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PGH KAPmodern: Befreiung

Wie schrieben Komponist*innen der DDR vor und nach dem Umbruch 1989? KAPmodern sucht nach Antworten.

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<strong>Befreiung</strong><br />

<strong>KAPmodern</strong><br />

28. September 2022


Tom Boettcher Sprecher<br />

Laura Rajanen Violine<br />

Jan-Peter Kuschel Violoncello<br />

Tobias Lampelzammer Kontrabass<br />

Bettina Lange Flöte<br />

Luisa Lohmann Bassklarinette/Baritonsaxofon<br />

Christoph Knitt Fagott<br />

Sulamith Seidenberg Horn<br />

Nathan Plante Trompete<br />

Pedro José Cases Sánchez Trompete<br />

Vladimir Vereš Posaune<br />

Prodromos Symeonidis Klavier<br />

Friedemann Werzlau Schlagzeug


MITTWOCH | 28. SEPTEMBER 2022 | 20 UHR | NIKOLAISAAL FOYER<br />

3<br />

<strong>KAPmodern</strong> <strong>Befreiung</strong><br />

Georg Katzer (1935–2019)<br />

Divertissement a trois<br />

Entrée<br />

Recitativ<br />

Serenade I<br />

Tagstück<br />

Serenade II<br />

Recitativ<br />

Fine<br />

Ruth Zechlin (1926–2007)<br />

Szenische Kammermusik nach Heiner Müllers „Hamletmaschine“ für fünf Instrumente<br />

