Leibniz, Akademie-Ausgabe, 1704--1716
Leibniz, Akademie-Ausgabe, 1704--1716
Leibniz, Akademie-Ausgabe, 1704--1716
- TAGS
- leibniz
- bobson.ludost.net
You also want an ePaper? Increase the reach of your titles
YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.
N. 90 transkriptionen 1703–<strong>1716</strong> 103<br />
90. AUGUST HERMANN FRANCKE AN LEIBNIZ<br />
, 10. Januar 1714.<br />
Überlieferung: K Abfertigung:<br />
Hochwohlgeborner,<br />
Gnädiger Herr, 5<br />
Ew. Excell. mit gegenwärtigem zu behelligen veranlasset mich die affaire des bishergen<br />
Prof. Voigten von Hermannstadt, der mir berichtet, welcher gestalt er nebst dem, der<br />
gleiche fata mit ihm gehabt, in Wien zu Denenselben seine Zuflucht genommen, und bey<br />
seiner ihm bewusten gäntzl. innocentz dero besonderes patrocinium nach seinem Wunsch<br />
gefunden habe. Wie nun diese beyden leute, als meine einige Iahre gewesene Haus- und 10<br />
Tischgenoßen von mir geliebet worden, und ich mich wohl versichert halte, daß sie in<br />
ihrem Amte weder in lehr noch im leben etwas werden vorgenommen haben, dadurch<br />
sie das ihnen wiederfahrne harte tractament verdienet haben solten; also erkenne ich<br />
mich für alle hohe Gunst und gnade, so Ew. Excell. ihnen erzeiget, Denenselben zum<br />
allerhöchsten verbunden, glaube auch, daß wie Gott ein gerechter Gott ist; also werde 15<br />
er dieses Werck der liebe, und dieser Vertheidigung der Unschuld nicht vergeßen, sondern<br />
es ihnen in der Ewigkeit überschwengl. vergelten; Warum ich denn auch den großen<br />
Gott in meinem armen Gebeth demüthigl. anflehe; Ew. Excell. aber bitte ich unterthänig<br />
nicht nur in dieser hohen affection gegen die redlichen Männer zu verharren; sondern ihnen<br />
auch guten Rath zu ertheilen, wie sie sich zu möglichster redressirung ihrer Sache 20<br />
weislich zu verhalten haben.<br />
Mithin giebet mir eben diese Sache gelegenheit Ewer Exell. das bisherige anliegen<br />
unserer Theologischen Facultaet hieselbst zuversichtlich zu eröffnen. Es haben neml. in<br />
vorigen Iahren so wol Ungarn, als Siebenbürgen in ziemlicher Anzahl alhier studiret ; und<br />
wie sie fast sine exceptione unserm Rath und anführung gantz willige Folge geleistet, daß 25<br />
sie so wol in studiis gehörigen Fleiß erwiesen, als sich eines christl. Wandels befließen: So<br />
haben wir ihnen auch mit beneficiis vor andern unter die Arme gegriffen, daß sie demnach<br />
nicht ohne erlangten guten Nutzen wieder von hier wegekommen. Es ist uns auch nicht<br />
ein einiges exempel bekant worden, daß sie sich nachhero in ihrem Vaterlande, es sey<br />
in Ungarn oder in Siebenbürgen, übel verhalten haben solten. vielmehr ist dieses die 30<br />
Frucht der hier genoßenen Anführung gewesen, daß sie nicht zänkisch und haderhaftig<br />
sich erwiesen, sondern mit ihrem guten Wandel ihre Wercke erzeiget, und die ihnen<br />
1. 9. 2005