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Sicherheit Sécurité Sicurezza - Swissi

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überzeugt habe, dass im Stall keine Tiere untergebracht<br />

seien. Hätte er nur den leisesten Verdacht<br />

erhalten, unschuldige und ihm sehr liebe Tiere<br />

könnten Schaden erleiden, hätte er mit <strong>Sicherheit</strong><br />

niemals Feuer gelegt.<br />

Abklärungen im Kriegsgebiet<br />

1999 hatte ich die einmalige Gelegenheit, als Experte<br />

an den beiden Schweizermissionen im Kosovo<br />

teilzunehmen. Der erste Einsatz, unmittelbar<br />

nach dem Ende der NATO-Angriffe, sollte der Ermittlung<br />

von Straftaten dienen, worunter sich auch<br />

Brandstiftungen befanden. Arbeit im Kriegsgebiet<br />

war völlig neu für uns. Eine Ortschaft, vollständig<br />

durch Feuer zerstört, sollte analysiert werden. Wie<br />

aber konnten wir zu verbindlichen Schlussfolgerungen<br />

gelangen, wenn die Bewohner entweder<br />

getötet worden waren oder sich noch auf der Flucht<br />

befanden? Wir hatten die Grenzen unseres Könnens<br />

ganz einfach erreicht und mussten klein beigeben.<br />

Im Bericht an den internationalen Kriegsgerichtshof<br />

konnten wir einzig feststellen, dass z.B<br />

das Dorf mit <strong>Sicherheit</strong> nicht durch die NATO zerstört<br />

worden sei. Brandstiftung liege mit hoher<br />

Wahrscheinlichkeit vor, aber über die Täterschaft,<br />

das Tatvorgehen und die Tathintergründe könnten<br />

keine Beweise erbracht werden.<br />

Der «technische Defekt»<br />

Mein Chef hatte mir in den ersten Jahren unserer<br />

gemeinsamen Tätigkeit beigebracht, dass es bei<br />

der Polizei entweder alte oder verwegene Fahnder<br />

gebe, niemals aber alte und verwegene. Eine Lebensweisheit,<br />

die ich mehrmals persönlich erleben<br />

musste, weil ich ab und zu gegen das System dachte<br />

und entschied.<br />

An einem frühen Abend war, weit ausserhalb eines<br />

Emmentaler Dorfs, in einem schmucken Bauernhaus<br />

ein Brand ausgebrochen, ein Schadenfeuer,<br />

dem die Dorffeuerwehr nicht mehr erfolgreich zu<br />

Leibe rücken konnte. Zufälligerweise hielt ich mich<br />

nur wenige Kilometer entfernt davon auf und bestätigte<br />

der Einsatzzentrale, dass ich mich vor Ort<br />

begeben würde, obschon dies nicht der Regel entsprach.<br />

Nur nach Ereignissen mit Toten, Vermissten<br />

oder Verletzten intervenierten wir ohne zeitlichen<br />

Verzug. Dort angekommen hörte ich mich bei<br />

den Bewohnern um, die bis auf wenige Habseligkeiten<br />

alles verloren hatten. Am folgenden Tag unterstützten<br />

mich einige Mitarbeiter meines Dezernats<br />

«Brände & Explosionen» am Brandort, und<br />

wir gelangten zum Schluss, dass mit sehr hoher<br />

Wahrscheinlichkeit drei Kinder im Alter von drei<br />

bis fünf Jahren den Brand verursacht hatten.<br />

Was nun? In ländlichen Zonen besteht die Gefahr,<br />

dass solchen Kindern Übernamen zugeordnet werden,<br />

die sie während Jahrzehnten mittragen müssen,<br />

hier z.B. Feuerhans und Feuergretli. Ich entschloss<br />

mich daher, mit den Eltern ein Gespräch zu<br />

führen, ihnen dabei mitzuteilen, dass ihre Kinder<br />

offenbar auf der Heubühne mit offenem Feuer gespielt<br />

und dabei den Grossbrand verursacht hatten.<br />

Als Ursache würde ich einen technischen Störfall<br />

bekanntgeben, allerdings verbunden mit der<br />

Auflage an die Eltern, zu einem späteren günstigen<br />

Zeitpunkt mit den Kleinkindern ein sachbezogenes<br />

Gespräch zu führen. Ich wollte mit allen Mitteln<br />

verhindern, dass die Heranwachsenden später<br />

durch Schuldgefühle oder nicht verarbeitete traumatische<br />

Erinnerungen in ihrer Entwicklung gestört<br />

würden.<br />

Dieses gewagte Unternehmen hat funktioniert:<br />

Noch nach Jahren verbinden mich persönliche<br />

Kontakte mit der Familie. Die Kinder sind inzwischen<br />

schulentlassen, und niemand hängt ihnen<br />

eine Brandstiftung an, die ja gar keine war. Es gibt<br />

eben zwei Sorten Fahnder…<br />

Schlussgedanken<br />

Der Brandfahnder benötigt eine hohe Sozialkompetenz.<br />

Wenn nötig, muss er unnachgiebig Spuren<br />

suchen, seine Mutmassungen und Schlussfolgerungen<br />

unbedingt im Team besprechen und prüfen lassen.<br />

Eine Fehlbeurteilung kann unter Umständen<br />

für einen zwar Verdächtigen, aber im Prinzip Unschuldigen<br />

schwerste Folgen haben. Der Ermittler<br />

geht als einsamer Wolf seiner Arbeit nach, muss<br />

aber auch am Schicksal der Geschädigten teilhaben<br />

und als Helfer und Vermittler wirken, wenn er<br />

seinen Job mit Herzblut betreibt. W<br />

W<br />

… wird nach und<br />

nach zum Informationseldorado<br />

der<br />

Brand fahnder.<br />

W<br />

… devient peu à peu<br />

l’eldorado d’infor -<br />

mations de l’inspecteur<br />

du feu.<br />

W<br />

… si trasforma a poco a<br />

poco in un Eldorado<br />

di informazioni per gli<br />

investigatori che<br />

indagano.<br />

35 SICHERHEIT 2009_2

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