Familienalbum<br />

Intermedium<br />

Das Europa der Frau<br />

Intermedium<br />

Scherzo<br />

Intermedium<br />

Pest in Buda Schlacht um Grönland<br />

Intermedium<br />

Wildharrend/In der furchtbaren Rüstung/Jahrtausende<br />

Reiner Bredemeyer (1929–1995)<br />

Solo 9 für Kontrabass<br />

Friedrich Goldmann (1941–2009)<br />

Trio für Violine, Horn und Klavier<br />

Pause<br />

Jakob Ullmann (* 1958)<br />

disappearing musics for six players (more or less)<br />

Heiner Goebbels (* 1952)<br />

<strong>Befreiung</strong>, konzertante Szene für Sprecher*in und Ensemble<br />

James Tenney (1934–2006)<br />

Swell Piece aus Postal Pieces


4 KOMPONIST*INNEN UND WERKE<br />

<strong>Befreiung</strong><br />

Darf Kunst, um den Komponisten Rudolf Wagner-Régeny zu<br />

zitieren, nur „aus sich selbst heraus“ leben? Oder ist es für das<br />

künstlerische Schaffen sehr wohl relevant, zu wissen, welche<br />

Partei regiert, in welchem Gesellschaftssystem man lebt oder<br />

wer den eigenen Lebensunterhalt finanziert? Die Fragen nach<br />

Verantwortung und nach der Freiheit der Kunst sind unmittelbar<br />

miteinander verknüpft. Und wenn es um <strong>Befreiung</strong><br />

geht, macht es einen Unterschied, wovon man frei ist oder<br />

wozu. Das Thema ist nicht nur im Politischen interessant.<br />

Auch im Sinne von Erlösung, Errettung oder Emanzipation<br />

steht man hier vor einem vielschichtigen Themenkomplex.<br />

Der Soziologe Wolfgang Sofsky schrieb: „Das Handeln des<br />

einen endet am Widerstand des anderen, seiner unhintergehbaren<br />

Selbständigkeit und Freiheit, etwas anders zu tun, als<br />

von ihm erwartet wird“ und untermauert damit die schon im<br />

16. Jahrhundert von Thomas Hobbes formulierte These, der<br />

zufolge „das Naturrecht die Freiheit ist, nach welcher ein<br />

jeder zur Erhaltung seiner selbst seine Kräfte beliebig gebrauchen<br />

und folglich alles, was dazu etwas beizutragen scheint,<br />

tun kann. Freiheit begreift die Abwesenheit aller äußeren Hindernisse<br />

in sich.“<br />

Die SED-Kulturfunktionäre hatten eine klare Vorstellung<br />

davon, wie sie Musik für politische Zwecke benutzen wollten.<br />

Abwesenheit von Hindernissen war jedenfalls nicht ihr Ziel.<br />

Sie verstanden sich als Stellvertreter der Arbeiterklasse und<br />

fühlten sich legitimiert, in deren Namen über Kompositionen<br />

Urteile zu fällen. Dies erfolgte über Institutionen wie<br />

der Staatlichen Kommission für Kunstangelegenheiten,<br />

dem Ministerium für Kultur oder dem Komponistenverband.<br />

Ziel war eine Verwirklichung der SED-Politik. Auch aus<br />

den eigenen Reihen wurde kontrolliert, zum Beispiel durch<br />

das sogenannte „Mächtige Häuflein“. Das waren einige<br />

Komponisten und Musikwissenschaftler, die sich als SED-<br />

Mitglieder für die Umsetzung der kulturpolitischen Ideen verantwortlich<br />

fühlten. Der westdeutsche Musikwissenschaftler<br />

Carl Dahlhaus hielt die „Maxime von der Omnipräsenz der


KOMPONIST*INNEN UND WERKE<br />

5<br />

Politik“ für unglaubwürdig und hegte ein „grundsätzliches<br />

Misstrauen gegen eine Politik, die der Musik bedarf.“ Unbestritten<br />

ist, dass man in keinem der beiden Systeme, weder im<br />

Osten noch im Westen, von den Komponisten als homogene<br />

Masse sprechen kann. Jede und jeder suchte seine eigenen<br />

Wege, sich in Tönen auszudrücken. Neue Musik im Westen<br />

wurde politisch nicht vereinnahmt. In der Kunst sah man hier<br />

keinerlei Gefahrenpotenzial. Um so mehr erstaunt, wie sehr<br />

in den Staaten des damaligen Ostblocks der Kunst und der ihr<br />

innewohnenden subversiven Macht Misstrauen entgegengebracht<br />

wurde und man sie für potentiell so systemgefährdend<br />

ansah, dass man sie grundlegend „an die Kette“ nahm.<br />

Eine Tatsache, die bei den Künstlerinnen und Künstlern ungeahnte<br />

Kreativität und Spitzfindigkeit freisetzte, sich in ihrer<br />

persönlichen Freiheit nicht einschränken zu lassen und kritische<br />

Botschaften so zwischen die Zeilen einzuflechten, dass<br />

sie einer Zensur unbemerkt blieben, von ihren Zuhörerinnen<br />

und Zuhörern aber dennoch verstanden wurden.<br />

Mehr Diskurs!<br />

„Komponieren ist heute leicht, weil alles möglich ist. Komponieren<br />

ist heute schwer, weil alles möglich ist ... So uneingeschränkte<br />

Freiheit ist nur schwer zu ertragen …“, sagte<br />

Georg Katzer, der wie Friedrich Goldmann, Friedrich Schenker<br />

und Reiner Bredemeyer der sogenannten mittleren Komponistengeneration<br />

der DDR angehörte, einer Generation, die<br />

vor allem in den 1980er Jahren, als die Verhältnisse ideologisch<br />

etwas zur Ruhe gekommen waren, auch von der DDR<br />

selbst anerkannt wurde. Im Vergleich zu den Literaten oder<br />

bildenden Künstlern konnten sie freier arbeiten und dadurch<br />

auch eine große Reichweite mit ihren Stücken bekommen.<br />

Georg Katzer<br />

Divertissement a trois<br />

Entstehung: 1969<br />

Dauer: ca. 12 Minuten<br />

Besetzung: Trio ad libitum<br />

Katzer wurde 1935 in Schlesien geboren, war Schüler von Ruth<br />

Zechlin und Rudolf Wagner-Régeny sowie Student an der<br />

Akademie der Musischen Künste in Prag. Er verstand sich als<br />

politischer Komponist nicht im propagandistischen Sinn –<br />

Politik bedeutete für ihn vielmehr, miteinander ins Gespräch


6 KOMPONIST*INNEN UND WERKE<br />

Georg Katzer. Foto: Angelika Katzer.<br />

zu kommen, Thesen und Antithesen gegenüber<br />

zu stellen, auf diese Weise Lösungen<br />

zu finden; die eigenen Schützengräben zu<br />

verlassen und in einen Diskurs zu kommen:<br />

Discorso hieß auch sein letztes Orchesterwerk,<br />

uraufgeführt im Dezember 2018 in Berlin. Die<br />

in der DDR aufgewachsenen Komponisten<br />

glaubten immer an die Rhetorik der Musik, an<br />

die ihr innewohnende Sprache. Nicht im Sinne<br />

einer konkreten Botschaft, sondern als allgemein<br />

kommunikatives Mittel. Für Katzer<br />

spielte das eine große Rolle: „Komponieren<br />

heißt heute auch, seine Entscheidungen zu<br />

treffen für oder gegen eine sinnliche, letzten<br />

Endes emotional bestimmte Musik. Dazu gibt<br />

es nur eine Alternative: Spielmusik, kontemplative, konzeptuelle<br />

oder auch intellektuelle, geradezu ‚philosophische‘<br />

Musik“.<br />

Ein Paradebeispiel einer solchen Spielmusik ist Katzers Divertissement<br />

a trois, aufführbar in einer frei („ad libitum“) zu<br />

wählenden Instrumentenkombination. Der Titel verweist auf<br />

das alte Divertissement („Zeitvertreib“), das im 17. und 18.<br />

Jahrhundert als Folge von Tanzsätzen am Schluss einzelner<br />

Akte der französischen Oper auftauchte, woraus sich später<br />

das geläufigere Divertimento entwickelte. Katzers Divertissement<br />

ist eine Sammlung von Miniaturen mit klassischen<br />

Satzüberschriften. Zwischen die von allen drei Stimmen gespielten<br />

Sätze, in denen es dialogisierend zu einer lebhaften<br />

Konversation kommt, streut Katzer instrumentale Rezitative<br />

ein, bei denen jede Stimme einmal alleine „zu Wort“ kommt.<br />

Hier zeigt sich der rhetorische Gedanke: die Musik teilt mit,<br />

was die Fantasie ergänzen darf. Dass Fantasie in einem<br />

romantischen Sinne auch eine Rolle spielt, zeigt auch<br />

das „Tagstück“, ein Solo der dritten Stimme (ein Bezug zu<br />

Schumanns romantischen „Nachtstücken“), gefolgt von der<br />

Serenade II, naturgemäß eine Nachtmusik. Das Fine vereint<br />

alle drei Instrumente in einer großen Steigerung. Die Partitur<br />

versteht Katzer als „Vorschlag“ – überträgt also den Interpreten<br />

die Freiheit der Gestaltung und die Verantwortung<br />

dafür.


