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Historische Ansicht Merans<br />
und des Kurhauses<br />
Text Ferruccio Delle Cave<br />
Was der weltberühmte Prager Schriftsteller<br />
Franz Kafka seiner Übersetzerin und<br />
Freundin Milena Jesenská im april 1920<br />
schrieb, steht gleichsam als Metapher für<br />
das Befinden all der illustren Gäste aus adel,<br />
Politik, Kultur, Wirtschaft und Tourismus,<br />
welche die Passerstadt besucht haben.<br />
Das internationale Flair der Kurstadt Meran und des<br />
gesamten Burggrafenamtes hat um die Mitte des<br />
19. Jahrhunderts eingesetzt. Fern waren die Zeiten,<br />
als Meran und das Burggrafenamt das politische<br />
und wirtschaftliche Zentrum Tirols unter Meinhard<br />
II. waren. Die Errichtung einer Münzstätte im Jahre<br />
1255 machte aus Meran ein international beachtetes<br />
Handelszentrum. Als ein halbes Jahrhundert<br />
später der Hof nach Innsbruck und die Münzstätte<br />
nach Hall verlegt wurde, verlor Meran an Bedeutung.<br />
Die Passerstadt rückte erst wieder um die<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts als Gesundheits- und<br />
Fremdenverkehrszentrum ins Zentrum internationalen<br />
Interesses.<br />
Zu den berühmten Kurgästen zählte auch Fürstin<br />
Mathilde von Schwarzenberg mit ihrem Leibarzt<br />
Johann Huber aus Wien. Seine Broschüre „Über<br />
die Stadt Meran in Tirol, ihre Umgebung und ihr<br />
Klima“ von 1837 gab dem „Luftkurort“ den Startschuss.<br />
Gute 70 Jahre nach dem Erscheinen dieser<br />
Broschüre schreibt Stefan Zweig über das Klima von<br />
Meran: "Dies ist das eine Geheimnis der Meraner<br />
Schönheit, die Feindschaft mit dem Winde, und<br />
das zweite, ihre rege Freundschaft mit der Sonne."<br />
Unter dem rührigen Bürgermeister Valentin Haller<br />
und dem Münchner Schriftsteller und Maler Joseph<br />
Friedrich Lentner setzte ein geregelter Kurbetrieb<br />
ein. Eine regelmäßige Kurmusik wurde geboten,<br />
und der Gasthof „Erzherzog Johann“ hatte als Hotel<br />
europäisches Niveau erreicht. In Berlin, München<br />
und Wien wurde Meran besonders für Patienten mit<br />
Lungentuberkulose als Ziel beworben. Die Wirkung<br />
literarischer Fürsprache zeigte ihre Früchte, der Zustrom<br />
der Fremden wuchs ständig an. Die Querverbindung<br />
zwischen Meran als Kur- und Literaturstadt<br />
wurde somit zum ersten Mal deutlich sichtbar. Mit<br />
Erzherzog Johann und seinen königlich-aristokratischen<br />
Besuchern drang Weltluft nach Meran.<br />
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