Sicherheit Sécurité Sicurezza - Swissi
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Erika Meili<br />
ist Redaktorin beim<br />
<strong>Sicherheit</strong>sinstitut.<br />
SICHERHEIT 2009_2<br />
4<br />
SECURITY<br />
Schwieriger Umgang<br />
mit aggressiven Klienten<br />
Immer wieder werden Verwaltungsangestellte von Klienten bedroht oder gar angegriffen.<br />
Während sich grosse Städte wie Zürich gewappnet haben, investieren kleinere Gemeinden<br />
oft erst dann in die Prävention, wenn etwas passiert ist. Sogar bei der Planung<br />
von Gebäuden oder bei Renovationen, wenn baulich-technische Massnahmen am einfachsten<br />
umzusetzen wären, wird die <strong>Sicherheit</strong> vernachlässigt.<br />
Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen:<br />
Verwaltungsangestellte mit direktem<br />
Kundenkontakt leben gefährlich. Besonders<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Sozialdiensten<br />
werden von verärgerten «Klienten» – so<br />
der Fachjargon – immer wieder beleidigt, bedroht<br />
oder angegriffen. Einzelne haben ihren Einsatz sogar<br />
mit dem Leben bezahlt, z.B. 1997 die Vorsteherin<br />
des Sozialamts in Schötz (LU) oder 2004 der Sozialvorsteher<br />
in Escholzmatt (LU).<br />
Doch nicht nur Sozialarbeiter sind betroffen. Auch<br />
RAV-Mitarbeitende, Angestellte von Betreibungsund<br />
Konkursämtern, Pflegepersonen, Ärzte und<br />
Lehrer berichten von aggressiven Klienten. «Konflikte<br />
gibt es überall, wo Kontakte mit Kunden in<br />
Not bestehen», sagt Hugo Schenk von der Kriminalberatung<br />
der Stadtpolizei Zürich. «Kürzlich ist in<br />
einer Zürcher Schulzahnklinik ein Vater ausgerastet,<br />
weil er mit der Behandlung seines Kindes nicht<br />
einverstanden war.» Er hat den Eindruck, dass<br />
Drohungen und Gewalt gegenüber Ämtern, aber<br />
auch gegenüber Unternehmen in den letzten drei<br />
bis vier Jahren zugenommen haben, denn die<br />
Nachfrage nach Beratung sei gestiegen. Ähnliche<br />
Beobachtungen macht auch der Direktor des<br />
Schweizerischen Gemeindeverbands Ulrich König:<br />
«Das Problem hat zugenommen, das zeigen Gespräche<br />
mit Angestellten unserer Mitglieder. Wir<br />
haben im Sinn, zu diesem Thema eine Tagung mit<br />
Praxisbeispielen von Schutzmassnahmen durchzuführen.»<br />
Unzuverlässige Zahlen<br />
Statistisch lässt sich der Trend allerdings nicht belegen.<br />
Zwar führt das Bundesamt für Polizei in seiner<br />
Kriminalstatistik die Straftat «Gewalt und Drohung<br />
gegen Behörden und Beamte» auf, und ihre<br />
Zahl hat sich in den letzten zehn Jahren vervier-<br />
facht: Von etwa 400 Mitte der 90er-Jahre stieg sie<br />
kontinuierlich auf 1643 im Jahr 2007. Doch die<br />
Zahlen seien mit Vorsicht zu interpretieren, sagt<br />
Gabi Maurer vom Bundesamt für Statistik. Denn jeder<br />
Kanton definiert und erfasst die Kriminalität<br />
auf seine Weise. Der Kanton Zürich etwa zählt die<br />
Straftaten, während andere Kantone nur die Anzahl<br />
Fälle angeben (wenn pro Fall mehrere Personen<br />
angegriffen worden sind, so kann jeder dieser<br />
Angriffe als einzelne Straftat gezählt werden). Zudem<br />
ist bis jetzt nicht klar geregelt, ob in der Statistik<br />
neben Angriffen auf Polizisten auch solche<br />
gegen Verwaltungsangestellte aufgeführt werden.<br />
«Bestimmt ist man heute auch sensibilisierter als<br />
früher und erstattet eher Anzeige», gibt Gabi Maurer<br />
weiter zu bedenken. Um die kantonalen Statistiken<br />
zu vereinheitlichen, läuft jetzt eine Revision<br />
der Kriminalstatistik; zuverlässige Zahlen sollen<br />
erstmals 2010 vorliegen.<br />
Verbale Ausraster sind häufig<br />
Dass der Ton rauer geworden ist, bestätigen aber<br />
auch Verwaltungsangestellte, darunter die Sozialarbeiterin<br />
Susanne Zaugg (Name geändert) bei den<br />
Sozialen Diensten der Stadt Zürich: «Der Respekt<br />
vor den Ämtern hat in den letzten Jahren abgenommen.»<br />
Auslöser für Drohungen oder Gewalt sei<br />
meistens eine starke Verunsicherung der Klienten,<br />
z.B. weil sie sich in existenzieller Not befänden oder<br />
man ihnen die Kinder wegnehmen wolle. «Manche<br />
wollen auch einfach etwas durchsetzen oder lassen<br />
sich von einer Frau nicht gerne Auflagen machen.»<br />
Persönlich ist Susanne Zaugg noch nie physisch<br />
angegriffen und nur selten physisch bedroht worden.<br />
Häufig erlebt sie jedoch verbale Ausraster:<br />
«Ich bekomme unglaubliche Beleidigungen zu<br />
hören, die ich nicht wiederholen möchte.» Manchmal<br />
lassen ihre Klienten auch einfach die Anrede