153 - Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek
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N. 162 ii. allgemeiner und gelehrter briefwechsel 1700 247 162. LEIBNIZ AN JOHANN CHRISTOPH VON LIMBACH Hannover, 4. (14.) Januar 1700. [189.] Überlieferung: L Konzept: LBr. 562 Bl. 50–51. 1 Bog. 4 o . 3 S. Eigh. Anschrift. Oben rechts auf Bl. 50 r o Vermerk von Leibniz’ Hand (teilw. gestrichen): ” obs. jur. Genealog.‘‘; auf Bl. 51 v o Notiz von nicht identifizierter Hand: ” Henricus Palatinus‘‘. 5 An H. Limbach Churf. Braunschw. gesandten zu Regensp. Insonders Hochg. H. und furnehmer gonner Deßen werthes mit vielen schohnen historischen bemerkungen angefulletes Schreiben hatte langst beantworten sollen; bin aber solches der gebuhr zu thun, wegen vieler verhinderungen im stand nicht gewesen, und habe noch biß dato nicht einst mein voriges so 10 verlegt wieder aufsuchen können: ie dennoch zu schreiben nicht langer verschieben, sondern zuforderst M. h. H. Gesandten zu diesen Neuen jahr und vielen folgenden beständige gesundheit auch alles selbst verlangte Vergnugen anwündschen sollen. Es verlautet das man aniezo die handlung zwischen ChurPfalz und der Frau Herzogin von Orleans mit ernst reassumiret, daher M. h. H. so dienliche observationes zu brauchen 15 wohl iezo recht zeit wäre. Gewiß ist es wohl das anfangs nur das Allodia und nicht das lehn auff tochter kommen und getheilet worden, doch sind abusus eingeschlichen, wie man an dem exempel der beruhmten Mathildis siehet, so ihrem Vater Bonifatio oder vielmehr ihrem Stieffvater Godofredo und der mutter Beatrici in der regierung von Toscana gefolget, vermuthlich weil das Erbe von solcher wichtigkeit geweßen, daß man 20 es vom lehn nicht wohl scheiden konnen. Daher hernach auch Guelfus Dux Spoleti, und Philippus Dux Sveciae sich mit einem ungewohnlichen titel Dominos Domus Mathildis geschrieben, und solches land endtlich gar zum patrimonio Petri worden. Zu N. 162: Die nicht gefundene Abfertigung antwortet auf I, 17 N. 324 und wird beantwortet durch N. 189. 21 Guelfus: Zu Welf VI. und seiner Inanspruchnahme des genannten Titels vgl. H. Schwarzmaier, Dominus totius domus comitisse Mathildis. Die Welfen und Italien im 12. Jahrhundert, in: K. R. Schnith; R. Pauler, Festschrift für Eduard Hlawitschka zum 65. Geburtstag, Kallmünz 1993, S. 283–305. Vgl. auch I, 6 N. 180, S. 345 u. Erl. 22 Philippus: Philipp von Schwaben wurde 1195 mit dem Herzogtum Tuscien und den mathildischen Gütern belehnt; zum Titel vgl. J. F. Böhmer, Regesta Imperii V, 1, 1, Innsbruck 1881, S. 3 (zwei Belege). 23 endtlich . . . worden: durch Kaiser Friedrichs II. Verzichtserklärung in der Goldbulle von Eger (1213/1214).
248 ii. allgemeiner und gelehrter briefwechsel 1700 N. 162 Wenn Exempel vorhanden, daß eines Ducis nach gebohrner Sohn in seiner provinz Comes Palatinus worden, würden solche guth seyn und glaublicher zu machen dienen, daß die Wittelsbachii von den alten Ducibus hehrkommen. Es wäre auch zu untersuchen ob ein Ducatus mehr als einen Palatinum Comitem gehabt; in Sachsen finde ich zwar 5 unterschiedene palatia regia, aber kan nicht finden daß mehr Comites Palatini zu gleich gewesen, als vielleicht etwa wenn ihrer 2 mit einander gestritten (tunc cum Palatinatus in Somerscheburgios transferretur)[.] Worinn eigentlich die bona Palatinatus Bavariae bestanden, und ob solche in der so genanten obern Pfalz gewesen wäre auch untersuchens werth. 10 Dieß wäre auch werth zu beobachten, wenn man von Palatinis Comitibus (verstehe provincialibus), zu reden angefangen, denn zu Caroli M. zeiten hatte es damit eine andere gelegenheit. Ich erinnere mich nicht bemercket zu haben, daß sich Fridericus von Stauffen Henrici IV. tochterman Ducem sowohl Francorum als Svevorum geschrieben, solte sich dergleichen finden, bitte dienstlich umb nachricht[,] desgleichen auch wo das diploma 15 Caesareum de anno 1144; und von dem so Conradus III mit den guthern Wilhelmi comitis Palatini vorgenommen: so dann auch wie bona Hermanni et Henrici Palatinorum Comitum aus diplomatibus zu distingviren und ob diese gemeldte diplomata ex edito oder Ms o hehr gerühret. [Vielleicht möchte sich finden, daß der Palatinatus circa