M<strong>en</strong>s<strong>en</strong> in wordingDeutsche Zusamm<strong>en</strong>fassungAnlaß und Struktur dieses RapportsAm 15. Juni 1988 wurde einer Sonderkommission der theologisch<strong>en</strong> Studi<strong>en</strong>abteilung<strong>en</strong> derbeid<strong>en</strong> groß<strong>en</strong> niederländisch-reformiert<strong>en</strong> Kirch<strong>en</strong> (Nederlandse Hervormde Kerk undGerefomeerde kerk<strong>en</strong> in Nederland) in Auftrag gegeb<strong>en</strong>, ein Gutacht<strong>en</strong> über neueEntwicklung<strong>en</strong> in der biomedizinisch<strong>en</strong> Sektor vorzubereit<strong>en</strong>. Vor Allem wurde an Frag<strong>en</strong>der m<strong>en</strong>schlich<strong>en</strong> Fortpflanzung (wie die In Vitro Fertilisation, IVF), der Embryon<strong>en</strong>forschungund der Pränatal<strong>en</strong> Diagnostik gedacht. Der Ausschuß hat an dieser Aufgabeetwa drei Jahre gearbeitet. Er ist jetzt in der Lage, d<strong>en</strong> vereinigt<strong>en</strong> Synod<strong>en</strong> der beid<strong>en</strong>Kirch<strong>en</strong> ein fertiggestelltes Konzept vorzuleg<strong>en</strong>.Im 1., einleit<strong>en</strong>d<strong>en</strong>, Kapitel geb<strong>en</strong> wir eine kurze Rech<strong>en</strong>schaft über die Bek<strong>en</strong>ntnisgrundlage,von der aus wir uns mit d<strong>en</strong> g<strong>en</strong>annt<strong>en</strong> Frag<strong>en</strong> befass<strong>en</strong>: die Auffassung, daß Gottder Schöpfer eines jed<strong>en</strong> individuell<strong>en</strong> M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong> ist, und daß der M<strong>en</strong>sch erst recht"M<strong>en</strong>sch" wird, w<strong>en</strong>n er in Gemeinschaft mit seinem und sein<strong>en</strong> Mitm<strong>en</strong>sch<strong>en</strong> Schöpfer lebt.Im 2. Kapitel geb<strong>en</strong> wir allgemeine, meist medizinisch-technische Information, diefür eine selbständige Meinungsbildung innerhalb unserer Kirch<strong>en</strong> un<strong>en</strong>tbehrlich ist. Wichtigist, daß wir mit dem Terminus Prä-embryo ein Embryo bis zu 20 Tag<strong>en</strong> mein<strong>en</strong>. Diese Wahlgeschieht aufgrund des vorherrsch<strong>en</strong>d<strong>en</strong> medizinisch<strong>en</strong> Sprachgebrauchs, und vermitteltkeine Wertvorstellung<strong>en</strong> über das Embryo.Hauptteil des Rapports ist das 3., theologisch-ethisch geprägte Kapitel, in dem aufeiner theologisch<strong>en</strong> Grundlage möglichst konkrete <strong>ethische</strong> Position<strong>en</strong> zu d<strong>en</strong> g<strong>en</strong>annt<strong>en</strong>Frag<strong>en</strong> eing<strong>en</strong>omm<strong>en</strong> werd<strong>en</strong>. Das 4. Kapitel schließlich ist als Ansatz zu einer zeitgemäß<strong>en</strong>und problembezog<strong>en</strong><strong>en</strong> Seelsorge gemeint. Der Rapport <strong>en</strong>thält zudem noch einige Anlag<strong>en</strong>zu faktisch<strong>en</strong> Seit<strong>en</strong> der g<strong>en</strong>annt<strong>en</strong> Technik<strong>en</strong>, eine Liste mit ausgewählter Literatur, sowieeine Liste von Ausschußmitgliedern.Die wichtigst<strong>en</strong> <strong>ethische</strong>n position<strong>en</strong>Grundlage für unser D<strong>en</strong>k<strong>en</strong> i.B.a. das m<strong>en</strong>schliche Handeln in der Schöpfung ist dieAufgabe im 1. Buch Mose 2:15, sie zu bebau<strong>en</strong> und zu bewahr<strong>en</strong>. Bebau<strong>en</strong> heißt: gestalterischumgeh<strong>en</strong> mit dem, was uns in der Schöpfung gegeb<strong>en</strong> wurde. Der M<strong>en</strong>sch setzt sichjedoch dem Risiko aus, d<strong>en</strong> Aspekt des Bewahr<strong>en</strong>s zu vernachlässig<strong>en</strong> und die Natur füreig<strong>en</strong>e Zwecke zu mißbrauch<strong>en</strong>. Dies zu wiss<strong>en</strong> zwingt uns zur Besinnung, auch w<strong>en</strong>n damitkein Verzicht auf eig<strong>en</strong>e, kreative Gestaltung der Schöpfung gemeint wird.Status des m<strong>en</strong>schlich<strong>en</strong> Embryos. Der M<strong>en</strong>sch ist vom Aug<strong>en</strong>blick der Konzeptionals mehr als eine Sammlung von Zell<strong>en</strong> zu betracht<strong>en</strong>. K<strong>en</strong>nzeichn<strong>en</strong>d für