KOMPONIST*INNEN UND WERKE<br />

7<br />

Planet Müller<br />

Im sächsischen Großhartmannsdorf kam 1926 Ruth Zechlin<br />

zur Welt. Ihre Eltern waren beide als Pädagogen tätig, 1928<br />

bekam der Vater eine Dozentenstelle an der Universität in<br />

Leipzig, was den Umzug der Familie zur Folge hatte. Ruth<br />

Zechlin erhielt früh Unterricht am Klavier und in Musiktheorie.<br />

Das Musikleben in der Stadt beeindruckte sie: „Besonders<br />

wichtig war für mich in dieser Zeit die Thomaskirche zu Leipzig.<br />

Ich besuchte regelmäßig die Bachaufführungen. Diese Erlebnisse<br />

wurden bestimmend für meine weitere Entwicklung.<br />

Bach ist und bleibt mein Zentrum.“ Ab Mai 1943 studierte sie<br />

Klavier bei Anton Rohden, Tonsatz und Chorleitung bei Johann<br />

Nepomuk David, der sie motivierte, Komponistin zu werden.<br />

Nach dem Ende des Krieges erhielt Zechlin die Organistenstelle<br />

an der Nikolaikirche, studierte weiter bei der Bach-<br />

Ikone Karl Straube Orgel und bei Günther Ramin liturgisches<br />

Orgelspiel. 1950 wurde sie in Berlin an die neu gegründete<br />

Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ als Dozentin für Tonsatz,<br />

Gehörbildung und Formenlehre berufen. 1969 erhielt<br />

sie dort eine Professur für Komposition. Zechlin komponierte<br />

bis 1960 in traditionellen, kontrapunktischen<br />

Formen, bezog erst in den 1970er Jahren vermehrt serielle<br />

Elemente ein. 1991 übersiedelte sie nach Bayern, wo sie<br />

zum Katholizismus konvertierte und bis zu ihrem Tod<br />

2007 vor allem geistliche Musik für Chor und Orgel schrieb.<br />

Ruth Zechlin<br />

Szenische Kammermusik<br />

nach Heiner Müllers<br />

„Hamletmaschine“<br />

Entstehung: 1991<br />

Dauer: ca. 18 Minuten<br />

Besetzung: Flöte, Posaune,<br />

Schlagwerk, Violine,<br />

Violoncello<br />

Die Texte des Dramatikers Heiner Müller haben eine<br />

ungeheure Anziehungskraft auf Komponisten. Die<br />

Rätselhaftigkeit, die Undurchdringlichkeit, das Unübersichtlich-Diffuse<br />

geben seiner Prosa von sich aus eine<br />

musikalische Aura. Die Hamletmaschine ist das Ergebnis<br />

einer jahrelangen Beschäftigung mit Shakespeare und<br />

Müllers eigener Übersetzung des Hamlet. Sie stellt einen<br />

seiner rätselhaftesten Texte dar. In einem alptraumhaften<br />

Szenario erscheinen Hamlet, ein Schauspieler, der Hamlet<br />

spielt und Ophelia als gespenstische Widergänger realer<br />

historischer Personen. Es entstehen Bezüge zu historischen<br />

Ereignissen der europäischen Geschichte und des Kommunis-<br />

Ruth Zechlin in ihrem Arbeitszimmer<br />

in Berlin-Buch 1984.<br />

Foto: Claudia und Christoph Paris.<br />

Staatsbibliothek zu Berlin.


