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Sicherheit Sécurité Sicurezza - Swissi

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SICHERHEIT 2009_2<br />

44<br />

GESUNDHEIT AM ARBEITSPLATZ<br />

| WAS UNTERNEHMEN TUN KÖNNEN<br />

Kommunikation lindert Angst<br />

Die Angst vor Jobverlust und Umstrukturierungen<br />

und ihre negativen Auswirkungen könnten reduziert<br />

werden, schreibt die Europäische Agentur für <strong>Sicherheit</strong><br />

und Gesundheit. Besonders wichtig sei, dass die<br />

Arbeitnehmer rechtzeitig über die bevorstehenden<br />

Änderungen informiert würden, auch wenn die Information<br />

schmerzlich sei. Doch Unsicherheit sei<br />

schlimmer als Gewissheit. Dank angemessener Information<br />

könnten sich die Arbeitnehmer an die neue<br />

Situation anpassen.<br />

Aber nicht nur vor, sondern auch nach dem Stellenabbau<br />

sei eine gute Kommunikation wichtig, um die<br />

verbleibenden Arbeitnehmer von der <strong>Sicherheit</strong> ihrer<br />

Stelle zu überzeugen. Denn der Arbeitsplatzverlust<br />

stresst nicht nur jene, die entlassen werden, sondern<br />

auch die zurückbleibende Belegschaft.<br />

Eine Möglichkeit sei es auch, die zu entlassenden<br />

Mitarbeiter bei der Arbeitssuche oder Neuorientierung<br />

zu unterstützen, indem ein entsprechendes<br />

Beratungs unternehmen zu Hilfe geholt werde.<br />

Grundsätzlich könne man Arbeitnehmer vor der Arbeistunsicherheit<br />

schützen, wenn man sie ausbilde,<br />

flexibel und offen für Veränderung zu sein.<br />

http://osha.europa.eu/en/publications/reports/7807118<br />

«Bund» und «Berner Zeitung» zu einem Gespräch<br />

eingeladen, als diese einen massiven Stellenabbau<br />

erwartet hatten. «Unser Angebot stiess auf grosses<br />

Interesse», sagt Stephanie Vonarburg, Zentralsekretärin<br />

der Comedia: «Es ist nur schon wichtig, zu<br />

sehen, dass es den anderen ähnlich geht. Wichtig<br />

ist aber auch die Frage, wie jeder Einzelne sich organisieren<br />

und mitwirken kann. Und wir wollen<br />

mit solchen Treffen verhindern, dass Redaktionen<br />

gegeneinander ausgespielt werden.» Gefühlsmässig<br />

sind Austausche dieser Art bestimmt relevant.<br />

Faktisch können die einzelnen Betroffenen kaum<br />

etwas bewirken: Jeder Einzelne ist abhängig von<br />

Entscheiden, die ohne sein Dazutun gefällt werden.<br />

Die damit verbundene Ohnmacht trägt somit kafkaeske<br />

Züge und ist entsprechend unangenehm.<br />

Als Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik<br />

Zürich hat Daniel Hell bereits vor zehn Jahren auf<br />

die Folgen der Flexibilisierung der Arbeitswelt aufmerksam<br />

gemacht. «Der flexible Mensch», das<br />

Buch des amerikanischen Soziologen Richard Sennett,<br />

war für ihn damals ein Augenöffner. Hell, der<br />

heute das Kompetenzzentrum «Depression und<br />

Angst» der Privatklinik Hohenegg leitet, wies beispielsweise<br />

darauf hin, dass die heutige Arbeitswelt,<br />

in der Treue, Routine, Stabilität und Verlässlichkeit<br />

keine hohen Werte mehr darstellen,<br />

insbesondere psychisch labilen Menschen zum<br />

Verhängnis werden kann. «Die Angst um den Arbeitsplatz<br />

ist ein Faktor, der psychische Erkrankungen<br />

verstärkt», sagt Hell: «Unsicherheit, das<br />

Gefühl, nicht mehr geschätzt zu sein, gefordert zu<br />

sein, ohne positive Feedbacks zu erhalten, all dies<br />

ergibt einen sogenannten Verstärkerverlust.» Depressionen<br />

und Angststörungen können die Folge<br />

davon sein. Die beiden Krankheitsbilder sind etwa<br />

gleich oft anzutreffen.<br />

Besser deprimiert als manisch<br />

Welche präventiven Massnahmen sieht der Psychiater?<br />

«Ideal wäre, den übermässigen Stress zu<br />

beseitigen, aber das ist leider selten möglich», lautet<br />

Hells Antwort. Bei leichten bis mittelschweren<br />

Depressionen sei eine Psychotherapie mindestens<br />

ebenso hilfreich wie eine medikamentöse Behandlung<br />

mit Antidepressiva. Ziel einer Psychotherapie<br />

sei in jedem Fall ein besseres Coping, ein hilfreicherer<br />

Umgang mit der Situation. Zumal, laut Hell,<br />

für die meisten Patienten der soziale Stress der<br />

Hauptfaktor ist; die Angst, nicht mehr dazuzugehören,<br />

ausgeschlossen zu werden. Denn obwohl sich<br />

die Krise in der ganzen Bevölkerung niederschlägt,<br />

wird sie vom Einzelnen primär als persönlich erlebt.<br />

Einen kleinen Lichtblick in Bezug auf die allgemein<br />

grosse Angst vor Arbeitslosigkeit eröffnet Daniel<br />

Hell dennoch: Schlimmere Auswirkungen als Deprimiertheit<br />

und leichte Depressionen hat ein<br />

manisches, angetriebenes Verhalten mit übertriebenen<br />

Machbarkeitsvorstellungen. «Wer den Tatsachen<br />

nicht ins Auge sieht und sich unkritisch<br />

überschätzt, läuft grössere Gefahr, in Not zu kommen<br />

und auch Angehörige in Not zu bringen, als<br />

wer vorübergehend bedrückt innehält, um in einer<br />

ihn überfordernden Situation keinen falschen<br />

Schritt zu tun.» Im interkulturellen Vergleich werde<br />

der Schweizer oft als Person gesehen, die eher zum<br />

depressiven Pol neige, meint Hell: «Wir sind etwas<br />

vorsichtiger, zurückhaltender und üben uns eher in<br />

der Selbstkritik. In Krisenzeiten kann das auch ein<br />

Gütezeichen sein. Was wir aber auch brauchen,<br />

sind politische Hoffnungsträger und gegenseitige<br />

Unterstützung.» W

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