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Vor 100 Jahren Das Leben im Tegernseer Tal in historischen Bildern Bootspartie auf dem Tegernsee in schicker Bademode der 1920er Jahre. Zu den kulturellen Highlights in Bad Wiessee gehört die Dauerausstellung der Fotografien von Joseph Reitmayer in der Klinik im Alpenpark. Dort können interessierte Besucher einen Streifzug durch die Geschichte des Tegernseer Tals vor 100 Jahren unternehmen – inklusive Audio-Guide des Historikers Roland Götz. Durch Zufall wurden einst bei einem Hausabbruch Tausende Landschafts- und Porträtfotografien des Herzoglich Bayerischen Hoffotografen Joseph Reitmayer entdeckt. Danach hielten sie einen wohlbehüteten Dornröschenschlaf bei der Familie Beil in Bad Wiessee. Klinik-Geschäftsführer Ludwig Klitzsch erfuhr davon und erwarb vor ein paar Jahren den 7200 Aufnahmen umfassenden historischen Schatz aus der Zeit von 1891 bis 1934 und ließ ihn inventarisieren, katalogisieren und digitalisieren. Die Experten des Museums Tegernseer Tal kuratierten daraus eine Sonderausstellung. Fotografische Zeitreisen Reitmayer wurde 1862 in München geboren und eröffnete in Tegernsee ein Atelier. Auf seinen Fotos hielt er Einheimische und Besucher, aber auch akribisch viele Alltagsszenen im Tegernseer Tal fest. Darauf sind beispielsweise Sitzgruppen vor Kolonialwaren-Läden, Bootsausflüge und Pferdekutschen mit Kindern zu sehen, die neugierig zum Fotografen schauen. Ferner zeugen die Bilder von Festzügen, Einweihungen, der Brauerei, dem Rathaus, dem Stielerhaus, dem Sommerkeller, der damaligen Mode, dem Sport, dem Fremdenverkehr sowie der Identität Geschichte 56
und dem Charakter der Menschen im Tegernseer Tal des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Für Ludwig Klitzsch tragen die Fotos mit viel Authentizität und Selbstbewusstsein etwas zur Identität der Menschen im Tegernseer Tal bei. Die gegliederte Ausstellung, die vom Museum Tegernseer Tal dauerhaft in die Klinik verlegt wurde, soll einen lebendigen Eindruck über das Leben von vor 100 Jahren und gleichzeitig den Patienten der Klink Freude und Entspannung vermitteln. Der Historiker Roland Götz produzierte einen Audio-Guide, mit dem der Besucher viel Wissenswertes über Reitmayer, die Fotografie vor 100 Jahren und die ausgewählten etwa 100 Fotografien erfährt. TRENDGUIDE HOME | TEGERNSEE Immer das ganze Bild „Eines meiner Lieblingsbilder ist das Familienbild von Reitmayer mit Frau und zwei Töchtern“, verriet Götz. Es ist unkonventionell, nicht steif, obwohl man damals mit langen Belichtungszeiten gearbeitet habe. Nachdem Joseph Reitmayer 29-jährig bei einem Bootsunglück auf dem See ums Leben kam, führte bis 1930 seine Frau Maria und später Kollege Otto Rupflin aus München das Atelier unter dem Namen Reitmayer weiter. Wobei die Bilder immer nur einen Ausschnitt einer Gesamtszenerie (auf Glasplatten) wiedergeben. Fröhliches Familienbild kurz vor der Katastrophe: Joseph und Maria Reitmayer mit den Töchtern „Netti“ (links) und „Anni“. Gemütliche Zusammenkunft auf der Alm. „Wir sind gnadenlos ehrlich“, sagt Götz. „Es wurden die tatsächlichen Gesamtplatten vergrößert und nicht die damals vorgesehenen Ausschnitte. Und so sind beispielsweise auf dem Gruppenbild junger Männer nicht nur ein Felsen und Birkengeländer zu sehen, sondern auch die Bergstecken.“ Damit zeigen die Bilder immer das gesamte Motiv; stets mehr als den Zuschnitt, der ursprünglich vom damaligen Atelier gewählt wurde. 57