8 KOMPONIST*INNEN UND WERKE<br />

mus nach dem Zweiten Weltkrieg. An der Figur des Hamlet<br />

faszinierte Müller das „Versagen von Intellektuellen in<br />

bestimmten historischen Phasen“. Hamletmaschine ist eine<br />

Reflexion über Tod und Religion, Norm und Wahnsinn, Macht<br />

und Ohnmacht und über das Theater selbst.<br />

Als Komponistin experimentierte Zechlin damit, Theaterformen<br />

von ihrer gängigen Konvention zu befreien. Einer<br />

Choreografie folgend, die auch die einzelnen Bewegungen<br />

der Musikerinnen und Musiker vorgibt, übersetzt sie den<br />

spröden Text der Hamletmaschine in eine abstrakte szenische<br />

(Kammer-)Musik, und bricht damit die Form einer klassischen<br />

Konzert- oder Theatersituation auf. Das „Familienalbum“<br />

beginnt mit einem Duett von Flöte und Posaune, das<br />

asynchron, individuell zu spielen ist, dazu gesellt sich später,<br />

„im Litaneiton, senza espressione“, ein Duo aus Violine und<br />

Cello. „Das Europa der Frau“: hier ist es eine wandernde<br />

Violine, die auf Impulse der Mitspieler reagiert. Das<br />

„Scherzo“ lotet vor allem die Grenzen der neuen Spieltechniken<br />

aus, ein buntes Changieren zwischen Rhythmen, Klang,<br />

Improvisation und Geräusch. „Pest in Buda Schlacht um<br />

Grönland“ inszeniert – in mehrdimensionalen Kreisfiguren<br />

aller Beteiligten – ein aufsteigendes Motiv, das sich durch alle<br />

Stimmen zieht. „Wildharrend/In der furchtbaren Rüstung/<br />

Jahrtausende“ ist ein starres Klangflächenstück, eine<br />

Endzeitvision. In der Mitte taucht der „Litaneiton“ wie ein<br />

heimliches Signal wieder auf, intoniert von der Marimba<br />

erklingt eine Art von Choralmelodie, bis die Spielerinnen und<br />

Spieler nach und nach die Bühne verlassen.<br />

Von einem,<br />

der in den Osten zog<br />

Reiner Bredemeyer<br />

Solo 9 für Kontrabass<br />

Entstehung: 1985<br />

Dauer: ca. 5 Minuten<br />

Reiner Bredemeyer wurde 1929 in Kolumbien, wo sein Vater<br />

für eine Baufirma arbeitete, in einer deutschen Familie geboren.<br />

1931 kehrte die Familie nach Deutschland zurück,<br />

Bredemeyer besuchte die Schule in Breslau, wo er auch Klavier


KOMPONIST*INNEN UND WERKE<br />

9<br />

und Violine lernte. 1944 wurde er zur Wehrmacht eingezogen<br />

und geriet 1945 in Bayern in amerikanische Kriegsgefangenschaft.<br />

In München begegnete er Karl Amadeus Hartmann,<br />

der ihn mit der neuen Konzertreihe musica viva bekannt<br />

machte. Er holte sein Abitur nach und begann ein Musikstudium.<br />

1954 machte er Bekanntschaft mit Paul Dessau, der<br />

ihn von einem Studium in der DDR überzeugte. Damit gehört<br />

Bredemeyer zu den wenigen Künstlern, die sich bewusst für<br />

ein neues Leben im Osten entschieden haben. Das Verhältnis<br />

zu den etablierten Komponistenkollegen dort gestaltete<br />

sich anfangs schwierig und blieb lange ambivalent.<br />

Bredemeyer fasste nur mühsam Fuß, seine musikalischen<br />

Ideen wurden nicht verstanden, zu anders waren die Erwartungen.<br />

Lange konnte er lediglich Musik für Hörspiel-, Filmund<br />

Schauspielproduktionen schreiben, noch 1979 beklagte<br />

er sich darüber, dass der Komponistenverband ihn (mit<br />

50 Jahren) als „jungen Komponisten“ abtat. Erst 1988 berief<br />

man ihn zum Professor an die Akademie der Künste. Seine<br />

Schärfe, sein Witz, sein tiefgründiger Humor, den er auch bei<br />

seinem Lieblingsautor Arno Schmidt wiederfand, ließ ihn<br />

in diesem Umfeld als Zeitgenossen mit Ecken und Kanten<br />

erscheinen, machte ihn aber zu einer brillanten Figur, da er es<br />

auch nicht scheute „gerade dann Einspruch zu erheben, wenn<br />

für ihn selbst nichts zu holen war“, wie die F.A.Z. über ihn<br />

schrieb.<br />

Zu Beginn von Solo 9 für Kontrabass wird ein Motiv vorgestellt,<br />

das im weiteren Verlauf des Stückes immer wieder<br />

heraussticht. Pointiert, rhythmisch und gesanglich – fast<br />

wagnerhaft steht es stolz und aufrecht da. Das Stück meidet<br />

die sonst in dieser Zeit üblichen Erkundungen der Grenzen<br />

zwischen Klang und Geräusch oder rhythmische Exzesse.<br />

Bredemeyer zeigt den Kontrabass als frei und sonor klingendes,<br />

bisweilen vokal agierendes Streichinstrument, das sich<br />

trotz der naturgegebenen Tiefe in Höhen aufschwingt und<br />

Dissonanzen in Form häufiger Sekundreibungen immer wieder<br />

genüsslich auskostet.


10 KOMPONIST*INNEN UND WERKE<br />

Was ist eigentlich<br />

sozialistischer Realismus?<br />

Friedrich Goldmann<br />

Trio für Violine, Horn und<br />

Klavier<br />

Entstehung: 2004<br />

Dauer: ca. 14 Minuten<br />

Friedrich Goldmann war mit dem kulturbürokratischen<br />

Räderwerk der DDR bestens vertraut. Voller Ironie wusste er<br />

mit spöttisch blitzenden Augen darüber zu berichten. Als er<br />

einmal gefragt wurde, was „sozialistischer Realismus“ sei,<br />

antwortete er lakonisch: „schlechter Geschmack“. Er hatte<br />

sich im System zu profilieren verstanden und war einer der<br />

wenigen, die das Regime nicht angriffen, aber trotzdem eine<br />

eigene Sprache entwickelten. Von der Doktrin des „sozialistischen<br />

Realismus“ ist diese Sprache daher genauso infiziert,<br />

wie sie sich davon befreit hat. Goldmann kämpfte gegen die<br />

Macht der verkrusteten Kulturbürokratie der DDR. Als diese<br />

<strong>Befreiung</strong> gelungen war und er und etliche seiner Kolleginnen<br />

