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10 BERATUNG UND LEBENSHILFE<br />
SELBSTHILFEGRUPPEN ALS ORTE DER BEGEGNUNG<br />
<strong>Parkinson</strong> <strong>Schweiz</strong> ist aus der Selbsthilfe-Idee entstanden. Vor über 20 Jahren begannen wir, Orte der<br />
Begegnung für Betroffene zu schaffen. Heute ist das Segment der Gruppen ein wichtiger Pfeiler der Arbeit<br />
von <strong>Parkinson</strong> <strong>Schweiz</strong>.<br />
elbsthilfegruppen (SHG) sind ein wichtiges Angebot für<br />
S Betroffene. Viele Erkrankte, aber auch ihre Angehörigen<br />
und Partner suchen den Austausch, um besser mit ihrer Situation<br />
zurechtzukommen. Sie suchen Rat, Information und<br />
Tipps, aber auch Trost in der Gemeinschaft. Sie schätzen die<br />
Gelegenheit, offen und unverkrampft über das Leben mit<br />
<strong>Parkinson</strong> zu sprechen. Manchen ist die SHG sogar so viel<br />
Heimat geworden, dass sie auch zusammenkommen, wenn<br />
das Problem gar nicht mehr existiert, zum Beispiel die Gruppe<br />
in Horgen. Die meisten Mitglieder sind verwitwete Partnerinnen<br />
von Patienten, die sich schon jahrelang kennen.<br />
Zwei Generationen tauschen sich aus<br />
Andere Beispiele der Begegnung sind die Regionaltagungen<br />
für die Leitungsteams. Sie fi nden in den Kantonen beider<br />
Basel, Bern, Zürich, St. Gallen, Luzern sowie in der Romandie<br />
und im Tessin statt. An diesen Treffen tauschen sich die<br />
Teams aus über Themen, Organisation und Programme. An<br />
den Tagungen in Wil, Luzern und Thun nahmen wesentlich<br />
mehr Jungbetroffene teil als in den Jahren zuvor. Das Zusammentreffen<br />
zweier Generationen prägt diese Tagungen<br />
auch inhaltlich. Das sorgt für einen regen Meinungsaustausch<br />
zu brisanten Fragen wie etwa Patientenverfügung,<br />
Hospizdienst, der palliativen Betreuungsmassnahme, aber<br />
auch der aktiven Sterbehilfe. «Inspirierend diese Jungen, das<br />
bekommt uns gut und sorgt für frischen Wind», meinte eine<br />
über 70-jährige Leiterin.<br />
Häufi g helfen sich Gruppen gegenseitig, manche organisieren<br />
gemeinsame Treffen, wie in der Region Bern. Andere<br />
helfen bei Gründung einer neuen Gruppe mit, wie im Oberaargau.<br />
Andere fahren zusammen in die Ferien: Die Gruppen<br />
aus Bellinzona und Locarno fahren jedes Jahr an die<br />
Adria. Solche Erlebnisse bringen zusammen und lassen<br />
Freundschaften entstehen.<br />
Stärkung für das Ehrenamt<br />
Einen Ausfl ug der besonderen Art leistet sich die Selbsthilfegruppe<br />
Chur. Jedes Jahr zieht sie sich für drei Tage ins<br />
Kloster Ilanz zurück. Sie holen sich Referenten, pfl egen den<br />
Kontakt zur Klostergemeinschaft oder schauen sich einen<br />
Film an. Gespräche, Spaziergänge und das tägliche Turnen<br />
mit einer Physiotherapeutin vermitteln Nähe, Begegnung<br />
und Erholung.<br />
k Veranstaltungen für Betroffene (hier eine <strong>Parkinson</strong>-<br />
Informationsveranstaltung in Zihlschlacht) sind Orte der<br />
Begegnung. Sie fördern auch die sozialen Kontakte.<br />
<strong>Parkinson</strong> <strong>Schweiz</strong> lädt jedes Jahr alle Deutschschweizer<br />
Leitungsteams zu einer Weiterbildung ein, 2007 zum Thema<br />
Kommunikation. Über 60 Leitende vertieften sich über ein<br />
Wochenende in Fragen der Gruppendynamik, Logopädie<br />
und gewaltfreien Kommunikation. «Ich freue mich schon<br />
Monate vorher auf diese zwei Tage», sagte eine Gruppenleiterin.<br />
«Neben spannenden Themen mit kompetenten Refe-<br />
renten habe ich schöne Begegnungen mit Betroffenen», sagt<br />
sie. «Das stärkt mich für meine Aufgabe in der Gruppe und<br />
im Alltag.» Das Weiterbildungswochenende ist vielleicht die<br />
wichtigste Plattform für Begegnungen unter den Teams, die<br />
auch nach dem Wochenende weiterleben.<br />
Auch in der Romandie pfl egen verschiedene Gruppen den<br />
