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natale a Merano - Merano Magazine

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text renate abram<br />

Darf ich vorstellen –<br />

KHM: Kurhaus Meran<br />

in vier Jahren – 2014 – wird der große Kursaal hundert Jahre alt. der Westflügel des gebäudekom-<br />

plexes, das alte Kurhaus, ist um vierzig Jahre älter (1874 eröffnet). die schönen säle blicken auf eine<br />

überaus wechselvolle geschichte zurück. Zeitreise gefällig?<br />

Um 1900<br />

Durch die weit geöffneten Flügeltüren<br />

des Kurhauses schlendern<br />

kränkliche Jünglinge, distinguierte<br />

Nichtstuer und gertenschlanke<br />

Leutnants gemächlich vom Spielzimmer<br />

hinaus auf die Terrasse.<br />

Alle Tische des Restaurants sind<br />

besetzt. Wer eben im Kurhaussouterrain<br />

sein Bad genossen<br />

oder, zur Linderung seines Leidens,<br />

Stunden im Pneumatischen<br />

Kabinett ausgeharrt hat, belohnt<br />

sich hier mit einer Köstlichkeit. Im<br />

Musikpavillon auf der Promenade<br />

konzertiert die Kurkapelle. Die<br />

Gesellschaft steht in locker plaudernden<br />

Grüppchen zusammen.<br />

Elegante Damen schürzen ihre<br />

Schleppen und überlassen sich<br />

dem summenden Strudeln hinauf<br />

auf die Kurhausterrasse, hinein in<br />

den Konversationssalon, den Lesesaal,<br />

den Rauchsalon, den Damensalon.<br />

Promenade und Kurhaussäle<br />

bilden eine Einheit.<br />

Die gesamte Kurwelt trifft sich<br />

hier: Man nutzt die Möglichkeit zu<br />

zwanglos heiteren Reunions, bei<br />

denen man gemeinsam musiziert,<br />

die beliebten Marmorbilder stellt<br />

und vielleicht gar ein gemäßigtes<br />

Tänzchen wagt; man hört Vorträge,<br />

lässt sich durch Prestidigitateure<br />

(Zauberkünstler) und Rezitatoren,<br />

die jeweils ganze Dramen<br />

auswendig hersagen, in Erstaunen<br />

versetzen; und man amüsiert sich<br />

bei Possen und Operetten im Kurhaustheater,<br />

das seine bewegliche<br />

Bühne im Spiegelsaal aufgeschlagen<br />

hat, dem geschmackvoll festlichen<br />

Konzert- und Ballsaal.<br />

Ärzte sind immer präsent; die<br />

Meraner Ärzteschaft trifft sich<br />

wöchentlich im Kurhaus zu medizinischen<br />

Lesezirkeln. Herzog Carl<br />

Theodor, Augenarzt und Lieblingsbruder<br />

der Kaiserin Elisabeth,<br />

nimmt ebenfalls daran teil, wenn<br />

er in der Kurstadt ist …<br />

Ostern steht vor der Tür, der absolute<br />

Höhepunkt der Meraner Saison<br />

und ein Vergnügungswirbel,<br />

bei dem die Promenade einem<br />

noblen Jahrmarkt gleicht. In den<br />

Sälen des Kurhauses aber perlt<br />

der Champagner. Damen der Gesellschaft<br />

in reizvollen, dem Motto<br />

des Festes angepassten Kostümen<br />

locken den Besucher in die prächtig<br />

dekorierten Säle und ziehen<br />

ihm auf liebenswürdige Art das<br />

Geld aus der Tasche – für einen<br />

noblen Zweck, versteht sich.<br />

Bis zu 12.000 Besucher werden<br />

täglich auf der Promenade und<br />

im Kurhaus erwartet, Kinder nicht<br />

mitgerechnet. Am Abend dann<br />

erstrahlt das Kurhaus in einer Fülle<br />

von Gaslichtern und lädt zur<br />

Venezianischen Nacht, einem der<br />

Elitebälle. Wie jedes Jahr, steht<br />

das Fest unter dem Protektorat<br />

Culture<br />

eines Mitglieds des europäischen<br />

Hochadels – man munkelt, auch<br />

der Thronfolger Franz Ferdinand<br />

habe wieder sein Erscheinen angekündigt!<br />

An einem Septemberabend<br />

des Jahres 1908 saß Christian<br />

Morgenstern auf der Kurhausterrasse;<br />

da floss ihm folgendes<br />

Meraner Galgenlied aus<br />

der Feder:<br />

Christian Morgenstern<br />

Die Fledermaus<br />

Kurhauskonzertbierterrassenereignis<br />

Die Fledermaus<br />

hört „sich“ von Strauß.<br />

Der Bogen-Mond<br />

wirkt ungewohnt.<br />

Es rührt ihr Flugel<br />

die Milchglaskugel.<br />

Der Damen Schar:<br />

„Mein Hut! Mein Haar!“<br />

Sie stürzt, wirr - worr - -<br />

‚nem Gast ins Pschorr*.<br />

Der Pikkolo<br />

entfernt sie: - so - : ...<br />

Die „Fledermaus“<br />

ist grade aus.<br />

* bier<br />

merano maGazIne<br />

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