und Kollegen auch im Ausland Anerkennung erhielten, ging der<br />

Staat unter. Im Zuge der Wiedervereinigung gerieten die<br />

Komponisten in Gefahr, zusammen mit der Politik gleich mit<br />

entsorgt zu werden.<br />

Goldmanns Biografie ist die Beschreibung eines einzigen<br />

Drahtseilaktes. Seine Opernfantasie R. Hot nach Siegfried<br />

Lenz’ Der Engländer, inszeniert vom damals unbekannten<br />

Peter Konwitschny, war hochriskant. Paul Dessau, der Komponisten-Altvater,<br />

hielt schützend seine Hand über ihn. Als<br />

Dessau starb, wurde Goldmann Mitglied der Akademie der<br />

Künste und neben Georg Katzer, Friedrich Schenker und Siegfried<br />

Matthus zum – auf Funktionärsebene wenig geliebten –<br />

DDR-Vorzeigekomponisten. Für Jüngere wie Jakob Ullmann<br />

war er eine Leitfigur. 1941 in der Nähe von Chemnitz geboren,<br />

begann er seinen Werdegang als Schüler im Dresdner Kreuzchor<br />

und reiste 1958 auf eigene Faust zu den Darmstädter<br />

Ferienkursen, wo er Karlheinz Stockhausen begegnete. Vom<br />

Berliner Ensemble bekam er erste Kompositionsaufträge,<br />

Heiner Müller wurde zu einer wichtigen Figur für ihn. „Im<br />

Kontakt mit Musikern erkennt man am besten handwerkliche<br />

Fehler“, sagte er. So arbeitete er eng mit der Leipziger Gruppe<br />

für Neue Musik zusammen und dirigierte an der Berliner<br />

Staatsoper die Ruth-Berghaus-Inszenierung von Schönbergs


KOMPONIST*INNEN UND WERKE<br />

11<br />

Moses und Aron. Nach der Wende wurde Goldmann Präsident<br />

der Gesellschaft für Neue Musik. Bis 2006 hatte er eine Professur<br />

an der Universität der Künste inne, sein bekanntester<br />

Schüler dort war Enno Poppe.<br />

Das Trio für Violine, Horn und Klavier aus dem Jahr 2004 versteht<br />

Goldmann keineswegs als Referenz an Johannes<br />

Brahms. Diese Besetzung aber, von Brahms mit seinem berühmten<br />

Trio op. 40 erfunden, ist zu selten, als dass nicht<br />

schon aufgrund dieser Tatsache eine gewisse Nähe im Raum<br />

stehen würde. György Ligeti, der 1982 auch für diese Konstellation<br />

schrieb, suchte ausdrücklich den Kontext und nannte<br />

sein Horntrio eine „Hommage à Brahms“. In dem Trio zeigt<br />

Goldmann sein an Stockhausen, Webern und Nono geschultes<br />

Interesse am Klang und seine Vorliebe für intensive Materialarbeit.<br />

Das Stück ist einsätzig, aber anhand notierter Tempowechsel<br />

in vier Abschnitte zu gliedern: molto calmo, piu mosso,<br />

molto lento, subito presto possibile. Die Palette an Klangfarben<br />

ist groß, die motivische Arbeit konsequent und von beeindruckender<br />

Geschlossenheit. Das Stück wirkt in seiner luziden<br />

Strenge hochkonzentriert, harmonisch, maßvoll und ausgeglichen.<br />

Goldmann gab zu seiner Musik keine Deutungen<br />

ab: „Das muss man jetzt nicht verraten, da kann jeder selbst<br />

drauf kommen“, war seine Devise, der zufolge er alles, was er<br />

sagen wollte, in den Noten ausgedrückt hatte.<br />

„Wenn es zu laut ist, kann<br />

ich nicht zuhören“<br />

1958 in Freiberg/Sachsen geboren, lebt Jakob Ullmann nach<br />

Stationen in Dresden und Berlin seit 2012 in Naumburg. Die<br />

Stadt an der Saale, in der Nietzsche seine Jugend verbrachte,<br />

ist ihm ein Stück Heimat. Ullmanns Vater, Theologe, Pfarrer<br />

sowie später Bürgerrechtler, kam 1963 dorthin als Dozent für<br />

Kirchengeschichte. Der Sohn verbrachte hier die Schul- und<br />

Studienjahre. Sein Werdegang als Komponist verlief in der<br />

DDR alles andere als geradlinig. Nachdem er als Pfarrerssohn<br />

den Wehrdienst verweigert hatte, wurde ihm ein staatliches<br />

Jakob Ullmann<br />

disappearing musics<br />

Entstehung: 1989–1991<br />

Dauer: ca. 20 Minuten<br />

Besetzung: for six players<br />

(more or less)


