Spectrum_03_2021
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Noch Potenzial
Die Effekte, die kunsttherapeutische Methoden
auf uns haben können, sind demnach
mitunter gravierend – im positiven
Sinne. Menschen, die in der Kunsttherapie
tätig sein wollen, brauchen also nicht selten
ein dickes Fell und viel Flexibilität. Aus
diesem Grund müssen angehende Kunsttherapeut*innen
bereits mindestens zwei
Jahre Berufserfahrung im Sozial- oder Gesundheitswesen
und zwingend Therapieerfahrung
mitbringen. Fester Bestandteil
ist während der Ausbildung ausserdem die
Selbsterfahrung der therapeutischen Methoden,
um die Seite der Patient*innen besser
nachvollziehen zu können.
Und wie sieht es bei der öffentlichen Wahrnehmung
des Berufs aus? «Dafür, dass die
Kunsttherapie eine so wirkungsvolle Methode
für den Umgang mit uns selbst und
mit Veränderungen sein kann, wird sie derzeit
noch etwas stiefmütterlich behandelt.
In ihrer Anwendung gibt es noch grosses
Potenzial», sagt Steffen. P
zur Fotografie ist alles möglich. Angesetzt
wird bei den Vorlieben und -kenntnissen
der Patient*innen.
Aus ihrem Alltag als Therapeutin haben
sich bei Steffen so einige Anekdoten angesammelt.
«Ich erinnere mich an eine stark
traumatisierte Patientin, die in ihrer Kindheit
schweren Missbrauch durch ihren Vater
erfahren hat. Diese Erfahrungen hatte
sie derart internalisiert, dass ihre partnerschaftlichen
Beziehungen regelmässig
scheiterten.» Zutiefst frustriert und an
einem weiteren Tiefpunkt angekommen,
kam die Patientin in eine Einzeltherapiestunde
zu Silvia Steffen. Da habe sie sich
ihren Schmerz von der Seele gemalt. «Und
alles war erlaubt. Sie hat ihrem Vater die
Papieraugen ausgestochen und sein Bild kastriert.
Das war einerseits schockierend und
hat ihr viel Stärke abverlangt, ihr aber auch
ein langfristiges Gefühl der Befreiung, der
Erleichterung und des Loslassens gegeben.»
Silvia Steffen ist diplomierte Kunsttherapeutin,
Heilpraktikerin und Supervisorin
bei OdA ARTECURA, der
Dachorganisation der Schweizer
Berufsverbände für Therapien mit
künstlerischen Medien. Von 1989
bis 2018 war sie in verschiedenen
psychiatrischen Kliniken tätig und
hat seit 2002 eine eigene Praxis.
Seit 2019 ist Steffen zudem Ausbildungsleiterin
für Kunsttherapie an
der Hochschule für Gestaltung in
Bern.
Edith Eggenberger ist ebenfalls diplomierte
Kunsttherapeutin und Arbeitsagogin
in Bern. Sie legt in ihren
Therapiestunden einen Schwerpunkt
auf Mal- und Gestaltungstherapie. In
diversen Weiterbildungen und mehrjähriger
Berufserfahrung richtete
sich Eggenberger auch auf die Arbeit
mit Kindern, Jugendlichen und jungen
Erwachsenen aus.
Mehr Informationen
zur Ausbildung und
zur intermedialen
Kunsttherapie findest
du hier:
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