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LE-2-2021

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LOGISTIK express Journal 2/2021

LOGISTIK express

LOGISTIK express 2/2021 | S24 Bild v.l.n.r.: Univ. Prof. Dr. Sebastian Kummer (Wirtschaftsuniversität Wien), DI Peter Umundum (Vize-Präsident Zentralverband Spedition & Logistik, Vorstand Paket & Logistik, Österreichische Post AG), KommR Alexander Friesz (Präsident Zentralverband Spedition & Logistik, Vorstandsmitglied Lagermax Gruppe), Mag. Wolfram Senger-Weiss (Vize-Präsident Zentralverband Spedition & Logistik, Vorsitzender der Geschäftsleitung Gebrüder Weiss), Mag. Oliver Wagner (Geschäftsführer Zentralverband Spedition & Logistik ren Unternehmen. „Hier wäre Unterstützung von Seiten der Politik sicher wünschenswert. Eine bessere Steuerung des Verkehrs und der Warenströme wäre auch aus ökologischer Sicht sinnvoll“ stellt Wagner fest. Mitte April hat Österreich endlich seine Pläne an die EU übermittelt, was mit den uns zustehenden Geldern des Corona-Wiederaufbaufonds geschehen könnte. Gerade noch rechtzeitig, denn mit 30. April endet die Einreichfrist. Insgesamt macht die EU-Kommission 750 Milliarden Euro für den Wiederaufbau locker. Die Aufbau- und Resilienzfazilität (Kernstück von NextGenerationEU, Recovery and Resilience Facility) ist dabei 672,5 Milliarden Euro schwer. Die EU-Mittel sind ausdrücklich dafür gedacht, Klimaschutz, Forschung, Innovation, Krisenfestigkeit und Vorsorge der EU-Volkswirtschaften zu unterstützen. Die 500 Seiten umfassenden Pläne, die nicht öffentlich präsentiert wurden, sehen ein 4,5 Milliarden Euro großes Kuchenstück für uns vor. Knapp die Hälfte davon soll in den Bereich Klimaschutz mit Schwerpunkt Verkehr fließen: Elektrifizierung von Busflotten, emissionsfreie Nutzfahrzeuge, Infrastruktur und auch eine Wasserstoffinitiative. Stolze 542,6 Millionen Euro sind für den Ausbau und die Erneuerung der Schieneninfrastruktur samt Elektrifizierung eingeplant. Weitere Punkte sind unter anderen die Ökologisierung der Industrie, Sanierungsoffensive, Aufstocken des Biodiversitätsfonds, Quantenwissenschaft, Präzisionsmedizin und ein elektronischer Mutterkindpass. Mit 891 Millionen Euro Fördergeld soll der Breitbandausbau vorangetrieben werden. „Leider hat es im Vorfeld keinen Dialog über die eingereichten Projekte gegeben“, bedauert Wagner. Und das, obwohl die EU explizit die Einbindung von Sozialpartnern, Gebietskörperschaften und Interessensvertretern vorgegeben hat… übrigens soll der Fonds über Geldmarktpapiere und Anleihen der EU-Kommission finanziert werden. Der dazu nötige Beschluss muss zuvor jedoch von allen 27 EU-Staaten ratifiziert werden – Österreich fehlt noch. Gigaliner als ökologische Alternative? Wie sieht der Zentralverband das Thema Gigaliner? Wagner: „Das Thema ist medial vermint, es gibt wenig sachliche Diskussion. Wohingegen andere Länder zeigen, wie es funktionieren kann: Deutschland hat die Fahrzeuge getestet, den Test wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Mit dem Ergebnis, dass die 25,25 Meter langen Lkw seit 1. Jänner 2018 dort im Regelverkehr unterwegs Zentralverband Spedition & Logistik/APA-Fotoservice/Schedl | Fotograf/in: Ludwig Schedl

