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SPORT & FITNESS

SPORT & FITNESS schwerfälligen Südafrikaner Kevin Curren hinweg. Er hatte schon in den Runden zuvor für Furore gesorgt – mit Fünf-Satz-Siegen voller Dramatik gegen den Schweden Joakim Nyström und den US-Amerikaner Tim Mayotte. Auch die Vier-Satz-Erfolge gegen Hank Pfister (USA), Henri Leconte (Frankreich) und Anders Järryd (Schweden) waren voller Zündstoff. Am Finaltag hatte auch das letzte Gesellschaftsmagazin seinen Vertreter vor Ort, und man konnte sich ausmalen, welch gewaltiges Medienecho das Ereignis auslösen würde. In der Londoner Times erschien ein Artikel, in dem voller Sarkasmus darauf hingewiesen wurde: „Jetzt starren alle Deutschen auf diesen Centre Court, auf den sie vor gut 40 Jahren Bomben geworfen haben.“ 14 Tage lang hatte er ein Drama nach dem anderen geliefert, stets mit einem Bein am Abgrund, doch immer wieder mit Happy End. Diese Matches versetzten auch die Betrachter vor den Bildschirmen daheim in eine Achterbahn der Gefühle. Man litt mit ihm, und am Ende jubelte man mit ihm. Zu Beginn des Turniers war es noch so gewesen, wie es immer war. Eine kleine Gruppe deutscher Tennisreporter, an zwei Händen bequem abzuzählen, berichtete ohne große Erwartungen an einen deutschen Teilnehmer vom Geschehen in London SW in die Heimat. Ab dem Achtelfinale wuchs das Aufgebot mit jeder weiteren Runde sprunghaft an. In der Pressekonferenz vor der versammelten Weltpresse ließ der junge Triumphator, der so seltsam unbeeindruckt wirkte, in betonter Bescheidenheit wissen: „Mir ist klar, dass ich nun eine große Verantwortung auf mich geladen habe.“ Fraglos hatte sein Manager Ion Tiriac, der stets düster dreinblickende Schnauzbart aus dem rumänischen Brasov (Kronstadt), woher auch Beckers Trainer Günther Bosch stammte, ihm diesen Satz eingebläut. Zwei Stunden nach der historischen Tat versammelte Tiriac die deutschen Medienvertreter in einem Konferenzraum des Gloucester Hotels in Kensington und verkündete, dass in Zukunft nichts mehr so sein werde, wie es mal war. Der Unser Autor DIeter Koditek war 40 Jahre für die Rheinische Post als Sportberichterstatter in aller Welt unterwegs. Seine Schwerpunkte sind: Tennis, Golf, Wintersport. Im Tennis hat er über alle wichtigen Turniere – allen voran die 4 Grand Slam Turniere Wimbledon, Australian, US und French Open – berichtet. Dieter Koditek war selbst im Tennissport aktiv, ist Golfer und hat schon auf allen Erdteilen abgeschlagen. 68

freie Zugang zu Boris sei ab sofort versperrt, jeder Kontakt zu dem jungen Helden sei genehmigungspflichtig – und zwar durch ihn. Im Aktuellen Sportstudio des ZDF huldigte sogar Bundespräsident Richard von Weizsäcker, ein Tennisfan seit jeher, dem schlagfertigen Teenager. Boris Becker wurde zum Phänomen, das schier unglaubliche Entwicklungen in Gang setzte. Die Deutsche Bank gab ihm einen Werbevertrag über drei Jahre, der mit drei Millionen Mark dotiert war. Als Zielgruppe galt die damals als solche beklagte Null-Bock-Generation. Ihr sollte vor Augen gehalten werden, dass Einsatz, Fleiß und Leistung sich lohnen. Der deutsche Bundestrainer Klaus Hofsäss karikierte Beckers Gier nach Erfolg und Perfektion mit dem Satz: „Der Boris würde auch lebendige Ratten fressen, wenn es der Vorhand zuträglich wäre.“ Binnen eines Jahres verzwanzigfachte sich der Ausstoß von Schlägern des Sportartikel-Fabrikanten Puma, mit Nur für den Kolumnisten und Serienschreiber der Zeitung mit den großen Lettern, von Spöttern auch als Gossen-Goethe bezeichnet, galt das nicht. Der war nämlich bereits mit dem Scheckheft angereist und sicherte sich die Rechte für wochenlange Memoiren des Haudraufs von der Wiege bis zum Matchball an jenem 7. Juli in Wimbledon. Ein Jahr lang war es ehernes Prinzip der Bild-Zeitung, täglich den Namen Boris Becker auf der ersten Seite deutlich sichtbar zu drucken, in welchem Zusammenhang auch immer. denen Becker auf die Bälle eindrosch. Und die öffentlichrechtlichen Fernsehanstalten hierzulande übertrugen nahezu jedes Turnier, bei dem Boris Becker aufschlug – unabhängig davon, ob es sich um ein eher regionales Ereignis in Nizza handelte oder um die French Open in Paris. Tennis machte, was die öffentliche Aufmerksamkeit angeht, sogar dem sonst übermächtigen Fußball Konkurrenz. Überall im Land grassierte des Becker-Fieber. Deutschland avancierte binnen kurzer Zeit auch zum größten und wichtigsten Tennismarkt der Welt. Nach und nach etablierten sich bedeutende Turniere in Beckers Reich, zumal da sich ja auch noch Superstars wie Steffi Graf und Michael Stich hinzugesellten. Potenzielle Sponsoren standen Schlange. Natürlich profitierte auch der Deutsche Tennis Bund. Er schloss einen Fünf-Jahres-Vertrag mit den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten, der ihm 125 Millionen Mark in die Kassen spülte. Sein Mitgliederbestand wuchs auf annähernd drei Millionen an. Heute, bald zwei Jahrzehnte nach dem Ende dieser glorreichen Ära, ist hierzulande endlich wieder einer in Sicht, der in seine Fußstapfen treten könnte: Alexander Zverev. 69

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