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ausstellungen mostre - Kultur bz it

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DAS JÜNGSTE GERÜCHT DAS JÜNGSTE GERÜCHT<br />

GEWINNEN REICHT<br />

NICHT MEHR<br />

Nicht zu glauben, aber ich war einmal ein recht patenter Sportler,<br />

Fußballer in erster Linie. Absolut gesehen kein spektakulärer, aber<br />

in den jeweiligen Mannschaften immer unter den Besseren. Bei<br />

den Dorfpartien, als noch „zugewählt“ wurde – paar-unpaar – war<br />

ich meistens Zwe<strong>it</strong>gewählter. Das heißt, der Beste der schlechteren<br />

Mannschaft. Der Beste der besseren war ein Vetter von mir, dem<br />

man heute die sportliche Vergangenhe<strong>it</strong> noch viel weniger ansieht<br />

als mir. Heute hat der einen Hängebauch, aber damals war er das<br />

Ungeheuer aller Strafräume des Pustertals und darüber hinaus, ein<br />

Zehner, von dem heute noch m<strong>it</strong> Ehrfurcht erzählt wird. Ich war<br />

ein hundsgemeiner Sechser. Das waren die Rackerer. Ohne sie ging<br />

nichts, schon seinerze<strong>it</strong>, doch zu Ehren gebracht hat es die Pos<strong>it</strong>ion<br />

erst im modernen Spiel von heute. So gesehen war ich der Ze<strong>it</strong><br />

voraus, was im Nachhinein gut klingt, aber geschichtlich betrachtet<br />

eine Tragödie war.<br />

Gewesen. Wir spielten, bei anderer Gelegenhe<strong>it</strong> liefen wir, sprangen<br />

oder fuhren Schi – (da gehörte ich schon nicht mehr zu den<br />

Auffälligeren), aber wir taten es immer m<strong>it</strong> Gaudi und vor allem:<br />

gegeneinander. Selbstverständlich taten wir es um zu gewinnen.<br />

Ich fand es lustig, dass Wettsport immer als weiß Gott wie gemeinschaftsbildend<br />

und kameradschaftsfördernd hingestellt wurde. Wo<br />

doch in jeder Lage gegeneinander „gekämpft“ wird; der W<strong>it</strong>z einzig<br />

darin besteht, dass man den andern „schlägt“; der Gewinner alles<br />

bekommt und der Verlierer nichts. Das Ding hieß eben Wettkampf,<br />

und nur um Gewinnen oder Verlieren ging es.<br />

Inzwischen – ich bin ja immer noch sportlich, im Sinn, dass ich<br />

mich dafür interessiere – ist es m<strong>it</strong> dem Wettkampf nicht mehr<br />

we<strong>it</strong> her. Mir fällt das auf, wenn ich im Fernsehen Rennen sehe,<br />

Südtiroler Bergläufe oder Finalläufe in großen Stadien, ganz egal.<br />

M<strong>it</strong> letzter Kraft wirft sich der Athlet ins Ziel, und was tut er als<br />

erstes? Nein, er sieht sich nicht um, nach dem Gegner, den er<br />

geschlagen hat, nein, er sieht auf die Uhr. Er läuft gegen die Uhr,<br />

das heißt: gegen sich. Das neue Ziel ist nicht, besser zu sein als die<br />

Konkurrenz. Es kommt auf die Ze<strong>it</strong> an, auf die We<strong>it</strong>e, das Gewicht,<br />

je nachdem. Nicht darauf, besser zu sein als der Zwe<strong>it</strong>e. Das hilft<br />

nichts. Den Gegner braucht man allenfalls zwecks Leistungssteigerung,<br />

ihn zu besiegen ist allenfalls ein Kollateralnutzen. Zu gewinnen<br />

reicht nicht mehr, es muss m<strong>it</strong> Rekord geschehen.<br />

Freilich, den Rekorden geht’s nicht besser als den Siegen. Wie<br />

lächerlich haben sich doch die Weltrekorde bei der jüngsten<br />

Schwimm-WM in Rom gemacht haben. Jedes Rennen ein Weltkrekord.<br />

Aber selbst das schlichteste Gemüt hat inzwischen erkannt:<br />

Das sind nicht Rekorde der Schwimmer, sondern der Schwimmanzüge.<br />

Na und?, mag jemand einwerfen. Bei Autorennen kommt’s<br />

doch auch aufs Auto an mehr als auf den Piloten, und das Interesse<br />

der Fans ist ungebrochen. Mag sein, aber Rennautos haben nun<br />

einmal eine ganz andere Erotik als ordinäre Plastikhäute.<br />

Werden uns zumindest die Mannschaftssportarten als Freude<br />

am ganz normalen Sieg erhalten bleiben? Ich getrau mich nicht<br />

mehr, es zu hoffen. Der Glaube an die reine Leistung hat auch alle<br />

Mannschaftssportarten schon angekränkelt. Da werden Ballbes<strong>it</strong>z-<br />

Statistiken geführt, 56 Prozent zu 44; die gelaufenen Kilometer<br />

der Spieler – als ob es darauf ankäme; die Anzahl der gewonnenen<br />

Zweikämpfe und der getretenen Eckbälle; auch der torlos überstandenen<br />

Spielminuten. Wer wollte da noch an Spiele glauben?<br />

Gewinnen reicht nicht mehr.<br />

Florian Kronbichler<br />

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