Opmerking - Pragma ADE

5 23 Der Kultur--Nationalismus als kleiner Bruder einer Dritte--Welt--Sentimentalität mag solche
24 Tatsachen einfach nicht zur Kenntnis nehmen. Historisches Denken ist ihm fremd. Deshalb
25 vergißt er auch, daß der Ausverkauf national bedeutsamen Kulturgutes ein Privileg aller
26 ≫fortschrittlichen≪ Revolutionen war. Nach der Französischen Revolution wurden die Kunstschätze
27 und Bibliotheken des Adels wie der Kirchen und Klöster eingeschmolzen, verbrannt, zerstört. Nicht
28 anders war es nach der ≫Oktoberrevolution≪, mit dem kleinen Unterschied, daß man besonders
29 wertvolle Stücke an den kapitalistischen Westen verkaufte. ≫Nach der Weltrevolution kriegen wir
30 das alles umsonst zurück≪, hieß die interne Parole, wenn Widerspruch gegen die Verschleuderung
31 des Erbes laut wurde.
6 32 Das sowjetische Rußland wie das nationalsozialistische Deutschland machten erstmals einen Un-
33 terschied zwischen guter und ≫entarteter≪ Kunst, zwischen nützlicher und schädlicher (die darum
34 zu vernichten sei). Wesentliche Werke der deutschen Kunst des ersten Jahrhundertdrittels wären
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verloren, hätten sie nicht das Busch--Reisinger--Museum in Cambridge, das Kunsthaus Zürich, die
Öffentlichen Kunstsammlungen Basel bei der Auktion in Luzern gekauft. Nicht anders wäre es den
37 tibetischen Thangkas ergangen, die jetzt in Zürich versteigert wurden.
7 38 Weltkultur und Nationalkultur sind kein Widerspruch — wenn die Welt sicher sein kann, daß die
39 Nationen ihre Kulturen, auch die politisch inopportunen, achten und bewahren. Aber in welchen
40 Weltteilen kann man sich dessen heutzutage wirklich sicher sein?
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