153 - Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

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N. 194 ii. allgemeiner und gelehrter briefwechsel 1700 323 hochgeehrter Herr, ob unsers Orts an dem Concert ein Mangel erschienen; und ob nicht, so weit meine Sphaera annoch reichen können, durch mich geschehen, was sonst wohl unterblieben, wie man vielleicht einmahl, so ich daraus oder davon, wird besser spüren können. Wenn aber etwas von denjenigen, so Anfangs angetragen worden, Verfolg gehabt, könnte ein weit anders geschehen seyn, oder noch geschehen. Ich begreiffe nun gar 5 wohl meines hochgeehrten Herrn Absehen bey dieser Conferentz, und finde es gar wohl ausgedacht. Man muß bißweilen obliquato cursu gehen, wo man nicht gerade zu kan. Die Contradictiones, denen mein hochgeehrter Herr durch seine Schrift begegnen müssen, werden zum Theil ab invidia herrühren. Multi sunt osores consiliorum tantum, quia non dederunt. Daraus erscheinet, wie hoch daran gelegen, daß die Negotiationes nicht vor 10 der Zeit eclatiren, denn manche Leute setzen sich dagegen, bloß deswegen, weil sie erfahren, daß man andere vor ihnen dazugezogen. Mit dem Ministerio Tripolitano hat es nicht mehr die Bewandtniß, wie vor alters, in dem der Zellische Hof zu Lüneburg weiser, und sich an solche Grillen nicht kehret. Ich hoffe, meines hochgeehrten Herrn und dessen Herrn Mit-Deputirten schrifftliche Reflexiones über die disseitigen Gedancken werden 15 auch nicht vergessen, sondern befördert, und sonderlich zu Vergnügung des Herrn Abts gezeiget werden, daß man nicht nur auf die Tolerantz, sondern auch abolitionem schismatis habe abgezielt, wie auch mein hochgeehrter Hr. in seinem herrlichen Bericht an Churfürstl. Durchl. sehr wohl zu verstehen giebt, allwo ich sonderlich die 4 agenda samt den 3 partibus des ultimi vortreflich finde, und nicht hoffen will, daß uns das andere 20 agendum hinderlich seyn werde. Gott gebe, daß es dem Project nachgehen und alles wohlgeführet werden möge. Der Brief an den Herrn D. Mayern zu Hamburg ist auch nicht zu verbessern, es wird an einem Gegen-Compliment nicht fehlen, ob er aber ad rem kommen wird, erwarte mit Verlangen, und verbleibe etc. 〈E 2 〉 25 Meines hochgeehrtesten Herrn Hofpredigers werthes Schreiben habe zu recht erhalten, bedancke mich zuförderst, wegen vertraulicher Apertur, und wenn, wie im vorigen gemeldet, alle solche Nachrichtungen eher gehabt und gewust hätte, würde die Sache gantz anders angesehen worden seyn. Den Herrn Abt Molanum betreffend, so habe ihm 8 Schrift: D. E. Jablonski, Jetzige Bewandniß. 12 Ministerio Tripolitano: vgl. N. 181 Erl. 18 Bericht: vgl. N. 181. 22 Brief: vgl. ebd. Mayers Antwort übersandte Jablonski mit N. 231.

324 ii. allgemeiner und gelehrter briefwechsel 1700 N. 194 auch von den Substantialibus Part gegeben. Es liegen ihm die zu Rinteln vormahls paßirte Sachen, quorum pars magna fuit, noch sehr im frischen Gedächtniß. Und wer einmal gebranndt, fürchtet hernach auch das blosse warme Wasser. Daher der Herr Abt, ob er schon in summa rei gantz wohl gesinnet, dennoch in modo sehr sorgsam, aus Furcht, es 5 möchte den Unsrigen ein Präjuditz dadurch zugezogen werden. Er sagt, wenn man sincere auf die gäntzliche Hebung des schismatis abziele, so wolle er dabey alles thun, was immer möglich, sey es aber nur um die Declarationem tolerantiae zu thun, so wollte er (als gewitziget) nichts damit zu thun haben. Daher ihn die a parte Negotiation in Nachdencken gesetzet, dagegen ich ihm zuerkennen geben, daß man alles darinnen mit uns 10 communiciren würde. Wie er auch aus meines hochgeehrten Herrns Apertur nun mehr ersehen könnte. Er erkennet meines hochgeehrten Herrn candorem, saget aber, daß es die Reformirten Theologi, so zu der Casselischen Conferentz mit den Rintelensibus kommen, auch wohl gemeynet, hernach aber durch Intriguen einiger Zeloten alles verderbet worden, und zu der unsrigen grossen Präjuditz ausgeschlagen. Daher wünschet er, daß 15 niemand von den unsrigen dieser Conferentz (wenn sie ja vor sich gehen soll) beywohnte: allein ich habe ihm vorgestellet, daß ja kein Theologus dieser Lande (der hierinn confident) ohne Aufsehen abkommen könne, und ein grosses daran gelegen, daß alles geheym bleibe. Darauf er denn vermeynet, ich sollte mich zu bestimmter Zeit dazu erheben, weil man meiner Abwesenheit, und daß ich wegen historischer Untersuchungen, oft ausreise, 20 wohl gewohnet. Er hält auch dafür, ich würde durch meine Repraesentationes aus unsern bekannten principiis in puncto praedestinationis bey den unsrigen, so sich allda finden möchten, und in puncto coenae bey den Reformirten ein grosses richten können, weilen ja solche Expedientien von mir zum Theil ins Mittel bracht worden. Nun bin ich zwar (die Wahrheit zu bekennen) selbst der Meynung, daß man verständigen wohlgesinnten 25 Theologis eines und andern theils dißfalls gründliche Vergnügung geben, und sie durch dienliche Vorstellungen wohl gewinnen könne: und dürfte fast versuchen, daß wenn ich mit andern auch mit rigidioribus doch bene animatis in gründliche, doch freundliche Discußion kommen sollte, ich mit göttl. Hülffe sie gantz wohl zu unserm Zweck zu disponiren mir selbst getrauen sollte. Wie ich dessen eine Probe bey dem Herrn Abt Molano 30 selbst habe, der im punckto absoluti decreti fast so hart als Herr Spener gewesen, wie dessen ehemahlige mit mir gewechselte Briefe zeigen, aber durch meine Remonstrationes sich erweichen lassen. Daher wenn die Execution dieses wichtigen Wercks an ihrem Hofe 1 Part gegeben: vgl. N. 139 u. N. 140. 1 Rinteln: neben N. 165 vgl. auch I, 17 N. 404. 31 Briefe: Im erhaltenen Briefwechsel nimmt Spener nirgends Stellung zum Thema Prädestination.

