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Untitled - Onyx Classics

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Mannes war „Mitternacht“, und wenn in Venedig Dissidenten hingerichtet wurden, schlug eine Glocke desMarkusdoms, die sogenannte „Renghiera“, zwölf Mal, um das makabre Geschehen zu unterstreichen undso die Freiheitsträume der Radikalen zu zerstören. Schubert vertonte Mayrhofers Gondelfahrer alssinnliche Serenade im Sechsachteltakt, und wenn der Campanile von San Marco „Mitternacht“ schlägt,hört man im Bass zwölf arpeggierte As-dur-Akkorde. Auch im Rückweg finden sich Anspielungen aufMetternichs unterdrückerisches Wien, und Schubert verbindet das illusionslose Gedichtdementsprechend mit einer klagenden d-moll-Melodie im Sechsachteltakt. Wie „Auf der Donau“ wird derFluss auch Am Strome als Sinnbild des Menschenlebens aufgefasst. Während nun aber Mayrhofer inseinem typischen Pessimismus endet, ist die Musik von einer Liebenswürdigkeit, die das Stück zu einemder angenehmeren Mayrhofer-Lieder macht.Mit Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller sind auf dieser CD schließlich zwei der größtenGestalten der deutschen Literatur vertreten. Meeresstille schrieb Goethe im Jahre 1795. Es wurdezusammen mit „Glückliche Fahrt“ in Schillers Musenalmanach auf das Jahr 1796 veröffentlicht. Die beidenGedichte reflektieren die Überfahrt von Neapel nach Sizilien, die Goethe 1787 im Zuge seiner italienischenReise unternommen hatte: Dabei erlebte er eine Flaute – Schubert bezeichnet diese Stimmung in seinemgroßartigen Lied durch sage und schreibe 32 Akkorde aus ganzen Noten – sowie erschreckende Stürme.Drei Jahre, bevor sein Interesse für Goethe erwachte, hatte Franz Schubert die Werke Schillers für sichentdeckt. Der Erstgenannte wurde zwar sein Lieblingsdichter, doch das änderte nichts daran, dass ihnauch der Zweite faszinierte, wie die insgesamt 44 Vertonungen zeigen. Sein berühmtestes Schiller-Lied istwohl die Gruppe aus dem Tartarus, die Schubert im März 1816 erstmals in Musik setzte, bevor eranderthalb Jahre später, im September 1817, die zweite und definitive Fassung schuf. Es ist eine Musik vonerstaunlicher imaginativer Kraft. Der Fluss Cocytus – so genannt nach dem griechischen Verb für „weinenund klagen“ – windet sich durch öde Felsen, und die aufsteigende Chromatik der Schubert’schenBegleitung bezeichnet wunderbar realistisch das Stöhnen der Verdammten, die voneinander wissenwollen, ob denn ihr Leiden jemals enden werde.Richard StokesÜbersetzungen: Eckhardt van den Hoogen

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