JOURNAL ASMAC No 5 - Octobre 2015
Jeu - Gynécologie/Douleur 24 000 signatures
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PERSPECTIVES<br />
• von Sonographie und/oder Röntgen-<br />
Thorax profitieren Arzt und Spital häufig<br />
mehr als der Patient, aber unter<br />
Druck von Patient, Arbeitgeber, Versicherung<br />
und Jurist oft nötig<br />
• Schmerzen dauern lange, tags meist<br />
drei, nachts sechs Wochen (Patienten<br />
informieren!)<br />
Therapie: Analgesie grosszügig mit<br />
Paracetamol 3 × 1 gr plus Ibuprofen<br />
3 × 600 mg. Cingulum (Rippengürtel)<br />
subjektiv oft sehr wirkungsvoll: Bei COPD<br />
und Rauchern mehrmals täglich entfernen<br />
und 2 Minuten gegen Widerstand<br />
atmen und husten lassen.<br />
CAVE! Bei zunehmender Dyspnoe/Zyanose<br />
an Spannungspneumothorax denken<br />
[8]! Wiederholte sorgfältige klinische Untersuchung<br />
(vergl. unten, Abschnitt I).<br />
C) Der Schmerz beginnt mit<br />
einer «blöden Bewegung»<br />
Beginn akut oft morgens (Zähneputzen,<br />
Aufstehen aus Bett, Rasieren, Kind hochheben).<br />
Der Schmerz ist oft, aber nicht<br />
immer lokalisiert, er strahlt gegen vorne<br />
und hinten aus und ist ausgesprochen<br />
bewegungs- und atem abhängig: Kostovertebrales<br />
Schmerzsyndrom (früher «Interkostalneuralgie»<br />
genannt). Meist kann<br />
der Schmerz durch lokalen Druck ausgelöst<br />
werden («Trigger»). Um nicht einen<br />
Herpes Zoster zu verpassen, muss die Haut<br />
im betroffenen Segment sehr exakt auf<br />
eventuelle Flecken und Bläschen untersucht<br />
werden. Weiterführende Untersuchungen<br />
sind nicht indiziert (EGK, Sono,<br />
Röntgenthorax, Labor), hingegen können<br />
wir dem Pa tienten mit Paracetamol, Ibuprofen<br />
® , ev. Cingulum (siehe Abschnitt B)<br />
helfen. Das kostovertebrale Schmerzsyndrom<br />
ist der häufigste organische Thoraxschmerz<br />
überhaupt!<br />
D) Der Herpes Zoster<br />
Der Herpes Zoster in einem thorakalen<br />
Hautsegment äussert sich nicht selten<br />
durch Schmerzen bereits zwei, drei Tage<br />
bevor Rötung und Bläschen auftreten. Es<br />
ist deshalb klug, Patienten mit einem kostovertebralen<br />
Schmerzsyndrom (C) darauf<br />
aufmerksam zu machen, sich bei<br />
Auftreten von Flecken und Bläschen zu<br />
einer Neubeurteilung zu melden. Im Alter<br />
unter 50 Jahren sind persistierende Zoster-<br />
Neuralgien ausgesprochen selten. Bei Patienten<br />
über 50 sollte eine Therapie mit<br />
Aciclovir ® diskutiert werden.<br />
CAVE! Hat der Patient Kontakt mit Patienten<br />
unter Immunsuppression, sollte die<br />
Situation dringend mit einem Infektiologen<br />
besprochen werden. Wie weit ein Herpes<br />
Zoster Hinweis auf eine maligne Erkrankung<br />
sein kann, und damit eine<br />
gezielte Abklärung rechtfertigt, ist nach<br />
wie vor nicht geklärt [9, 10, 11]. Der Herpes<br />
Zoster geniesst bei der Bevölkerung<br />
einen ausgesprochen schlechten Ruf<br />
(Neuralgien, gelegentlich Vorbote eines<br />
Lymphoms).<br />
E) Der Thoraxschmerz bei<br />
gastro-oesophagealem Reflux<br />
Er tritt vor allem beim Liegen und Bücken<br />
auf. Häufig wird der Schmerz durch «Säurelocker»<br />
(Senf, Pfeffer, Blätterteig-Gebäck,<br />
Rahm, tanninhaltiger Rotwein)<br />
provoziert. Damit ist auch die wichtigste<br />
Prävention klar: Verzicht auf die genannten<br />
Nahrungsmittel. Oft lassen sich die<br />
Beschwerden auch durch Vermeiden von<br />
Arbeit in gebückter Haltung (kauern und<br />
knien statt bücken) und durch Liegen mit<br />
erhöhtem Oberkörper vermeiden. Wie weit<br />
«Chemie statt Verzicht» mit einem Säureblocker<br />
(«-prazol») gerechtfertigt ist, ist<br />
letztlich nicht nur eine finanzielle, sondern<br />