d<strong>en</strong> M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong>, imUnterschied zur übrig<strong>en</strong> Schöpfung, ist der Charakter seines Verhältnisses zu sein<strong>en</strong> Mitm<strong>en</strong>sch<strong>en</strong>und zu Gott. Dieses Bek<strong>en</strong>ntnis ruft zu großer Behutsamkeit im Umgang mitm<strong>en</strong>schlichem Leb<strong>en</strong> vom Aug<strong>en</strong>blick der Konzeption. Dies bedeutet zwar nicht, daß eszwisch<strong>en</strong> dem Prä-Embryo und dem fast ausgetrag<strong>en</strong><strong>en</strong> Kinde keine moralisch relevanteUnterschiede gäbe. Die Werdung des M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong> ist ein Prozeß der sich ethisch am Best<strong>en</strong> mitdem Terminus "zunehm<strong>en</strong>de Schutzwürdigkeit" übersetz<strong>en</strong> läßt. Die Mehrheit desAusschusses vertritt die Auffassung, daß man bei Prä-embryon<strong>en</strong> zwar von großer
Schutzwürdigkeit, nicht aber von Unantastbarkeit sprech<strong>en</strong> kann. Dies bedeutet für diePraxis, daß wiss<strong>en</strong>schaftliche Forschung mit Prä-embryon<strong>en</strong>, im Blick auf zu erwart<strong>en</strong>d<strong>en</strong>therapeutisch<strong>en</strong> Ergebniss<strong>en</strong> für zukünftige G<strong>en</strong>eration<strong>en</strong>, unter präzise definiert<strong>en</strong> Umständ<strong>en</strong>vertretbar ist. Einige Mitglieder des Ausschusses mein<strong>en</strong> jedoch, daß Forschung mitEmbryon<strong>en</strong> bei der keine therapeutische Ergebnisse für das Prä-Embryo selbst vorauszuseh<strong>en</strong>sind, nicht zulässig ist, weil dies ein<strong>en</strong> ausschließlich instrum<strong>en</strong>tell<strong>en</strong> Gebrauch m<strong>en</strong>schlich<strong>en</strong>Leb<strong>en</strong>s bedeutet.Künstliche Befruchtungsmethod<strong>en</strong> Das Bek<strong>en</strong>ntnis der Kirche, daß Gott das Leb<strong>en</strong>sch<strong>en</strong>kt, bedeutet nicht, daß dem Christ<strong>en</strong> der Zutritt zur künstlich<strong>en</strong> Befruchtungsmethod<strong>en</strong>untersagt wäre. Die In Vitro Fertilisation kann für kinderlose Ehepaare zum Seg<strong>en</strong> werd<strong>en</strong>,auch w<strong>en</strong>n wir uns für ein<strong>en</strong> ungerecht<strong>en</strong> Optimismus angesichts des bisher Möglich<strong>en</strong> hüt<strong>en</strong>soll<strong>en</strong>. In sog. besonder<strong>en</strong> Anw<strong>en</strong>dungsbereich<strong>en</strong> (wie z.B. das Sp<strong>en</strong>d<strong>en</strong> von Sam<strong>en</strong> oderEizell<strong>en</strong> w<strong>en</strong>n einer der Partner unfruchtbar ist, oder die Anw<strong>en</strong>dung dieser Technik<strong>en</strong>außerhalb dauerhafter und heterosexueller Verhältniss<strong>en</strong>) plädiert der Ausschuß, obwohl ersich zu einer <strong>en</strong>dgültig<strong>en</strong> Stellungnahme nicht fähig achtet, für Zurückhaltung. WeitereGespräche in Kirche und Gesellschaft sind wünsch<strong>en</strong>swert.Prä-natale Diagnostik und gezielte Abtreibung Im Allgemein<strong>en</strong> gebietet uns diePlicht der Barmherzigkeit, daß wir möglichst vieles tun, um Behinderung<strong>en</strong> und erblich<strong>en</strong>Krankheit<strong>en</strong> vorzubeug<strong>en</strong>. Ist jedoch schon von einer Schwangerschaft die Rede, so kanndiese Richtlinie mit ander<strong>en</strong> Richtlini<strong>en</strong>, wie z.B. der der Schutzwürdigkeit der m<strong>en</strong>schlich<strong>en</strong>Frucht, oder der Solidarität mit Behindert<strong>en</strong> und ihr<strong>en</strong> Famili<strong>en</strong>, in Konflikt komm<strong>en</strong>. Hier isteine schwere Abwägung angesagt, bei der das Interesse des werd<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Kindesschwerstwieg<strong>en</strong>d ist. Schwangerschaftsabbruch auf medizinisch-diagnostische Indikation istdemzufolge nur vertretbar bei sehr schwer<strong>en</strong> Behinderung<strong>en</strong>, Behinderung<strong>en</strong> die sozusag<strong>en</strong>"mit dem Leb<strong>en</strong> unvereinbar sind". Dem Ausschuß ist bewußt, daß diese Position sichmöglicherweise schlecht mit der in d<strong>en</strong> Niederland<strong>en</strong> gängig<strong>en</strong> liberal<strong>en</strong> Abtreibungspraxisverträgt.Oktober 1991