153 - Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek
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N. 165 ii. allgemeiner und gelehrter briefwechsel 1700 259 worden, v. iederzeit eine heimliche Verfolgung Mehrmahls eine offentliche Reformation, wie in der Pfaltz, Anhalt v. anderwertß darauf erfolget, ist, wozu man aber, welche[s] wol zu observiren, gemeiniglich per adiaphora den Anfang gemacht. Initio huius Seculi verlangte der H. Lantgrafe zu Hessen Mauritius, ein sonst gütiger Her, auf anstifften seines hofpredigers 23 von seinen Evangelischen Theologen zu Marpurg, daß sie gewiße 5 synodal decreta, darin die 10 gebot anderst zu zehlen, das brot in S. coena zu brechen, v. die bilder aus den kirchen zu schaffen befohlen worden zu unterschreiben; wie sich aber dieselbe hizu nicht alsofort beqvemen wolten, wurden sie weggeschafft v. die gantze Universitet Reformiret gemacht[.] waß die Verbitterung verursachet ist aus der kirchen histori illorum temporum bekant v. kein notabler exempel ist vorhanden daraus zu er- 10 weisen, was vor schaden die mutua tolerantia solenniter introducta 24 Unseren Ev. kirch gethan als aus dem Casselschen colloqvio 25 . Einmahl ist gewiß, daß wo von anfang der reformation biß auf diese stunde in einem colloqvio Irenico von beiden theilen aufrichtig v. redlich procediret worden, ein solcheß gewiß zu Cassel geschehen sey: da beiderseitß Menner von Ungemeiner erudition, moderation v. aufrichtigkeit zusammen kommen, v. 15 Ihren vornemsten zwey sein laßen, die momenta controversiarum zu ponderiren: Wer hette nun aus der in dieser consociation v. daselbst stabilirten beiderseitigen tolerantz v. brüderlichen Vereinigung Etwaß anderß [als] ein aureum seculum v. Ecclesiae et Academiae Rinthelensis Halcyoniae sich promittiren sollen oder können. Es hatte aber den 23 auf anstifften . . . hofpredigers 〈ersetzt von L e i b n i z ’ Hand durch:〉 auf einiger anstifften 24 introducta 〈ersetzt von L e i b n i z ’ Hand durch:〉 declarata 25 〈Zusatz von L e i b n i z ’ Hand:〉 selbst 3–9 Initio . . . verursachet: Landgraf Moritz der Gelehrte von Hessen-Kassel setzte im Vorfeld der Mauritianischen Kirchenreform im Sommer 1605 die Annahme der drei Z. 5–7 aufgeführten sog. Verbesserungspunkte durch. Es geschah dies in Übereinstimmung mit den hessischen Synodalabschieden von 1577 u. 1578, aber gegen den Widerstand der führenden Marburger (lutherischen) Theologen und führte zu einem heftigen Aufruhr (vgl. Z. 9 Verbitterung‘‘), der militärisch unterdrückt werden mußte. Vgl. ” H. Heppe, Kirchengeschichte beider Hessen, Bd 2, Marburg 1876, S. 9–21. 4 f. auf . . . hofpredigers: Gemeint ist G. Schönfeld. Tatsächlich war aber Landgraf Moritz, selbst theologisch gebildet, die treibende Kraft der nach ihm benannten Reform. 5 Theologen: die Professoren J. Winckelmann und B. Mentzer sowie der Superintendent Leuchter und der Archidiakon C. Dietrich. 16 Ihren vornemsten zwey . . . ponderiren: Das heißt doch wohl (auch aus der Brevis R e l a t i o geht nichts anderes hervor) j e zwei Vertreter der Universitäten Marburg (S. Curtius u. J. Hein) und Rinteln (P. Musaeus u. J. Hennich).
260 ii. allgemeiner und gelehrter briefwechsel 1700 N. 165 traurig effect das so fort darauf die Academie 26 Ihre Ev. collegial kirche den Reformirten hergeben müßen, dabey blib es nicht, sondern es wurde der Ternarius Theol. professorum Ev. numerus auf 2 reducirt, sub schemate fraternitatis, (unangesehen das instrumentum pacis ein anders internum statuiret[)], Verschieden Reformirte 27 Philosophiae, so gar Lo- 5 gicae v. Ethicae welche in die Theologie lauffen dahingesetzt, auch 2 Reformirte pastores bestellet[,] selbig[en] 1 professio Graecae et Hebraicae linguae v. mit hin das Alte v. Neuwe Test. philologice zu erkleren aufgelegt, der Evangelische stat magistrat wurde cassiret v. mit reformirten senatoren bekleidet, mit hin die Proselytopo[e]ïa aufs ernstlichste getrieben, welche um desto gluklicher von statten ging, dieweil defectio a nostra religione pro 10 praetextu hatte Concordantiam in fundamentalibus cum Reformatis, pro praemio aber allemahl eine gewiße befoderung mit sich fuhrete. Es ginge dieser Zelus entlich so weit, daß nach der ersten 3 Reformirten geister tot und abzug, andere dahin gesetzet wurden welche, üm proselytos zu machen, Unsere Ev. lehr pro concione tapfer perstringirten v. vieler anderen particularien zu gesweigen, welche mihr als diß orthß gewesenen primario 15 Theologiae professori am besten bekant: daher es den kam daß H. Dr. Musaeus, collocutorum unus von da nach Helmsted zog, H. D. Henichius collocutorum alter weil ihm seine gute intention, so übel anslug theils aus gram v. bekümmerniß balt dahin starb, H. D. Echardus