeben, insbesondere
an schädlichen Stoffen. Wir sollen uns die
Frage stellen, ob dies im Einklang mit den Anrufungen
der Himmelsrichtungen und der Elemente in den
druidischen Ritualen steht. Als Ritual empfiehlt sie
konkret ein Eingeständnis, was wir dem Element zugefügt
haben, was nicht gut ist, eine Entschuldigung
dafür und ein Versprechen, wie wir unser Verhalten
zukünftig ändern wollen. Sie empfiehlt eine spirituelle
Verpflichtung („Commitment“) gegenüber den
Elementen der Erde. Den eigenen Körper betrachtet
sie ebenfalls als Teil der Natur. Im Kapitel ‚Gerechtigkeit
und Balance‘ behandelt sie die soziale Seite der
Klimakrise. Menschen in Armut können nicht so klimafreundlich
handeln, wie sie wollen. Daher braucht
es auch eine soziale Umverteilung der Lasten und
ein Überdenken der Art, wie die Gesellschaft organisiert
ist und wie die Vermögen verteilt sind. Die Art
und Weise, wie wir das Göttliche ehren, sollten wir
ebenfalls überdenken. Macht es z.B. Sinn, ein Feuer
zu machen, wenn damit zusätzlich CO2 emittiert
wird? Könnte das Ehren der Götter nicht darin bestehen,
dass wir darauf verzichten? Ist es angemessen,
Kerzen zu verbrennen, die aus der Petrochemie
stammen, und können wir auf umweltfreundliche
Alternativen umsteigen? Opfern wir Lebensmittel,
wie Milchprodukte, die den Tieren schaden können?
Wäre es besser auf Pilgerreisen zu verzichten, um unseren
CO2-Fußabdruck zu verringern? Zerstören wir
die schönen Landschaften, wenn sie als Erholungsprodukt
angesehen werden, die konsumiert werden,
zu denen wir aber in Wahrheit keinen Bezug aufnehmen?
Wir leben in einer individualisierten Zeit, aber für
manchen Probleme wäre es besser, wenn wir uns zu
Gemeinschaften zusammenschließen. Wir sind interverbundene
Lebewesen und sollten dies entsprechend
würdigen. Gemeinschaften sind mehr als die
Summe ihrer Einzelteile. Gemeinschaftsaktionen erreichen
mehr als individuelles Engagement und erhöhen
unsere Widerstandsfähigkeit. Dabei müssen wir
uns auch um uns selbst kümmern und Freundlichkeit
gegenüber anderen entwickeln. Auf Basis unserer
spirituellen Werte können wir dazu beitragen, dass
Bäume und Feuchtgebiete erhalten und Agrarflächen
renaturiert werden. Als Individuum kann man nicht
überall aktiv werden. Nimue empfiehlt, sich auf ein
naheliegendes Element zu fokussieren.
‚Druidry and the Future‘ ist ein spirituelles Buch. In
dieser Hinsicht passt es zu den Level-1-Prämissen
der Tiefenökologie und von Ecodruidry (www.ecodruidry.org).
Es behandelt die spirituellen Voraussetzungen,
die zu einem umweltgerechten Handeln führen.
Neben den allgemeinen Überlegungen werden
konkrete Anregungen für Rituale angeboten, die sich
sehr gut mit den Praktiken aus „der Arbeit, die wieder
verbindet“ (The Work that Reconnects) von Joanna
Macy kombinieren lassen. Das Buch ist ein wichtiger
Beitrag zum Thema Klimakrise, Druidentum und
Ecodruidry.
Zur Autorin: Nimue Brown ist ein Mitglied im Druidengrad
des Order of Bards, Ovates and Druids und
hat bereits mehrere Bücher zum Thema Druidentum
und Paganismus veröffentlicht, z.B. Druidry and Meditation,
Druidry and theAncestors, Spirituality without
Structure, When a Pagan prays, PaganPlanet:
Being, Believing & Belonging in the 21st century.
ISBN 1686319924
88 Seiten
2,16 Euro
Kindle Version,
Taschenbuch 5,78 Euro
53
Das Anthologie-Projekt
schützt Urwald und das Meer
Vor zwei Jahren hatte Birgit Pähler die Idee, Gedichte,
Geschichten und Märchen, Fotos und Bilder zu
sammeln und in einem Büchlein zu veröffentlichen,
um mit dem Erlös ein Pflanzprojekt zu unterstützen.