12<br />

KOMPONIST*INNEN UND WERKE<br />

Jakob Ullmann. Foto: Christina Stoll.<br />

Studium verwehrt. Also besuchte er von<br />

1978 bis 1983 die Kirchenmusikschule der<br />

DDR und arbeitete als Hausmeister, Heizer<br />

und Kohlenträger, um sich finanziell über<br />

Wasser zu halten. Auch ein Aufbaustudium<br />

an der Berliner Akademie der Künste<br />

bekam er nicht. Bei Friedrich Goldmann<br />

nahm er Privatunterricht. Daraus resultierte<br />

1985 die erste Komposition, sein<br />

Streichquartett, das in der Zeitschrift Musik<br />

und Gesellschaft, dem Zentralorgan des<br />

DDR-Komponistenverbandes, positiv erwähnt<br />

wurde – ein Türöffner für den bis<br />

dahin Unbekannten. Auf der Suche nach<br />

Inspirationsquellen studierte er Werke von Giacinto Scelsi und<br />

Brian Ferneyhough, beide kein Lehrbuchstandard in der DDR.<br />

„Aber ich war auf der Suche“, sagt Ullmann, vor allem nach<br />

neuen Wegen. Scelsis Stücke, die teilweise nur aus einem Ton<br />

in allen Facetten bestehen, oder Ferneyhoughs graphische<br />

Perfektion an der Grenze zur Unspielbarkeit zeigten ihm Wege<br />

auf, die er einschlagen wollte: „Was ich auch bei dem Quartett<br />

ziemlich deutlich gemerkt habe, ist, dass mir jede Form von<br />

Expressivität und Gestik fern ist. Und dass es, sobald ich derartiges<br />

versuche, etwas sehr Angestrengtes hat, so dass ich<br />

mich von diesen Sachen getrennt habe.“ Als Glück empfand<br />

Ullmann nach der Wende die Begegnung mit John Cage, mit<br />

dem er bis zu dessen Tod 1992 korrespondiert hat. Ullmann,<br />

stark von der osteuropäischen Kultur geprägt, zu der neben<br />

der Musik und der russischen Literatur für ihn auch die russisch-orthodoxe<br />

Religion gehört, traf in Gestalt des US-amerikanischen<br />

Musik-Philosophen einen Geistesverwandten,<br />

der in einem völlig anderen Umfeld sozialisiert war. So war<br />

Ullmann einer der Initiatoren des im September 2000 eröffneten<br />

Cage-Projekts in der Halberstädter Burkhardikirche, bei<br />

dem das Stück Organ2/As slow as possible mit einer Spieldauer<br />

von 639 Jahren (!) aufgeführt wird.<br />

Sich als politisch-soziales Wesen zu verstehen, hat für ihn die<br />

Konsequenz, in der Realität, im Denken und Fühlen der Menschen<br />

etwas in Bewegung setzen zu wollen: „Lebt man in<br />

einer bestimmten Zeit, hat man als Bürger die Pflicht ab und


KOMPONIST*INNEN UND WERKE<br />

13<br />

Jakob Ullmann: disappearing musics, Material für die Bläser, S. 4.


14 KOMPONIST*INNEN UND WERKE<br />

zu mal zu sagen: das geht nicht! Und als Künstler hat man<br />

diese Pflicht häufiger als andere Leute.“ Sein Credo fußt auf<br />

einer musikalischen Tradition, die – wie er 1988 mit Bezug<br />

auf Arnold Schönberg formulierte – „für Führerhauptquartiere<br />

nicht taugt“.<br />

Das in den Jahren 1989–1991 entstandene Stück disappearing<br />

musics markiert in Ullmanns Schaffen einen Wendepunkt.<br />

„Zwei der wichtigsten Dinge, die in disappearing musics in vollem<br />

Umfange realisiert worden sind: ich brauche mehr Zeit<br />

zum Zuhören und ich kann nur zuhören, wenn es leise ist.<br />

Wenn es zu laut ist, kann ich nicht zuhören.“ Auch hinsichtlich<br />

der Notation ging Ullmann neue Wege: „Ende der 1980er<br />

Jahre unternahm ich meine ersten Versuche, mich von den<br />

strengen Konventionen der (westlichen) Notenschrift zu<br />

lösen und mehr oder weniger graphische Strukturen in meine<br />

Partituren einzuführen. Mir ist klar geworden, mit wieviel<br />

Überforderung die meiste Musik des 20. Jahrhunderts arbeitet.“<br />

disappearing musics war der Versuch einer <strong>Befreiung</strong> von<br />

der Hochkomplexität in der Neuen Musik. In dem Werk erlebt<br />

man konzentriertes Musizieren an der Schwelle des Wahrnehmbaren.<br />

Dennoch oder gerade deshalb entfaltet sich eine<br />

enorme Breite an Ausdrucksmöglichkeiten. Ausweitung und<br />

Fokussierung treffen aufeinander, intensivieren die Wahrnehmung<br />

und lassen den Eindruck entstehen, als würde sich<br />

die verstreichende Zeit dehnen. Der Titel kann zweierlei bedeuten:<br />

zum einen das Verklingen der Töne in der Stille, dem<br />

nachzuspüren dieses Stück jeden Moment einlädt. Zum anderen<br />

ist es eine Variation über das Verschwinden im Allgemeinen,<br />

zu verstehen als reduktionistischer <strong>Befreiung</strong>sschlag, ein<br />

quasi zenbuddhistisches Loslassen im Sinne eines „Wenigerist-mehr“.<br />

Oder wie es Ullmanns Seelenverwandter Friedrich<br />

Nietzsche in Also sprach Zarathustra dichtete: „Still! Still! Ward<br />

die Welt nicht eben vollkommen? Wie ein zierlicher Wind,<br />

ungesehen, auf getäfeltem Meere tanzt, leicht, federleicht: so<br />

– tanzt der Schlaf auf mir … so ruhe auch ich nun der Erde<br />

nahe, treu, zutrauend, wartend, mit den leisesten Fäden ihr<br />

angebunden.“<br />

Im Musikleben der BRD nach 1990 hatte die Musik der DDR<br />

nicht mehr als eine Randstellung inne. Daran hat sich bis


KOMPONIST*INNEN UND WERKE<br />

15<br />

heute wenig geändert. Ein nach der politischen Wende kurz<br />

aufflackerndes Interesse des „Westens“, sich mit der Musik<br />

der DDR auseinanderzusetzen, war schnell wieder verloschen.<br />

Die Komponistinnen und Komponisten, die in der DDR auf<br />

eine Art von Infrastruktur zurückgreifen konnten, ein Auftragswesen,<br />

Institutionen, Ensembles, die ihre Werke spielten<br />

und auf die Bühne brachten, standen von heute auf morgen<br />

vor dem Nichts. Alles war binnen Kurzem entweder zusammengebrochen<br />

oder hatte sich radikal verändert.<br />

Die Ästhetik der Abwesenheit<br />

Das radikale Programm des Komponisten Heiner Goebbels<br />

umfasst drei Forderungen: 1. Gattungsgrenzen einreißen!<br />

2. Gegen die Statik mit permanenter Verwandlung ankämpfen!<br />

3. Die vollkommene Gleichberechtigung aller Disziplinen<br />

durchsetzen!<br />

Nach dem Studium der Soziologie und Musik in Frankfurt/Main<br />

war er Mitbegründer des „Linksliberalen Blasorchesters“, seit<br />

1982 ist er freischaffender Komponist, Regisseur, Theatermacher.<br />

Sein Schaffen umfasst szenische Konzerte, Musiktheater,<br />

Installationen, Hörstücke, Ensemble- und Orchesterwerke.<br />

Als Theatermusiker hatte er 1978–1980 am Schauspiel Frankfurt<br />

begonnen. Zahlreiche Schauspielmusiken entstanden in Zusammenarbeit<br />

mit Regisseuren wie Hans Neuenfels, Matthias<br />

Langhoff, Claus Peymann und Ruth Berghaus. Hörstücke<br />

gestaltete er nach Texten von Heiner Müller: Verkommenes<br />

Ufer 1984, Die <strong>Befreiung</strong> des Prometheus 1985, Wolokolamsker<br />

