Sicherheit Sécurité Sicurezza - Swissi
Sicherheit Sécurité Sicurezza - Swissi
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fen sich maximal 100 Staubpartikel befinden.<br />
Um das sicherzustellen, kommen<br />
spezielle Klimatechniken zum Einsatz. Turbulenzarme<br />
Strömungsluft, ein hoher Luftdurchsatz<br />
sowie mehrstufige Filter sorgen<br />
dafür, dass Verunreinigungen umgehend<br />
aus der Luft eliminiert werden. Zudem werden<br />
weitere Parameter wie die Temperatur<br />
oder die Luftfeuchtigkeit konstant überwacht,<br />
sodass die empfindlichen Datenspeicher<br />
problemlos geöffnet und bearbeitet<br />
werden können. Und das ist bei Kroll<br />
Ontrack in Wallisellen Sache von Christine<br />
Hammer. Die studierte Chemikerin amtet als<br />
Manager Cleanroom.<br />
Jeder Fall eine Herausforderung<br />
Einen standardisierten Ablauf bei der<br />
Datenrettung gibt es nicht, wie Hammer<br />
festhält: «Angesichts der rasanten technologischen<br />
Entwicklung, der Vielfalt der Betriebssysteme,<br />
Datenträger und möglicher<br />
Ursachen stellt jeder einzelne Fall eine<br />
neue Herausforderung dar.»<br />
Grundsätzlich steht aber am Anfang jeder<br />
Datenrekonstruktion die optische Prüfung:<br />
Per Augenschein oder mit dem Mikroskop<br />
sucht die Datenretterin beispielsweise<br />
bei Festplatten die Magnetscheiben,<br />
die Schreib-Leseköpfe, die Motoren, die<br />
Steuerungselektronik und alle anderen<br />
Komponenten auf mögliche Beschädi -<br />
gungen ab. Mit Spezialreinigern, welche<br />
die sensiblen Platten nicht beschädigen,<br />
befreit sie sämtliche Teile von Staub oder<br />
Russpartikeln. Defekte Komponente ersetzt<br />
sie durch neue und bedient sich dafür<br />
im riesigen hauseigenen Ersatzteillager,<br />
in dem alle gängigen Festplattenmodelle,<br />
Controllerplatinen, Magnetköpfe und sonstige<br />
Bestandteile gehortet werden.<br />
Sobald die Datenretterin dem Speichermedium<br />
ein letztes Mal Leben eingehaucht<br />
hat, versucht sie, alles was an Informationen<br />
noch physisch vorhanden ist, auf einen<br />
intakten Datenträger zu übertragen.<br />
Sie erklärt: «Um weitere Beschädigungen<br />
zu vermeiden, erfolgt der Wiederherstellungsversuch<br />
grundsätzlich nicht am Original,<br />
sondern an dessen Kopie, dem sogenannten<br />
Image.»<br />
Mit dem Kopiervorgang ist Hammers Arbeit<br />
beendet, und die Softwareingenieure<br />
von Kroll Ontrack treten auf den Plan. Ihre<br />
Aufgabe ist es, aus dem Chaos aus Nullen<br />
und Einsen wieder brauchbare Datenstrukturen<br />
zu extrahieren. «Das gleicht<br />
zuweilen einem wahren Detektivspiel»,<br />
sagt Liistro. Deshalb müssten sich die Ingenieure<br />
mit der gesamten Palette an Speichertechniken,<br />
der jeweiligen Firmware<br />
des Datenträgers sowie der je nach Betriebssystem<br />
und Medium unterschiedlichen<br />
Datenorganisationen auskennen.<br />
Ist das Datenpuzzle schliesslich wieder<br />
zusammengesetzt – was laut Liistro in<br />
87% der Fälle gelingt –, erhält der Kunde<br />
seine Informationen in verschlüsselter<br />
Form auf DVD oder Festplatte zugestellt.<br />
Damit soll ein möglicher Datenmissbrauch<br />
verhindert werden.<br />
Nicht billig, aber wertvoll<br />
Eine Datenrettung ist in der Regel nicht<br />
ganz günstig – laut Liistro hängt der Preis<br />
unter anderem von der Art des Speicher-<br />
mediums und des Schadens sowie vom<br />
verwendeten Betriebssystem und der Datenmenge<br />
ab. Für die Rekonstruktion einer<br />
Einzelfestplatte auf Windows-Basis<br />
werden durchschnittlich 1400 Franken<br />
fällig. Hinzu kommen 125 Franken für die<br />
Erstdiagnose. Hierbei erhält der Auftraggeber<br />
neben dem Kostenvoranschlag eine<br />
detaillierte Liste mit den noch zu rettenden<br />
Daten.<br />
Die Datenrettung ist zwar kein Schnäppchen,<br />
doch es gilt zu relativieren: Die<br />
Kosten dafür stellen nur einen Bruchteil<br />
des wahren Werts von unternehmenskritischen<br />
Daten dar: Sind Letztere plötzlich<br />
nicht mehr vorhanden, so drohen Umsatzeinbussen<br />
durch Produktionsausfälle,<br />
Lieferverzögerungen oder immaterielle<br />
Schäden wie ein Image- oder Vertrauensverlust.<br />
W<br />
| BEISPIELE<br />
Kuriose Datenverluste<br />
Jedes Jahr veröffentlicht Kroll Ontrack eine Hitparade<br />
der kuriosesten Fälle von Datenverlusten,<br />
welche die Datenretter in ihren weltweit<br />
32 Niederlassungen gelöst haben. Ein Auszug:<br />
• Knuspriges Notebook: Um sein Notebook<br />
vor Langfingern zu schützen, versteckte ein<br />
Mann das Gerät im Backofen. Seine Gattin<br />
schob das Poulet hinterher. Stunden später<br />
war nicht nur der Vogel, sondern auch der<br />
Rechner knusprig. Die Daten blieben jedoch<br />
frisch und wurden von den Spezialisten auf<br />
ein intaktes Speichermedium übertragen.<br />
• Bellos Irrtum: Ein Hund verwechselte ein<br />
externes Laufwerk mit seinem Kauknochen<br />
und bearbeitete es entsprechend. Die gespeicherten<br />
Daten waren für das Tier zum<br />
Glück unverdaulich und konnten wiederhergestellt<br />
werden.<br />
• Datenschiffbruch verhindert: Eine Welt -<br />
um segelung endete dramatisch: Am letzten<br />
Tag der Reise kenterte das Boot mitsamt Notebook.<br />
Sowohl die Besatzung als auch die gewässerten<br />
Daten konnten gerettet werden.<br />
• Wilde Westernhelden: Bei der Nachproduktion<br />
eines Westernfilms setzte sich ein<br />
Festplatten-Headcrash in Szene. Unglücklicherweise<br />
hatten die Westernhelden kein<br />
Backup angelegt und die harte Arbeit eines<br />
ganzen Jahres schien in Gefahr. Kroll Ontrack<br />
gelang die Rekonstruktion der Daten – der<br />
Film ist mittlerweile auf DVD erschienen.<br />
63 SICHERHEIT 2009_2