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153 - Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

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einleitung XLVII<br />

Herzogs von Gloucester, durch den die Nachfolge Hannovers auf dem englischen Thron<br />

in greifbare Nähe rückt — scheint die siebzigjährige Kurfürstin eher zurückhaltend zu<br />

reagieren: wäre sie jünger, hätte sie Grund, sich auf eine Krone Hoffnung zu machen, so<br />

aber zöge sie der Vermehrung ihrer ” Grandeur‘‘ die Verringerung ihrer Jahre vor (N. 129).<br />

<strong>Leibniz</strong> erinnert sie freilich an die Interessen ihres Hauses und wünscht ihr eine ” gloire<br />

immortelle, d’avoir apporté une couronne à la maison de Bronsvic‘‘ (N. 130).<br />

Nur nachrangig kommt der eigentliche Grund für <strong>Leibniz</strong>’ Berlinreise, die Errichtung<br />

einer Sternwarte und die Verwirklichung des Projekts einer Sozietät der Wissenschaften<br />

(vgl. oben S. XL f.), zur Sprache. Cela manque encore à la grandeur de M<br />

” r l’Electeur de<br />

Brandeburg d’avoir tousjour un astrologue à ses costés comme les Roys des Indes‘‘, kommentiert<br />

Sophie übermütig <strong>Leibniz</strong>’ Rolle am Berliner Hof (N. 64). Daß aber die Sozietät<br />

nichts kosten darf, scheint ihr im umgekehrten Verhältnis zur Größe der Aufgaben zu<br />

stehen. Für <strong>Leibniz</strong> hofft die Kurfürstin, daß ihm seine Science‘‘ trotz des Sprichworts<br />

”<br />

” bonne renommée vaut plus que chaine dorée‘‘ mehr als seine Mitgliedschaft (anders als<br />

in Frankreich) einbringen möge (N. 86). Dieser scheint seinerseits froh zu sein, wenigstens<br />

die Auslagen, que je fais quelques fois pour le bien public, et pour l’avancement<br />

”<br />

des sciences‘‘, zurückzuerhalten (N. 93). Der realistisch denkenden Sophie erscheint allerdings<br />

eine derartige Akademie in einem Jahrhundert, das Dinge, die billig sind, nicht<br />

schätzt, wie ein Wunder (N. 98).<br />

Unüberhörbar in diesen Briefen ist jener persönliche Ton, der allein aus langer Vertrautheit<br />

und gegenseitiger Schätzung erwächst, und unübersehbar die individuellen Vorlieben.<br />

So sieht Sophie, indem sie ” ihren‘‘ <strong>Leibniz</strong> zu kennen glaubt, keinen Anlaß, ihre<br />

Spottlust zu zügeln, nachdem dieser ihr seinen Besuch im Oranienburger Porzellankabinett<br />

geschildert hat: ” c’estoit bien jecter les perles aux pourceaus de vous mener dans<br />

le Cabinett des Porzellaines‘‘ (N. 76). Andererseits verheimlicht der so Gescholtene ihr<br />

nicht, daß seine Gesundheit dem anstrengenden Hofleben in Lietzenburg kaum gewachsen<br />

ist. Selbstironisch zitiert <strong>Leibniz</strong> das Dictum Sopie Charlottes vom ” liederlich Leben‘‘<br />

(N. 87) in Lietzenburg, das Sophie in ” Lustenburg‘‘ umgetauft hat (N. 121), und deutet<br />

an, wie sehr er seine Teilnahme an den Festlichkeiten als Zwang empfindet: ” si je partois<br />

à la veille de les voir, je ferois mal ma cour‘‘ (N. 61). Sophie tröstet <strong>Leibniz</strong> nicht nur mit<br />

der Aussicht auf eine Badekur in Pyrmont, sie zeigt ihm auch unvermittelt, daß sie sich<br />

während seiner Abwesenheit Gedanken über seine (im Vorwort zu den Novissima Sinica,<br />

1699, Bl. [(7) ∗ ] v o , bereits veröffentlichte) Missionsauffassung gemacht hat: Bezüglich der<br />

Chinamission erscheint es ihr richtiger, zuerst einmal in Deutschland gute Christen heran-

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