Der Idee folgte die Suche nach Mitstreitern. Zunächst
fand sie mit Saga Grünwald nicht nur eine Autorin,
die bei der Lektorierung der Texte letzte Hand
anlegen konnte, sondern auch gleich eine Verlegerin,
die das Buchprojekt in ihrem custos verlag veröffentlichen
wollte. Auf einen Aufruf über die sozialen Medien
und den Haselzweig-Newsletter kamen etliche
Texte und Fotos zusammen. Die Anthologie mit dem
aussagekräftigen Namen „ich pflanz dir einen Baum“
wurde geboren. Sie war ein großer Erfolg, so dass
tatsächlich 75 Quadratmeter Buchenurwald in der
Eifel vom Erlös aus dem Buchverkauf gesichert werden
konnten. Diesen Urwald werden Brigit und Saga
im November besuchen und anschließend darüber
berichten. Doch mit der Anthologie „Ich pflanz dir
einen Baum“ war auch der Grundstein für eine vierteilige
Anthologie-Reihe gelegt worden, die die vier
Elemente zum Inhalt haben soll. Deshalb folgte Ende
2020 der zweite Aufruf – dieses Mal ging es um Texte
und Fotos rund um das Element Wasser. Die Resonanz
war groß und im Juni erschien die zweite Anthologie
mit dem Titel „In jedem Tropfen ein Meer“.
Die Märchen, Kurztexte, Erlebnisberichte und Gedichte
in diesem Büchlein befassen sich alle mit dem
Element Wasser. Wasser – es umgibt uns im sachten
Nebel, fällt als Regen oder Schnee auf uns herab. Wir
trinken es, schwimmen in Meeren, Seen und Flüssen
und bestehen selbst zu einem Großteil aus Wasser.
Wasser ist Leben – und Wasser ist Poesie. Insgesamt
29 Autoren, Künstler und Fotografen haben sich dem
Thema „Wasser“ gewidmet. Der Großteil des Erlöses
aus dem Buchverkauf geht an ein Wasserschutz-Projekt
in Deutschland – gerne am Meer, nach dem sich
die Initiatoren gerade umschauen. Auch dieses Mal
soll es ein Projekt sein, das man besuchen und über
das man berichten kann, so dass transparent ist, wohin
der Erlös aus dem Buchverkauf geflossen ist.
Mittlerweile wurden bereits mehrere Lesungen aus
„In jedem Tropfen ein Meer“ initiiert. In Solingen
gab es eine Lesung im stimmungsvollen Coppelpark,
bei der Saga, Martina Hörle, Ginkya Rea Suffiani und
Karen Rothenbusch ausgewählte Texte aus der Anthologie
vortrugen. Auch in Flensburg wurde in den
Räumen der Kita Boreasmühle aus der Anthologie gelesen.
Birgit, ihre Tochter Runa sowie Saga begeisterten
mit Gedichten und Erlebnisberichten rund ums
Wasser das Publikum.
Die nächste Anthologie wird sich mit dem Element
Luft befassen. Wer Gedichte, Märchen, Erlebnisberichte,
Essays oder Kurzgeschichten, Fotos oder
Zeichnungen zum Thema Luft beitragen möchte,
kann diese per E-Mail an sacredgrovebook@gmx.de
senden.
Die beiden Anthologien „Ich pflanz dir einen Baum“
und „In jedem Tropfen ein Meer“ sind noch erhältlich
(Bestellungen per E-Mail an custos-verlag@gruenwald-greenwood.de).
Sie kosten jeweils 10 Euro und
sind auch ein schönes Geschenk.
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Foto: Saga Grünwald
Ich bin
Ich bin der Nebel, der dich versteckt
Ich bin der Tau, der sanft dich bedeckt
Ich bin der Brunnen, der deinen Durst stillt
Ich bin die Woge, umspüle dich wild
Ich bin die Quelle, die behutsam dich heilt
Ich bin der See, der still bei dir weilt
Ich bin der Regen, wasche dich rein
Ich bin das Wasser, bin dein Werden und Sein
Saga Grünwald
55
Anzeigen
und
Organisationen
WELT DER LINDEN E. V.
„Welt der Linden e.V.“ ist ein Verein, in
der sich Freunde des Druidentums und
der Naturspiritualität Gedanken über
die gemeinsame Zusammenarbeit machen.
Sie unterstützen besonders bei der
Planung und Organisationen von Gatherings,
Retreats,
Workshops und anderen Events.
https://www.weltderlinden.de/
ORDER OF BARDS, OVATE
AND DRUIDS (OBOD)
Headoffice—Angebote; nur in
englischer Sprache
https://druidry.org/
DRUIDCAST_ THE DRUID PODCAST
https://druidry.org/resources/druidcast-the-obod-podcast
ÖSTERREICHISCHER
DRUIDENORDEN
Blogseite des Österreichischen
Druidenordens (ÖDO)
https://oesterreichischer-druidenorden.blog/
TEA WITH A DRUID
mit Philip Carr-Gomm
THE FIRESIDE CHAT
mit Eimear Burge
Beide über den You-Tube-Kanal;
https://www.youtube.com/channel/
UCPzOnKLq8zY4Ao_7kgHt5GA
Magazine
„DRUID MAGAZINE“ Das nordamerikanische
Magazin
https://www.facebook.com/druidmagazine
„Dryade“ Das holländische Magazin
http://www.obod.nl/dryade
“ Il calderone“ Das französische Magazin
http://www.issuu.com/ilcalderone
„MENHIR“ Das italienische Magazin
http://issuu.com/obod-menhir
„SERPENT STAR“ Das australische Magazin
https://serpentstar.wordpress.com
„TOUCHSTONE“ Das britische Magazin aus dem
Headquarter des OBOD
Dieses Magazin ist nur für OBOD-Mitglieder erhältlich,
insofern wird kein Link angegeben. Bestellungen
in englischer Sprache bitte an: Penny Billington,
E-Mail: touchstone@druidry.org
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Termine
WYDA-ÜBUNGSTAGE 2021/22
Informationen unter: www.wyda-terram-institut.de
Email: benna@wyda-terram-institut.de
DRUIDEN UNTERM LINDENBAUM
Regelmäßige Online-Workshops in den nächsten Monaten siehe bei „Druiden unterm Lindenbaum“
von Welt-der-Linden https://www.weltderlinden.de/unterm-lindenbaum/
und immer aktuelle im OBOD-Newsletter (DE): Hier bestellen
18.-20- März 2022
RITUALWORKSHOP MIT BERNHARD
Wie kann man die einzelnen Elemente des Rituals gestalten. Welche Aufgabe haben die Ritualteile.
