Spectrum_02_2022
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DOSSIER
Text Franziska Schwarz
Foto Unsplash
Eine Sechs und doch nicht gut
genug
Notendruck in der Schule kann viel Stress und Angst bedeuten.
Alternativen gibt es, doch machen diese wirklich
weniger Druck?
"Was für eine Note hast du?", eine Frage,
die wir wohl alle schon mal gehört, oder
auch gestellt haben. Ob man in der letzten
Prüfung eine Vier oder eine Sechs hatte, ist
wichtig. Zumindest im Vergleich zu den anderen
Schüler*innen in der Klasse. Noten in
der Schule sind für uns normal. Sie gehören
nun mal einfach dazu. Was sie jedoch auch
mit sich bringen, und daher leider Teil des
regulären Schulalltags wird, ist der damit
verbundene Stress. Der Notendruck in der
Schule begleitet uns von Primarschule bis in
die Universität und kann auch noch im Berufsleben
Auswirkungen haben. Sich direkt
mitanderen zu vergleichen und daran seine
eigenen Leistungen zu messen, kann verschiedene,
teilweise auch schwerwiegende,
Konsequenzen haben. Die Diskussion rund
um Schulnoten, ihre Wirkung und Aussagekraft
ist immer im Gange. Alternativen zum
regulären Notensystem gibt es auch.
Noten als Massstab der Intelligenz?
Noten sind keine klaren Indikatoren für gute
Leistung oder Intelligenz. Sie sollen Schüler*innen
eine Momentaufnahme ihrer Leistungen
zeigen, und somit Erfolgserlebnisse
generieren. Gerade die Idee, dass durch Noten
die Intelligenz von Schüler*innen ermittelt
werden kann, ist fehlgeleitet. Jede*r hat
das schon mal erlebt: Wer an einem schlechten
Tag eine Prüfung schreibt, erhält eine
schlechtere Note als erhofft. Noten legen
nicht fest, wie intelligent jemand ist. Trotzdem
wird anhand von Noten bestimmt, in
Nervosität, Aggressivität, Schlafstörungen
und Antriebslosigkeit sind nur ein paar Beispiele
für die Auswirkungen des Schulstresses.
Bei grossem Stressgefühl kann es ausserdem
zu regelmässig auftretenden physischen
Symptomen kommen. Die Häufigsten darunter
sind Bauch- oder Kopfschmerzen,
Magen-Darm-Probleme oder auch Appetitlosigkeit.
Problematisch werden diese Dinge
vor allem dann, wenn sie Auswirkungen auf
die schulischen Leistungen haben. Umfragen
in Deutschland haben aufgezeigt, dass
fast ein Viertel der befragten Schüler*innen
im Schuljahr 2016/17 wöchentlich oder sowelche
Oberstufe ein*e Schüler*in nach
der Primarschule geht, ob eine Klasse übersprungen
oder wiederholt werden muss und
ob ein Abschluss bestanden wird oder nicht.
Die Notenvergabe ist nicht komplett objektiv.
Natürlich gibt es Notenstäbe und je nach
Prüfung Punkte zu erreichen, doch nichts ist
in Stein gemeisselt. Je nach Lehrer*in kann
sich die Notenvergabe ändern. Vor allem bei
Prüfungen, die zum Beispiel mündlich sind
oder in Essayform abgelegt werden, kann
sich je nachdem wer die Note vergibt, unterscheiden
wie jemand bewertet wird. Auch
bei der gleichen Lehrperson kann sich die
Notengabe verändern. Implizite Vorannahmen
können zu verzerrten Noten führen.
Dies bedeutet, dass Kinder aus Akademikerfamilien
oftmals als besser eingeschätzt
werden als andere. Kinder aus benachteiligten
Umfeldern werden strenger bewertet als
ihre Klassenkamerad*innen. Auch Migrationshintergrund
kann dazu führen, dass Kindern
weniger zugetraut wird. Gerade wenn
es darum geht in die Oberstufe zu wechseln,
können diese Dinge Probleme bei der fairen
Notenvergabe herbeiführen. Der Vergleich,
den solche Noten erzeugen, sagt daher wenig
darüber aus welche*r Schüler*in nun
der/die Bessere ist.
Stressgefühle in der Schule
Leistungsdruck ist der häufigste Grund für
Schulstress bei Kindern. Dieser kann durch
verschiedene Bedingungen entstehen:
Druck der Eltern, der Lehrperson oder von
den Kindern selbst. Dieser Leistungsdruck
und Stress kann schon in der Primarschule
beginnen und sich immer weiter verschlimmern,
falls nichts dagegen unternommen
wird. Noten haben dabei auch eine entscheidende
Rolle. Wenn Eltern oder Lehrpersonen
auf bessere Noten anderer Kinder
in der Klasse hinweisen, fördern sie das
Konkurrenzdenken in der Klasse. Oftmals
steckt dahinter die Idee, ein Kind zu motivieren,
belastet aber in Wirklichkeit mehr
als es motiviert. In der Sekundarstufe und
im Gymnasium kann sich der Notendruck
auch durch eine Angst des Versagens zeigen.
Viele Schüler*innen haben Angst die Eltern
zu enttäuschen und den Erwartungen nicht
zu entsprechen. Dies kann viele Betroffene
bis ins Erwachsenenleben, an die Uni oder
in den Beruf verfolgen.
14 spectrum 04.22