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153 - Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

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XXXVIII einleitung<br />

neu belebt. Auf Empfehlung dieser ” Triumviri‘‘ wählen die Regensburger Gesandten aber<br />

schon am 20. Januar 1700 den scheinbar bequemsten Ausweg und binden sich an J. Keplers<br />

Tabulae Rudolphinae, obwohl deren Korrekturbedürftigkeit allgemein bekannt ist,<br />

sehr zu <strong>Leibniz</strong>’ Unwillen (N. 275), werden auf diese Weise trügerische Zyklen doch nur<br />

durch nicht minder trügerische Tafeln ersetzt (N. 21). Reyhers Zyklus scheint <strong>Leibniz</strong> daher<br />

auch nicht als Grundlage der Arbeit der neuen Berliner Akademie geeignet (N. 482).<br />

Vom Geheimen Rat in Hannover zu Rate gezogen, spricht <strong>Leibniz</strong> sich für die Förderung<br />

astronomischer Untersuchungen aus, durch die sich die Benutzung der Keplerschen Tafeln<br />

im Laufe der Zeit erübrigen könnte (N. 12), Hier wie im Fragment eines Schreibens<br />

an Christoph Schrader (N. 208) und in seinen stärker privat geprägten Briefen votiert<br />

<strong>Leibniz</strong> vor allem für die Heranziehung ” berühmter Astronomi‘‘, allen voran O. Rømer,<br />

mit dem er hierüber korrespondiert. Vorgeblich in kurfürstlichem Auftrag, tatsächlich<br />

wohl aber aus eigener Initiative wendet <strong>Leibniz</strong> sich in dieser Frage auch an die Royal<br />

Society (vgl. N. 205, N. 211, N. 318) und die Académie des sciences (N. 204, N. 318). Eine<br />

wie große Rolle dabei auch politische Rücksichten spielen, ergibt sich aus dem Vergleich<br />

seiner Einschätzung des gregorianischen Zyklus in N. 155 und N. 169.<br />

Weiterhin unentschieden ist die Frage der spanischen Erbfolge. Während fromme<br />

Gemüter noch nicht ausschließen mögen, es könnte doch noch einen natürlichen Erben<br />

geben (vgl. N. 464 : ” Est ce que une pieuse Reine ne peut pas meriter les faveurs de Sara,<br />

et d’Anna?‘‘), sind Frankreich, England und die Generalstaaten am 3. bzw. 25. März<br />

bereits zum 2. Teilungsvertrag fortgeschritten, ohne das Reich in ihre Verhandlungen<br />

einzubeziehen; nach <strong>Leibniz</strong>’ Urteil handelt es sich um ” la plus grande nouvelle du siecle‘‘<br />

(N. 72).<br />

Auch wenn man den lockeren Ton des Kontexts dieser Äußerung berücksichtigt (sie<br />

findet sich in der Sophienkorrespondenz), ist sie doch symptomatisch für die zunächst vorherrschende<br />

Unterschätzung des mit Abstand prominentesten politischen Themas in unserem<br />

Zeitraum: der ersten Phase des Nordischen Krieges (vgl. N. 324 un feu de paille‘‘).<br />

”<br />

Der zunächst lediglich als empfindliche Störung bei der Regelung der spanischen Erbfolge<br />

wahrgenommene Konflikt wird ausgelöst von der Allianz dreier Staaten: Dänemarks,<br />

Sachsen-Polens und Rußlands, gegen Schweden, die trotz des gemeinsamen Gegners ganz<br />

unterschiedliche Ziele verfolgen und deren daraus folgender Mangel an Bündnisdisziplin<br />

in weniger als einem Jahr zur vollständigen Niederlage führen wird: Die Verbündeten<br />

”<br />

kämpften jeder auf seine eigene Faust, und jeder wurde allein auf’s Haupt geschlagen.‘‘<br />

(B. Erdmannsdörffer).

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