Wie schaffe ich es mehr Ausdruck und Magie in die Ritualteile zu bringen. Welche
unterschiedlichen Rollen gibt es in den Ritualen und wie fülle ich diese Rollen am besten
aus. Welche Materialien und Gegenstände brauche ich, und wie setze ich sie ein. Neben der
Theorie nehmen wir uns viel Zeit für viele praktische Übungen. Wir arbeiten mit unserer
Stimme, dem wichtigsten Werkzeug im Ritual und machen Stimmbildungsübungen.
mehr Infos: www.weltderlinden.de/ritualworkshop/
Save the date: 7. - 10. Juli 2022 in der Eifel!
INTERNATIONALES OBOD-CAMP
Wir freuen uns sehr, dass es nächstes Jahr nach 3 Jahren Pause wieder ein internationales
OBOD-Camp geben wird! Im Dreiländereck D-B-NL, wunderschön gelegen neben einem
See und am Waldrand, mit Indoor- und Outdoorübernachtungsmöglichkeit. Ein Obod-
Camp ist: 4 Tage voll mit inspirierenden, druidischen Workshops, Groves, Initiationen,
mit gleichgesinnten wunderbaren OBODies aus vielen Ländern zusammen am Lagerfeuer
sitzen, lachen, reden, gemeinsame Rituale gestalten und bardische Talente während des
Eisteddfod präsentieren oder genießen. Seelen-Nahrung pur. Ihr findet bereits einige Infos
auf www.oakwisdom.org
Wenn Du Obod-Mitglied bist, kannst Du dich ab Samhain (1. November 2021) für das Camp
anmelden. Auf unserer Website könnt ihr euch für einen Newsletter anmelden, um auf
dem Laufenden gehalten zu werden.
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IMPRESSUM
Druidenstein
Magazin für Druidentum und Spiritualität; ISSN 2512-398X
Dreizehnter Jahrgang , Ausgabe Nr. 26. / November 2021
Herausgeber und Chefredakteur: Dr. Günter Rutkowski
[Al Hakim]
Redaktion: Karen Rothenbusch
E-Mail: druidenstein@druidry.info
Postanschrift:
Eisenbahnstr. 7
67067 Ludwigshafen
Layout: : André Lorino
Coverfoto: „Aisha Kandisha“, Unbekannt, Unsplash
NÄCHSTER DRUIDENSTEIN
Das Magazin kann jederzeit kostenfrei bei www.druidry.
info abgerufen werden. LeserInnen, die eine Benachrichtigung
per Email wünschen, schicken uns bitte eine kurze
Email. Ihre Emailadresse wird nur für den Magazinversand
benutzt und gespeichert. Die Rechte an den Artikeln liegen
beiden jeweiligen Autoren, sofern nicht anders gekennzeichnet.
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Für Autoren gelten die online aufrufbaren, allgemeinen
Geschäftsbedingungen.
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Die Druidensteinredaktion speichert nur die Namen und Emailadressen
von Autoren sowie von Lesern, die eine Benachrichtigung
über neue Ausgaben per Email wünschen. Sie können sich jeder
von der Mailingliste löschen lassen; dazu bedarf es einer kurzen
Email-Nachricht an:
druidenstein@druidry.info
Eine Weitergabe an Dritte oder sonstige Verwendung erfolgt nicht.
Die ausführliche Datenschutzrichtlinie kann beim Herausgeber angefragt
werden (guru54@gmx.de)
Die nächste Ausgabe soll um
Beltane 2022 erscheinen. Eigene
Texte, Gedichte und Bilder sind
herzlich willkommen. Bitte die
Beiträge als Word-Datei oder
(großes) jpg-Bild an druidenstein@druidry.info
schicken.
Alle Beiträge, die schon eingegangen
sind, wurden nicht vergessen,
sondern erscheinen in
einer der folgenden Ausgabe.
Einsendeschluss: 30.03.2022
Seid gesegnet!
Eure Redaktion
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