Kontakt zueinander. Die Gruppen von Martigny, Sion und<br />
Prilly trafen sich im Juni in Vevey zum gemeinsamen Besuch<br />
der Sonderausstellung «Avions, ballons, pigeons… Petites<br />
histoires de la photographie aérienne en Suisse». Vorher gab<br />
es einen Bummel durch die Altstadt.<br />
Angehörige leisten Erstaunliches<br />
Selbsthilfegruppen sind auch Gegenstand der Wissenschaft:<br />
16 Mitglieder verschiedener Angehörigengruppen haben an<br />
einer Studie zur Untersuchung der Alltagsbewältigung von<br />
pfl egenden Angehörigen <strong>Parkinson</strong>erkrankter teilgenommen.<br />
Barbara Schoop, Pfl egewissenschaftlerin und Mitglied<br />
des fachlichen Beirates, stellte die Resultate ihrer Arbeit an<br />
einem Treffen vor. Da entstanden neue Kontakte unter den<br />
pfl egenden Angehörigen.<br />
Aussagen wie «Ich denke immer, siebzig Prozent vom Leben<br />
meines Mannes trage ich auch noch. Ich habe 170 %, und er hat<br />
noch seine 30 %. Wenn wir uns das einmal überlegen, wir Angehörige<br />
tun so viel und merken es einfach nicht» regten zu interessanten<br />
Diskussionen an. Diese sozialen Kontakte ermöglichen<br />
den gegenseitigen Austausch von wichtigen Informationen<br />
und Ressourcen. Barbara Schoop wird zusammen mit<br />
<strong>Parkinson</strong> <strong>Schweiz</strong> eine Informationsbroschüre mit den<br />
Kernaussagen der Studie erstellen.<br />
Blick aufs Positive<br />
Begegnungen zwischen kranken und gesunden Menschen<br />
führen zu sehr berührenden Kontakten. Immer wieder helfen<br />
gesunde, nicht betroffene Menschen in den SHG mit,<br />
sei es in den Leitungsteams, bei Ausfl ügen oder an den monatlichen<br />
Treffen. «Diese Begegnungen sind für mich sehr<br />
wertvoll», berichtet ein Helfer. «Ich bewundere diese Menschen,<br />
wie sie immer wieder auch das Positive an ihrer Situation<br />
erkennen können.» m<br />
STATISTISCHES SHG 2007<br />
Gruppentotal 66<br />
Neugründungen 5<br />
Mitglieder <strong>Parkinson</strong> <strong>Schweiz</strong> in SHG 27,5 %<br />
SHG-Besuche aus der Geschäftsstelle 50<br />
BERATUNG UND LEBENSHILFE<br />
PARKINFON – DER DIREKTE DRAHT<br />
Die Neurologen-Hotline Parkinfon gehört zu den<br />
erfolgreichsten Beratungsdiensten von <strong>Parkinson</strong> <strong>Schweiz</strong>.<br />
Sie wird durch Sponsoring fi nanziert.<br />
Die medizinische Beratung <strong>Parkinson</strong>betroffener ist eine<br />
aufwändige und anspruchsvolle Dienstleistung. Dank eines<br />
gut ausgebauten Netzes von ehrenamtlichen Experten sind<br />
wir in der Lage, mit dem Parkinfon – der Gratis-Hotline zum<br />
Neurologen – kompetente Beratung anzubieten (Deutsch jeden<br />
Mittwochabend von 17 bis 19 Uhr, Französisch jeden<br />
dritten Mittwoch, Italienisch jeden dritten Monat).<br />
Im Jahr 2007 wurden 253 Anrufe durch die Ärztinnen und<br />
Ärzte ausgewertet: Sie berieten 150 Patienten und 103 Angehörige,<br />
das ergibt im Schnitt 2/3 Patienten und 1/3 Angehörige.<br />
Häufi gste Themen der Beratungen sind Ursache, Symptome,<br />
Therapie, Neurochirurgische Operationen, Rehabilitationsaufenthalte,<br />
Diagnosestellung, Zweitmeinung, Unzufriedenheit.<br />
Bei der Medikamententherapie ging es meist um<br />
Therapiebeginn, Verträglichkeit, Dosierung, Wirkungsverlust,<br />
Schwankungen, Umstellung oder Nebenwirkungen.<br />
ENTLASTUNGSFERIEN IM THURGAU<br />
Gerade die Lebenspartner und -partnerinnen von <strong>Parkinson</strong>kranken<br />
kommen im Alltag oft an ihre Grenzen – da kann<br />
eine Woche Ferien mit kompetenter Betreuung viel Gutes tun.<br />
Mit grossem Erfolg veranstaltete <strong>Parkinson</strong> <strong>Schweiz</strong> 2007 in<br />
Zusammenarbeit mit der Humaine Klinik Zihlschlacht eine<br />
betreute Ferienwoche im Mai. Die Ferienwoche mit Aktivprogramm<br />
fand in Zihlschlacht statt.<br />
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