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Merano Magazine 01 2013

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➀ Hastig ziehe ich den Schlüssel aus<br />

dem Zündschloss. raus aus den<br />

Ballerinas und rein in die blau metallisierten<br />

Jimmy Choo‘s. Die autotür<br />

fliegt ins Schloss. ich stöckle<br />

über den mit Kies übersäten<br />

Parkplatz und mit jedem Schritt,<br />

den ich mache, spüre ich ein Stechen<br />

im Herz. Jedes noch so kleine<br />

Steinchen könnte den fragilen<br />

Hacken eine Wunde zufügen, und<br />

damit auch mir. ich entscheide<br />

mich für einen schuhschonenden<br />

Gang und hüpfe auf Zehenspitzen<br />

über den Meraner Sandplatz,<br />

was mich nicht wenige staunende<br />

Blicke von Passanten kostet. ist<br />

mir heute auch wurscht, denn immerhin<br />

hab ich ein Date mit einem<br />

Modedesigner und da will ich<br />

gut besohlt sein. ich halte nach<br />

einem kleinen weißen Schild mit<br />

7 schwarzen Buchstaben ausschau<br />

und werde sofort fündig:<br />

D i M i T r i. τέλειος (Perfekt!)<br />

➅ dass ich mich in kei-<br />

ner gut aufgehoben<br />

fühlte. Also entschloss<br />

ich mich für eine Ausbil-<br />

dung zum Fashiondesigner<br />

in Mailand, dann<br />

München und Paris. Nach<br />

verschiedenen Bewerbungen<br />

traf ich auf Vivienne Westwood,<br />

Text Christine Lasta<br />

Foto Andreas Ortner<br />

➁ Ich springe über<br />

die wunderschöne<br />

Jugendstiltreppe<br />

und klingle. Die Tür<br />

öffnet sich und ein<br />

freundlicher, hüb-<br />

scher, schmaler<br />

Mann schüttelt mir<br />

die Hand. Das ist<br />

er also, der SüdtirolerModeschöpfer<br />

mit dem unaus-<br />

sprechlichen Namen<br />

Dimitrios GeorgiosPanagiotopoulos.<br />

Er bittet<br />

mich ins Atelier,<br />

stellt mich seinen<br />

Mitarbeitern vor,<br />

die auf kilometer-<br />

langen Papierrollen<br />

eifrig zeichnen,<br />

messen und schnei-<br />

den. „Bis später!",<br />

➆ später habe ich<br />

für Jil Sander und<br />

Hugo Boss gearbeitet,<br />

bis ich<br />

dann 2007 meinen<br />

eigenen Shop in<br />

Meran eröffnet ha-<br />

be. Ich hatte nicht<br />

vor, lange hierzubleiben<br />

und dachte<br />

➂ höre ich Di- mitri mit hoher<br />

Stimme sagen. Schade. Mir<br />

hätte es gefal- len, inmitten all<br />

der Stoffrollen und Schneiderpuppen<br />

mit ihm zu plaudern. „Wo möchten<br />

Sie denn hingehen?“, fragt er mich.<br />

Ich schätze ihn auf mein Alter und aus<br />

Rücksicht auf meine Schuhe sprudelt es<br />

aus mir heraus: „Vielleicht in ein nah gelegenes<br />

Café? Und können wir uns duzen?“<br />

Er lächelt und ich sehe eine schöne<br />

Zahnreihe blitzen. „Natürlich. Wollen wir<br />

ins Rossini?“ Ich denke an die 25 über-<br />

zwingbaren Meter Luftlinie und bejahe.<br />

Als ob er sich meines Problems bewusst<br />

wäre und er mir die Pflastersteine<br />

ebnen wollte, geht der erfolgreiche halbgriechische<br />

Modeschöpfer voraus.<br />

➇ mir ir-<br />

gendwann bin<br />

ich eh ratzfatz wie-<br />

der in London, doch<br />

wie man sieht, bin ich<br />

immer noch da.“ „Bist<br />

du glücklich hier in<br />

Meran?“ Stille. Dimitri<br />

ist kein Mann, der<br />

aus Verlegenheit<br />

mit den Händen<br />

fuchtelt<br />

➃ Ich beneide ihn<br />

um seine bequemen<br />

und doch<br />

schicken braunen<br />

Stiefeletten! Wie<br />

ist ein Designer<br />

eigentlich gekleidet?,<br />

frage ich<br />

mich. Mein Blick<br />

wandert aufwärts:<br />

blaue Jeans im<br />

Used-Look, legeres<br />

dunkelblaues<br />

➄ Hemd, Handtasche. Einfach,<br />

aber sehr stimmig, finde ich!<br />

Wir setzen uns und bestellen<br />

Kaffee. Ich lege mein Aufnahmegerät<br />

auf den Holztisch. „Dimitri?<br />

Wie und wo hat deine kreative Karriere<br />

eigentlich angefangen?“ Der<br />

Hotelierssohn aus Naturns spricht<br />

schnell. „Ich habe als Kind mit meiner<br />

Oma gern gebastelt und ge-<br />

stickt und meiner Mutter erklärt,<br />

welche Schuhe zu welchem Kleid<br />

passen. In meinen Jugendjahren<br />

habe ich alle Oberschulen von Meran<br />

besucht und erkennen müssen,<br />

➈ und selbst bei der<br />

scheinbar unangenehmen<br />

Frage bleiben<br />

seine Hände ruhig auf<br />

dem Tisch liegen. „Was<br />

heißt glücklich?“ Pause.<br />

Er bewegt sich noch<br />

immer nicht und weicht<br />

geschickt aus. „Ich habe<br />

mir hier meine kleine<br />

Firma aufgebaut, mit<br />

fünf Mitarbeitern. Zu<br />

denen kann ich nicht sagen:<br />

"Ich gehe jetzt ins<br />

Ausland. Hat jemand<br />

Lust mitzukommen?"<br />

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