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Spectrum_02_2022

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gar häufiger mit Kopfschmerzen zu kämpfen

hatten. Auch Studien in der Schweiz zeigen,

dass immer mehr Schüler*innen unter Leistungsdruck

leiden.

«Hilf mir, es selbst zu tun.»

Die Frage, ob Noten nicht eher mehr Schaden

anrichten als helfen, stellt sich immer

wieder. Doch wie sollen Lehrpersonen die

Schüler*innen bewerten, wenn sie nicht auf

Noten zurückgreifen können? Die Antwort

ist eigentlich nicht schwer zu finden. Alternative

Schulsysteme gibt es schon lange. Das

wohl bekannteste darunter ist die Montessoripädagogik,

die 1907 von der Italienerin

Maria Montessori entwickelt wurde und die

Montessori-Schulen bis heute anwenden.

Die Leitidee der Pädagogik ist, dass Kinder

ihre eigenen Lernerfahrungen machen sollen,

und zwar dann, wenn sie dazu bereit

und motiviert sind: «Das Kind als Baumeister

seiner selbst». Dies bedeutet, dass jedes

Kind individuell das Tempo, den Inhalt und

die Methode des Lernens wählt. Die Kinder

können sich freier bewegen und die Lehrpersonen

unterstützen ihre selbstbestimmten

Lernprozesse.

Lehrpersonen in Montessori Schulen verteilen

keine Noten. Einerseits führt die Idee,

dass jedes Kind individuelle Lernerfolge erlangen

soll, dazu, dass Prüfungen nicht von

ganzen Klassen gleichzeitig geschrieben

werden. Kinder sollen selbst einschätzen,

wann sie eine Prüfung ablegen wollen, was

den Druck verringern kann. Andererseits

werden die Bewertungen der Leistungen

differenzierter an jedes Kind angepasst

ohne einheitlichen Notenmassstab. Gerade

in Fächern wie zum Beispiel Sport, wo die

Bewertung sehr subjektiv sein kann, hat dies

positive Auswirkungen. Der direkte Notenvergleich

bleibt aus und kann daher nicht

zu Stress oder negativen Gefühlen führen.

Doch bloss, weil der direkte Vergleich durch

Noten ausbleibt, heisst es nicht, dass Kinder

nicht einen anderen Weg finden sich zu vergleichen

und miteinander in Konkurrenz zu

treten.

Eine Welt ohne Noten…

Das Problem von Konkurrenz in der Schule

ist klar verbunden mit der Notenvergabe.

Doch Noten einfach abzuschaffen, wird die

Konkurrenz nicht aufheben. Noten sind in

der Gesellschaft tief verankert. Jede*r versteht,

dass eine Sechs super ist und eine

Vier nur genügend. Jede*r kann sich im

Notensystem irgendwie einfinden. Noten

verstärken zwar den Vergleich, Stress und

das Konkurrenzdenken in den Schulen,

doch auch ohne sie kann es dazu kommen.

Stress bei Leistungsnachweisen gibt es auch

ausserhalb der Schule. Vergleiche zwischen

unseren Mitmenschen gibt es überall, keine

Noten mehr zu verteilen, würde dies nicht

ändern. Doch alternative Varianten der Notenverteilung,

können zu weniger Stress

führen, vor allem bei Primarschüler*innen.

Die Frage nach den Auswirkungen von

Noten auf die physische und psychische

Gesundheit der Schüler*innen wird immer

wieder diskutiert und ist wichtig, um ein

motivierendes Schulumfeld zu bilden. Doch

allein die Abschaffung von Noten löst noch

keine Probleme. Die Frage ist daher eher,

wie das Konkurrenzdenken in der gesamten

Gesellschaft behandelt werden sollte. Noten

sind ein Beigeschmack eines Problems, das

grösser ist, als ob man eine Sechs oder eine

Vier in der Matheprüfung hat. P

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