12.12.2012 Views

Modelle und Architektur Les Maquettes d ... - Aktuell - TUM

Modelle und Architektur Les Maquettes d ... - Aktuell - TUM

Modelle und Architektur Les Maquettes d ... - Aktuell - TUM

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

Stefan M. Holzer<br />

Zusammenfassungen - Résumés - Abstracts<br />

Professor an der Universität der B<strong>und</strong>eswehr München, Institut für Mathematik <strong>und</strong><br />

Bauinformatik<br />

Modell – Lehrbuch – Baudenkmal<br />

Die Augsburger Modellsammlungen<br />

Im Augsburger Maximilianmuseum befindet sich eine Sammlung von <strong>Modelle</strong>n des<br />

17. <strong>und</strong> 18. Jahrh<strong>und</strong>erts, die europäischen Rang aufweist. Diese Sammlung umfasst<br />

nicht nur die bereits vielfach publizierten Entwurfsmodelle Elias Holls zum Rathausneubau,<br />

die aus der Modellkammer des Rathauses ins Museum übertragen worden<br />

sind; vielmehr bewahrt das Museum auch die <strong>Modelle</strong> aus den Modellsammlungen des<br />

Annagymnasiums <strong>und</strong> ganz besonders die <strong>Modelle</strong>, die im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert von den<br />

Augsburger Stadtbrunnenmeistern im Roten Tor gesammelt <strong>und</strong> ausgestellt wurden:<br />

„Auch in dem obern Brunnenthurm findet man sehr künstliche [<strong>Modelle</strong>] von allen Arten,<br />

welche die geschickten Brunnenmeister Walter <strong>und</strong> Demp, unter ihrer Anweisung,<br />

durch ihre Lehrlinge verfertigen ließen“ (Paul v. Stetten, 1779). Der hier angesprochene<br />

Walter ist Caspar Walter d. J. (1701-1769), der herausragendste der Augsburger Brunnenmeister,<br />

ein Experte im Wasserbau <strong>und</strong> in der Konzeption von Wasserversorgungsmaschinen,<br />

der als Gutachter auch in Ulm <strong>und</strong> München tätig wurde. Der Komplex der<br />

„Brunnenmeister-<strong>Modelle</strong>“ ist besonders interessant, weil Walter auch als Lehrbuchautor<br />

in Erscheinung getreten ist (Hydraulica Augustana, 1754; Architectura<br />

Hydraulica, 1765; Brücken-Bau, 1766; Zimmerkunst, 1769) <strong>und</strong> sich die Gegenstände<br />

seiner Traktate <strong>und</strong> seiner Modellsammlung überdecken. Weist das eingangs angeführte<br />

Zitat auf die Verwendung der <strong>Modelle</strong> zu Lehrzwecken, so umfasst die<br />

Augsburger Sammlung allerdings auch <strong>Modelle</strong> mit anderer Zweckbestimmung: So<br />

deuten viele Indizien darauf, dass das weltweit einzigartige Modell für das Lehrgerüst<br />

zur Einwölbung der Augsburger Annakirche vom verantwortlichen Zimmerer Johann<br />

Philipp Leupold zur Präsentation seiner technisch ausgefeilten Lösung angefertigt<br />

wurde. Das Modell zeigt ein Lehrgerüst ohne vollflächige Schalung <strong>und</strong> weist somit auf<br />

die in Altbayern nur selten anzutreffende Wölbart mit „böhmischen Kappen“, die freihändig<br />

ausgeführt werden kann. Vielleicht noch faszinierender ist das möglicherweise<br />

ebenfalls zur Entwurfspräsentation hergestellte Modell des Dachwerkes der Augsburger<br />

evangelischen Ulrichskirche. Das Dachwerk, das noch existiert, ist ein Musterbeispiel<br />

eines Dachwerkes ohne Zerrbalkenlage, <strong>und</strong> beherbergt ein weitgespanntes<br />

(18m) Holztonnengewölbe. Es wurde 1709 von Caspar Walter d.Ä., dem Vater Caspar<br />

Walters d.J., aufgerichtet. Der Sohn diskutiert das Dachwerk allerdings ebenfalls, <strong>und</strong><br />

zwar in seiner „Zimmerkunst“. Alle drei Varianten des Daches zeigen kleine konstruktive<br />

Unterschiede. Bezeichnend ist, dass Caspar Walter d.J. neben der Verwendung<br />

von <strong>Modelle</strong>n für Präsentations- <strong>und</strong> Lehrzwecke auch der Einsatz zur „Modellstatik“<br />

geläufig war: In seinem Brückenbuch bespricht er mehrere Brückenentwürfe, deren<br />

Tragfähigkeit er anhand von Probebelastungen maßstabsgerechter <strong>Modelle</strong> ermittelt<br />

habe. Damit reiht sich Walter ein in die Reihe früher „experimenteller Statiker“ von L.<br />

Ch. Sturm bis hin zu I.P. Kulibin, dem Zimmerer, der 1776 die Realisierbarkeit eines St.<br />

Petersburger Brückenentwurfes durch ein Modell zu „beweisen“ suchte. Die korrekten<br />

<strong>Modelle</strong> <strong>und</strong> <strong>Architektur</strong> - <strong>Les</strong> maquettes et l´architecture - Models and Architecture 77

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!