Treviros eigentlich Palatina- 20 tus des Ducatus Lotharingiae gewesen, der andere aber des Ducatus Franciae orientalis gewesen. Gleichwie Campanien war Palatinatus Neustriae, und die Freye grafschafft Burgundiae] Denn mir einige gedancken bey wohnen, darauß diesen tunckelen werck vielleicht einig liecht angezündet werden kondte. Was den vorgang der Palatinorum provincialium vor den Ducibus betrifft, so ist 25 freylich wohl solcher nicht alter als Conradus, bey dem vielleicht die habende autoritat, 6 f. tunc . . . transferretur: Friedrich I. von Sommerschenburg, sächs. Pfalzgraf seit 1088, wurde zeitweise diese Würde durch den Sohn seines Vorgängers, Friedrich IV. von Putelendorf, streitig gemacht. Die kaiserliche Kanzlei hat 1114 offenbar die Existenz zweier sächsischer Pfalzgrafen zur selben Zeit anerkannt. Vgl. dazu. H.-D. Starke, Die Pfalzgrafen von Sommerschenburg (1088–1179), in: Jb. f. d. Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, 4, 1955, S. 1–70, bes. S. 12 ff. 14–16 diploma . . . vorgenommen: Urkunde Konrads III., datiert vom 1. August 1144; vgl. aber I, 17 N. 324, S. 541 Erl. 16 Hermanni: Hermann III. von Stahleck. 16 Henrici: Heinrich II. Jasomirgott, 1140–1141 Pfalzgraf bei Rhein. 19–22 [Vielleicht . . . Burgundiae]: Die Passage sollte offenbar nicht in die Abfertigung aufgenommen werden und wurde daher von Leibniz in [ ] gesetzt. 25 Conradus: Konrad von Staufen, Pfalzgraf bei Rhein.
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162. LEIBNIZ AN JOHANN CHRISTOPH VON LIMBACH<br />
Hannover, 4. (14.) Januar 1700. [189.]<br />
Überlieferung: L Konzept: LBr. 562 Bl. 50–51. 1 Bog. 4 o . 3 S. Eigh. Anschrift. Oben rechts<br />
auf Bl. 50 r o Vermerk von <strong>Leibniz</strong>’ Hand (teilw. gestrichen): ” obs. jur. Genealog.‘‘; auf<br />
Bl. 51 v o Notiz von nicht identifizierter Hand: ” Henricus Palatinus‘‘. 5<br />
An H. Limbach Churf. Braunschw. gesandten zu Regensp.<br />
Insonders Hochg. H. und furnehmer gonner<br />
Deßen werthes mit vielen schohnen historischen bemerkungen angefulletes Schreiben<br />
hatte langst beantworten sollen; bin aber solches der gebuhr zu thun, wegen vieler verhinderungen<br />
im stand nicht gewesen, und habe noch biß dato nicht einst mein voriges so 10<br />
verlegt wieder aufsuchen können: ie dennoch zu schreiben nicht langer verschieben, sondern<br />
zuforderst M. h. H. Gesandten zu diesen Neuen jahr und vielen folgenden beständige<br />
gesundheit auch alles selbst verlangte Vergnugen anwündschen sollen.<br />
Es verlautet das man aniezo die handlung zwischen ChurPfalz und der Frau Herzogin<br />
von Orleans mit ernst reassumiret, daher M. h. H. so dienliche observationes zu brauchen 15<br />
wohl iezo recht zeit wäre. Gewiß ist es wohl das anfangs nur das Allodia und nicht<br />
das lehn auff tochter kommen und getheilet worden, doch sind abusus eingeschlichen,<br />
wie man an dem exempel der beruhmten Mathildis siehet, so ihrem Vater Bonifatio<br />
oder vielmehr ihrem Stieffvater Godofredo und der mutter Beatrici in der regierung von<br />
Toscana gefolget, vermuthlich weil das Erbe von solcher wichtigkeit geweßen, daß man 20<br />
es vom lehn nicht wohl scheiden konnen. Daher hernach auch Guelfus Dux Spoleti, und<br />
Philippus Dux Sveciae sich mit einem ungewohnlichen titel Dominos Domus Mathildis<br />
geschrieben, und solches land endtlich gar zum patrimonio Petri worden.<br />
Zu N. 162: Die nicht gefundene Abfertigung antwortet auf I, 17 N. 324 und wird beantwortet durch<br />
N. 189. 21 Guelfus: Zu Welf VI. und seiner Inanspruchnahme des genannten Titels vgl. H. Schwarzmaier,<br />
Dominus totius domus comitisse Mathildis. Die Welfen und Italien im 12. Jahrhundert, in:<br />
K. R. Schnith; R. Pauler, Festschrift für Eduard Hlawitschka zum 65. Geburtstag, Kallmünz 1993,<br />
S. 283–305. Vgl. auch I, 6 N. 180, S. 345 u. Erl. 22 Philippus: Philipp von Schwaben wurde 1195 mit<br />
dem Herzogtum Tuscien und den mathildischen Gütern belehnt; zum Titel vgl. J. F. Böhmer, Regesta<br />
Imperii V, 1, 1, Innsbruck 1881, S. 3 (zwei Belege). 23 endtlich . . . worden: durch Kaiser Friedrichs II.<br />
Verzichtserklärung in der Goldbulle von Eger (1213/1214).