324 ii. allgemeiner und gelehrter briefwechsel 1700 N. 194<br />

auch von den Substantialibus Part gegeben. Es liegen ihm die zu Rinteln vormahls paßirte<br />

Sachen, quorum pars magna fuit, noch sehr im frischen Gedächtniß. Und wer einmal gebranndt,<br />

fürchtet hernach auch das blosse warme Wasser. Daher der Herr Abt, ob er<br />

schon in summa rei gantz wohl gesinnet, dennoch in modo sehr sorgsam, aus Furcht, es<br />

5 möchte den Unsrigen ein Präjuditz dadurch zugezogen werden. Er sagt, wenn man sincere<br />

auf die gäntzliche Hebung des schismatis abziele, so wolle er dabey alles thun, was<br />

immer möglich, sey es aber nur um die Declarationem tolerantiae zu thun, so wollte er<br />

(als gewitziget) nichts damit zu thun haben. Daher ihn die a parte Negotiation in Nachdencken<br />

gesetzet, dagegen ich ihm zuerkennen geben, daß man alles darinnen mit uns<br />

10 communiciren würde. Wie er auch aus meines hochgeehrten Herrns Apertur nun mehr<br />

ersehen könnte. Er erkennet meines hochgeehrten Herrn candorem, saget aber, daß es<br />

die Reformirten Theologi, so zu der Casselischen Conferentz mit den Rintelensibus kommen,<br />

auch wohl gemeynet, hernach aber durch Intriguen einiger Zeloten alles verderbet<br />

worden, und zu der unsrigen grossen Präjuditz ausgeschlagen. Daher wünschet er, daß<br />

15 niemand von den unsrigen dieser Conferentz (wenn sie ja vor sich gehen soll) beywohnte:<br />

allein ich habe ihm vorgestellet, daß ja kein Theologus dieser Lande (der hierinn confident)<br />

ohne Aufsehen abkommen könne, und ein grosses daran gelegen, daß alles geheym<br />

bleibe. Darauf er denn vermeynet, ich sollte mich zu bestimmter Zeit dazu erheben, weil<br />

man meiner Abwesenheit, und daß ich wegen historischer Untersuchungen, oft ausreise,<br />

20 wohl gewohnet. Er hält auch dafür, ich würde durch meine Repraesentationes aus unsern<br />

bekannten principiis in puncto praedestinationis bey den unsrigen, so sich allda finden<br />

möchten, und in puncto coenae bey den Reformirten ein grosses richten können, weilen<br />

ja solche Expedientien von mir zum Theil ins Mittel bracht worden. Nun bin ich zwar<br />

(die Wahrheit zu bekennen) selbst der Meynung, daß man verständigen wohlgesinnten<br />

25 Theologis eines und andern theils dißfalls gründliche Vergnügung geben, und sie durch<br />

dienliche Vorstellungen wohl gewinnen könne: und dürfte fast versuchen, daß wenn ich<br />

mit andern auch mit rigidioribus doch bene animatis in gründliche, doch freundliche<br />

Discußion kommen sollte, ich mit göttl. Hülffe sie gantz wohl zu unserm Zweck zu disponiren<br />

mir selbst getrauen sollte. Wie ich dessen eine Probe bey dem Herrn Abt Molano<br />

30 selbst habe, der im punckto absoluti decreti fast so hart als Herr Spener gewesen, wie<br />

dessen ehemahlige mit mir gewechselte Briefe zeigen, aber durch meine Remonstrationes<br />

sich erweichen lassen. Daher wenn die Execution dieses wichtigen Wercks an ihrem Hofe<br />

1 Part gegeben: vgl. N. 139 u. N. 140. 1 Rinteln: neben N. 165 vgl. auch I, 17 N. 404.<br />

31 Briefe: Im erhaltenen Briefwechsel nimmt Spener nirgends Stellung zum Thema Prädestination.

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