Spectrum_06_2021
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KULTUR
Text Helene-Shirley Ermel
Foto Kunstmuseum Bern
Porträt einer Frau im Atelier
Die Retrospektive «Meret Oppenheim. Mon Exposition»
stellt bis Februar 2022 ein Repertoire von rund 200 Werken
der Surrealistin schlechthin aus.
as Kunstmuseum Bern lädt ein
D zur ersten transatlantischen Retrospektive
des Œuvre der bedeutendsten
Schweizer Künstlerin des
20. Jahrhunderts: Meret Oppenheim.
Werke aus 50 Jahren künstlerischen
Schaffens der wichtigsten Vertreterin
des Surrealismus können sowohl
in Bern als auch in Museen in den
Vereinigten Staaten rezipiert werden.
Genau diese Besonderheit lässt
Oppenheim wiederauferstehen und
schenkt ihrer Kunst neue Aufmerksamkeit.
Impressionen ihres Lebens
Meret Oppenheim beherrschte unzählige
artistische Handwerke. Von
Malerei über das Anfertigen von
Plastiken bis zum Restaurieren von
Gemälden, aber auch vom Dichten
über das Entwerfen von Kostümen
bis hin zum Schauspielern. Schon zu
ihren Lebzeiten hielt sie Ausstellungen in
der Schweiz, sowie auch in Paris, New York
und São Paulo. Nun kehrt ihr Werk in die
Museen zurück.
«Ich realisiere die Ideen
so, wie sie mir einfallen.»
Oppenheim wurde am 6. Oktober 1913 in
Berlin geboren. Sie lebte in Süddeutschland,
Delémont, Basel und Carona, bis sie
sich entschloss, Malerin zu werden. 1932
arbeitete sie einige Zeit in Pariser Ateliers.
Im Oktober des darauffolgenden Jahres
stellte sie zum ersten Mal ihre Werke auf
einer surrealistischen Ausstellung aus und
schloss sich einem Kreis aus Künstler*innen
an. Aufgrund des nationalsozialistischen
Aufschwungs in Mitteleuropa emigrierten
jedoch viele ihrer Bekannten, der Kontakt
zu ihnen nahm ab. Diese Isolation führte bei
ihr zu einer Arbeitsblockade, einer «Krise»,
die bis 1954 anhielt. Dennoch arbeitete sie
in der Schweiz an verschiedenen Projekten
und Auftragswerken weiter.
*Bild 06*
Meret Oppenheim in ihrem Atelier, 1982
Margrit Baumann
Fotografie, Barytabzug, selengetont
18,4 x 27,7 cm
Kunstmuseum Bern, Bernische Stiftung für Foto, Film und Video
© Margrit Baumann
Ab 1954 engagierte sich Oppenheim in der
Berner Kunstszene, die sich überwiegend im
Café de Commerce einfand. Im Laufe ihrer
Karriere stellte sie auf nationalen wie auch
internationalen Vernissagen ihr Schaffen
aus. 1975 erhielt Oppenheim den Kunstpreis
der Stadt Basel. Sieben Jahre später durfte
Meret Oppenheim den Grossen Kunstpreis
Berlin entgegennehmen. Am 15. November
1985 verstarb die Künstlerin in Basel.
«Mon Exposition»
Schon seit den 1970er Jahren arbeitete Meret
Oppenheim aktiv daran, ihr Schaffen in
Retrospektiven darzustellen und ihre Entwicklung
zur zeitgenössischen Künstlerin
zu reflektieren. Selbstbewusst wandelt sie
zwischen monochromer Malerei, Pop Art
und Nouveau Réalisme, so, wie sie selbst
sagte: «Ich realisiere die Ideen so, wie sie mir
einfallen. Und woher die Einfälle kommen,
weiss man nicht. Die Idee kommt schon mit
ihrem Gewand zur Welt.»
Erstmals im Jahre 1984 war das Kunstmuseum
Bern Gastgeber der ersten grossen
Oppenheim-Retrospektive. Nun
partizipieren nebst diesem auch
die Menil Collection in Houston
sowie das Museum of Modern Art
in New York an dem transatlantischen
Ausstellungsprojekt.
Kunst ist Programm
Im Rahmen der Retrospektive
werden öffentliche Führungen
in Deutsch, Englisch und Französisch
angeboten. Von Dezember
bis Januar können drei Spezialführungen
zum Umgang Oppenheims
mit ihren Materialien besucht
werden. Ein gestalterischer
Workshop für Frauen mit und
ohne Migrationshintergrund findet
am 18. Dezember unter dem
Motto «KUNST rundum» statt.
Wer von euch selbst gern künstlerisch
aktiv ist, für den hat es am 22.
Januar den Workshop «Wolken
und Steine». Dieser sieht es vor, den Werken
Oppenheims schreibend und zeichnend näherzukommen
und sie zu ergründen. Auch
von Zuhause aus kommen Kunstgeniessende
auf ihre Kosten: Die Ausstellung bietet
ein «Digitorial» mit Photographien, Texten
und Filmausschnitten.
Noch bis zum 13. Februar ist die Ausstellung
zu besichtigen, bevor sie dann gen Westen
zieht. Die Museen in Houston und New
York stellen die Exposition bis in das Jahr
2023 aus. Wer also im Urlaub oder Austauschsemester
Heimweh spürt, darf auch
jenseits des grossen Teiches Schweizer Kultur
und Kunstgeschichte erleben. P
Informationen rund um die Ausstellung,
das Digitorial®,
Preise
und Tickets findet
ihr auf der Internetseite
des Kunstmuseums
Bern.
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