Chaussee I–V 1989. Als Quereinsteiger im Bereich der E-Musik<br />

hat Goebbels institutionelle Traditionen in Frage gestellt. Sein<br />

Credo: „Was die Aufmerksamkeit des Publikums anspornt, ist<br />

das Unvorhersehbare und die Geheimnisse, die Mysterien<br />

einer Aufführung.“ Umso mehr stört er sich an jeder Art von<br />

Vermittlung. Heiner Müllers Diktum: „Es geht im Theater<br />

nicht darum, dass man etwas versteht, sondern dass man<br />

etwas erfährt“, versuchte Goebbels auf verschiedene Weise<br />

immer wieder neu umzusetzen: „Mein Theater soll Texte nicht<br />

verkörpern, sondern aufmachen. Gegenüber der Konvention<br />

Heiner Goebbels<br />

<strong>Befreiung</strong><br />

Entstehung: 1989<br />

Dauer: ca. 14 Minuten<br />

Besetzung: Sprecher,<br />

2 Trompeten, Horn, Posaune,<br />

Bassklarinette/Baritonsaxofon,<br />

Fagott, Klavier/Sampler,<br />

Violine, Violoncello, Kontrabass,<br />

Schlagzeug


16 KOMPONIST*INNEN UND WERKE<br />

Heiner Goebbels und Heiner Müller.<br />

Foto: Hans Kumpf.<br />

von Intensität und Präsenz ist das<br />

vielleicht eher eine Ästhetik der Abwesenheit.“<br />

So geht es in seiner Arbeit<br />

immer auch um die <strong>Befreiung</strong><br />

von „Schwerkräften, die ästhetische<br />

Konventionen zu einem großen Teil<br />

institutionell bestimmen.“ Hierarchien<br />

und starre Strukturen an Theatern<br />

kritisiert er: „Was uns fehlt sind<br />

Häuser, die frei sind: ohne feste Vorgaben<br />

von Effektivität, Auslastung,<br />

Verwaltung und Leitung – denn je<br />

mehr definiert und geregelt ist, desto<br />

untauglicher ist es als Produktionsstätte<br />

für die Erfindung dessen, was wir noch nicht kennen“.<br />

Ideale Bedingungen als Voraussetzung für das Entstehen von<br />

neuer Kunst, die nicht „am Fließband entwickelt“ wird, fand<br />

er an der Ruhrtriennale vor, die er von 2012–2014 leitete.<br />

<strong>Befreiung</strong> – die „konzertante Szene für Sprecher und Ensemble“<br />

entstand im Auftrag der Alten Oper Frankfurt für die<br />

„Frankfurter Feste“, die das 200-jährige Jubiläum der Französischen<br />

Revolution feiern sollten. Er habe lange gezögert,<br />

sagt Goebbels, weil ihm „mit dem abgedroschenen Revolutionsvokabular<br />

eine differenzierte Auseinandersetzung mit der<br />

Geschichte gerade im Laufe dieses Jahres (vor dem Ende der<br />

DDR, Rumäniens usw.) unmöglich schien.“ Bis er auf die<br />

„antiliberale, polemische Tirade“ aus der Theatertrilogie<br />

Krieg von Rainald Goetz gestoßen ist. „Aus den Szenen 2<br />

(Zerstückeln) und 3 (Ordnen) habe ich die Texte zweier Figuren<br />

– Stammheiner und Heidegger – herausgelöst und versucht,<br />

ihnen mit den Mitteln der Musik eine Form zu geben; damit<br />

möchte ich die politische Spannung, die von den Texten der<br />

beiden Figuren ausgeht, nicht für Hörerinnen und Hörer<br />

entscheiden, sondern für die Konfrontation frei machen.“


KOMPONIST*INNEN UND WERKE<br />

17<br />

James Tenneys Idee der Postal Pieces, deren Mini-Partitur auf<br />

einer zum Abschicken bereiten Postkarte Platz hat, ist die<br />

einer musikalische Flaschenpost: Er schickt eine Botschaft in<br />

die Welt (die Skizze eines musikalischen Moments), ohne zu<br />

wissen, wer sie in die Hände bekommen und was daraus entstehen<br />

wird. Das ist der Reiz. Oder um mit Heiner Goebbels zu<br />

sprechen: „Erkläre nichts. Stell es hin. Sag’s. Verschwinde.“<br />

James Tenney<br />

„Swell Piece“<br />

aus „Postal Pieces“<br />

Entstehung: 1965–1971<br />

Folge 1: Swell Piece (Fortsetzung folgt)<br />

Tobias Lampelzammer<br />

James Tenney: Postal Pieces, Nr. 6: Swell Piece. Sonic Art Editions 1984.