sind. Natürlich sind überlange Fahrzeuge im innerstädtischen Verkehr nicht sinnig, aber beispielsweise zwischen zwei Hubs können durch das größere Volumen zwei Lang-LKW die Fracht von drei konventionellen LKW übernehmen, und das ist durchaus sinnvoll.“ Es habe sich in der Testphase auch gezeigt, dass die Sorge um die Verlagerung der Verkehre von der Schiene auf die Straße durch die Zulassung der Gigaliner unbegründet sei. Laut Abschlussbericht der Deutschen Bundesanstalt für Straßenwesen betragen die Effizienzgewinne und Kraftstoffersparnisse durch den Volums-Vorteil bei optimaler Beladung zwischen 15 und 25 Prozent. Auch die Angst, dass Straßenbeläge und Brücken übermäßig belastest würden, widerlegte der Feldversuch: schließlich blieb die Maximal-Masse gleich, verteilte sich je nach Modell sogar auf mehr Achsen als bei konventionellen LKW, wodurch die Punktbelastung geringer ist. Bezüglich der Sicherheit konnte in der fünfjährigen Versuchsphase keine erhöhte Unfallgefahr festgestellt werden, und auch der Bremsweg ist durch die gleiche Masse vergleichbar lang. In Schweden, Finnland und den Niederlanden gehören die Megatrucks schon länger zum Straßenbild. Im Australischen Outback sind sogar 100 m lange „Road Trains“ mit Schüttgut unterwegs, das ist für Europa natürlich undenkbar. Baustelle Mobilitätsmasterplan Aktuell arbeitet das Bundesministerium für Klimaschutz (BMK) an der Erarbeitung des Österreichischen Mobilitätsmasterplans 2030, der im zweiten Quartal 2021 präsentiert werden soll. Während die EU sich für das Ziel des CO2-freien Verkehrs bis 2050 Zeit lassen möchte (was angesichts aktueller Emissionswerte durchaus ambitioniert ist), hat Österreich erklärt, schon bis 2040 diese Werte erreichen zu wollen. Sieht man sich die bisher umgesetzten oder geplanten Maßnahmen an, ist dieses Vorhaben wohl zum Scheitern verurteilt. Wagner: „Der Verkehr ist ein großer CO2-Verursacher, sowohl der Güterverkehr als auch der Individualverkehr. Die Logistikbranche ist aus meiner Sicht hier schon weiter in der Entwicklung als der Individualverkehr, aber auch wir werden mit den derzeitigen Maßnahmen dieses Ziel niemals erreichen.“ Untermauert wird seine Ansicht durch die Ergebnisse der Studie zur Ökologisierung des Straßengüterverkehrs, die die Zentrum für Transportwirtschaft und Logistik Schulungs- und Beratungs GmbH im Auftrag des Zentralverbands durchführte. Denn die Corona-Krise wird nicht ewig andauern, in absehbarer Zeit werden die europäische und österreichische Wirtschaft wieder wachsen. Die Folge: ein erwartetes Plus von 49 Prozent beim Straßen-Transportvolumen bis 2040 – das entspricht ohne Maßnahmen 20 Millionen Tonnen mehr Co2 pro Jahr. Um die EU-Ziele der Klimaneutralität zu erreichen, muss der Straßengüterverkehr effizienter, moderner und ökologischer werden. Und zwar besser gestern als heute. Wagner: „Es ist ein Irrglaube, dass die Verlagerung von der Straße auf die Schiene all unsere Probleme lösen kann. Nicht nur sind die dafür nötigen Kapazitäten unerreichbar, es fehlen auch multimodale Verladeterminals und die Schieneninfrastruktur. Hinzu kommt der Vorrang für den Personenverkehr, und die letzte Meile kann ohnehin nicht über die Schiene abgewickelt werden.“ Bedenkt man, dass der Individualverkehr ein großer CO2-Emittent ist, erscheint der Vorrang für den Personenverkehr durchaus sinnvoll – dessen ist sich der Logistiker durchaus bewusst. „Oder nehmen wir als Beispiel den Brenner Basistunnel (längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt für Personen- und Güterverkehr, Anm.). Das Projekt verzögert sich und verursacht immense Kosten. Aber ohne Zulaufverkehre aus Deutschland ist er aus Sicht der Logistik unnötig.“ Wichtig sei es, jetzt sofort Maßnahmen zu setzten, für die schon Lösungen parat lägen: „Wir müssen jetzt die Weichen für Wasserstofftechnologie setzen und uns ein Beispiel an der Schweiz nehmen. Auch wenn das dann vielleicht nicht die endgültige technologische Lösung ist, so ist zumindest ein Schritt gesetzt. Vor allem muss der Weg definiert werden, nicht nur das Ziel“, meint Wagner ernst. Laut Studienergebnissen bietet sich der Einsatz sofort verfügbarer Brückentechnologien wie LNG-Antriebe (liquified natural gas, flüssiges Erdgas, Anm.) an, unterstützt durch bessere Aerodynamik, flexiblere Längenmaße und Gewichte.

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