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Spectrum_03_2021

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LGBTQIA+

Text und Illustration Brigitte Gong (Illustration mit Canva erstellt)

Was hat meine sexuelle Orientierung

mit meinem Blut zu tun?

Warum dürfen Männder, die Sex mit Männern haben

(MSM), nicht Blut spenden? Wie Stigmata das Gesundheitswesen

beeinflussen.

des Risikoverhaltens und nicht aufgrund der

sexuellen Orientierung zu tätigen.

atten Sie jemals sexuellen Kontakt unter

H Männern? Hatten Sie sexuellen Kontakt

unter Männern in den letzten 12 Monaten?»

Diese Fragen stehen auf dem Fragebogen,

den ein Mann vor der Blutspende ausfüllen

muss. Wenn eine dieser Fragen mit «Ja» beantwortet

wird, kann man als Blutspender

zurückgewiesen werden.

Ein Verbot

Im Jahr 1988 wurde es Männern in der

Schweiz lebenslänglich verboten, Blut zu

spenden, sollten sie einmal Geschlechtsverkehr

mit Männern gehabt haben. Zu der Zeit

wurden in den Vereinigten Staaten erste

Fälle von AIDS entdeckt. Der erste Bericht

darüber wurde 1981 vom Centers for Disease

Control and Prevention veröffentlicht und

beschrieb die Fälle von fünf jungen schwulen

Männern, welche wegen «schwerwiegender

Infektionen» hospitalisiert wurden.

Kurz darauf berichtete The New York Times

über 41 Homosexuelle, die mit Kaposi-Sarkom

diagnostiziert wurden, einer auch bei

AIDS auftretenden Krebserkrankung, wie

man heute weiss. Die medizinische Gemeinschaft

meinte, eine Verbindung zwischen

Homosexualität und diesen Symptomen erkannt

zu haben. Sie erfand dafür den Begriff

«GRID», Akronym für «gay-related immune

deficiency». Man benutzte auch Begriffe wie

«gay cancer» oder «homosexual syndrome».

Bald erkannten jedoch Gesundheitsfachleute,

dass etwa die Hälfte der Personen,

welche an den gleichen Krankheitserscheinungen

litten, nicht homosexuell waren.

Schliesslich wurde «GRID» 1982 offiziell in

«AIDS» umbenannt, Akronym für «acquired

immune deficiency syndrome».

Eine kleine Lockerung

2016 forderte Blutspende SRK vom Schweizerischen

Heilmittelinstitut Swissmedic

die Aufhebung des Blutspendeverbots für

homosexuelle Männer – jedoch mit einer

strengen Bedingung: MSM mussten sich an

eine 12-monatige sexuelle Abstinenz vor der

Blutspende halten. Ein pauschales Blutspendeverbot

sei unnötig, da nicht die sexuelle

Orientierung, sondern allein das Risikoverhalten,

wie zum Beispiel mehrere Sexualpartner*innen

zu haben, ausschlaggebend

für das Ausschlusskriterium sein solle, meint

der Europäische Gerichtshof. Das Gesuch der

Blutspende SRK wurde dann 2017 von Swissmedic

bewilligt und das vollkommene Verbot

im selben Jahr gelockert – 29 Jahre nach

der Verbotseinführung.

«Meine Blutgruppe

könnte jedem Menschen

gespendet werden.»

Faktisch aber würden MSM trotzdem kein

Blut spenden dürfen, meint PINK CROSS,

der Schweizer Dachverband der schwulen

und bi-Männer*. Er stellte die Forderung

an Swissmedic, die 12-monatige Rückweisung

nach dem letzten Sexualkontakt bei MSM

aufzuheben und eine Beurteilung aufgrund

Ein, zwei Diskriminierungen

Vier Jahre später wurden diese Forderungen

immer noch nicht angenommen. Heute

steht auf der offiziellen Webseite der Blutspende

SRK über die 12-monatige Abstinenz

bei MSM: «Diese Frist soll sicherstellen, dass

das Risiko einer Krankheitsübertragung

weiterhin sehr tief bleibt.» Es stellt sich

aber die Frage, warum dieses Verbot nicht

auch bei Leuten greift, die heterosexuellen

Geschlechtsverkehr haben.

Diego Menendez, der sich als schwul und

cis identifiziert, wollte zweimal sein Blut

spenden und wurde immer abgewiesen. Er

erklärt: «Ich ging mit meinem Freund zur

Blutspendenstation. Wir hatten keinen sexuellen

Kontakt mit anderen Männern und

hatten auch keine sexuell übertragbaren

Krankheiten, was wir zuvor getestet hatten.

Nachdem wir den Fragebogen ausgefüllt haben,

hat das Personal gesagt, dass wir Antihistamin

im Blut hätten und deswegen zur

Zeit nicht spenden dürften. Später gingen

wir wieder hin und hatten immer noch kein

Risikoverhalten begangen. Das Personal verweigerte

uns die Blutspende ein zweites Mal

und sagte uns, dass wir auf einer roten Liste

seien und lebenslänglich nicht mehr Blut

spenden dürfen.» Ohne den beiden genau zu

erklären, was falsch an ihrem Blut ist, seien

sie abgewiesen worden. «Ich finde das wirklich

schade. Sowohl meine als auch die Blutgruppe

von meinem Freund könnte jedem

Menschen gespendet werden.» P

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