eine ethische Frage: Wie weit lassen<br />
sich individuelle Wünsche und Bedürfnisse<br />
mit einem hohem finanziellen Aufwand<br />
rechtfertigen? «Ohne Säurelocker<br />
braucht es keine Säureblocker».<br />
CAVE: Ein akutes Koronarsyndrom (AKS)<br />
manifestiert sich oft zuerst mit «Magenbrennen».<br />
Tritt nach Verabreichung von<br />
40 mg Omeprazol plus Aluminiumhydroxyd<br />
innert 30 Minuten keine Besserung<br />
ein, muss ein AKS dringend in Betracht<br />
gezogen werden!<br />
F) Tietze-Syndrom<br />
Der heute halb informierte und völlig verunsicherte<br />
Patient ist alarmiert: Er hat<br />
unterhalb der Klavikula links eine<br />
schmerzhafte Schwellung, hat die halbe<br />
Nacht gegoogelt und kommt zum Schluss,<br />
dass es sich wohl um eine Metastase eines<br />
Prostata- oder Bronchus- Karzinoms<br />
handle, wegen der Eternitziegel auf dem<br />
Haus komme sicher auch ein Pleura-Mesotheliom<br />
in Frage. Wir beruhigen ihn,<br />
möglichst mit Bild (im «Siegenthaler» seit<br />
50 Jahren in jeder Ausgabe!), es ist ein<br />
Tietze-Syndrom. Und seit 50 Jahren wissen<br />
wir nicht, was das eigentlich ist. Sicher<br />
eine entzündliche Schwellung, die auf<br />
Verabreichung von Ibuprofen meist verschwindet,<br />
wie sie gekommen ist. Lokalisiert<br />
am Knorpel der 2., ev. 3. Rippe, häufiger<br />
links als rechts. Entzündungsparameter<br />
negativ, die überflüssige Bildgebung<br />
zeigt das, was wir sehen und palpieren:<br />
Eine Schwellung. Falls die Rippe betroffen<br />
ist, vergl. Abschnitt L.<br />
G) Die Lungenembolie<br />
Die Lungenembolie (LE) gehört nach wie<br />
vor zu den häufig «verpassten» Diagnosen<br />
[12].<br />
Viele Patienten mit einer LE sind schwere<br />
<strong>No</strong>tfälle (Zeichen von Instabilität). Die LE<br />
wird hier erwähnt, weil dem Hausarzt bei<br />
der Beurteilung der Vortest-Wahrscheinlichkeit<br />
eine hohe Bedeutung zukommt.<br />
Die Lungenembolie ist selbstverständlich<br />
kein «kleiner <strong>No</strong>tfall»!<br />
Es gibt mehrere diagnostische Scores [13]<br />
deren «Extrakt» etwa lautet: 1. Anamnese<br />
(Trauma, Geburt, Operation, Bettruhe<br />
> 24 h, lange Flug/Busreise) plus 2. Wadenschmerz<br />
(spontan oder auf Druck)<br />
plus 3. Tachycardie über 100/Min. bedeutet<br />
Lungenembolie, bis das Gegenteil bewiesen<br />
ist (in der Regel mittels Spiral-CT).<br />
Labor: D-Dimer sehr sensitiv, aber wenig<br />
spezifisch. Ein negativer D-Dimer-Test<br />
macht eine LE wenig wahrscheinlich,<br />
schliesst sie aber nicht aus [13]. Die Klinik<br />
entscheidet!<br />
Welcher Patient muss ins Spital? Jeder<br />
Patient, der instabil ist. Zeichen von Instabilität<br />
sind Dyspnoe, Cyanose, ausgeprägte<br />
Tachycardie, BD unter 100 mHg<br />
syst., Schock-Symptome, Bewusstseinstrübung,<br />
Angst, ungünstige soziale Verhältnisse,<br />
alleinstehende Menschen. Der Patient<br />
muss auch ins Spital, wenn der Arzt<br />
Angst hat, den Patienten mit einer potentiell<br />
tödlichen Erkrankung zu Hause zu<br />
betreuen! Angst ist ein schlechter Berater!<br />
Die Therapie der LE ist anspruchsvoll,<br />
siehe (neben [12] und [14]) prägnante<br />
Beschreibung bei Furger [15].<br />
H) Die Pleuritis<br />
Die Pleuritis führt zu scharfen, lokalisierten<br />
Schmerzen, verstärkt bei Husten, Niesen<br />
und tiefer Inspiration. Bei Pleuraerguss<br />
sind Stimmfremitus, Klopfschall und<br />
Atemgeräusch vermindert. Die Differentialdiagnose<br />
ist eine Herausforderung und<br />
verlangt häufig eine enge Kooperation mit<br />
dem Pneumologen und Infektiologen. Als<br />
erste Massnahme ist Paracetamol (ev.<br />
kombiniert mit Codein) und Ibuprofen<br />
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