Leibniz, Akademie-Ausgabe, 1704--1716

N. 96 transkriptionen 1703–1716 115
Dero wehrtes vom 10 dieses habe zu recht erhalten, und gleichwie ich gegen H. Professor
Voigten und seinen H. Collegen nichts anders gethan, als was meiner schuldigkeit
gemäß geachtet, also möchte wündschen daß ihnen mit Nuzen dienen köndte, wobey an
meinem guthen willen nichts ermanglen laßen werde. Es scheinet daß man ihre Unschuld
sehe, aber dilatoria effugia ergreiffen, und daß das übel von denen hehrrühret, denen es 5
leid zu sehen daß unsere kirchen und schuhlen wohlstehen. Weil aber in Siebenbürgen dieser
wohlstand mit dem Kayserl. interesse verknüpfet, so hoffe es werde dem übel gesteüert
werden, und die Restitution erfolgen.
Wegen communication des Leipzigischen Responsi contra Pietismum bedancke mich
dienstlich. 10
Wie kan man die jenigen vor glieder einer Neüen secte halten, die keine dogmata
improbata haben, sondern sich zu den libris symbolicis bekennen, und praxim christianam
gebührend treiben.
Wenn des H. Voigts und Collegen restitution erfolget, wie denn solches meines
ermeßens beständig zu treiben, so ist dies die beste Apologi in Ungarn und Siebenbürgen 15
gegen den vermeinten Pietismum.
Es ist mir aus England ein entwurff eines werckes zukommen, welches den titel haben
soll: Corpus Legum de moribus reformandis, und von einem gewißen H. Johann Disney zu
Lincoln hehrkomt. Und will man darein bringen die guthen leges et statuta, die sich hin
und wieder dießfals finden, quae Adulteria, Scortatus, � � � ���� ����� � ��, Ebrietatem, 20
Blasphemias, Execrationes, Perjuria Cultus Divini et diei dominicae contemtum, Alearum
Lusus, Duella, Historinum turpia et profana, Mendicantium otia et improbitatem
coercent.
Aber das wichtigste ist, meines ermeßens das man die Erziehung der jugend zu
verbeßern trachte. Daher ich allezeit gewündschet, daß das werck der Gottesfurcht mit der 25
beforderung der wißenschafften wohl vereiniget werden möchte. Zumahlen die wißenschafften
das beste liecht geben zu der Natürlichen Erkentniß Gottes, dadurch die offenbarte Religion
befordert und bestarcket, und vermittelst der aüserlichen betrachtungen der gottlichen
wercke die innerliche gnade der gottlichen liebe mehr und mehr erwecket wird, wie
ich in meiner Theodicaea mit großer genehmhaltung vornehmer Leüte in verschiedenen 30
Religions Partheyen erwiesen, ob schon H. D. Budaeus ein und anders (dabey keinen
grund sehe) einstreüen wollen.
Kayserl. M t sind geneigt eine societät der Wißenschafften zu fundiren, und wollen
sich meines Raths darinn bedienen. Ich wündsche die sache also zu faßen, daß auch Sie
1. 9. 2005