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SPECTRUM #4 2017

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Wir wollen mehr…<br />

UNILEBEN<br />

Freiburg ist gut. Aber Freiburg kann noch besser werden. Spectrum weiss, wo es noch Verbesserungspotential<br />

gibt. ELIA KAUFMANN<br />

© Foto: pixabay<br />

Wir wollen weniger gefragt werden:<br />

„Kennsch de…äh… Fredi Frischknecht?<br />

De studiert au z’Fribourg.“ Wir<br />

wollen, dass die Leute wissen: Freiburg<br />

hat zehntausend Studierende. Wir kennen<br />

nicht jeden. Ich kenne auch diesen Fredi<br />

Frischknecht nicht. Auch wenn er in Freiburg<br />

studiert.<br />

Wir wollen nicht, dass uns die Leute sagen:<br />

„Ah du studiersch z’Fribourg. Demfall<br />

studiersch uf Französisch.“ Wir wollen,<br />

dass die Leute wissen: An der Uni Freiburg<br />

kann man zweisprachig sutdieren. Und<br />

wenn man auf Deutsch studiert, studiert<br />

man genauso viel auf Französisch wie auf<br />

Montenegrinisch. Aber auch viele der vermeintlich<br />

Allwissenden sind uns nicht viel<br />

lieber: Diejenigen die sagen: „Ah gell, in<br />

Fribourg sind fast alli zweisprochig.“ Nein,<br />

das ist weder in der Stadt noch im Kanton<br />

so. Viele Senseoberländer sprechen genauso<br />

gut Montenegrinisch wie Französisch.<br />

Wir wollen mehr sozialistische Lesezirkel<br />

und marxistische Hochschulgruppen! Ich<br />

will mich ihnen nicht anschliessen. Und<br />

ich teile diese Überzeugung nicht. Aber<br />

marxistische Hochschulgruppen gehören<br />

einfach an eine Universität. „Wer mit<br />

20 Jahren nicht Sozialist ist, der hat kein<br />

Herz“, sagte Georges Clemenceau, ein ehemaliger<br />

französischer Politiker, einst passend.<br />

Den zweiten Satz von Clemenceaus<br />

Zitat: „…wer es mit 40 Jahren noch ist, hat<br />

kein Hirn“, lassen wir vorerst mal unkommentiert.<br />

Wir wollen auch mehr Youth-Business-Clubs<br />

an der Universität Freiburg.<br />

Wir brauchen mehr Studierende, die in<br />

H&M-Anzügen Business Meetings abhalten<br />

und denken, die Wirtschaft gerate<br />

ohne sie ins Stocken. Wir erwarten auch,<br />

dass sie sich zu politischen Themen äussern.<br />

Und als mittellose Studenten lauthals<br />

gegen Steuererhöhungen protestieren.<br />

Wir wollen mehr Antrittsvorlesungen.<br />

Oder präziser ausgedrückt: Wir wollen<br />

mehr Antrittsvorlesungen mit Apéro.<br />

Oder auf den Punkt gebracht: Wir wollen<br />

mehr Apéro. Mehr Gratisverpflegung. Wir<br />

wissen: Sowas zu sagen wirkt ungebildet<br />

und sittenlos. Aber irgendwie müssen wir<br />

Studierende uns ja auch verpflegen. Brecht<br />

hat ja mal gesagt: „Zuerst kommt das Fressen<br />

und dann die Moral.“ Sowieso: Wer<br />

Brecht zitiert kann weder ungebildet noch<br />

sittenlos, sondern nur ein Feingeist sein.<br />

Wir wollen auch einmal Symbolbild sein.<br />

Oft wenn in den Zeitungen über Hochschulpolitik<br />

geschrieben wird, erscheint<br />

ein Bild der Uni Zürich. Zum Beispiel:<br />

„Schweizer Universitäten schneiden im<br />

Ranking gut ab. So die Universität Zürich.“<br />

Wir wollen auch einmal als Symbolbild<br />

dienen, wenn es um Studiengebühren,<br />

Akkreditierungsrichtlinien und Stipendienerhöhungen<br />

geht.<br />

Wir wollen unseren Crazy Monday zurück.<br />

Er war das Highlight der 2000er und<br />

frühen 2010er Jahre. Montag war Ausgehtag!<br />

Ab ins Irish Pub und tanzen zu Hits,<br />

die vor fünf Jahren hip waren. Der Crazy<br />

Monday kommt aus der Mode. Wir sagen:<br />

Crazy Monday ist Freiburger Kulturgut.<br />

Kulturgut ist auch ein Mensch, der den<br />

Crazy Monday prägte: DJ „Goton le Cool“.<br />

Seit Jahren die Allzweckwaffe im Freiburger<br />

Nightlife-Bereich.<br />

Und ernsthaft: Wir wollen etwas mehr<br />

Bern in Freiburg. Vor allem in der Nacht<br />

entfernen sich die beiden Städte voneinander.<br />

Der letzte Zug von Bern nach Freiburg<br />

fährt jeden Abend um 00:18 Uhr.<br />

Der letze Zug von Winterthur ins hinterthurgauische<br />

Guntershausen fährt um<br />

03:05 Uhr. Es wird das letzte Mal sein, dass<br />

ich jemandem empfehle, sich an Guntershausen<br />

ein Beispiel zu nehmen.<br />

4 / <strong>2017</strong><br />

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