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153 - Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

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einleitung XLV<br />

Im Rahmen der Fürstenhochzeit kommt <strong>Leibniz</strong> auch in die Umgebung Berlins: nach<br />

Potsdam, Lehnin und Oranienburg, das er in eigener Initiative noch einmal für eine Woche<br />

Mitte Juli besucht; in (Nieder-)Schönhausen gewährt ihm der Kurfürst am 19. Juni<br />

eine Audienz. Nur bis in die Märkische Schweiz zum ehemaligen kurbrandenburgischen<br />

Feldmarschall Heinrich Heino von Flemming schafft er es nicht (N. 459).<br />

8. Das Gespräch mit Kurfürstin Sophie<br />

<strong>Leibniz</strong>’ monatelange Abwesenheit von Hannover beschert uns einen mit 29 Stücken sehr<br />

umfangreichen, lebhaften Briefwechsel mit der Kurfürstin, der seit Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

auf reges Interesse gestoßen ist und rund ein Drittel der bereits früher gedruckten<br />

Briefe unseres Bandes ausmacht. Bis Mitte Juli schreibt <strong>Leibniz</strong> regelmäßig wenigstens<br />

einmal in der Woche; danach werden seine Briefe unregelmäßiger und die Überlieferung<br />

lückenhaft. Sophies Interesse inspiriert <strong>Leibniz</strong> zu außerordentlich farbigen und anschaulichen<br />

Schilderungen der Berliner Festlichkeiten; während ihn der Tag des Goldes ” où<br />

tout brilloit icy de Gallons en d’or‘‘ und der Tag der ” Diamanten‘‘ zu einem Epigramm<br />

inspirieren (Beilage zu N. 74), spottet allerdings die Kurfürstin, nur <strong>Leibniz</strong> habe sich<br />

durch den Pomp blenden lassen (N. 76). Dank seinem Bericht wissen wir nicht nur, daß<br />

ihm die Pastorale ausnehmend gut gefiel: ” car il y a des airs et des endroits à mon gré;<br />

car ils sont eveillés, et propre à frapper des ignorans comme moy‘‘; wir kennen auch die<br />

Namen der Sängerinnen und Sänger (N. 77). Durch <strong>Leibniz</strong> erfährt die ferngebliebene<br />

Kurfürstin von der atmosphärischen Unbeschwertheit einer sogenannten ” Wirtschaft‘‘,<br />

trotz der kriegerischen Ereignisse in Holstein und der drohenden Entwicklung in der<br />

spanischen Erbfolge. Mitspieler in diesem Spektakel sind nicht nur die fürstlichen Gastgeber<br />

und Gäste, auch die Gesandten der gegeneinander Krieg führenden Länder: Die<br />

in dänischen Diensten stehenden Herren von Ahlefeld und von Flemming mimen Seite<br />

an Seite mit dem hannoverschen Gesandten von Ilten als Bauern verkleidete Kranke,<br />

während der polnische Gesandte von Reisewitz den Stadtphysikus darstellt. Außer dem<br />

Kurfürsten zieht wohl nur <strong>Leibniz</strong> seinem Part als Astrologe die Rolle des Beobachters<br />

vor (N. 106). Daß Sophie Charlotte sich von ” ihren‘‘ Türken in einer Sänfte tragen läßt,<br />

wirft ein Licht darauf, daß neben der Chinamode (mit ihren Porzellankabinetten) auch<br />

eine Türkenmode am Berliner Hof blühte. Die Sänftenträger sind zweifellos Friedrich Aly<br />

— ein 1684 als etwa Zwanzigjähriger in Gefangenschaft geratener Türke, der später an

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