tertius Theologiae professor daselbst welche[r] das Cass. Unterschrieben 26 die Academie 〈ersetzt von L e i b n i z ’ Hand durch:〉 die Evangelische mit ihren Neüen brüdern gleichsam theilen und die Academi zuforderst 27 〈Zusatz von L e i b n i z ’ Hand:〉 professores 1 f. die Academie . . . müßen: Eine entsprechende Anordnung stammt bereits vom 9./19. Juni 1655, doch eine schriftliche Bestätigung ( ” copia rescripti principalis‘‘) erfolgte erst am 5. Mai 1662. Vgl. das Dekanatbuch der Theologischen Fakultät zu Rinteln, gedr. bei G. Schormann, Academia Ernestina. Die schaumburgische Universität zu Rinteln an der Weser (1610/21–1810), Marburg 1982, S. 386–429, hier S. 386 f. 2 f. es wurde . . . reducirt: Erst mit dem Abgang von A. Eckhard Anfang 1678 wurde die dritte Theologieprofessur gestrichen. Vgl. Schormann, a. a. O., S. 216. 3 f. (unangesehen . . . statuiret[)]: vgl. Instrumentum pacis Osnabrugense, 1648, Art. 7 § 1. 4 f. Logicae: Professor der Logik war seit 1674 E. F. Goclenius, seit 1680 K. Lüdeking. Für ihre Konfession wurden sonst keine Belege ermittelt. 5 Ethicae: Professor der Ethik und Politik war seit 1670 K. Nüsler (vermutlich reformiert). 5–7 2 Reformirte . . . aufgelegt: Zum 17. Juli 1686 (st. v.) wurden J. Francke (seit 1679 1. Pfarrer der reformierten Kirche in Rinteln) zum ordentlichen Professor der hebräischen Sprache und A. Austen (zugleich 2. Pfarrer der reformierten Kirche ebd.) zum ordentlichen Professor der griechischen und morgenländischen Sprachen ernannt. 14 f. primario . . . professori: in den Jahren 1671–1674.
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wie in der Pfaltz, Anhalt v. anderwertß darauf erfolget, ist, wozu man aber, welche[s]<br />
wol zu observiren, gemeiniglich per adiaphora den Anfang gemacht. Initio huius Seculi<br />
verlangte der H. Lantgrafe zu Hessen Mauritius, ein sonst gütiger Her, auf anstifften<br />
seines hofpredigers 23 von seinen Evangelischen Theologen zu Marpurg, daß sie gewiße 5<br />
synodal decreta, darin die 10 gebot anderst zu zehlen, das brot in S. coena zu brechen,<br />
v. die bilder aus den kirchen zu schaffen befohlen worden zu unterschreiben; wie sich<br />
aber dieselbe hizu nicht alsofort beqvemen wolten, wurden sie weggeschafft v. die gantze<br />
Universitet Reformiret gemacht[.] waß die Verbitterung verursachet ist aus der kirchen<br />
histori illorum temporum bekant v. kein notabler exempel ist vorhanden daraus zu er- 10<br />
weisen, was vor schaden die mutua tolerantia solenniter introducta 24 Unseren Ev. kirch<br />
gethan als aus dem Casselschen colloqvio 25 . Einmahl ist gewiß, daß wo von anfang der<br />
reformation biß auf diese stunde in einem colloqvio Irenico von beiden theilen aufrichtig<br />
v. redlich procediret worden, ein solcheß gewiß zu Cassel geschehen sey: da beiderseitß<br />
Menner von Ungemeiner erudition, moderation v. aufrichtigkeit zusammen kommen, v. 15<br />
Ihren vornemsten zwey sein laßen, die momenta controversiarum zu ponderiren: Wer<br />
hette nun aus der in dieser consociation v. daselbst stabilirten beiderseitigen tolerantz<br />
v. brüderlichen Vereinigung Etwaß anderß [als] ein aureum seculum v. Ecclesiae et Academiae<br />
Rinthelensis Halcyoniae sich promittiren sollen oder können. Es hatte aber den<br />
23 auf anstifften . . . hofpredigers 〈ersetzt von L e i b n i z ’ Hand durch:〉 auf einiger<br />
anstifften<br />
24 introducta 〈ersetzt von L e i b n i z ’ Hand durch:〉 declarata<br />
25 〈Zusatz von L e i b n i z ’ Hand:〉 selbst<br />
3–9 Initio . . . verursachet: Landgraf Moritz der Gelehrte von Hessen-Kassel setzte im Vorfeld der<br />
Mauritianischen Kirchenreform im Sommer 1605 die Annahme der drei Z. 5–7 aufgeführten sog. Verbesserungspunkte<br />
durch. Es geschah dies in Übereinstimmung mit den hessischen Synodalabschieden von<br />
1577 u. 1578, aber gegen den Widerstand der führenden Marburger (lutherischen) Theologen und führte<br />
zu einem heftigen Aufruhr (vgl. Z. 9 Verbitterung‘‘), der militärisch unterdrückt werden mußte. Vgl.<br />
”<br />
H. Heppe, Kirchengeschichte beider Hessen, Bd 2, Marburg 1876, S. 9–21. 4 f. auf . . . hofpredigers:<br />
Gemeint ist G. Schönfeld. Tatsächlich war aber Landgraf Moritz, selbst theologisch gebildet, die treibende<br />
Kraft der nach ihm benannten Reform. 5 Theologen: die Professoren J. Winckelmann und<br />
B. Mentzer sowie der Superintendent Leuchter und der Archidiakon C. Dietrich. 16 Ihren vornemsten<br />
zwey . . . ponderiren: Das heißt doch wohl (auch aus der Brevis R e l a t i o geht nichts anderes<br />
hervor) j e zwei Vertreter der Universitäten Marburg (S. Curtius u. J. Hein) und Rinteln (P. Musaeus<br />
u. J. Hennich).