18<br />

MUSIKER*INNEN<br />

<strong>KAPmodern</strong> Ensemble<br />

<strong>KAPmodern</strong> – dahinter verbirgt sich die Kammermusikreihe<br />

der Kammerakademie Potsdam im Foyer des Nikolaisaals, die<br />

Zeitgenössische Musik und Klassiker des 20. Jahrhunderts in<br />

den Mittelpunkt stellt. Seit 2008 gestalten die Flötistin Bettina<br />

Lange und der Kontrabassist Tobias Lampelzammer, beide<br />

Musiker in solistischen Positionen bei der Kammerakademie<br />

Potsdam, diese Konzerte und haben seither Programme wie<br />

„Die Grammatik der Träume“, „Jenseits von Gut und Böse –<br />

Engel und Dämonen“, „Street Music“, „Weiße Nächte“ u. v. m.<br />

auf die Bühne gebracht. Das <strong>KAPmodern</strong> Ensemble setzt sich<br />

aus Mitgliedern der Kammerakademie Potsdam und Gästen<br />

zusammen. Neben einer erstklassigen Interpretation der<br />

Kompositionen ist es ihnen wichtig, Moderne Musik vom<br />

Image schwer verständlicher Spezialistenkunst zu befreien<br />

und sie, in einen assoziativen Kontext gestellt, für alle und mit<br />

allen Sinnen erlebbar zu machen.


22<br />

IMPRESSUM<br />

KONZERTHINWEISE<br />

Veranstalter<br />

Kammerakademie Potsdam gGmbH<br />

Geschäftsführung:<br />

Alexander Hollensteiner<br />

Wilhelm-Staab-Str. 11<br />

14467 Potsdam<br />

Tel. 0331/23 70 527<br />

Fax 0331/23 70 130<br />

info@kammerakademie-potsdam.de<br />

www.kammerakademie-potsdam.de<br />

www.facebook.com/kammerakademie<br />

Redaktion: Carolin Stein<br />

Gestaltung: Bauersfeld GD<br />

Urheber, die nicht erreicht werden<br />

konnten, werden zwecks nachträglicher<br />

Rechtsabgeltung um<br />

Nachricht gebeten.<br />

Die Kammerakademie Potsdam<br />

wird gefördert durch die<br />

Landeshauptstadt Potsdam,<br />

Fachbereich Kultur und Museum<br />

sowie das Ministerium für<br />

Wissenschaft, Forschung und<br />

Kultur des Landes Brandenburg.<br />

Do 05.01.2023, 20 Uhr, Nikolaisaal<br />

<strong>KAPmodern</strong> Metamorphosen<br />

– Welle und Schwingung<br />

Györgi Ligeti Streichquartett Nr. 1 „Metamorphoses nocturnes“(1953–54)<br />

Giacinto Scelsi Okanagon (1968)<br />

Luigi Nono Das atmende Klarsein (1980–81)<br />

Morton Feldman De Kooning (1963)<br />

James Tenney Postal Pieces (1965–1971)<br />

<strong>KAPmodern</strong> Ensemble<br />

WERTkollektiv<br />

Merlin Rainer Maler<br />

Di 16.05.2023, 20 Uhr, Nikolaisaal Foyer<br />

<strong>KAPmodern</strong> Sandschleifen<br />

Isabel Mundry Dufay-Bearbeitungen (2003–2004)<br />

Sandschleifen (2003/2006)<br />

Linien, Zeichnungen für Streichquartett (1999/2004)<br />

James Tenney Postal Pieces (1965–1971)<br />

<strong>KAPmodern</strong> Ensemble<br />

Isabel Mundry im Gespräch<br />

Foto-, Video- und Tonaufzeichnungen<br />

sind während<br />

der Veranstaltungen der<br />

Kammerakademie Potsdam<br />

nicht gestattet.<br />

Karten: Ticket-Galerie<br />

Nikolaisaal Potsdam<br />

Tel. 0331 28 888 28,<br />

www.kammerakademie-potsdam.de<br />

QUELLEN<br />

• Dahlhaus, Carl: Politische und ästhetische Krierien der Kompositionskritik,<br />

in: Darmstädter Beiträge zur Neuen Musik. Mainz 1972.<br />

• Ensemble Modern: Heiner Goebbels. La Jalousie, Red Run, Herakles 2,<br />

<strong>Befreiung</strong>. CD-Booklet. ECM Records 1993.<br />

• Goebbels, Heiner: Crossover im besten Sinne, NZZ 13.10.2002.<br />

• Goebbels, Heiner: Stuttgarter Rede, 28.05.2013. www.nachtkritik.de<br />

• Groetz, Thomas: Der Komponist Jakob Ullmann. Musik an der Peripherie.<br />

Deutschlandfunk Kultur 14.07.2020.<br />

• Hobbes, Thomas: Leviathan. Stuttgart 1970.<br />

• Klemke, Peggy: Komponisten in der DDR. Staatliche Kulturpolitik in den<br />

fünfziger Jahren. Marburg 2007.<br />

• Lück, Hartmut: Musik überlebt Politik. NZZ 03.07.2003.<br />

• Lücker, Arno: Ruth Zechlin. 250 Komponistinnen, Folge 86. VAN-Magazin 11.08.2021.<br />

• Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Frankfurt/Main 1998.<br />

• Pöllmann, Rainer/Drost, Mascha: Zum Tod von Georg Katzer. Ein politischer<br />

Komponist fernab von Propaganda. Deutschlandfunk Kultur 08.05.2019.<br />

• Sofsky, Wolfgang: Figurationen sozialer Macht. Frankfurt/Main 1994.<br />

• Stenzel, Jürg: Standhaft und frech Einspruch erhoben. FAZ 07.12.1995.<br />

• Ullmann, Jakob: wird Schönbergs pfeil fliegen? in: MusikTexte 27 (1989).<br />

• Ullmann, Jakob: disappearing musics. CD-Booklet. rz-edition Berlin.

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